2/2011 - Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle
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G y n ä k o l o g i e<br />
Dr. Christian Göpel<br />
Dr. Alice Hemsen<br />
Nahezu jede dritte gynäkologische<br />
Operation ist ein Eingriff am Beckenboden.<br />
Da fast jede zweite<br />
Frau ab dem 70. Lebensjahr Probleme mit<br />
dem Beckenboden hat, wird dieser Bereich<br />
weiter an Bedeutung gewinnen. In <strong>der</strong> <strong>Universität</strong>sklinik<br />
für Gynäkologie werden deshalb<br />
drei urogynäkologische Sprechstunden<br />
angeboten. Bei etwa 950 Patientenvorstellungen<br />
im Jahr wird nach Erstellung <strong>der</strong> Anamnese,<br />
gynäkologischer und sonographischer<br />
Untersuchung oft eine urodynamische Messung<br />
und eventuell eine Zystoskopie durchgeführt.<br />
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einer<br />
Belastungsinkontinenz- bzw. einer überaktiven<br />
Blase. An<strong>der</strong>erseits geht es um <strong>der</strong><br />
Beurteilung bzw. Klassifizierung <strong>der</strong> Senkungsproblematik<br />
im vor<strong>der</strong>en Kompartiment<br />
(Zystozele), mittleren (Scheidenstumpfprolaps<br />
o<strong>der</strong> Prolaps uteri), bzw.<br />
hinteren Kompartiment (Rekto-, bzw. Enterozele).<br />
Während die Dranginkontinenz oft<br />
konservativ behandelt wird, besteht bei <strong>der</strong><br />
Belastungsinkontinenz auch die Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> operativen Behandlung.<br />
Vor allem die Implantation <strong>der</strong> spannungsfreien<br />
retropubischen Schlinge (TVT) verän<strong>der</strong>te<br />
das operative Spektrum seit 1999 an<br />
unserer Klinik. Seit 2003 wird die schneller<br />
durchführbare transobturatorische Schlinge<br />
favorisiert die in unserer Klinik mehr als<br />
3000 mal angewendet wurde. Seit 2006 kommen<br />
auch immer wie<strong>der</strong> kurze Schlingen (z.B.<br />
TVT-Secur) zu Einsatz. Diese Ergebnisse werden<br />
zur Zeit in einer Promotionsarbeit ausgewertet,<br />
eine Überlegenheit dieser Methode<br />
ist jedoch fraglich.<br />
Die wissenschaftliche Bindegewebsarbeitsgruppe<br />
konnte in elektronenmikroskopischen<br />
Untersuchungen das vermin<strong>der</strong>te<br />
Auftreten intakter elastischer Fasern periurethral<br />
bei Frauen mit Belastungsinkontinenz<br />
nachweisen, publizieren und damit die Theorie<br />
einer Bindegewebskomponente als Ursache<br />
bei <strong>der</strong> Entstehung einer weiblichen Belastungsinkontinenz<br />
untermauern. Eine ab<br />
September <strong>2011</strong> aufgelegte multizentrische<br />
propektiv randomisierte Studie mit Beteiligung<br />
<strong>der</strong> Frauenklinik <strong>Halle</strong> soll die Wirksamkeit<br />
körpereigener Stammzellen, welche<br />
periurethral injiziert werden, unter Beweis<br />
stellen.<br />
Bei <strong>der</strong> Prolapsbehandlung stehen uns neben<br />
den klassischen OP-Verfahren wie z.B. die vaginalen<br />
Plastiken seit 2003 auch die Netzeinlagen<br />
zur Verfügung. Die Erfahrungen und<br />
Ergebnisse mit über 4000 transvaginalen<br />
Netzeinlagen werden in einer weiteren Promotionsarbeit<br />
ausgewertet. Sämtliche Patientinnen<br />
mit Einsatz von Fremdmaterial<br />
werden in unseren Ambulanzen nachuntersucht.<br />
Unsere Klinik beteiligte sich an zwei internationalen<br />
Studien (Prolift und Prosima-Studie)<br />
die 2010 publiziert wurden und ein weiterer<br />
wichtiger Schritt zur Verbesserung <strong>der</strong><br />
OP-Methoden sind. Bei <strong>der</strong> Entwicklung einer<br />
Beckenbodensenkung spielen auch Bindegewebsuntersuchungen<br />
ein entscheidende<br />
Rolle. Diese Verän<strong>der</strong>ungen wurden in unserer<br />
wissenschaftlichen Arbeitsgruppe immunhistochemisch<br />
nachgewiesen und publiziert.<br />
Die Ergebnisse zur Untersuchung <strong>der</strong> enzymatischen<br />
Aktivität als Ursache für die Entwicklung<br />
eines Prolaps sind in unseren Arbeiten<br />
wi<strong>der</strong>sprüchlich. Die „so genannte“<br />
Bindegewebsschwäche ist <strong>der</strong>zeit keine einheitliche<br />
und reproduzierbare Verän<strong>der</strong>ung,<br />
weshalb wir 2012 ein internationales Symposium<br />
mit renommierten Bindegewebsforschern<br />
in <strong>Halle</strong> veranstalten werden.<br />
Der größte Anteil unserer klinischen Forschung<br />
bezieht sich auf die Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> OP-Techniken. Dabei hat die sogenannte<br />
6-Punkt-Fixation zur Therapie von<br />
Senkungszuständen um vor<strong>der</strong>en und mittleren<br />
Kompartiment eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung,<br />
da in <strong>Halle</strong> deutschlandweit die meisten<br />
Operationen dieser Art durchgeführt wurden.<br />
Der Schwerpunkt unserer jetzigen Bemühungen<br />
ist die Etablierung einer eigenen OP-<br />
Technik, mit Anhebung <strong>der</strong> Gebärmutter<br />
durch ein transvaginales Vorgehen ohne laparoskopischen<br />
o<strong>der</strong> abdominalen Zugang, die<br />
in sehr kurzer OP-Zeit durchführbar ist. Die<br />
bilaterale transzervikale sacrospinale Hysterpexie<br />
verzichtet auf eine Implantation von<br />
Netzmaterialien und stelle in <strong>der</strong> Hand eines<br />
geübten Beckenbodenchirurgen eine Alternative<br />
zu den bisher bekannten Verfahren dar.<br />
Damit sind wir dem Ziel unserer Klinik die<br />
Patientinnen trotz zum Teil komplexer Probleme<br />
im Beckenboden schon nach wenigen<br />
Tagen, ohne intra- und postoperative Komplikationen<br />
zu entlassen schon sehr nahe<br />
gekommen. Die seit seit 2004 monatlich<br />
durchgeführten beckenbodenchirurgischen<br />
Workshops mit nationalen und internationalen<br />
Gästen zur Präsentation unserer klinischen<br />
Forschungsdaten bestätigen die hohe<br />
Qualitität bei <strong>der</strong> Versorgung urogynäkologischer<br />
Patientinnen in unserer Klinik.<br />
K o n t a k t<br />
<strong>Universität</strong>sklinikum <strong>Halle</strong> (Saale)<br />
<strong>Universität</strong>sklinik und Poliklinik für<br />
Gynäkologie<br />
Bereich Urogynäkologie<br />
Oberarzt: Dr. Christian Göpel<br />
Tel: (0345) 557-1847<br />
Fax: (0345) 557-1501<br />
christian.goepel@uk-halle.de<br />
T e r m i n v e r e i n b a r u n g<br />
Urogynäkologische Sprechstunde<br />
Tel: (0345) 557-1866<br />
Ausgabe 2/11<br />
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