2/2011 - Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle
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O r t h o p ä d i e / U n f a l l c h i r u r g i e<br />
Muskuläre Dysbalance<br />
und des Anpassungsgrades an die Belastung,<br />
stellt die Muskulatur dar. Aber auch Knorpel,<br />
Sehnen, Bän<strong>der</strong> und Knochen müssen sich an<br />
die zunehmende Belastung adaptieren. Bemerkenswert<br />
hierbei ist, dass für diese eine<br />
etwa drei Mal längere Anpassungszeit an die<br />
Trainingsbelastung notwendig ist als bei <strong>der</strong><br />
Muskulatur. Die Folgen exzessiver und unkontrollierter<br />
sportlicher Aktivität können<br />
somit Fehlbelastungen und Verletzungen dieser<br />
Strukturen sein.<br />
Die typischen Beschwerden bei Fehlbeanspruchung<br />
hängen von <strong>der</strong> individuellen Belastbarkeitsgrenze<br />
ab. Kleinste Verletzungen<br />
im Stütz- und Bewegungssystem, so genannte<br />
Mikrotraumatisierungen, können die Folge<br />
von Fehlbelastungen sein. Meistens werden<br />
diese nicht gleich erkannt. Die ersten<br />
Anzeichen werden häufig ignoriert. Hierzu<br />
zählen zum Beispiel Schmerzen an Sehnenansatzbereichen<br />
o<strong>der</strong> gehäufter Muskelkater.<br />
Sollten diese Symptome auftreten, ist eine<br />
Belastungsumstellung zu empfehlen. Negiert<br />
man die Beschwerden, können diese chronifizieren<br />
und zu bleibenden Schäden führen.<br />
Der Skelettmuskel weist in Ruhe eine bestimmte<br />
Grundspannung auf. Diese wird als<br />
Muskeltonus bezeichnet. Wenn nach wie<strong>der</strong>holten<br />
Belastungen einzelne Muskelfasern<br />
nicht sofort in ihren Ausgangszustand zurückkehren<br />
und ein erhöhter Muskeltonus<br />
bestehen bleibt, entwickeln sich so genannte<br />
Verkürzungszustände. Halten diese längere<br />
Zeit an, können sich muskuläre Balancestörungen<br />
entwickeln, welche zu Gelenkfunktionsstörungen<br />
bis hin zu therapieresistenten<br />
Beschwerden im Bereich <strong>der</strong> Wirbelsäule führen<br />
können. Zu Muskeln, die sehr schnell zur<br />
Verkürzung neigen, zählen zum Beispiel die<br />
Kniegelenksstrecker am Oberschenkel o<strong>der</strong><br />
die Rückenstreckmuskulatur. Ursächlich hierfür<br />
können zum Beispiel eine Unter- o<strong>der</strong><br />
Fehlbelastung, eine Störung im Bereich <strong>der</strong><br />
Propriozeption o<strong>der</strong> Haltungs- und Stellungsabweichungen<br />
sein. Ebenso können mangelhafte<br />
Belastungsvorbereitung (fehlendes<br />
Aufwärmen), unüberlegte Belastungsintensitäten,<br />
Verletzungen o<strong>der</strong> längere sportliche<br />
Inaktivitäten Ursache von muskulären Dysbalancen<br />
sein. Die Therapie erfolgt initial symptomatisch.<br />
Dabei sollten schmerzstillende<br />
Medikamente o<strong>der</strong> Injektionen jedoch nur<br />
kurzfristig eingesetzt werden, da die Ursache<br />
hierbei nicht beseitigt wird. Nur durch ein aktives<br />
Ausgleichstraining sind die Beschwerdebil<strong>der</strong><br />
langfristig positiv beeinflussbar. Ist<br />
eine abgeschwächte o<strong>der</strong> verkürzte Muskelgruppe<br />
erkannt, sollte diese Muskulatur gekräftigt<br />
und gedehnt werden. Außerdem ist<br />
ein gezieltes Training mit Kräftigung <strong>der</strong> antagonistischen<br />
Muskelgruppen sowie eine intensiven<br />
Koordinationsschulung sinnvoll. Präventiv<br />
sollte ein allgemeinathletisches und<br />
vielschichtiges Trainingsprogramm erstellt<br />
werden, um diese Probleme zu vermeiden.<br />
Achillessehnen- und Plantarsehnenreizung<br />
(Achillodynie, Fersensporn)<br />
Sehnenreizungen im Bereich <strong>der</strong> Achillessehne<br />
bzw. <strong>der</strong> Plantarsehne entstehen als Folge<br />
einer zu starken o<strong>der</strong> einseitigen Zugbelastung<br />
<strong>der</strong> Wadenmuskulatur. Häufig<br />
können inadäquates Schuhwerk o<strong>der</strong> ungeeigneter<br />
Laufuntergrund die Ausbildung <strong>der</strong><br />
Beschwerden begünstigen. Therapeutisch<br />
sind neben einer temporären Schmerztherapie<br />
und Entzündungshemmung, physiotherapeutische<br />
Beübungen und Muskeldehnung<br />
anzuraten. Außerdem ist natürlich eine vorübergehende<br />
Reduktion <strong>der</strong> sportlichen Belastung<br />
sowie eine Trainings- bzw. Sportumstellung<br />
zu empfehlen. Bei Therapieresistenz<br />
sind außerdem Behandlungen mit Ultraschall<br />
o<strong>der</strong> Reizströmen sowie Injektionen (Lokalanästhetikum/Cortison)<br />
möglich. In den letzten<br />
Jahren hat man aufgrund <strong>der</strong> möglichen<br />
Nebenwirkungen jedoch Abstand von Cortisoninjektionen<br />
genommen. Heutzutage wird<br />
häufig eine ACP®-Injektion (=autologous conditioned<br />
Plasma) durchgeführt, welche wir<br />
auch in unserem Hause anbieten können.<br />
Bei dieser Methode wird körpereigenes, aufbereitetes<br />
Blut, welches dem Patienten kurz<br />
vorher entnommen wurde, an die entsprechenden<br />
Schmerzpunkte injiziert. Dadurch<br />
kommt es zu einer schnelleren Entzündungshemmung<br />
mit bisher recht positiven Ergebnissen.<br />
Am wichtigsten ist jedoch nicht die<br />
Therapie <strong>der</strong> Beschwerden, son<strong>der</strong>n vorbeugende<br />
Maßnahmen, wie zum Beispiel das regelmäßige<br />
Dehnen <strong>der</strong> Muskulatur, einem<br />
dem Trainingszustand angepassten Belastungsgrad<br />
und passendes Schuhwerk.<br />
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