planet toys 2/15
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RUBRIK<br />
<strong>planet</strong> <strong>toys</strong> 3<br />
MAXIMALE<br />
ANSTRENGUNGEN<br />
Totgesagte leben länger. Vor knapp<br />
einem Jahr war aus dem Mund der<br />
ECC Beratung zu erfahren, dass<br />
sich 70 % der traditionellen Händler<br />
völlig neu erfinden müssten, wenn sie<br />
nicht von der Bildfläche verschwinden<br />
wollten. Das klang plausibel, schließlich<br />
eilte der Online-Handel von Rekord<br />
zu Rekord, während sich immer mehr<br />
Spielzeuggeschäfte verabschiedeten. Einziger Trost war, dass es auch 90% der reinen<br />
Online-Händler erwischen würde. Was man auch immer als bare Münze aus<br />
diesem apokalyptischen Szenario nehmen wollte, gegen das Gefühl, dass früher<br />
alles besser war, nicht nur die eigene körperliche Performance, sondern selbst die<br />
Zukunft, konnte man sich als Spielzeughändler angesichts der Prognose kaum<br />
noch wehren. Jetzt hat die Party-Stimmung unter den Zukunftsarchitekten des<br />
E-Commerce einen erheblichen Dämpfer erhalten. Das E-Commerce-Geschäft<br />
ist im vergangenen Jahr lediglich um 7% gewachsen, während man knapp 25%<br />
anpeilte – eine Entwicklung, wovon sich die Branche selbst überrascht zeigte, aber<br />
sie gleich so umzudeuten vermochte, dass sich der interaktive Handel eben etabliert<br />
habe. Überraschen konnte das eigentlich nicht, vielleicht nur der Zeitpunkt,<br />
an dem die Konsolidierungsphase beginnt. Ob jetzt der stationäre Handel davon<br />
profitiert, dass Verbraucher womöglich wieder „live“ auch „geil“ finden, steht in<br />
den Sternen. In Ulm sieht man nämlich die Nacht über den Fachhandel hereinbrechen,<br />
weil sich „das Geschäft mit Spielwaren einfach nicht mehr lohnt“ und<br />
man sich von der Industrie vorhalten muss, was man alles falsch macht (S.61). Fast<br />
prophetisch mutet hingegen die Aussage des „Zukunftsforschers“ Wieland Sulzer an,<br />
der im Hauptberuf nach wie vor zwei Spielzeuggeschäfte betreibt. Der bekennende<br />
„Sichtfahrer“ kann sich jedenfalls vorstellen, dass der Spaß nicht auf alle Zeiten<br />
aus dem Internet kommen muss – wäre da nur nicht das Elend mit den Spannen.<br />
Weniger Spaß machen ihm nach wie vor die leibhaftigen Verbundgruppen, weil<br />
sie ihm zu viele Chancen liegen lassen (S.22). Daran scheinen diverse „Kapitäne“<br />
(ab S. 62) derzeit hart zu arbeiten, um Segel beim Multichannel-Vertrieb zu setzen<br />
(idee+spiel), die Online- und Offline-Aktivitäten optimal zu verbinden (EK/servicegroup),<br />
den Omnichannel-Ansatz weiter zu stärken (Toys“R“Us) oder gleich neue<br />
Maßstäbe in der Onlinevermarktung zu setzen (duo schreib & spiel). Man kann den<br />
Kapitänen dieser Schwarmbewegung gar nicht genug Wind, Maßstab setzenden<br />
Einfallsreichtum, Verbindungskompetenz und Kraft wünschen. Schaut man sich<br />
derzeit das Ranking der Websites unter Traffic-Aspekten an, dann sind tatsächlich<br />
maximale Anstrengungen nötig, um die nächste Dimension des „Fach-Handelns“<br />
zu erreichen – wo die dann auch immer liegen mag.<br />
Ihr Ulrich Texter