2/2011 - Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle

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I n n e r e M e d i z i n Blutgruppeninkompatible Nierentransplantation In der Vergangenheit konnten etwa 30 Prozent aller potentiellen Lebend- Transplantationen aufgrund von Blutgruppen-Unverträglichkeiten nicht durchgeführt werden. Technische und medizinische Neuerungen bieten hierfür einen Ausweg. Dr. Ulrich Pein Dr. Silke Markau | 28
I n n e r e M e d i z i n E ine erfolgreiche Nierentransplantation entspricht nach wie vor der besten Behandlung einer terminalen Niereninsuffizienz. Aktuell warten in Deutschland etwa 12.000 Patienten auf eine Organspende, davon ca. 8.000 auf eine Niere. Damit stehen etwa dreimal mehr Menschen auf der Warteliste für eine neue Niere, als Transplantate für eine Vermittlung zur Verfügung stehen. Aufgrund des steigenden Bedarfs an Spenderorganen und der zunehmenden Inzidenz der Dialysepflicht gewinnt vor allem die Nierenlebendspende erheblich an Bedeutung. Ein Großteil der Patienten kommt jedoch für eine Lebend-Transplantation nicht in Frage, da sich kein geeigneter Lebendspender findet. Auch wenn die Bereitschaft zur Nierenspende vorlag, konnten in der Vergangenheit etwa 30 Prozent aller möglichen Lebendspenden wegen Blutgruppenunverträglichkeiten nicht durchgeführt werden. Mit der sog. AB0- inkompatiblen Nierentransplantation steht nun ein relativ neues Verfahren zur Verfügung, mit dem eine Nierenlebendspende auch zwischen solchen Personen möglich ist, deren Blutgruppeneigenschaften nicht zueinander passen. Beispielsweise kann hiermit einem Patienten der Blutgruppe 0 eine Niere der Blutgruppe B transplantiert werden. Das Verfahren wird zurzeit nur in wenigen spezialisierten Zentren angeboten, wobei das Universitätsklinikum Halle (Saale) das einzige Zentrum in Sachsen Anhalt ist, welches blutgruppeninkompatibel transplantiert. Hierbei besteht eine enge Kooperation zwischen der Klinik für Innere Medizin II (Direktor: Prof. Dr. Matthias Girndt), der Klinik für Urologie unter Leitung von Prof. Dr. Paolo Fornara und der Einrichtung für Transfusionsmedizin des Universitätsklinikums Halle (Saale) unter Leitung von Dr. Julian Hering. Nach ausführlichen Aufklärungsgesprächen und umfangreichen Untersuchungen im Transplantationszentrum wird das weitere Vorgehen geplant. Dieses umfasst eine spezielle immunologische Vorbereitung des Empfängers mit einer Kombination aus präoperativer Immunsuppression und mehrfachen Immunadsorptionsbehandlungen über spezifische Anti-A/B-Adsorptionssäulen. Bei der Immunadsorption handelt es sich um ein dialyseähnliches Verfahren, durch das gezielt Antikörper aus dem Blut eliminiert werden können. Im konkreten Fall werden die inkompatiblen Blutgruppen- Antikörper in einem extrakorporalen Blutkreislauf an eine mit Blutgruppen-Antigenen beladene Adsorptionssäule gebunden. Damit ein Empfänger der Blutgruppe 0 eine Niere der Blutgruppe B nicht sofort abstößt, werden aus seinem Blut Antikörper gegen die Blutgruppe B entfernt. Um die physiologische Antikörperproduktion schon im Vorfeld zu minimieren, erfolgt bereits vier Wochen vor geplanter Transplantation die einmalige Gabe einer medikamentösen Immunsuppression (Rituximab 375 mg/m²KOF iv.). Hierfür wird der Patient stationär aufgenommen und kann meist am Folgetag die Klinik wieder verlassen. Sieben Tage vor der Transplantation erfolgt die eigentliche stationäre Aufnahme mit Beginn der Immunadsorptionsbehandlungen, sowie der weiteren medikamentösen Immunsuppression, welche ab dann dauerhaft eingenommen werden muss. In der Regel können durch vier bis fünf Immunadsorptionen Blutgruppen-Antikörper bis unter die für eine Rejektion kritische Nachweisgrenze abgesenkt werden. Die Dauer einer Behandlungssitzung beträgt dabei etwa vier Stunden. Am Tag vor der Operation erfolgt dann die Verlegung von der Inneren Klinik in das Nierentransplantationszentrum. Die Operation selbst unterscheidet sich dabei nicht von einer normalen Nierenlebendspende. Postoperativ werden regelmäßig die Antikörpertiter bestimmt und ggf. weitere Immunadsorptionen durchgeführt. Die Blutgruppen-Antikörper müssen für sechs Wochen nach der Transplantation unterhalb einer kritischen Grenze gehalten werden, ggf. sind weitere Immunadsorptionen erforderlich. Im weiteren Verlauf nach der Transplantation besteht dann kein erhöhtes Risiko einer Antikörpervermittelten Abstoßung mehr. Die genauen Mechanismen dieses als „Akkommodation“ bezeichneten Phänomens sind noch unklar, aber der Verlauf entspricht nun exakt dem einer jeden anderen Nierentransplantation aus Lebendnierenspende. K o n t a k t Universitätsklinikum Halle (Saale) Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin II Prof. Dr. med. Matthias Girndt LOÄ Dr. med. Silke Markau Tel: (0345) 557-2717 Fax: (0345) 557-2236 silke.markau@medizin.uni-halle.de Ausgabe 2/11 29 |
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