DR. M.J. NEUMANN GBR - Aurum GmbH Steuerberatungsgesellschaft
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<strong>DR</strong>. M.J. <strong>NEUMANN</strong> <strong>GBR</strong><br />
NOTAR RECHTSANWÄLTE, FACHANWÄLTE FÜR STEUERRECHT<br />
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Grundlagen zum Thema<br />
GESCHLOSSENE IMMOBILIENFONDS<br />
QUOTALE HAFTUNG UND NACHHAFTUNG<br />
von<br />
Dr. Manfred J. Neumann<br />
Notar – Fachanwalt für Steuerrecht – vereidigter Buchprüfer<br />
A. Die Situation<br />
Im heutigen Wirtschaftsverkehr spielen Personengesellschaften wegen ihrer<br />
relativ unkomplizierten Entstehungs-, Durchführungs- und<br />
Auflösungsvoraussetzungen und ihrer steuerlichen Behandlung eine große<br />
Rolle. Dabei handelt es sich auf der schlicht zivilistischen Seite um die<br />
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR),<br />
auf der (handels-) gewerblichen Seite um die Personengesellschaften des<br />
Handelsrechts,<br />
- die offene Handelsgesellschaft (oHG) und<br />
- die Kommanditgesellschaft (KG).<br />
Nur auf diese Gesellschaftsformen soll sich die nachfolgende Darstellung<br />
beschränken. Auf die typisch und die atypisch stille Gesellschaft soll an dieser<br />
Stelle nicht eingegangen werden. Sie stellen auch nicht den Typus<br />
„geschlossener Immobilienfonds“ dar.<br />
Im Bereich der Bauträgerschaft schließen sich Investoren oftmals zu BGB-<br />
Gesellschaften zusammen. Auch werden Bauvorhaben im Wege von<br />
Fondsmodellen finanziert, hinter denen als rechtliche Konstruktion die GbR –<br />
auch BGB-Gesellschaft genannt - stehen. Grundsätzlich beteiligen sich die<br />
Gesellschafter an dem Bauvorhaben mit einer bestimmten Investitionssumme.<br />
Wird die Investition steuerorientiert getätigt, so kommen wegen der<br />
entsprechenden Verlustzuweisungsmöglichkeiten nur Zusammenschlüsse im<br />
Rahmen von Personengesellschaften bei möglichst direkter Beteiligung in<br />
Betracht. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass Fondskonzepte wegen der mit<br />
C:\Programme\Adobe\Acrobat<br />
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dem Wegfall des Fördergebietsgesetzes nicht mehr bestehenden besonderen<br />
Abschreibungsmöglichkeiten (Sonder-AfA) einerseits und den neuen §§ 2b und<br />
2 Abs. 3 EStG andererseits, der die Möglichkeit der Anrechnung von Verlusten<br />
aus Verlustzuweisungsgesellschaften auf die positiven Einkünfte erheblich<br />
einschränkt, an Attraktivität verloren haben.<br />
So stellen sich Haftungsprobleme heute insbesondere bei solchen<br />
Fondsgesellschaften, die es schon seit längerem gibt und es kommt darauf an,<br />
wie man mit den<br />
bestehenden Immobilienfonds<br />
unter Haftungsgesichtspunkten weiterhin verfahren kann.<br />
Wird ein Bauvorhaben notleidend, so stellt sich schnell die Frage nach der<br />
persönlichen Haftung der Gesellschafter. Dabei geht es meist um die Frage der<br />
Haftung für das aufgenommene Fremdkapital.<br />
Nach der gesetzlichen Haftungsverfassung der GbR haften dabei die<br />
Gesellschafter eigentlich persönlich bis zur vollen Höhe der<br />
Gesellschaftsschuld. Dies hat die in der Praxis unerwünschte Konsequenz,<br />
dass sich derjenige, der sich nur mit einer (geringen) bestimmten Quote an der<br />
Gesellschaft beteiligt hat und eigentlich auch nur mit dieser Quote haften will,<br />
plötzlich einem Haftungsrisiko ausgesetzt sieht, welches er in diesem Umfang<br />
nicht übernehmen wollte und das seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei<br />
weitem übersteigen kann.<br />
Eine solche Konstellation ist in der Praxis nicht gewollt und würde die GbR trotz<br />
ihrer Vorteile als ungeeignete Grundlage für einen Zusammenschluss mehrerer<br />
im Rahmen eines Immobilienfonds zur Finanzierung und Unterhaltung eines<br />
Bauvorhabens erscheinen lassen. Ohne eine Beschränkung der persönlichen<br />
Haftung der Gesellschafter ließen sich letztlich Immobilienfonds auch nicht<br />
vertreiben.<br />
Zu erörtern sind daher die Möglichkeiten, auf welchem Wege die Gesellschafter<br />
einer GbR vom<br />
Damoklesschwert der unbeschränkten persönlichen Haftung<br />
befreit werden können. Es sollen daher zunächst die rechtlichen<br />
Voraussetzungen und Konsequenzen einer Haftungsbeschränkung bei der<br />
gesamthänderischen BGB-Gesellschaft erörtert werden. Die Frage einer<br />
Haftungsbeschränkung stellt sich aber auch bei Offenen Handelsgesellschaften<br />
und bei der Kommanditgesellschaft, was bei letzterer eigentlich wegen der bei<br />
den Kommanditisten schon auf die Einlage beschränkten Haftung nicht zu<br />
vermuten wäre (weil der Blick meist verkürzt ist).<br />
2
I. Grundstrukturen<br />
1. Gesetzliche Regelungen<br />
B. DIE BGB-GESELLSCHAFT<br />
Die GbR ist – wenn man es einmal so ausdrücken will - „einfachste“<br />
Möglichkeit, durch die sich mehrere Personen zusammenschließen können, um<br />
ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Eine gewerbliche Orientierung ist für den<br />
Zusammenschluss nicht erforderlich. Die GbR findet ihren gesetzlichen<br />
Niederschlag in den §§ 705 bis 740 BGB.<br />
Die Anwendung der Rechtsfigur der BGB-Gesellschaft gestaltet sich in der<br />
Praxis oftmals sehr schwierig. Wenn man sich heute mit der BGB-Gesellschaft<br />
so schwer tut und immer wieder auch „einfache“ Fallkonstellationen die<br />
Gerichten bis hinauf zum BGH beschäftigen, dann liegt das neben der<br />
Abstraktheit des Gesetzes auch daran, dass die Schaffer des BGB am Ende<br />
des 19. Jahrhunderts sich unter dieser Gesellschaftsform und ihren<br />
Einsatzmöglichkeiten in der Praxis etwas ganz anderes vorgestellt haben und<br />
die steten Veränderungen des Wirtschaftslebens unserer Zeit immer neue<br />
Einsatzgebiete für die GbR eröffnen, die dann unter die bestehenden<br />
Vorschriften subsummiert werden müssen. Im ersten Entwurf zum BGB ist die<br />
GbR als reine Innengesellschaft angesehen worden, erst der zweite Entwurf hat<br />
das Prinzip der Gesamthand eingeführt. 1 Im BGB fehlt jede Regelung über die<br />
Haftung der Personengesellschaft und ihrer Gesellschafter aus<br />
Rechtsgeschäften, Delikt oder Bereicherung, weil die zweite Kommission zur<br />
Schaffung des BGB eine „Entscheidung der wissenschaftlichen Frage nach<br />
dem Wesen der Gesamthand“ vermeiden wollte. 2<br />
2. Rechtsnatur der BGB Gesellschaft<br />
Dem Gesetz kann man eine treffende Definition der BGB-Gesellschaft nicht so<br />
ohne weiteres entnehmen. Immerhin gibt § 705 BGB Aufschluss darüber, dass<br />
sich die Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag gegenseitig verpflichten,<br />
„die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag<br />
bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu<br />
leisten.“ Die BGB-Gesellschaft ist also zunächst eine Personenmehrheit, bei der<br />
sich die einzelnen Gesellschafter zu einem gemeinsamen Zweck verbunden<br />
und vertraglich bestimmt haben, dass und wie sie das gemeinsame Ziel<br />
erreichen wollen. Das Gesetz geht dabei davon aus, dass diese Förderung<br />
insbesondere durch die Leistung der vereinbarten Beiträge erfolgen muss. Das<br />
können Geld-, aber auch Naturalleistungen (also auch Dienstleistungen) sein,<br />
vgl. § 706 Abs. 2 BGB.<br />
11 Vgl. Altmeppen, Anmerkungen zu BGH Urt v. 27.9.1999, II ZR 371/98, ZIP 1999, S. 1758.<br />
2 Altmeppen a.a.O. mit Verweis auf Mugdan, Motive II, S. 992.<br />
3
Wie sich schon aus den gesetzlichen Formulierungen ergibt, ist der<br />
Gesellschaftsvertrag für die GbR konstituierend. Eine „faktische“ – also<br />
vertragslose – BGB-Gesellschaft kann es nicht geben, allenfalls eine solche, die<br />
auf einer fehlerhaften Vertragsgrundlage beruht. 3 Wegen fehlender<br />
Formvorschriften kann der Gesellschaftsvertrag aber auch mündlich oder sogar<br />
stillschweigend geschlossen werden.<br />
Es ist allgemein anerkannt, dass neben natürlichen Personen (also<br />
„Menschen“), auch juristische Personen (rechtliche Gedankenkonstruktionen,<br />
z.B. Aktiengesellschaft, <strong>GmbH</strong>) Gesellschafter einer Personengesellschaft<br />
sein können. 4 Auch die Personengesellschaften oHG und KG können<br />
Gesellschafter einer GbR sein, ebenso eine GbR Gesellschafter einer<br />
anderen. 5 Strittig ist, ob eine GbR selbst Mitglied in einer<br />
Personenhandelsgesellschaft sein kann. 6 Der BGH hat diese Frage verneint<br />
und vertritt diese Auffassung offiziell auch heute noch so. 7 Als Gründe werden<br />
Gesichtspunkte der Rechtsklarheit und Praktikabilität angeführt. Diese<br />
Auffassung wird neuerdings zunehmend in Frage gestellt und auch der BGH<br />
hat diese Grundaussage stillschweigend in vielen Fällen aufgegeben. 8 Es<br />
sprechen die besseren Gründe dafür, die Gesellschafterstellung einer GbR trotz<br />
der denkbaren Rechtsunsicherheiten auch in diesem Falle anzuerkennen, wenn<br />
sich im Rahmen der Vertrags- und Vereinigungsfreiheit hierfür ein Bedürfnis<br />
ergibt. 9<br />
Durch die Beitragsleistung entsteht als Gesellschaftsvermögen ein sogenanntes<br />
Gesamthandsvermögen (vgl. § 718 Abs. 1 BGB). Das bedeutet, dass das<br />
Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern nur zur gesamten Hand – also<br />
gemeinschaftlich – zusteht und sie über das Vermögen auch nur<br />
gemeinschaftlich entscheiden können. Etwas anderers gilt natürlich, wenn sie<br />
im Innenverhältnis einen Geschäftsführer bestimmt haben, was in der Praxis<br />
der Regelfall ist.<br />
Auch ein Gesellschafter ohne Einlageverpflichtung ist am<br />
Gesamthandsvermögen beteiligt. Ein einzelner Gesellschafter kann über seinen<br />
Anteil am Gesellschaftsvermögen oder an den einzelnen dazu gehörenden<br />
Gegenständen nicht verfügen und er hat keinen Anspruch auf Teilung (§ 719<br />
Abs. 1 BGB). Das gilt auch für den sogenannten 0 % - Gesellschafter. Auch ein<br />
Gesellschafter ohne Kapitalanteil ist gesamthänderisch gebunden. Seine<br />
Zustimmung ist also für die Übertragung von zum Gesellschaftsvermögen<br />
gehörenden Gegenständen ebenso erforderlich. 10<br />
3<br />
Weber, Die Gesellschaft Bürgerlichen Rechts – Begriff, Voraussetzungen, JuS 2000 S. 313,<br />
314.<br />
4<br />
MüKo/Ulmer, § 705 Rn. 64.<br />
5<br />
MüKo/Ulmer, § 705 Rn. 66 f.<br />
6<br />
so jetzt BayObLG v. 18.10.2000, Az 3Z BR 164/00. Das Gericht sieht den Beitritt einer Außen-<br />
GbR als Kommanditistin zu einer KG als zulässig an.<br />
7<br />
BGHZ 46, 291, 296; vgl auch Wagner in: Loritz/Wagner, Konzeptionshandbuch der<br />
steuerorientierten Kapitalanlage, Bd. 2, Rn. 433.<br />
8 So Wagner in Loritz/ Wagner, Bd. 2 Rn. 434.<br />
9 Vgl. MüKo/Ulmer, § 705 Rn. 67.<br />
10 Vgl. DNotI-Report 24/2000, S. 197, 198 f.<br />
4
Beispiel:<br />
A, B und C haben sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />
zusammengeschlossen. A bringt Geld in die Gesellschaft ein, B ein<br />
Grundstück mit Haus und C seinen Lieferwagen. Nach einem Jahr<br />
veräußert C den Lieferwagen, weil er persönlich Geld benötigt.<br />
C konnte hier nicht mehr allein über das Schicksal des Lieferwagens<br />
entscheiden, Er war nicht einmal mehr Eigentümer, das Fahrzeug gehörte<br />
vielmehr zu dem Gesellschaftsvermögen, das in seiner<br />
gesamthänderischen Bindung nur dem gemeinsamen Zugriff von A, B und<br />
C unterlag. Die Übereignung war C allein subjektiv unmöglich. Die<br />
Gesellschaft hat gegen den Erwerber einen dinglichen<br />
Herausgabeanspruch. Der Käufer seinerseits kann von C Rückerstattung<br />
des Kaufpreises und den Nichterfüllungsschaden nach den Regeln der<br />
Unmöglichkeit verlangen.<br />
Mit Ausscheiden aus der Gesellschaft verliert der Betreffende seinen Anteil am<br />
Gesamthandsvermögen und es kommt automatisch zu einem Anwachsen bei<br />
den übrigen Gesellschaftern. 11 Gewinn und Verlust werden den Gesellschaftern<br />
nach Rechnungsabschluss ohne Rücksicht auf die Einlage zu gleichen Teilen<br />
zugeordnet, soweit es keine anderweitigen Vereinbarungen gibt (§ 722 Abs. 1<br />
BGB). Bei auf Dauer angelegten Gesellschaften gilt nach § 721 Abs. 2 BGB im<br />
Zweifel, dass Rechnungsabschluss und Gewinnverteilung am Schluss eines<br />
jeden Geschäftsjahres zu erfolgen haben. Ansonsten kann ein Gesellschafter<br />
Rechnungsabschluss und Gewinnverteilung erst nach der Auflösung der<br />
Gesellschaft verlangen (§ 721 Abs. 1 BGB).<br />
Bei der GbR wird allgemein zwischen den Formen der Innen- und<br />
Außengesellschaft (also der nach außen auftretenden<br />
Gesamthandsgesellschaft) unterschieden. Dabei ist nur die Außengesellschaft<br />
diejenige, die – wie der Name schon sagt – nach außen in Erscheinung tritt und<br />
am Wirtschaftsverkehr teilnimmt. Um welche Form der BGB-Gesellschaft es<br />
sich handelt, erkennt man am Auftreten des Geschäftsführers:<br />
Handelt er erkennbar für die GbR, dann handelt es sich um eine<br />
Außengesellschaft. Handelt er hingegen im eigenen Namen und nur im<br />
Innenverhältnis zur Förderung des Gesellschaftszwecks, dann liegt eine<br />
Innengesellschaft vor.<br />
Nur bei der Außengesellschaft stellt sich insofern auch die Frage der<br />
beschränkten Gesellschafterhaftung, da bei der Innengesellschaft wegen der<br />
fehlenden Offenkundigkeit ohnehin nur derjenige haftet, der im eigenen Namen<br />
einen Vertrag geschlossen hat. Eventuelle Rückgriffe auf die anderen<br />
Gesellschafter und deren Beschränkung sind dann eine Frage des<br />
Innenverhältnisses.<br />
Bei der nach außen auftretenden Gesamthandsgesellschaft kann zwischen der<br />
allgemeinen und unternehmenstragenden unterschieden werden. 12 Die<br />
11 Zu dem Begriff des An- und Abwachsens unten mehr.<br />
12 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Auflage, § 60 III S. 1786.<br />
5
unternehmenstragende Gesellschaft nimmt massenhaft „als solche“ am<br />
Rechtsverkehr teil. 13 Ihr ist insbesondere eine konsequente Verselbständigung<br />
der Gesamthand immanent: sie ist als Gesamthand Trägerin von Rechten und<br />
Pflichten, nimmt vertreten durch ihren Geschäftsführer am Rechtsverkehr teil,<br />
ist delikts-, partei- und insolvenzrechtsfähig. 14<br />
Beispiel:<br />
Die Bauern A, B und C schließen sich in Gesellschaft bürgerlichen<br />
Rechts zusammen, um gemeinsam die Ernte einzubringen. A stellt die<br />
Erntemaschinen zur Verfügung, B seine Lagerhallen und C soll sich um<br />
den Verkauf kümmern. Während der Ernte geht eine Maschine kaputt.<br />
Bringt A sie zur Reparatur zu dem ihm bekannten D ohne nähere<br />
Offenlegung der Vertretungsverhältnisse, dann muss D davon ausgehen,<br />
dass A für sich allein handelt. Somit liegt in Bezug zu D eine<br />
Innengesellschaft vor. Der Reparaturvertrag kommt nur zwischen A und<br />
D zustande. Ersatzansprüche gegenüber den Mitgesellschaftern<br />
bestehen nur im Innenverhältnis.<br />
Handelt A indessen offenkundig für die GbR, dann sind alle<br />
Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit<br />
Vertragspartner des D, unabhängig von besonderen<br />
Vertretungsverhältnissen im Innenverhältnis. Wegen seiner<br />
Werklohnforderung kann D sich ohne weiteres an B oder C halten.<br />
Der Erörterung bedürfen auch die Vertretungs- und<br />
Geschäftsführungsverhältnisse in einer GbR. Das Gesetz geht von einer<br />
Gesamtgeschäftsführungsbefugnis aller Gesellschafter aus (§ 709 Abs. 1 BGB).<br />
Im Zweifel sind die geschäftsführungsbefugten Gesellschafter auch ermächtigt,<br />
die Gesellschaft gegenüber Dritten zu vertreten. Das Gesetz knüpft damit die<br />
Vertretungsmacht im Zweifel an die Geschäftsführungsbefugnis. Die Regeln<br />
über die Geschäftsführung der GbR in den §§ 709-711 BGB sind jedoch<br />
dispositives Recht. 15 Der Gesellschaftsvertrag kann etwas anderes bestimmen.<br />
In der Praxis wird die Geschäftsführung zumeist einem oder wenigen<br />
Geschäftsführern übertragen und somit vom Grundsatz der<br />
Gesamtgeschäftsführung abgewichen. Auch hinsichtlich der Vertretungsmacht<br />
kann der Gesellschaftsvertrag Abweichendes regeln.<br />
II. Die Haftungsverfassung der GbR<br />
1. Grundsatz<br />
Die Haftungsverfassung der GbR ist in den §§ 705 ff. BGB nicht klar definiert<br />
und darauf der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, die Haftungsverhältnisse<br />
13 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 60 III S. 1795.<br />
14 So K: Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 V S. 1724, der allerdings darauf hinweist, dass diese<br />
Grundsätze von der Rechtsprechung noch nicht bzw. noch nicht konsequent anerkannt sind.<br />
15 MüKo/Ulmer § 709 Rn. 16.<br />
6
gegenüber Dritten zwingend auszugestalten oder zumindest klare dispositive<br />
Regeln aufzustellen. 16<br />
a) Verschiedene Formen der BGB-Gesellschaft, Haftung der Außen-GbR<br />
Die Haftung der Gesellschafter einer GbR ist grundsätzlich eine primäre. Ein<br />
Gesellschaftsgläubiger ist nicht verpflichtet, zunächst Befriedigung aus dem<br />
Gesellschaftsvermögen zu suchen.<br />
Man muss bei der Frage der Haftung „der“ GbR differenzieren zwischen der<br />
reinen Innengesellschaft und der Außengesellschaft, wobei sich<br />
Besonderheiten bei der unternehmenstragenden Gesellschaft ergeben können.<br />
Auf Erwägungen zur Innengesellschaft kann hier verzichtet werden, weil bei ihr<br />
Haftungsprobleme im Außenverhältnis, wie dargestellt, nicht entstehen. Im<br />
folgenden beschränkt sich die Darstellung daher auf die Außen-Gesellschaft,<br />
die ein Gesamthandsvermögen gebildet hat.<br />
Die Gesellschafter einer Außen-GbR haften gegenüber Dritten für die<br />
Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften, die von allen gemeinschaftlich oder<br />
durch berechtigte Vertreter für des Gesellschaft abgeschlossen worden sind,<br />
mit dem Gesellschaftsvermögen und grundsätzlich auch persönlich mit ihrem<br />
ganzen Privatvermögen nach den allgemeinen Vorschriften der persönlichen<br />
Verpflichtung mehrerer, §§ 420 ff. BGG, in der Regel als Gesamtschuldner, §§<br />
427, 431 BGB. 17<br />
b) Haftungsgrundsätze<br />
Die Schuld der Gesellschaft ist grundsätzlich streng zu trennen von der<br />
Haftung für die Schuld. Bei der hier zu untersuchenden Außen-GbR, die „als<br />
solche“ am Wirtschaftsverkehr teilnimmt, stellt sich aber die Frage, ob man<br />
überhaupt eine eigenständige Schuld der Gesellschaft annehmen kann, oder ob<br />
nicht die Gesellschafter als solche bereits schulden. Hierzu werden<br />
überwiegend drei Theorien vertreten.<br />
aa) Individualistische Auffassung (Einheitsbetrachtung)<br />
Diese heute nicht mehr vertretene Auffassung geht unter Hinweis auf § 714<br />
BGB davon aus, dass nur die Gesellschafter und nicht die Gesellschaft selbst<br />
durch ein Handeln für die Gesellschaft gebunden werden. 18 Die Gesamthand<br />
wird als Sondervermögen der Gesellschafter ohne eigene Rechtspersönlichkeit<br />
qualifiziert, das bedeutet, dass eben nicht die Gesellschaft, sondern die<br />
Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit verpflichtet werden.<br />
Eine Trennung von Gesamthands- und Gesellschafterverbindlichkeiten erfolgt<br />
nicht. Die Gesellschafter haften als Gesamtschuldner unmittelbar persönlich<br />
und unbeschränkt (vgl. §§ 714, 427, 431 BGB).<br />
16<br />
Ulmer, Wege zum Ausschluß der persönlichen Gesellschafterhaftung in der Gesellschaft<br />
bürgerlichen Rechts, ZIP 1999, S. 509, 510.<br />
17<br />
Palandt/Sprau, § 718 Rn. 8.<br />
18<br />
Zusammenfassend Weber, JuS 2000 S. 313, 316.<br />
7
) Doppelverpflichtungstheorie<br />
Hiernach begründet der für die Gesellschaft handelnde Geschäftsführer im<br />
Zweifel nicht nur eine Schuld und damit eine Haftung der Gesamthand, sondern<br />
daneben auch eine solche der Gesellschafter persönlich. 19 Die Haftung der<br />
Gesellschafter beruht auf der Erklärung einer Schuldmitübernahme, die der<br />
Geschäftsführer der GbR im Namen aller Mitgesellschafter gegenüber den<br />
Vertragspartnern der GbR abgibt. 20 Nach dieser Theorie schuldet also nicht nur<br />
die Gesellschaft die Leistung, sondern auch die Gesellschafter persönlich und<br />
insofern haften sie auch. Eine Haftungsbeschränkung kann dadurch eintreten,<br />
dass die Vertretungsmacht im Gesellschaftsvertrag auf die Begründung von<br />
Gesamthandsschulden beschränkt wird und dies den Gläubigern auch<br />
erkennbar bzw. offenkundig ist. 21 Einen Sonderfall nach dieser Theorie stellt die<br />
GbR „mit beschränkter Haftung“ dar, denn es reichte für die Erkennbarkeit<br />
der Haftungsbeschränkung reichte bis vor kurzem auch der Zusatz<br />
„Gesellschaft mit Haftungsbeschränkung“ auf dem Briefkopf aus. 22 Vorteil für<br />
die Praxis war, dass Probleme der Auslegung von Verträgen und<br />
Willenserklärungen so umgangen werden konnten, weil eine Zustimmung des<br />
Vertragspartners zur Haftungsbeschränkung nicht erforderlich war.<br />
cc) Akzessorietätstheorie<br />
Diese Auffassung sieht die GbR als eine verpflichtungsfähigen Rechtsperson<br />
an, die in dieser Eigenschaft primär aus den sie betreffenden<br />
Schuldverhältnissen berechtigt und verpflichtet ist, die Gesellschafter selbst<br />
sind zwar nicht Schuldner, sie haften aber Kraft Gesetzes gegenüber Dritten<br />
generell für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, 23 und zwar „akzessorisch“<br />
nach dem Vorbild des § 128 HGB, also unmittelbar persönlich und<br />
unbeschränkt, aber in Abhängigkeit vom Bestand der Gesamthandsschuld.<br />
Die praktische Konsequenz dieser Auffassung ist eine persönliche Haftung der<br />
Gesellschafter unabhängig vom Umfang der Vertretungsmacht der handelnden<br />
Geschäftsführer, es schuldet hingegen nur die Gesellschaft, also das<br />
Gesamthandsvermögen. Eine Haftungsbeschränkung kann im Außenverhältnis<br />
nur aufgrund einer zweiseitigen Vereinbarung mit dem jeweiligen Gläubiger<br />
vereinbart werden. Eine Beschränkung der Vertretungsmacht im<br />
Gesellschaftsvertrag hat nur noch Folgen für das Innenverhältnis. 24<br />
dd) Bisherige Tendenzen bei der Entscheidung des Theorienstreits<br />
Bislang vertrat die ganz herrschende Meinung in der Literatur und<br />
Rechtsprechung die Doppelverpflichtungstheorie. 25<br />
19 MüKo/Ulmer, § 714 Rn. 26, 30.<br />
20 Altmeppen, Anmerkungen zu BGH Urt v. 27.9.1999, II ZR 371/98, ZIP 1999, S. 1758.<br />
21 MüKo/Ulmer a.a.O. m.w.N.; für die Annahme, dass die Erkennbarkeit auf Seiten des<br />
Gläubigers bzgl. einer Haftungsbeschränkung ausreicht, vgl. BGH ZIP 1985, 99.<br />
22 vgl. OLG Hamm NJW 1985, 1849.<br />
23 so diese Auffassung zusammenfassend BGH NJW 1999, S. 3483, 3485 m.w.N., insb.<br />
Hinweis auf Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1977, S. 286, 327.<br />
24 Jäger in: Sudhoff a.a.O.<br />
25 Vgl. nur MüKo/Ulmer, § 714 Rn. 28 ff. und Aufzählung Fn. 53 und 54 zu Rn. 26.<br />
8
Die verschiedenen Auffassungen spielen aber nur für den Bereich der<br />
Haftungsbeschränkung eine Rolle, bei dem die Beschränkung nicht zweiseitig<br />
durch Vertrag vereinbart worden ist. Denn das Recht der GbR enthält keine<br />
ausdrücklichen Haftungsbestimmungen und diejenigen, die das<br />
Vertretungsverhältnis regeln und aus denen sich insofern Haftungsgrundsätze<br />
herleiten lassen (vgl. §§ 709-711, 714 BGB), sind dispositiv. Sie gelten nur „im<br />
Zweifel“. Eine ausdrückliche vertragliche Haftungsbeschränkung ist bei der GbR<br />
also unproblematisch möglich.<br />
2. Neue Tendenzen, insbesondere die Absage des BGH an eine<br />
Rechtsfigur der GbR „mit beschränkter Haftung“<br />
Der BGH hat sich in einer neueren Entscheidung sehr deutlich zur Haftung bei<br />
der GbR geäußert: „Die Gesellschafter einer GbR haften kraft Gesetzes für die<br />
Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch persönlich und mit ihrem<br />
Privatvermögen.“ 26 Nach Auffassung des Gerichts kann eine<br />
Haftungsbeschränkung nicht durch einen Namenszusatz oder einen anderen,<br />
den Willen, nur beschränkt zu haften, verdeutlichtenden Hinweis erreicht<br />
werden und ist nur im Wege einer mit dem Vertragspartner individualvertraglich<br />
getroffenen Vereinbarung möglich. 27 Der BGH begründet seine Auffassung mit<br />
rechtssystematischen Gründen: Die bei Gesellschaftsformen mit beschränkter<br />
Haftung vorgesehenen Sicherungen wie Registerpublizität und Mindestkapital<br />
dürfen nicht unterlaufen werden. 28<br />
Damit hat der BGH zunächst die Diskussion um eine GbR mit beschränkter<br />
Haftung beendet. 29 Bisher hatte der BGH noch die im Gesellschaftsvertrag<br />
festgelegten Beschränkungen der Vertretungsmacht der Geschäftsführer einer<br />
GbR auf die Verpflichtung nur des gesamthänderisch gebundenen<br />
Gesellschaftsvermögens und nicht der Gesellschafter persönlich für wirksam<br />
erachtet, wenn die eingeschränkte Vertretungsbefugnis für den Vertragspartner<br />
erkennbar war, er insbesondere vor Vertragsschluss darauf hingewiesen<br />
wurde. 30 Ohne sich ausdrücklich von der bisher auch von der Rechtsprechung<br />
vertretenen Doppelverpflichtungstheorie abzuwenden, geht der BGH nunmehr<br />
davon aus, dass eine Haftungsbeschränkung nur durch individualvertragliche<br />
Vereinbarung mit dem Vertragspartner erreicht werden kann. Von der<br />
Doppelverpflichtungstheorie bleibt insofern nicht mehr viel übrig. Denn es war<br />
gerade der praktische Nutzen dieser Theorie, eine Haftungsbeschränkung<br />
durch einseitige Erklärung gegenüber dem Vertragspartner unter Hinweis auf<br />
die internen Vertretungsverhältnisse zu erreichen. Insofern kann in der neuen<br />
Rechtsprechung wohl eine Annäherung des BGH an die Grundsätze der<br />
Akzessorietätstheorie gesehen werden.<br />
3. Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung unter Einbeziehung der<br />
jüngsten Rechtsprechung des BGH<br />
26<br />
BGH, Urteil v. 27.9.1999, II ZR 371/98, NJW 1999, S. 3483, 3484.<br />
27<br />
BGH a.a.O.<br />
28<br />
Palandt/Sprau, 60.Auflage 2001, § 714 Rn. 4.<br />
29<br />
BGH a.a.O.<br />
30<br />
Vgl. BGH a.a.O. S. 3484.<br />
9
Für die Praxis ergibt sich hieraus, dass eine wirksame Haftungsbeschränkung<br />
nur noch durch individualvertragliche Vereinbarung mit dem Vertragspartner<br />
erreicht werden kann.<br />
Fraglich ist allerdings, ob der BGH tatsächlich jede Bezugnahme auf die<br />
Vollmacht als nicht mehr individualvertragliche Vereinbarung ansehen wollte.<br />
Der BGH räumt ein, dass es zwar denkbar wäre, dass die Gesellschafter im<br />
Rahmen des § 714 BGB eine Vertretungsregelung dergestalt treffen, dass der<br />
Handelnde nur insoweit berechtigt ist, die anderen Gesellschafter zu vertreten,<br />
als er mit dem Vertragspartner eine Haftungsbeschränkung auf das<br />
gesamthänderisch gebundene Vermögen der Gesellschafter vereinbart. 31 Aber<br />
auch in diesem Fall wird die Haftungsbeschränkung nach Auffassung des<br />
Gerichts nur dann dem Vertragspartner gegenüber wirksam, wenn es dem<br />
Handelnden gelingt, die Beschränkung in den individuell ausgehandelten<br />
Vertrag aufzunehmen. 32 Man könnte hier die Auffassung vertreten dass es<br />
ausreicht, wenn der Geschäftsführer unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die<br />
Vollmacht unter Vorlage der Vollmachtsurkunde auf die beschränkte<br />
Vertretungsmacht hinweist und der Vertragspartner sich damit einverstanden<br />
erklärt, so dass es zum Vertragsschluss kommt. 33 Allerdings gibt es hierfür<br />
kaum gesicherten Anhaltspunkt in der Rechtsprechung und die Aufnahme der<br />
Haftungsbeschränkung in den Individualvertrag wäre zu sehr an die äußeren<br />
Umstände des Vertragsschlusses gebunden, was letztlich zu einer<br />
Rechtsunsicherheit führt. Es ist mithin anzuraten, unter Abkehr von Versuchen,<br />
eine Haftungsbeschränkung durch die Beschränkung der Vertretungsmacht zu<br />
erreichen, eine entsprechende Klausel in jeden zu schließenden Vertrag<br />
aufzunehmen.<br />
Eine solche individuelle Vertragsklausel, die die Haftung auf das<br />
Gesellschaftsvermögen beschränkt (noch keine quotale Haftung!) könnte etwa<br />
lauten:<br />
§ __„Haftung des gesamthänderisch gebundenen Vermögens<br />
Die Haftung für sämtliche Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag ist auf<br />
das Gesellschaftsvermögen des Auftraggebers beschränkt. Der<br />
Auftragnehmer stimmt dieser Haftungsbeschränkung ausdrücklich zu.“<br />
Diese Rechtsfolge wird die Praxis vor nicht unerhebliche Probleme stellen.<br />
Individuell ausgehandelte Haftungsausschlüsse sind nämlich nur selten zu<br />
realisieren: Zum einen wirken sie auf den potentiellen Vertragspartner<br />
abschreckend, gefährden also den Geschäftsabschluss und damit den<br />
unternehmerischen Erfolg insgesamt, zum anderen und vor allem können sie<br />
31 BGH a.a.O. S. 3485.<br />
32 BGH a.a.O.<br />
33 so geht Palandt/Sprau, 60. Auflage 2001, § 714 Rn. 4 davon aus, dass sich eine wirksame<br />
Haftungsbeschränkung daraus ergeben kann, dass der Vertragspartner die<br />
gesellschaftsvertragliche Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen kennt und<br />
sich damit einverstanden erklärt hat, was bei Drittverhältnissen mit einem Gesellschafter stets<br />
angenommen werden könne.<br />
10
von einem Unternehmer mit wirtschaftlich vertretbarem Zeit- und<br />
Kostenaufwand allenfalls im besonders gelagerten, lukrativen Einzelfall<br />
getroffen werden, nicht jedoch im „Massengeschäft“, dem immer<br />
wiederkehrenden Regelfall. 34<br />
Zwar kann bei Immobilien-Gesellschaften eine entsprechende Regelung in die<br />
jeweiligen Verträge noch aufgenommen werden, da kein Massengeschäft<br />
vorliegt und den Vertragspartnern auch Anreize zum Vertragsschluss geboten<br />
werden (z.B. Auftragsvolumen). Die Rechtsprechung des BGH wird, wenn sie<br />
sich erst einmal herumgesprochen hat, aber dennoch zu Verunsicherungen bei<br />
den Gesellschaften führen, die Verträge bereits unter Hinweis auf eine<br />
Haftungsbeschränkung geschlossen haben und sich nun dem Risiko einer<br />
nichtsdestoweniger unbeschränkten Haftung ausgesetzt sehen.<br />
a) Abkehr von der Haftungsbeschränkung durch Beschränkung der<br />
Vertretungsmacht des geschäftsführenden Gesellschafters der GbR<br />
Die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter einer GbR durch die<br />
Beschränkung der Vertretungsmacht, ist unter Berücksichtigung der<br />
dargestellten Rechtsprechung des BGH nicht mehr praktikabel. Für bestehende<br />
Verträge ist den betroffenen Gesellschaften anzuraten, eine nachträgliche<br />
individualvertragliche Vereinbarung mit dem Vertragspartner zu treffen. Man<br />
könnte davon ausgehen, dass eine Weigerung des Vertragspartners gegen die<br />
vertraglichen Treuepflichten verstößt, soweit beide Parteien bei Abschluss des<br />
Vertrages von einer auf das Gesamthandsvermögen beschränkten Haftung<br />
ausgegangen sind. Denn dann kann der Vertragspartner nicht mehr auf das<br />
Vertrauen des allgemeinen Rechtsverkehrs auf das Bestehen einer<br />
unbegrenzten persönlichen Gesellschafterhaftung verweisen, nur weil ihm eine<br />
GbR als Vertragspartner gegenübersteht. Es wäre nach dem Grundsatz von<br />
Treu und Glauben nun gegebenenfalls treuwidrig, sich einer<br />
individualvertraglichen Klarstellung und Anpassung an die neue Rechtslage zu<br />
verschließen. Aus Sicht der Parteien genießen die Gesellschafter dann nämlich<br />
nicht geringeren Schutz und würde die Verteilung des Insolvenzrisikos den<br />
Vertragspartner nicht stärker als zuvor belasten.<br />
34 So zu Recht Reiff, ZIP 1999, 1329, 1336.<br />
11
) Haftungsbeschränkung durch AGB-Klauseln<br />
Die Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung durch AGB-Klauseln ist nicht<br />
empfehlenswert. Denn hier ist das AGB-Gesetz zu berücksichtigen. Eine<br />
entsprechende Klausel verstößt aber gegen § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG, 35<br />
da sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt. Eine<br />
unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ist gemäß Abs. 2 Nr.1<br />
der Vorschrift dann anzunehmen, wenn die Bestimmung mit wesentlichen<br />
Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu<br />
vereinbaren ist. Eine AGB-Klausel, die die persönliche Haftung aller<br />
Gesellschafter beschränkt, ist nun aber das genaue Gegenteil des<br />
Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (vgl. § 128 HGB, auf den nach der<br />
Akzessorietätstheorie wohl abzustellen ist). Aber auch die<br />
Haftungsbeschränkung einzelner Gesellschafter ist bei sowohl bei einer<br />
gewerblichen, als auch bei einer freiberuflichen GbR nicht mit § 9 AGBG<br />
vereinbar. 36<br />
Ob dieses Ergebnis auch unter Zugrundelegung der<br />
Doppelverpflichtungstheorie gilt, bleibt fraglich, muss aber wegen der<br />
gegenwärtigen Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur hin zur<br />
Akzessorietätstheorie nicht eingehend erörtert werden. 37<br />
Soweit bereits Verträge unter Einbeziehung entsprechender AGB-Klauseln<br />
abgeschlossen worden sind, sollten sich die Vertragspartner auch hier über<br />
eine nachträgliche individualvertragliche Haftungsbeschränkung verständigen.<br />
Auch hier müssten Gesichtspunkte des beiderseitigen vertraglichen<br />
Treueverhältnisses für eine Mitwirkungspflicht des Vertragspartners sprechen.<br />
Allerdings kann dies nur in dem Maße gelten, wie auch hier der Vertragspartner<br />
nicht mehr auf die unbeschränkte persönliche Haftung des einzelnen<br />
Gesellschafters vertrauen durfte. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn der<br />
Kontrahent bereits eine Vielzahl von Verträgen mit der Gesellschaft<br />
geschlossen und dabei die Haftungsbeschränkung hingenommen hat, zumal<br />
wenn sie teilweise ausdrücklich und nicht durch AGB vereinbart worden ist.<br />
Anders wäre es nur, wenn der Vertragspartner in innerer Abneigung zur<br />
Haftungsbeschränkung auf die Unwirksamkeit der AGB-Klausel vertraut hat.<br />
Allerdings müssten hierfür hinreichende Anhaltspunkte dargelegt werden.<br />
c) Quotale Haftung<br />
Der Begriff der quotalen Haftung, der häufiger in der Immobilienbranche<br />
auftaucht, ist kein gesetzlich feststehender Begriff, sondern bedarf näherer<br />
Auslegung und Erläuterung. Die quotale Haftung ist nicht gleichzusetzen mit der<br />
beschränkten Haftung, obwohl es auch bei diesem Begriff um die Frage geht,<br />
wie der einzelne Gesellschafter einer vollen Haftung mit seinem<br />
Privatvermögen entgehen kann. Bei einer quotalen Haftung erfolgt die<br />
Haftungsbeschränkung allerdings nicht durch eine Beschränkung der Haftung<br />
auf das Gesellschaftsvermögen, sondern der Gesellschafter haftet neben dem<br />
35 So i.E. Reiff a.a.O.<br />
36 so i.E. Reiff a.a.O. S. 1338.<br />
37 Vgl zur Abkehr von der Doppelverpflichtungstheorie nur Ulmer, ZIP 1999, S. 554, 559 m.w.N.<br />
12
Gesellschaftsvermögen mit seinem Privatvermögen, allerdings nur „quotal“,<br />
nämlich beschränkt auf seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen, wobei eine<br />
(nachrangige) gesamtschuldnerische Haftung für die Quoten der<br />
Mitgesellschafter in der Regel ausgeschlossen ist.<br />
Beispiel:<br />
Die Immobilienfonds-GbR „Vereinte Grundbesitz“ hat mit der<br />
finanzierenden Bank B einen Darlehensvertrag über 1 Mio DM<br />
abgeschlossen. Nach Fälligkeit zur Rückzahlung verlangt die Bank ihr<br />
Geld. Die Gesellschaft kann aus ihrem Vermögen aber nur eine<br />
Teilsumme von 300.000 DM begleichen, so dass eine Restforderung von<br />
700.000 DM noch offen ist. Daraufhin will die Bank die Gesellschafter in<br />
Anspruch nehmen. Es ist eine quotale Haftung nach Maßgabe der<br />
Beteiligungssummen wirksam vereinbart. Gesellschafter A ist mit 10% an<br />
der Bank beteiligt. Die Bank nimmt ihn persönlich auf Zahlung von<br />
70.000 DM (10% der Restsumme) in Anspruch. Dadurch und durch die<br />
Inanspruchnahme weiterer Gesellschafter wird die Bank in Höhe von<br />
weiteren 200.000 DM befriedigt, so dass noch eine Forderung von<br />
500.000 DM offen ist. Die Bank wendet sich nunmehr an A und fordert<br />
von ihm persönlich weitere 50.000 DM ein.<br />
Hier muss A keine weiteren Zahlungen erbringen. Denn er hat seine<br />
Einstandspflicht voll erfüllt. Eine Verpflichtung zur Zahlung von weiteren<br />
50.000 DM würde dazu führen, dass A quasi als Gesamtschuldner für die<br />
Haftungsquoten seiner Mitgesellschafter einstehen muss. Genau dies<br />
aber sollte durch die Vereinbarung der quotalen Haftung ausgeschlossen<br />
werden.<br />
Die quotale Haftung von BGB-Gesellschaftern ist besonders bei Bauverträgen<br />
gebräuchlich und anerkannt. 38 Fraglich ist nur, wie eine Haftungsbeschränkung<br />
wirksam erreicht werden kann. Bei Immobilienfonds wurde bis jetzt durch eine<br />
entsprechende Beschränkung der Vertretungsmacht des Geschäftsbesorgers,<br />
des Geschäftsführers und aller sonstigen, den Anleger vertretenden Personen<br />
dessen Haftung begrenzt, und zwar quotal auf einen bestimmten Bruchteil der<br />
Gesamthandsschuld der Gesellschaft(er). 39 Diese Möglichkeit kann für das<br />
Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander weiterhin Bestand haben.<br />
Unter der Voraussetzung, dass diese Beschränkung – wie oben dargestellt –<br />
auch in den individuell ausgehandelten Vertrag aufgenommen wird, entfaltet die<br />
Beschränkung auch Wirksamkeit im Außenverhältnis. Im übrigen kann hier auf<br />
die Darstellung oben lit. a) verwiesen werden. Eine Beschränkung der Haftung<br />
durch bloße – konkludente – Einverständniserklärung des Vertragspartners mit<br />
der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Haftungsbegrenzung kann möglich<br />
sein, ist aber als der unsicherere Weg eher abzulehnen.<br />
38 vgl. BGH NJW 1979, S. 2101 für die anteilsmäßige Haftung der Wohnungseigentümer bei<br />
gemeinschaftlicher Errichtung einer Wohnungseigentumsanlage entgegen der Regelung des §<br />
427 BGB; BGH NJW 1997, S. 1580 f. mit Anmerkungen K.Schmidt, Quotenhaftung von BGB-<br />
Gesellschaftern, NJW 1997, S. 2201 ff.<br />
39 Wagner in: Loritz/Wagner, Bd. 2 Rn. 467 der darauf hinweist, dass sich die gesetzliche<br />
Haftung nicht begrenzen lasse; sie sei aber bei § 15a EStG und auch bei dessen Abs. 5 Ziff 2<br />
EStG nach hM nicht ausschlaggebend.<br />
13
Nach den neueren Tendenzen in der Rechtsprechung muss folglich für eine<br />
wirksame quotale Haftungsbeschränkung im Außenverhältnis folgende<br />
Voraussetzung erfüllt sein: Die Haftungsbeschränkung des einzelnen<br />
Gesellschafters auf die Höhe seines Anteils am Gesellschaftsvermögen muss<br />
individualvertraglich mit dem jeweiligen Vertragspartner vereinbart werden. Eine<br />
entsprechende Haftungsbegrenzung im Gesellschaftsvertrag für das<br />
Innenverhältnis ist nicht notwendigerweise erforderlich, aber zu empfehlen.<br />
Eine entsprechende Klausel zur Beschränkung der Haftung auf die<br />
Beteiligungsquote im Vertrag mit dem Gläubiger könnte wie folgt lauten:<br />
„Teilschuldnerische Haftung der Gesellschafter des Auftraggebers<br />
Jeder Gesellschafter des Auftraggebers haftet für sämtliche<br />
Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag nur anteilig als Teilschuldner nach<br />
Maßgabe seines Gesellschaftsanteils. Das Beteiligungsverhältnis ist dem<br />
Auftragnehmer bekannt. Der Auftragnehmer stimmt dieser<br />
Haftungsbegrenzung ausdrücklich zu.“<br />
IV. Besonderheiten bei der quotalen Haftung<br />
Zunächst vier Beispiels-Fälle, die im Laufe der Erörterung gelöst werden sollen.<br />
Fall 1:<br />
Der A ist quotal haftender Gesellschafter der Immobilien-GbR “Vereinte<br />
Grundbesitz”. Er ist mit einem Anteil von 10% am<br />
Gesellschaftsvermögen beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag ist eine<br />
Haftungsbeschränkung der einzelnen Gesellschafter auf ihre<br />
Beteiligungsquote niedergelegt. Die Gesellschaft schließt mit der B-Bank<br />
einen Darlehensvertrag über nominell 3 Mio DM ab. Auch in diesem<br />
Darlehensvertrag wurde entsprechend der Haftungsklausel im<br />
Gesellschaftsvertrag eine “quotale” Haftung in Höhe des jeweiligen<br />
Anteils eines jeden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen<br />
vereinbart.<br />
a) Die “Vereinte Grundbesitz” kann überhaupt keine Leistungen aus dem<br />
Gesellschaftsvermögen erbringen.<br />
b) Die “Vereinte Grundbesitz” kann die Darlehensverbindlichkeit aus<br />
ihrem Gesellschaftsvermögen nur noch in Höhe von 500.000 DM<br />
ablösen.<br />
14
Fall 2:<br />
a) A (noch immer Gesellschafter der Immobilien-GbR „vereinte<br />
Grundbesitz“, Darlehen 3 Mio, Quote 10%) wird von der Gesellschaft<br />
aufgefordert, zu Schuldtilgung gegenüber der B-Bank 500.000 DM in<br />
die Gesellschaftskasse zu zahlen. Dies übersteigt zwar seine<br />
Haftungssumme, der vermögende A erklärt sich dennoch dazu bereit.<br />
Die Gesellschaft verwendet das Geld nicht in voller Höhe zur<br />
Schuldtilgung. Die B-Bank will den A daraufhin persönlich in<br />
Anspruch nehmen.<br />
b) A zahlt die 500.000 DM direkt „auf seine Quote“ an die B-Bank. Erst<br />
danach stellt er fest, dass er überhaupt nur in Höhe von 300.000 DM<br />
hätte haften müssen. A will die zuviel gezahlten 200.000 DM zurück.<br />
Fall 3:<br />
Die Immobilien-GbR „Vereinte Grundbesitz“ ist Eigentümerin mehrer<br />
Mietobjekte. Zur GbR gehört auch Gesellschafter A. Dieser ist allerdings<br />
zum 1.1.1995 aus der Gesellschaft ausgeschieden, das Grundbuch<br />
wurde am 1.4.1995 berichtigt. Im Innenverhältnis hat A mit der<br />
Gesellschaft eine Haftungsfreistellung vereinbart. Das Ausscheiden<br />
wurde den Mietern durch Rundschreiben bekannt gegeben. Allein Mieter<br />
Z hat durch ein Postversehen eine Mitteilung nicht erhalten. Z hat vom<br />
Mai 1994 bis einschließlich Mai 2000 zuviel Miete gezahlt, die<br />
vereinbarte Miethöhe lag 20% über der ortsüblichen. Er wendet sich mit<br />
seinem Rückzahlungsverlangen in Höhe von 10.000 DM am 15.06.2000<br />
an A, der allein für ihn als Gesellschafter greifbar ist. A wendet ein, er sei<br />
schon lange aus der Gesellschaft ausgeschieden, Z könne sich mithin<br />
nur noch an die übrigen Gesellschafter halten.<br />
Fall 4:<br />
Gesellschafter C ist zum 1.1.1999 in die Immobilien-GbR „Vereinte<br />
Grundbesitz“ mit einer Beteiligung von 10% eingetreten. Die GbR hat<br />
schon im Sommer 1998 mit der B-Bank einen Darlehensvertrag in Höhe<br />
von 1 Mio DM geschlossen, wobei eine quotale Haftungsbegrenzung der<br />
Gesellschafter nach Maßgabe ihrer Beteiligungsquote vereinbart worden<br />
ist. Die GbR wird am 1.2.1999 zahlungsunfähig. C ist allein liquide, die B-<br />
Bank nimmt ihn auf Zahlung in Anspruch. C wendet ein, er sei bei<br />
Begründung der Verbindlichkeit noch nicht Gesellschafter gewesen.<br />
Eine quotale Haftungsklausel beinhaltet in der Regel die Vereinbarung einer<br />
summenmäßigen Haftungshöchstgrenze für das Privatvermögen der einzelnen<br />
Gesellschafter gegenüber der mit dem Gläubiger eingegangenen<br />
Verbindlichkeit. Diese Höchstgrenze bestimmt sich nach dem jeweiligen Anteil<br />
des einzelnen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen. Beträgt der Anteil<br />
beispielsweise 10 % des Gesellschaftsvermögens, dann haftet der jeweilige<br />
Gesellschafter einem Gläubiger gegenüber persönlich auch nur „quotal“ in<br />
Höhe des Anteils. Dabei ist die Anteilsquote in Beziehung zu der jeweiligen<br />
Schuld der Gesellschaft zu setzen. Hat die Gesellschaft einen Kredit in Höhe<br />
15
von 1 Million aufgenommen, dann haftet derjenige Gesellschafter, der an der<br />
Gesellschaft einen Anteil von 10% hält, bis zu einer Höhe von 100.000 DM<br />
persönlich.<br />
Besonderheiten können sich ergeben, wenn Gesellschafter aus der<br />
Gesellschaft ausscheiden oder neue Gesellschafter hinzukommen, denn dann<br />
ändert sich auch die Haftungsquote. Außerdem ist im Haftungsfalle fraglich, wie<br />
sich Zahlungen einzelner Gesellschafter auf die (Rest-) Schuld der Gesellschaft<br />
bzw. auf ihre persönliche Schuld auswirken.<br />
16
1. Besonderheiten aus Gesellschafts- und Gesellschaftersicht<br />
a) Leistungen einzelner Gesellschafter<br />
Der BGH hat in einer jüngeren Entscheidung erstmals zu Fragen von<br />
Abwicklungsproblemen bei der quotalen Haftungsbeschränkung der<br />
Gesellschafter einer GbR Stellung genommen. 40 Das Gericht hat die<br />
Möglichkeit einer solchen Haftungsbeschränkung als unproblematisch<br />
vorausgesetzt. Dies konnte er in dem ihm zur Entscheidung vorliegenden Fall<br />
auch, denn zugunsten der Gesellschafter war eine Beschränkung der Haftung<br />
mit ihrem Privatvermögen in Höhe ihres Anteils an der Gesellschaft („quotale<br />
Haftung“) sowohl im Gesellschaftsvertrag als auch individualvertraglich mit dem<br />
Vertragspartner vereinbart. 41<br />
In der Sache ging es hauptsächlich darum, in welcher Höhe die aus dem<br />
Gesellschaftsvermögen auf eine Darlehensschuld erbrachten Teilleistungen<br />
auch auf die persönliche Haftung eines einzelnen Gesellschafters anzurechnen<br />
war. 42 Es bestand die Besonderheit, dass der betreffende Gesellschafter<br />
nachträglich der Gesellschaft hinzugetreten war und bereits Leistungen an den<br />
Gläubiger aus seinem Privatvermögen erbracht hat. Außerdem war die<br />
persönliche Haftung der Gesellschafter nicht nur quotenmäßig auf die<br />
Beteiligungsquote, sondern auch summenmäßig auf den Nominalwert des<br />
Darlehens beschränkt worden.<br />
Der BGH entschied, dass bei Teilleistungen aus dem Gesamthandsvermögen<br />
an den Gesellschaftsgläubiger zugleich eine Anrechnung auf die jeweilige<br />
quotale Verbindlichkeit des Privatvermögens der einzelnen Gesellschafter<br />
stattfinde. Soweit der Beklagte aus seinem Privatvermögen auch für die als<br />
Gesellschaftsschuld bestehende Darlehensverbindlichkeit gezahlt habe, sei<br />
anteilige Erfüllungswirkung auch bei seiner quotenmäßig übernommenen<br />
Schuldbeitrittsverbindlichkeit eingetreten, weil zwischen der Gesellschaft und<br />
dem Gesellschafter ein Gesamtschuldverhältnis bestanden habe. 43 Im<br />
Verhältnis zu den privaten Verpflichtungen der übrigen Gesellschafter habe<br />
allerdings nur ein Teilschuldverhältnis im Sinne von § 420 BGB bestanden.<br />
Der Wille des BGH ist klar: Ein Gesellschafter soll bei einer vereinbarten<br />
quotalen Haftung bei Zahlung auf die Verbindlichkeit aus seinem<br />
Privatvermögen nur seine eigene Haftungssumme herabsetzen können.<br />
Ebenso sollen Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen die persönliche<br />
Haftung der einzelnen Gesellschafter reduzieren, allerdings nur in dem Maße,<br />
wie die Höhe der Verbindlichkeit bereits unter die Summe der Haftungsquoten<br />
der einzelnen Gesellschafter gefallen ist und somit eine durch die quotale<br />
Gesellschafterhaftung nicht abgesicherte Schuld nicht mehr besteht.<br />
40<br />
BGH NJW 1997, S. 1580; vgl. hierzu K.Schmidt, Quotale Haftung von BGB-Gesellschaftern,<br />
NJW 1997, S. 2201 ff.<br />
41<br />
BGH a.a.O.<br />
42<br />
so zusammenfassend K.Schmidt, NJW 1997, S. 2201 f.<br />
43<br />
BGH a.a.O., der allerdings von einem „zumindest unechten“ Gesamtschuldverhältnis<br />
ausgeht.<br />
C:\Programme\Adobe\Acrobat<br />
4.0\Acrobat\plug_ins\OpenAll\Transform\temp\gbr05_internet.doc
Die dogmatische Herleitung dieses Ergebnisses wird kritisiert 44 , soll aber an<br />
dieser Stelle nicht weiter interessieren. Für die quotale Haftung der<br />
Gesellschafter einer GbR kann man dennoch unabhängig von der<br />
dogmatischen Begründung von folgenden Thesen ausgehen: 45<br />
• Eigenleistungen, die der quotenmäßig haftende Gesellschafter an den<br />
Gläubiger erbringt, werden auf seine Quotenhaftung voll angerechnet.<br />
•<br />
• Eigenleistungen, die ein anderer, ebenfalls quotenmäßig haftender<br />
Gesellschafter an den Gläubiger erbringt, werden auf dessen Quote voll, auf<br />
diejenige des anderen Gesellschafters hingegen gar nicht angerechnet.<br />
Zwischen den Quoten der einzelnen Gesellschafter besteht mithin ein<br />
Teilschuldverhältnis<br />
•<br />
• Teilleistungen aus dem Gesellschaftsvermögen (dem Fonds) an den<br />
Gläubiger lassen die Quotenhaftung der Gesellschafter für noch offene<br />
Forderungen aus dem Kreditverhältnis unberührt. Sie können also, solange<br />
noch offene Forderungen vorhanden sind, nicht einfach von der<br />
summenmäßig begrenzten Haftungsschuld eines Gesellschafters<br />
abgezogen werden. Teilleistungen der Gesellschaft kommen dem<br />
Gesellschafter aber logischerweise inswoweit zugute, als sich die Höhe der<br />
Restforderung, nach der sich die quotale Haftung berechnet, im Maße der<br />
Tilgung durch die Gesellschaft verringert. Ist die Quotenhaftung der<br />
Gesellschafter zusätzlich auf eine Gesamtsumme begrenzt und übersteigt<br />
die Forderung des Geselllschaftsgläubigers diese Gesamtsumme, so<br />
schmälern Leistungen der Gesellschaft die Gesellschafterhaftung im Zweifel<br />
erst, wenn die Gesellschaftsverbindlichkeit unter die vereinbarte Summe<br />
sinkt.<br />
In unserem Fall 1 führen die dargestellten Ergebnisse zu folgender<br />
Lösung:<br />
a) Die GbR schuldet hier die Darlehensrückzahlung in Höhe von 3 Mio<br />
DM. A haftet hierfür im Innenverhältnis zur Gesellschaft mit einem Anteil<br />
von 10%. Durch die explizite Vereinbarung im Darlehensvertrag setzt<br />
sich diese Haftungsbeschränkung auch im Außenverhältnis fort. A haftet<br />
persönlich für die Darlehensverbindlichkeit der Gesellschaft nur bis zu<br />
einer Höhe von 300.000,- DM, also bis zu einer Höhe von 10 % der<br />
Darlehensverbindlichkeit von 3 Mio DM (jeweils zzgl. Zinsen).<br />
b) Wenn nun die “Vereinte Grundbesitz” aus ihrem<br />
Gesellschaftsvermögen das Darlehen nur noch in einer Höhe von<br />
500.000,00 DM ablösen kann, fragt sich, in welcher Höhe A für die noch<br />
offene Verbindlichkeit der Gesellschaft in Höhe von 2,5 Mio DM haftet.<br />
Dabei sei einmal angenommen, dass andere Gesellschafter der X-GbR<br />
zur Zeit nicht zahlungsfähig sind. Hieraus ergeben sich folgende<br />
Möglichkeiten:<br />
44 K. Schmidt, NJW 1997, S. 2201, 2202 ff.<br />
45 vgl. Thesen bei K.Schmidt, NJW 1997, S. 2201, 2202, 2206.<br />
18
(1) A haftet nur noch für 10% des Forderungsrests, also in Höhe von<br />
250.000,00 DM.<br />
(2) A haftet auch anteilig für Ausfälle seiner Mitgesellschafter. Er muss<br />
dann 300.000,00 DM zahlen, 250.000,00 DM auf seine eigene Quote<br />
und 50.000,00 DM auf die Quote der anderen Gesellschafter.<br />
(3) A haftet für sämtliche Ausfälle seiner Mitgesellschafter. Er muss dann<br />
insgesamt 2,5 Mio DM zahlen. 250.000,00 DM auf die eigene Quote,<br />
den Rest auf die Quote der anderen.<br />
Die Variante (3) wird wohl wegen der vereinbarten quotalen Haftung<br />
nicht in Betracht kommen. Durch diese Haftungsbeschränkung wollen die<br />
Gesellschafter ja gerade dem Risiko entgehen, wie Gesamtschuldner<br />
haften zu müssen, es soll im “worst case” also gerade nicht ein<br />
Gesellschafter die gesamte Restschuld der Gesellschaft aus seinem<br />
persönlichen Vermögen begleichen müssen.<br />
Auch Variante (2) wird man bei verständiger Würdigung der<br />
Haftungsabrede ablehnen müssen. Man muss davon ausgehen, dass<br />
zwischen Gläubiger und dem Gesellschafter eine rechtswirksame<br />
Regelung zustandegekommen ist, wonach die Haftung des einzelnen<br />
Gesellschafters auf einen prozentualen Anteil unter Bezug auf die<br />
jeweilige Höhe der Verbindlichkeit vereinbart worden ist. Bei einer<br />
Beteiligungsquote von 10% haftet A daher nur solange bis zu einer Höhe<br />
von 300.000,- DM zuzüglich Nebenleistungen, wie die Gesellschaft aus<br />
ihrem Gesellschaftsvermögen noch keine Tilgungsleistungen erbracht<br />
hat. Durch Tilgungsleistungen seitens des Gesellschaftsvermögens<br />
(nicht durch Eigenleistung von Gesellschaftern aus deren persönlichem<br />
Vermögen) ist im Beispielsfall aber die Haftung reduziert worden, so<br />
dass aus einer Schuld von 3 Mio eine Schuld von 2,5 Mio DM geworden<br />
ist. Diese Schuldtilgung durch die Gesellschaft aus dem<br />
Gesamthandsvermögen muss auch anteilig dem einzelnen<br />
Gesellschafter zugute kommen.<br />
Danach verbleibt als richtige Antwort nur noch Variante (1): Der<br />
Gesellschafter A haftet noch i.H.v. DM 250.000,00 zzgl.<br />
Nebenleistungen.<br />
Aus diesen Ergebnissen ergeben sich weitere Besonderheiten. Wenn nur<br />
entweder die direkte Leistung des einzelnen Gesellschafters an den Gläubiger<br />
auf seine Haftungsquote oder aber eine Schuldtilgung der Gesellschaft aus<br />
dem Gesellschaftsvermögen die Verbindlichkeiten des jeweiligen<br />
Gesellschafters gegenüber dem Gläubiger minimiert, ist es für den<br />
Gesellschafter sicherer, bei Zahlungsschwierigkeiten auf seiten der<br />
Gesellschaft unmittelbar auf seine Haftungsquote an den Gläubiger zu zahlen.<br />
Die Zahlung an das Gesellschaftsvermögen bewirkt nur mittelbar eine<br />
Verminderung der Verbindlichkeiten des einzelnen Schuldners, nämlich nur<br />
dann, wenn tatsächlich die geleistete Summe auch zur Schuldentilgung<br />
gegenüber dem Gläubiger verwandt wird.<br />
19
Will somit ein Gesellschafter auf seine eigene Quote zahlen, so muss dies<br />
direkt und offen geschehen, am besten mit einen ausdrücklichen Hinweis auf<br />
dem Überweisungsträger (etwa:<br />
“Ich zahle hiermit auf meine Haftungsquote.”)<br />
Zu unserem Fall 2 ergibt sich daraus folgende<br />
Lösung<br />
a) A hat hier in die Gesellschaftskasse eingezahlt. Diese Zahlung kommt<br />
aber seiner Haftungsquote nur indirekt zugute. Kann die Gesellschaft die<br />
B-Bank nicht befriedigen, greift die quotale Haftung der Gesellschafter<br />
ein. Die Zahlung an die Gesellschaft hilft dem A nur indirekt, nämlich nur<br />
insoweit, als sich die Höhe der Forderung durch Ablösung der<br />
Gesellschaft reduziert hat. Ansonsten haftet A weiterhin in einer Höhe<br />
von 10% der Restforderung.<br />
b) Es muss davon ausgegangen werden, dass der Bank die<br />
Beteiligungsquote des A bekannt war. Hat A somit für die Bank<br />
erkennbar zuviel gezahlt, ist sie in Höhe des Überschusses<br />
ungerechtfertigt bereichert, obwohl die Gesellschaft, der A angehört,<br />
noch immer Ausstände bei der B-Bank hat. Es ist aber zwischen der<br />
Schuld der Gesellschaft und der Haftung der Gesellschafter streng zu<br />
trennen. Daher kann A den zuviel gezahlten Betrag (200.000 DM) von<br />
der B-Bank zurückverlangen. Dem steht auch nicht der Grundsatz von<br />
Treu und Glauben entgegen.<br />
Dies führt zu der Frage, ob eine Leistung des Gesellschafters direkt an den<br />
Gläubiger auf seine Beitragsverpflichtung aus dem Gesellschaftsvertrag<br />
angerechnet werden kann. Dies wäre für den Gesellschafter in zweifacher<br />
Weise günstig: Erstens könnte er direkt die Höhe seiner Verbindlichkeiten<br />
mindern und würde zweitens gleichzeitig seiner Beitragsverpflichtung Genüge<br />
tun. Die Leistung an die Gesellschaft hat hingegen den erwähnten Nachteil der<br />
ggf. verminderten Anrechenbarkeit auf die Haftungsquote des Gesellschafters<br />
gegenüber dem jeweiligen Gläubiger.<br />
Die Beitragspflicht als zentrale Förderungspflicht findet ihre Ausgestaltung im<br />
Gesellschaftsvertrag (§ 705 BGB). Grundsätzlich ist zunächst eine<br />
Unterscheidung der Begriffe „Beitrag“ und „Einlage“ notwendig. Beiträge i.w.S.<br />
sind alle Arten von Leistungen, die ein Gesellschafter zur Förderung des<br />
gemeinsamen Zwecks im Gesellschaftsvertrag versprechen. 46 Es kommt dabei<br />
nicht darauf an, ob diesen versprochenen Leistungen ein Geldwert zukommt<br />
und wie hoch dieser wäre, da es bei der GbR keinen Mindesthaftungsfonds<br />
gibt. 47 Als Einlagen werden nur solche geleisteten 48 Beiträge i.e.S. bezeichnet,<br />
die in der Erbringung von (geldwerten) Sachen oder Geld bestehen. 49<br />
46 MüKo/Ulmer, § 706 Rn. 2.<br />
47 MüKo/Ulmer a.a.O.<br />
48 vgl. MüKo/Ulmer, § 706 Rn. 3.<br />
49 Schulte in: Sudhoff, Teil 2 Abschn. L Rn. 2.<br />
20
Die Höhe und Art der Beitragsleistung richtet sich nach dem<br />
Gesellschaftsvertrag. Insofern kommt es für die Beantwortung der<br />
Ausgangsfrage auch auf dessen Ausgestaltung an. Im weitaus häufigsten Fall<br />
in der Praxis erfolgt die Einbringung des Beitrages zu Eigentum, der<br />
Beitragsgegenstand wird also in das alleinige Volleigentum der Gesellschaft<br />
überführt. Dann kann aber eine direkt an einen Gläubiger geleistete Einlage<br />
nicht auf die Beitragsverpflichtung des Gesellschafters angerechnet werden.<br />
Sieht der Gesellschaftsvertrag oder die vertragliche Vereinbarung beim Eintritt<br />
eines neuen Gesellschafters vor, dass der geleistete Beitrag der Gesellschaft<br />
nur dem Werte nach zugeführt werden soll, kann durchaus eine Regelung<br />
vorstellbar sein, wonach die Einlageverpflichtung durch direkte (teilweise)<br />
Begleichung einer bestehenden Gesellschaftsverbindlichkeit gegenüber einem<br />
Gläubiger erfolgen soll. Dies hat aber zunächst einmal nichts mit der<br />
vertraglichen Ausgestaltung der Haftung als einer quotalen Haftung zu tun. Es<br />
wird im Zweifel auch nicht im Interesse der Mitgesellschafter sein, wenn eine<br />
Leistung einzelner Gesellschafter direkt an Gesellschaftsgläubiger erfolgt, weil<br />
sich deren Haftungsquote dadurch zunächst – wie dargestellt - nicht mindert.<br />
Die Anrechnung der direkten Leistung einzelner Gesellschafter an<br />
Gesellschaftsgläubiger auf deren Haftungsquote widerspricht auch dem Sinn<br />
und Zweck, der durch die quotale Haftung erreicht werden soll. Den Gläubigern<br />
soll zunächst die Gesellschaft mit ihrem Gesellschaftsvermögen haften. Dieses<br />
wird mitbestimmt durch die Beiträge der Gesellschafter. Die Vereinbarung einer<br />
quotalen Haftung soll die Gesellschafter der GbR nur vor einer uferlosen<br />
persönlichen Inanspruchnahme durch Gläubiger bei mangelnder Deckung<br />
durch das Gesellschaftsvermögen schützen, nämlich ihnen die Sicherheit<br />
geben, für eine Gesellschaftsverbindlichkeit nur bis zur Höhe ihrer Beteiligung<br />
einstehen zu müssen. Einlageverpflichtung und Haftung sind getrennt zu<br />
betrachten. Nach der gesetzlichen Regelung haben die Gesellschafter zum<br />
einen die zentrale Pflicht zur Beitragsleistung auf der Primärebene, auf einer<br />
sekundären Ebene haften sie für Gesellschaftsschulden in voller Höhe mit<br />
ihrem Vermögen. Nur auf dieser sekundären Ebene treten bei der Vereinbarung<br />
einer quotalen Haftung Veränderungen ein. Insofern ist davon auszugehen,<br />
dass Leistungen einzelner Gesellschafter, die direkt an Gesellschaftsgläubiger<br />
erfolgen, nur in Ausnahmefällen auf die Beitragsverpflichtung der jeweiligen<br />
Gesellschafter angerechnet werden können, nämlich nur dann, wenn dies<br />
ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag vereinbart worden ist.<br />
b) Störungen im Gesellschafterbestand und ihre Folgen für die Haftung<br />
aa) Ausscheiden eines Gesellschafters, Ausfall eines Gesellschafters<br />
wegen persönlicher Insolvenz<br />
Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Gesellschaftsvermögen wird<br />
die Gesellschaft zwingend aufgelöst (§ 728 Abs. 1 BGB). Im gesetzlichen<br />
Normalfall ist die Fortführung der Gesellschaft aber auch bei Ausscheiden<br />
eines Gesellschafters durch Kündigung oder Tod oder im Falle der persönlichen<br />
Insolvenz nicht vorgesehen (vgl. §§ 723, 727, 728 Abs. 2 BGB). Abweichendes<br />
kann allerdings im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden, wie § 736 BGB<br />
21
klarstellt. Die Regelung des § 131 HGB mit zwingenden und dispositiven<br />
Auflösungsgründen (vgl. § 131 Abs.1 und 2 im Gegensatz zu Abs. 3 HGB) kann<br />
hingegen auf die GbR nicht übertragen werden.<br />
Für Haftungsfragen ist § 736 Abs. 2 in Verbindung mit der in § 160 HGB n.F.<br />
geregelten Nachhaftungsbegrenzung beachtlich: 50 Der ausgeschiedene<br />
Gesellschafter haftet für die bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens<br />
begründeten Gesellschaftsverbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von 5 Jahren<br />
fällig werden und daraus Ansprüche gegen ihn gerichtlich geltend gemacht sind<br />
oder er den Anspruch schriftlich anerkannt hat. Dabei ist unerheblich, ob es sich<br />
bei den Verbindlichkeiten um Dauerschuldverhältnisse mit gewissem oder<br />
ungewissem Verlauf in der Zukunft handelt. Sie sind ohne Differenzierung als<br />
Verbindlichkeiten im Sinne des § 160 Abs. 1HGB. 51 Auch besteht bei<br />
kündbaren Dauerschuldverhältnissen eine Nachhaftung nicht nur bis zum<br />
Zeitpunkt, zu dem der Gläubiger der Gesellschaft frühestens kündigen konnte.<br />
An dieser sogenannten Kündigungstheorie hält die Rechtsprechung in<br />
Anbetracht der neuen Rechtslage nicht mehr fest. Die Nachhaftung wird durch<br />
§ 160 HGB abschließend geregelt.<br />
Beispiel:<br />
Die A-GbR, bestehend aus den Gesellschaftern A, B und C schließt mit<br />
dem Steuerberater X im Oktober 1998 einen Steuerberatungsvertrag ab,<br />
der mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten kündbar ist. Am 31. August<br />
1999 scheidet der C aus der Gesellschaft aus, der X erhält hiervon<br />
Kenntnis. Ende 2000 nimmt X den C persönlich zur Zahlung seiner<br />
Vergütung für den Zeitraum Oktober 1999 bis März 2000 in Anspruch. C<br />
wendet ein, nicht mehr zahlen zu müssen, weil er aus der Gesellschaft<br />
ausgeschieden sei.<br />
Hier kann C sich nicht auf sein Ausscheiden berufen. Die Forderungen<br />
des X waren schon durch den Vertragsschluss im Oktober 1995<br />
unabhängig von der Fälligkeit einzelner Teilforderungen begründet und<br />
insofern Verbindlichkeiten im Sinne des § 160 Abs. 1 BGB. Auch kann<br />
sich C nicht auf die Kündigungsmöglichkeit zum frühesten Termin<br />
(mögliche Kündigung zum 1. Dezember 1999, 3 Monate ab Ausscheiden<br />
des C) berufen. § 160 I HGB regelt die Nachhaftung abschließend. C<br />
haftet ab Kenntnis des X fünf Jahre lang.<br />
Die Frist beginnt mangels Handelsregistereintragung des Ausscheidens<br />
des betreffenden Gesellschafters mit dem Zeitpunkt, in dem die<br />
Gläubiger von dem Ausscheiden eines Gesellschafters Kenntnis<br />
erlangen. 52<br />
50 Für den Fall der Auflösung der Gesellschaft gilt § 159 HGB analog. § 736 II BGB verweist<br />
nicht auf diese Vorschrift, die analoge Anwendung ist aber wegen der entstehenden<br />
Regelungslücke geboten (MüKo/Ulmer § 736 Rn. 19). Danach verjähren Ansprüche von<br />
Gläubigern der Gesellschaft gegen einzelne Gesellschafter in 5 Jahren, wenn nicht der<br />
Anspruch gegen die Gesellschaft einer kürzeren Verjährungsfrist unterliegt.<br />
51 BGH Urt. v. 27.9.1999 DNotI-Report 2000, S. 11.<br />
52 Für die GbR ist dies wohl allgemeine Meinung, vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 59. Auflage<br />
2000, § 736 Rn. 14. Bei den Personenhandelsgesellschaften wird nach allgemeiner Meinung<br />
nur auf die Handelsregistereintragung abgestellt. Hiergegen wendet sich Altmeppen (Zur<br />
Enthaftung des ausscheidenden Personengesellschafters, NJW 2000, S. 2529 ff.) mit<br />
22
Dies kann in der Praxis durch Rundschreiben erfolgen. 53 Auf die<br />
Kenntniserlangung ist abzustellen, weil wegen der mangelnden<br />
Handelsregisterpublizität bei der GbR in Ansehung der insofern fehlenden<br />
Informationsfunktion gegenüber Gläubigern und Rechtsverkehr ein ähnlicher<br />
Publizitätsschritt erforderlich ist. 54 Bei Immobilienfonds bietet sich ein anderer<br />
Anknüpfungspunkt an. Da die Gesellschaft Eigentümerin eines Grundstücks,<br />
aber als solche nach allgemeiner Auffassung (noch) nicht grundbuchfähig ist 55 ,<br />
müssen alle Gesellschafter in das Grundbuch als Grundstückseigentümer<br />
eingetragen sein. Ein ausgeschiedener Gesellschafter ist aus dem Grundbuch<br />
zu löschen (Grundsatz der Grundbuchwahrheit, vgl. § 894 BGB). Insofern kann<br />
auch der Zeitpunkt der Löschung aus dem Grundbuch als maßgeblicher<br />
Zeitpunkt für den Verjährungsbeginn angenommen werden. Hierfür spricht,<br />
dass sich derjenige, der ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme ins<br />
Grundbuch hat (und das hat der Mieter, weil er Klarheit darüber erlangen<br />
können muss, wer sein Vermieter ist), sich auch den Inhalt des Grundbuchs<br />
entgegenhalten lassen muss. Andererseits ist zu bedenken, dass die<br />
Grundbucheintragung insofern nur deklaratorische Funktion hat, als dass keine<br />
zwingende gesellschaftsrechtliche Rechtsfolge daran geknüpft werden kann.<br />
Die Aussage des Grundbuchs hat keine ähnlich konstitutive Funktion, wie sie<br />
an entsprechende Eintragungen in das Handelsregister geknüpft wird (vgl. §<br />
159 II HGB).<br />
Hier bestehen aber weiterhin Unklarheiten, so dass der sicherste Weg darin<br />
liegt, dafür Sorge zu tragen, dass alle Gläubiger Kenntnis von dem<br />
Ausscheiden eines Gesellschafters erhalten. Denn die fehlende Kenntnis eines<br />
Gläubigers muss zu Lasten der Gesellschaft bzw. des ausgeschiedenen<br />
Gesellschafters gehen. Das Ausscheiden und damit die Kenntnis der Gläubiger<br />
hiervon, sind für den ausgeschiedenen Gesellschafter günstige Tatsachen, die<br />
er im Zweifel vor Gericht beweisen muss.<br />
Für die Dauer von 5 Jahren muss der ausgeschiedene Gesellschafter folglich<br />
damit rechnen, im Umfang seiner vormaligen Gesellschaftsbeteiligung<br />
persönlich von „alten“ Gläubigern der Gesellschaft in Anspruch genommen zu<br />
werden. Daran kann sich für das Innenverhältnis dann etwas ändern, wenn<br />
durch den Gesellschaftsvertrag eine Haftungsfreistellung vereinbart worden ist.<br />
Denn § 160 HGB ist insoweit abdingbar. 56 Rechtswirkungen im Außenverhältnis<br />
werden jedoch erst begründet, wenn die Haftungsfreistellung auch in dem<br />
Vertrag mit dem jeweiligen Gläubiger der Gesellschaft vereinbart ist. Das ergibt<br />
sich aus der Regelung des § 128 Satz 2 HGB, der in Verbindung mit § 160<br />
HGB für die Frage der Nachhaftung sinngemäß ebenfalls auf die GbR<br />
anzuwenden ist (vgl. § 736 Abs. 2 BGB).<br />
ausführlicher Begründung: Die Eintragung in das Handelsregister sei nur deklaratorischer<br />
Natur, als Grundsatz der Registerpublizität gelte, dass sämtliche Publikationsakte durch positive<br />
Kenntnis des Dritten ersetzt werden könnten.<br />
53<br />
so MüKo/Ulmer, § 736 Rn. 23; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 II 5, S. 1315.<br />
54<br />
vgl. MüKo/Ulmer a.a.O.<br />
55<br />
vgl. nur OLG Düsseldorf, NJW 1997, S. 1991 f.<br />
56<br />
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 51 II 2 S. 1490.<br />
23
Somit findet für die Dauer der Nachhaftung in Ansehung der bei dem<br />
Ausscheiden bereits begründeten Verbindlichkeiten eine Veränderung der<br />
Haftungsquote im Außenverhältnis erst einmal nicht statt. Abweichende<br />
Regelungen wären im Vertragsverhältnis zwischen Gesellschaft und Gläubiger<br />
aufzunehmen. Für das Innenverhältnis gilt bei Fehlen einer anderweitigen<br />
vertraglichen Regelung § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB: Die übrigen Gesellschafter<br />
sind verpflichtet, den ausgeschiedenen Gesellschafter von den<br />
gemeinschaftlichen Schulden zu befreien oder bei deren fehlender Fälligkeit<br />
Sicherheit zu leisten.<br />
Insofern kommen wir zu folgender<br />
Lösung zu Fall 3:<br />
Hier ist das Ausscheiden des A dem Z nicht positiv bekannt gemacht<br />
worden. Insofern konnte die 5-Jahres-Frist nicht in Gang gesetzt werden.<br />
Eine Anknüpfung an den Zeitpunkt der Austragung des A aus dem<br />
Grundbuch kommt wegen der insofern mangelnden Publizitätswirkung<br />
des Grundbuchs nicht in Betracht. A ist damit im Außenverhältnis zu Z<br />
weiterhin Schuldner des bereicherungsrechtlichen Anspruches. Es ist<br />
jedoch fraglich, für welche Zeiträume A haftet. Für Ansprüche aus dem<br />
Zeitraum vor dem 1.1.1995 ist seine Einstandspflicht klar, denn<br />
Verjährung des Nachhaftungsanspruchs ist nicht eingetreten. Die<br />
Ansprüche für den Zeitraum nach dem 1.1.1995 sind jedoch keine bis<br />
zum Zeitpunkt des Ausscheidens entstandene Verbindlichkeiten. Bei der<br />
Miete handelt es sich zwar um ein Dauerschuldverhältnis,<br />
Rückforderungsansprüche wegen zuviel gezahlter Miete werden aber<br />
nicht bereits mit Vertragsschluss begründet, sondern entstehen erst mit<br />
der jeweiligen Mietzahlung und dem Umstand, dass diese – z.B. in<br />
Beziehung zur ortsüblichen Vergleichsmiete – zu hoch ausgefallen ist.<br />
Unabhängig von der Kenntnis des Z haftet A nicht mehr für die nach dem<br />
1.1.1995 begründeten Verbindlichkeiten. Denn die Regelungen der §§<br />
159, 160 betreffen lediglich die Verjährung, konstituieren aber keinen<br />
Haftungsanspruch.<br />
Fraglich ist, ob für den Fall der Ermangelung einer vertraglichen Regelung eine<br />
Pflicht der übrigen Gesellschafter zur Übernahme eines größeren<br />
Haftungsrisikos besteht.<br />
Soweit eine quotale Haftung vereinbart ist, haften die übrigen Gesellschafter<br />
grundsätzlich immer noch lediglich anteilig mit ihrer Beteiligungsquote.<br />
Maßgeblich ist dann aber, ob sich die Beteiligungsquote des einzelnen<br />
Gesellschafters bei Ausscheiden eines anderen erhöht. Hierzu trifft § 738 Abs.<br />
1 Satz 1 BGB –übrigens unabhängig von einer quotalen Haftung- eine<br />
eindeutige Regelung: Der freiwerdende Anteil am Gesellschaftsvermögen fällt<br />
den übrigen Gesellschaftern zu (Anwachsung). Dieses Prinzip ist zwingende<br />
Folge des Ausscheidens. 57 Es ist Ausdruck der Struktur der<br />
gesellschaftsrechtlichen Gesamthand 58 und als solches nicht dispositiv. Folglich<br />
erhöht sich automatisch die Beteiligungsquote der übriggebliebenen<br />
57 Vgl. MüKo/Ulmer, § 738 Rn. 5.<br />
58 MüKo/Ulmer, § 738 Rn. 8.<br />
24
Gesellschafter anteilig um das Maß des freigewordenen Anteils. Da die quotale<br />
Haftung aber an die Beteiligungsquote anknüpft, ist mit dem gewonnen Mehr<br />
auf der Beteiligungsseite auch ein Mehr auf der Haftungsseite verbunden.<br />
Die Pflicht zur Übernahme eines höheren Haftungsrisikos ergibt sich also quasi<br />
automatisch. Wollen die Gesellschafter ein höheres Beteiligungsrisiko nicht<br />
eingehen, ist für den ausgeschiedenen Gesellschafter Ersatz zu suchen.<br />
Entweder muss ein neuer Gesellschafter in die Gesellschaft eintreten und den<br />
freigewordenen Gesellschaftsanteil übernehmen, oder ein „alter“ Gesellschafter<br />
übernimmt diesen Anteil zusätzlich. Findet eine Anteilsübernahme durch einen<br />
neuen (oder alten) Gesellschafter nicht statt, könnte allenfalls eine vertragliche<br />
Regelung mit dem Gläubiger in dem Sinne getroffen werden, dass die alte<br />
Beteiligungsquote in Ansehung der persönlichen Haftungsquote beibehalten<br />
werden soll. Diese Regelung erscheint aber praxisfern, da kein Gläubiger<br />
freiwillig das Risiko auf sich nimmt, mit einem Teil seiner Forderung mangels<br />
Möglichkeit der insgesamt vollen – wenn auch bezüglich eines einzelnen<br />
Gesellschafters nur quotalen - Inanspruchnahme der persönlich haftenden<br />
Gesellschafter auszufallen.<br />
Ist keine quotale Haftung vereinbart, so ergibt sich aus dem gesetzlichen<br />
Regelstatut nur, dass nach Ablauf von 5 Jahren der ausgeschiedene<br />
Gesellschafter nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Sollten dann<br />
noch Forderungen bestehen, müsste sich der Gläubiger an die übrigen<br />
Gesellschafter halten, die er ja unbeschränkt persönlich in Anspruch nehmen<br />
kann. Das Prinzip der Anwachsung spielt hier nur eine sekundäre Rolle.<br />
bb) Eintritt eines Gesellschafters<br />
Der Eintritt eines Gesellschafters in eine GbR bedarf in besonderem Maße<br />
einer Regelung durch den Gesellschaftsvertrag, da gesetzliche Regelungen<br />
hierzu nicht existieren. Allein § 130 HGB enthält für den Fall des Eintritts in eine<br />
oHG Regelungen für die Haftung des neu eingetretenen Gesellschafters. Hier<br />
ist allerdings fraglich, ob diese Norm analog auf den Eintritt in eine GbR<br />
angewendet werden kann. Dazu gleich mehr.<br />
Das Fehlen einer gesetzlichen Regelung für die Gesellschafterauswechselung<br />
bei der GbR kann damit erklärt werden, dass der historische Gesetzgeber<br />
wegen der gesamthänderischen Bindung der Gesellschafter zumindest bei der<br />
GbR einen solchen Wechsel für unzulässig hielt. 59 Inzwischen wird in der Regel<br />
die Gesamthand selbst als Rechts- und Vermögensträgerin anerkannt, so dass<br />
die Möglichkeit eines Gesellschafterwechsels nicht mehr ernsthaft bestritten<br />
werden kann. 60<br />
Für den Eintritt in die Gesellschaft ist stets ein Vertragsschluss zwischen<br />
eintretendem und bestehenden Gesellschaftern erforderlich. 61 Dem Vertrag<br />
müssen grundsätzlich alle Gesellschafter zustimmen, ob vertretungsbefugt oder<br />
59 Jäger in: Sudhoff, Abschn. P Rn. 4.<br />
60 vgl. oben Abschnitt B II 1.<br />
61 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 II S. 1313.<br />
25
nicht. 62 Allerdings wird in der Praxis häufig der geschäftsführungsbefugte<br />
Gesellschafter von den übrigen zum Vertragsschluss mit dem Eintretenden<br />
bevollmächtigt. So lassen bei einem Immobilienfonds mit unmittelbarer<br />
Beteiligung die Kapitalanleger-Gesellschafter ihre Mitgliedschaftsrechte häufig<br />
durch einen Treuhandgesellschafter wahrnehmen. Wegen fehlender<br />
gesetzlicher Regelungen ist eine möglichst umfassende Eintrittsregelung zu<br />
treffen. In der Praxis häufig ist eine dem „Abwachsungsprinzips“<br />
entprechende Vereinbarung. Der eintretende Gesellschafter erhält gegen<br />
Leistung seiner Einlage einen Anteil an der Gesellschaft. So wie bei<br />
Ausscheiden eines Gesellschafters dessen Anteil den übrigen Gesellschaftern<br />
zufällt, führt der Eintritt eines neuen Gesellschafters bei den übrigen zu einer<br />
anteilmäßigen Verringerung ihrer Beteiligungen. Für die quotale Haftung<br />
bedeutet dies konsequenterweise auch eine Verringerung des persönlichen<br />
Haftungsrisikos der alten Gesellschafter.<br />
Für den Eintritt eines Gesellschafters stellt sich die Frage nach der Mithaftung<br />
für bereits bestehende Verbindlichkeiten. Hierbei wird zwischen der Übernahme<br />
eines bestehenden Gesellschaftsanteils durch einen Dritten<br />
(Gesellschafterwechsel, Abtretung eines Gesellschaftsanteils führt zur Zahlung<br />
eines Kaufpreises) und der Neubegründung eines Gesellschaftsanteils durch<br />
Eintritt eines zusätzlichen Gesellschafters (Aufnahme führt dazu, dass der<br />
Eintretende eine Einlage leisten muss) zu unterscheiden sein.<br />
Nach der Vorschrift des § 130 HGB haftet der eintretende Gesellschafter gleich<br />
den anderen Gesellschaftern für alle vor seinem Eintritt begründeten<br />
Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach Maßgabe der §§ 128, 129 HGB<br />
persönlich. Das bedeutet, dass der eintretetene Gesellschafter persönlich<br />
zusammen mit den übrigen Gesellschaftern als Gesamtschuldner haftet und<br />
ihm nur beschränkte Einredemöglichkeiten gegen den Gläubiger zustehen.<br />
Hier ist zu klären, inwieweit diese handelsrechtliche Regelung auf die GbR<br />
anwendbar ist. Nach einer Ansicht ist eine entsprechende Anwendung nicht<br />
möglich. 63 Danach haften in die GbR eintretende Gesellschafter für die vor<br />
ihrem Eintritt begründeten Gesellschaftsschulden nur dann persönlich mit ihrem<br />
sonstigen Vermögen, wenn sie eine entsprechende Vereinbarung mit dem<br />
Gläubiger getroffen, z.B. einen Schuldbeitritt erklärt haben. 64 Schließt man sich<br />
aber der neueren Tendenz in der Rechtsprechung und Literatur zur oben<br />
dargestellten Akzessorietätstheorie an, so sollte zumindest für die<br />
unternehmenstragende GbR § 130 HGB analog zur Anwendung kommen. 65 Für<br />
den Eintritt in eine Bauherrengemeinschaft kommt eine Anwendung dieser<br />
Vorschrift allerdings nicht in Betracht. 66<br />
62<br />
Jäger in: Sudhoff, Teil 2 Abschn. P Rn. 11<br />
63<br />
Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 30. Auflage, München 2000, § 130 Rn. 3 mit Verweis<br />
auf BGHZ 74, 240.<br />
64<br />
MüKo/Ulmer, § 714 Rn. 65; vgl. BGHZ 74, 240, 242 ff = NJW 1979, S. 1821 f.<br />
65<br />
Jäger in: Sudhoff, Teil 2 Abschn. P Rn. 15; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 60 III S. 1792 f.,<br />
der die Anwendung des § 130 HGB ausdrücklich auf die unternehmenstragende Gesellschaft<br />
beschränkt.<br />
66<br />
vgl. K.Schmidt a.a.O., der dem Ergebnis des BGH für den in BGHZ 74, 240 zu<br />
entscheidenden Fall zustimmt.<br />
26
Es bleibt zu untersuchen, ob die analoge Anwendung des § 130 HGB für den<br />
Beitritt zu einer Immobilienfondsgesellschaft sachgerecht erscheint. Erfolgt eine<br />
unmittelbare Beteiligung durch Hinzutreten in die GbR, erscheint es schwierig,<br />
zwischen der Haftung der bisherigen Gesellschafter und der des<br />
hinzugetretenen zu unterscheiden. Unabhängig von der gleichbleibenden<br />
Haftung der Gesamthand ist es dann sachgerecht, auch den eingetretenen<br />
Gesellschafter für bereits vor seinem Eintritt entstandene Verbindlichkeiten<br />
haften zu lassen, wenn er auch bei seinem späteren Eintritt in gleichem Maße<br />
Nutzen aus seiner Beteiligung zieht. Dies dürfte im Regelfall bei dem Beitritt zu<br />
einem Immobilienfonds der Fall sein. Das Haftungsrisiko wird im übrigen<br />
regelmäßig durch die Vereinbarung einer quotalen Haftung begrenzt. Für den<br />
Fall, dass ein Fondsanteil übernommen wird, also ein Fall des<br />
Gesellschafterwechsels vorliegt, dürfte in der Regel auch die Übernahme aller<br />
Rechte und Pflichten, die sich aus dem Gesellschaftsanteil ergeben,<br />
Vertragsbestandteil geworden sein. In diesem Falle erscheint eine analoge<br />
Anwendung des § 130 HGB ohnehin angebracht. Letztlich wird es aber auf die<br />
jeweilige Ausgestaltung des Gesellschafts- bzw. Beitrittsvertrages ankommen.<br />
Im Ergebnis wird man daher auch eine persönliche – allerdings bei der quotalen<br />
Haftung insofern begrenzte – Einstandspflicht des einem Immobilienfonds unter<br />
unmittelbarer Beteiligung beigetretenen Gesellschafters annehmen müssen.<br />
Für unseren Fall 4 folgt daraus diese<br />
Lösung:<br />
Wenn man eine analoge Anwendung des § 130 HGB bejaht, dann kann<br />
C mit seiner Einwendung nicht durchdringen. Er muss die B-Bank in<br />
Höhe seiner Beteiligungsquote von 10%, mithin in Höhe von 100.000 DM<br />
befriedigen. C kann sich zwar bei dem Gesellschaftsvermögen schadlos<br />
halten. Ein Rückgriff auf die übrigen Gesellschafter ist jedoch nicht<br />
möglich. Die Zahlung des C entspricht seiner Haftungssumme, er hat<br />
keinen Rückgriffsanspruch auf die übrigen Gesellschafter, vgl. § 426<br />
BGB.<br />
c) Exkurs: Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft<br />
Liegt ein fehlerhafter Beitritt zu einer GbR vor, gelten nach der ständigen<br />
Rechtsprechung des BGH die zur fehlerhaften Gesellschaft entwickelten<br />
Grundsätze auch für diesen Fall. Danach ist eine fehlerhaft gegründete<br />
Gesellschaft oder ein fehlerhaft vollzogener Beitritt zu einer Gesellschaft<br />
regelmäßig nicht von Anfang an unwirksam, sondern wegen des Nichtigkeitsoder<br />
Anfechtungsgrundes nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar. 67 Bis zur<br />
Geltendmachung des Fehlers sind die in Vollzug gesetzte Gesellschaft und der<br />
vollzogene Beitritt grundsätzlich voll wirksam. Ein Beitritt ist dann vollzogen,<br />
wenn Rechtstatsachen geschaffen worden sind, an denen die Rechtsordnung<br />
nicht vorbeigehen kann. Dies ist der Fall, wenn der Beitretende Beiträge<br />
geleistet oder gesellschaftsvertragliche Rechte ausgeübt hat. 68 Die Grundsätze<br />
67<br />
BGHZ 55,5, 8 f.; BGH WM 1992, 490, 491 m.w.N.<br />
68<br />
BGH aaO S. 492.<br />
27
der fehlerhaften Gesellschaft hindern einen Mitgesellschafter bis zu einer auf<br />
sofortige Abwicklung gerichteten außerordentlichen Kündigung an der<br />
Durchsetzung eines auf Rückgewähr der Einlage gerichteten<br />
Schadensersatzanspruches aus vorvertraglichem Verschulden. 69<br />
Beispiel (Abwandlung zu Fall 4)<br />
C ist in die GbR eingetreten und hat seine Einlage geleistet. Er wird von<br />
der B-Bank in Anspruch genommen. Erst danach stellt er fest, dass ihm<br />
von den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich hinsichtlich der<br />
Ertragsaussichten der Gesellschaft und der Schuldenlage geschönte<br />
Zahlen präsentiert worden sind. Er ficht seine Beitrittserklärung wegen<br />
arglistiger Täuschung an. Die B-Bank verlangt dennoch Zahlung.<br />
In diesem Falle ist durch die Einlageleistung der Beitritt zur GbR<br />
vollzogen worden. Die Anfechtungserklärung kann nur für die Zukunft<br />
wirken und dem Anspruch der B-Bank nicht entgegengehalten werden. C<br />
muss also zahlen, wenn man die analoge Anwendung von § 130 HGB<br />
bejahen will. Er hat hier aber die Möglichkeit, sich bei den GbR-<br />
Gesellschaftern, die ihn ja gemeinschaftlich getäuscht haben, schadlos<br />
zu halten. Allerdings trägt C auch in diesem Falle das Insolvenzrisiko.<br />
Einen Sonderfall, der gerade im Immobilienfondsbereich anzusprechen ist, ist<br />
die Abwicklung von Grundstückserwerbungen durch Geschäftsbesorger<br />
im Rahmen von Bauträgermodellen. Der BGH hat hierzu entschieden, dass<br />
derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung<br />
eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauträgermodells für den<br />
Erwerber besorgt, der Genehmigung nach Art. 1 § 1 Satz 1 RBerG bedarf.<br />
Verfügt er darüber nicht, ist der entsprechende Geschäftsbesorgungsvertrag<br />
nichtig. 70<br />
Fraglich ist, ob diese Rechtsprechung auch Auswirkungen auf bereits<br />
abgeschlossene Verträge hat. So ist zu prüfen, ob die Nichtigkeit des<br />
Geschäftsbesorgungsvertrages die Nichtigkeit der darin enthaltenen Vollmacht<br />
bedeutet und, wenn man dies bejaht, ob das in Ausnutzung der Vollmacht<br />
vorgenommene Rechtsgeschäft (der Grundstückserwerb) nichtig ist. 71 Die erste<br />
Frage ist mit Hinblick auf § 139 BGB zu bejahen, weil bei Teilnichtigkeit eines<br />
Rechtsgeschäfts im Zweifel das gesamte Rechtsgeschäft nichtig ist. Es wird<br />
sich regelmäßig kein Wille des Vollmachtgebers feststellen lassen, die<br />
Vollmacht auch ohne gültigen Geschäftsbesorgungsvertrag aufrecht erhalten zu<br />
wollen. Allerdings hat dies auf das unter Ausnutzung der Vollmacht<br />
abgeschlossene Rechtsgeschäft unter Rechtsscheinsgesichtspunkten keine<br />
Auswirkungen. Der Vertragspartner des Vollmachtgebers durfte auf die<br />
Bevollmächtigung des Geschäftsbesorgers vertrauen, da der<br />
Geschäftsbesorger in der Regel aufgrund einer notariell beurkundeten<br />
Vollmacht im Namen des Erwerbers den Kaufvertrag geschlossen, die<br />
Auflassung erklärt und ggf. Grundpfandrechte bestellt hat. Auf die Richtigkeit<br />
69<br />
BGH WM 1993, S. 1277, 1279.<br />
70<br />
BGH DStR 2000, 2049.<br />
71<br />
Vgl. für das Folgende DNotI-Gutachten im Fax-Abruf, Nr. 5004 i.d.F. vom 28.12.2000; vgl.<br />
auch DNotI-Report 2000 S. 192 f.<br />
28
der vom Notar gemäß § 12 BeurkG zu überprüfenden Vollmacht durfte der<br />
Vertragspartner vertrauen.<br />
Somit brauchen Grundstückserwerber, die in der Vergangenheit unter<br />
vergleichbaren Prozeduren Grundstücke erworben haben, nicht um die<br />
Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zu fürchten. Wer in der gleichen Weise<br />
Beteiligungen an einem Immobilienfonds erlangt hat und insofern Miteigentümer<br />
des Grundstücks geworden ist, kann wegen des insofern ebenfalls wirksamen<br />
Anteilserwerbs sich wohl aus Rechtsscheinsgesichtspunkten nicht auf einen<br />
fehlerhaften Beitritt zur Gesellschaft mit der Folge der sofortigen Kündbarkeit<br />
berufen. Hier könnte aber auch eine andere Lösung in Betracht kommen, so<br />
dass gewisse Unsicherheiten bis zu einer entsprechenden gerichtlichen<br />
Entscheidung hingenommen werden müssen.<br />
In Zukunft jedoch werden entsprechende Rechtsgeschäfte vom Notar nicht<br />
mehr beurkundet werden. Wurde bereits in der Vergangenheit beurkundet und<br />
soll nun Gebrauch von der Vollmacht gemacht werden, muss der Notar auf<br />
Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht ausdrücklich hinweisen. Auch hier<br />
wird der Notar nicht ohne weiteres eine Beurkundung vornehmen. Es ist also für<br />
die Zukunft anzuraten, dass Grundstückserwerbe nicht mehr über<br />
Geschäftsbesorger, die keine Erlaubnis nach Art 1 § 1 RBerG aufweisen<br />
können, abgewickelt werden.<br />
2. Besonderheiten aus Gläubigersicht<br />
Für den Gläubiger einer GbR stellt sich schnell die Frage, ob ihm bei einer<br />
mangelnden Deckung aus dem Gesellschaftsvermögen ein Wahlrecht in der<br />
Weise zusteht, dass er sich zwischen einer Inanspruchnahme der Gesellschaft<br />
oder einer persönlichen Inanspruchnahme einzelner Gesellschafter entscheiden<br />
kann kann. Wenn man als Ausgangspunkt zugrundelegt, dass der Vertrag mit<br />
der GbR geschlossen wurde, dann schuldet zunächst auch nur die GbR.<br />
Allerdings haften die Gesellschafter grundsätzlich primär für die<br />
Verbindlichkeiten der Gesellschaft, das heißt der Gläubiger kann sich neben<br />
dem Gesellschaftsvermögen auch an die Gesellschafter halten. In welcher<br />
Höhe die Gesellschafter persönlich haften, ergibt sich aus dem<br />
Gesellschaftsvertrag und den Vereinbarungen mit den Gläubiger.<br />
Legt man die bisherigen Erkenntnisse zugrunde, dann gelangt man zu<br />
folgenden Lösungen:<br />
Ist im Gesellschaftsvertrag eine quotale Haftung vereinbart worden, die durch<br />
entsprechende Abrede mit dem Gläubiger auch im Außenverhältnis<br />
Wirksamkeit erlangt hat, dann kann derjenige Gläubiger, der Befriedigung aus<br />
dem Gesellschaftsvermögen nicht erlangen konnte, die einzelnen<br />
Gesellschafter persönlich bis zu ihrer Haftungsquote in Anspruch nehmen. Eine<br />
vollständige Befriedigung nur durch einen Gesellschafter über diese<br />
Haftungsquote hinaus ist dann nicht möglich. Der Gläubiger kann auch auf<br />
einzelne Gesellschafter persönlich zurückgreifen, auch wenn Befriedigung aus<br />
dem Gesamthandsvermögen noch zu erreichen ist. Dies ergibt sich aus der hier<br />
zugrundegelegten primär-akzessorischen Haftung der Gesellschafter.<br />
29
3. Besonderheiten bei gesetzlicher Haftung aus Delikt oder Bereicherung<br />
Bei der GbR im allgemeinen ist die Frage der Einstandspflicht für eine<br />
gesetzliche Haftung nicht einfach zu klären. Im Immobiliefondsbereich kann die<br />
Frage der deliktischen Einstandspflicht dann relevant werden, wenn<br />
Verkehrssicherungspflichten verletzt wurden und nun deliktische<br />
Ersatzansprüche gegen die Gesellschaft gestellt werden (z.B. Verletzung der<br />
Streupflicht, Unfall eines Mieters oder Besuchers und<br />
Schmerzensgeldansprüche nach § 847 BGB aufgrund fehlerhafte<br />
Instandsetzungsarbeiten, Täuschung bei Mietvertragsschluss et c.). Ansprüche<br />
aus Bereicherungsrecht können sich ergeben, wenn beispielsweise ein Mieter<br />
einen berechtigten Grund zur Mietminderung hatte, jedoch der volle Mietbetrag<br />
von seinem Konto eingezogen worden ist.<br />
a) Deliktische Haftung<br />
Hier ist zu unterscheiden. Für gemeinsam begangene deliktische Handlungen<br />
haften die Gesellschafter einer GbR nach §§ 823 ff., 830, 840 BGB. Sie sind<br />
gemeinsam für den Schaden verantwortlich und haften als Gesamtschuldner.<br />
Abweichende Vereinbarungen kann es im Gegensatz zum Vertragsrecht<br />
allenfalls im Innenverhältnis geben, so dass dann auch bei deliktischen<br />
Ansprüchen der im Außenverhältnis in Anspruch Genommene sich bei einer<br />
vereinbarten quotalen Haftung auch nur in Höhe der jeweiligen<br />
Beteiligungsquoten an die Mitgesellschafter halten kann.<br />
Problematisch ist die Frage ob und wie die unerlaubte Handlung eines<br />
einzelnen Gesellschafters den Mitgesellschaftern zuzurechnen ist. Für die<br />
Frage der deliktischen Haftung der GbR ist an § 31 BGB, nicht aber an § 831<br />
BGB anzuknüpfen. 72 Es ist zu prüfen, ob diese Vorschrift, die Haftung eines<br />
Vereins für Organverschulden bestimmt, analog auf die GbR anzuwenden ist.<br />
Der BGH hat diese Frage in einer älteren Entscheidung mit der Argumentation<br />
verneint, dass wegen der zu geringen körperschaftlichen Organisation eine<br />
Bezeichnung der für sie handelnden Gesellschafter als Organe nicht möglich<br />
sei. 73 Diese Entscheidung stößt heute überwiegend auf Ablehnung. 74 Mit der<br />
wohl h.M. ist heute eher davon auszugehen, dass § 31 BGB analog auch für<br />
eine als Außengesellschaft im Rechtsverkehr agierende GbR gilt. 75<br />
Voraussetzung dazu ist eine den Personenhandelsgesellschaften vergleichbare<br />
Struktur, es müssen eine gewisse Verselbständigung des<br />
Gesellschaftsvermögens und die für die Gesellschaft handelnden Organe<br />
vorhanden sein. 76<br />
72<br />
vgl. MüKo/Ulmer, § 705 Rn. 215.<br />
73<br />
BGHZ 45, 311, zit. bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 60 II S. 1781.<br />
74<br />
vgl. nur K. Schmidt a.a.O; Altmeppen, Haftung der Gesellschafter einer Personengesellschaft<br />
für Delikte, NJW 1996 S. 1017 ff.<br />
75<br />
K.Schmidt a.a.O.; Altmeppen a.a.O.; MüKo/Ulmer, § 146 Rn. 218.; a.A. Palandt/Heinrichs, §<br />
31 Rn. 3 mit Verweis auf BGHZ 45, 311.<br />
76<br />
vgl. MüKo/Ulmer, § 705 Rn. 219.<br />
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Eine persönliche Haftung der Gesellschafter ist allerdings abzulehnen. 77 Sie<br />
kommt nur in Betracht, wenn ein entsprechender gesetzlicher<br />
Verpflichtungsgrund nicht nur gegenüber der Gesamthand, sondern auch<br />
gegenüber den Gesellschaftern persönlich gegeben ist, was in der Regel zu<br />
verneinen ist. 78 Zwar führt die Zurechnung über § 31 BGB zu einer Haftung der<br />
Gesamthand gemäß § 840 BGB neben dem deliktisch Handelnden, für eine<br />
Ausdehnung der Haftung des § 31 BGB auf die Mitgesellschafter fehlt aber eine<br />
Rechtsgrundlage. 79 Die Haftung der Personengesellschaft ist im Falle der<br />
Anwendbarkeit des § 31 BGB nur eine solche mit dem Gesamthandsvermögen;<br />
deswegen haften die Gesellschafter der GbR nur mit ihrer Beteiligung am<br />
Gesamthandsvermögen, das sie allerdings nicht mehr durch Entnahmen<br />
verringern dürfen. 80<br />
Ist es also durch Verschulden eines (geschäftsführenden) Gesellschafters zu<br />
einem Schaden gekommen und verlangt der Geschädigte hieraus deliktischen<br />
Schadensersatz von der GbR, kann er sich nur an das gesamthänderisch<br />
gebundene Gesellschaftsvermögen halten. Eine über ihren Anteil am<br />
Gesamthandsvermögen hinausgehende persönliche Haftung haben die<br />
Mitgesellschafter daher nicht zu befürchten.<br />
Beispiel:<br />
Die Immobilien-GbR „Vereinte Grundbesitz“ hat vergessen, einen<br />
Winterdienst zu bestellen. Vor einem Mietobjekt kommt Mieter Z zu Fall<br />
und bricht sich ein Bein. Er nimmt die Gesellschaft deliktisch auf<br />
Schadensersatz- und Schmerzensgeldzahlung in Anspruch (§§ 823, 847<br />
BGB). Dabei wendet er sich an den Gesellschafter C, der für ihn allein<br />
zugänglich ist. C wendet ein, erst kürzlich der Gesellschaft beigetreten zu<br />
sein und mit dem Winterdienst nichts zu tun zu haben.<br />
Hier handelt es sich um ein gemeinsames Verschulden aller<br />
Gesellschafter. Sie haben über die §§ 830, 840 BGB als<br />
Gesamtschuldner für den Schaden einzustehen. Insofern ist auch der C<br />
für den Schaden verantwortlich (§ 830 BGB) und kann sich nicht darauf<br />
berufen, mit dem Winterdienst nichts zu tun zu haben. Die Beschränkung<br />
auf eine Haftungsquote kann bei der Deliktshaftung nicht eingreifen. Im<br />
Zweifel muss C den gesamten Schaden des Z ersetzen. Auf die<br />
Zurechnungsnorm des § 31 kommt es hierbei nicht an.<br />
Abwandlung: Aufgrund interner Vereinbarung ist Gesellschafter D, der<br />
nebenher einen Räumdienst unterhält, für die Schneebefreiung<br />
zuständig. An einem Tag vergaß er die Räumung vor dem Haus des<br />
Mieters Z. Z kommt zu Fall. Er nimmt wiederum den C in Anspruch.<br />
Hier hat D deliktisch gehandelt. Er ist somit für den Schaden des Z<br />
verantwortlich. Da D aber in Erfüllung einer Gesellschaftsverbindlichkeit<br />
gehandelt (oder eben nicht gehandelt) hat, ist das Verschulden des D der<br />
77 vgl. Altmeppen a.a.O.; auch der BGH hat die persönliche Haftung der Mitgesellschafter<br />
abgelehnt, vgl. BGHZ 45, 311.<br />
78 MüKo/Ulmer, § 714 Rn. 53.<br />
79 MüKo/Ulmer a.a.O.<br />
80 Altmeppen a.a.O.<br />
31
Gesellschaft über § 31 BGB zuzurechnen. Allerdings beinhaltet diese<br />
Vorschrift nur eine Zurechnungsnorm zu dem gesamthänderisch<br />
gebundenen Gesellschaftsvermögen, die persönliche Haftung der<br />
Mitgesellschafter wird nicht betroffen. Z kann daher den C nicht<br />
persönlich in Anspruch nehmen, sondern muss sich an die Gesellschaft<br />
halten.<br />
b) Haftung aus ungerechtfertigter Bereicherung<br />
Am häufigsten kommen in der Praxis Fälle der Leistungskondiktion, also der<br />
ungerechtfertigten Bereicherung aufgrund rechtsgrundloser (und damit nicht<br />
geschuldeter) Leistung vor. Aber auch eine Eingriffskondiktion, bei die<br />
Bereicherung nicht aufgrund der Leistung eines Dritten, sondern aus anderen –<br />
z.B. rechtlichen Gründen – erfolgt, können vorkommen (siehe hierzu das<br />
Beispiel unten).<br />
Der BGH hat die Gesellschafterhaftung aus ungerechtfertigter Bereicherung der<br />
Gesellschaft bejaht, 81 wobei es bei den von dem Gericht zu entscheidenden<br />
Fälle jeweils um Fälle der Leistungskondiktion ging. Der BGH hat hier im<br />
wesentlichen darauf abgestellt, dass der Leistende mit einer unbeschränkten<br />
Haftung gerechnet habe.<br />
Diesem Ergebnis ist zuzustimmen, es ergibt sich aber entgegen der<br />
komplizierten Begründung des BGH zumindest für die in diesen Fällen<br />
vorliegenden unternehmenstragenden Gesellschaften 82 schon aus der<br />
analogen Anwendung des § 128 HGB 83 bzw. aus der Akzessorietätstheorie,<br />
soweit man diese nach den neuesten Tendenzen in der Rechtsprechung<br />
grundsätzlich auf alle Arten der Außen-GbR anwenden will. Die Gesellschafter<br />
haften für Verbindlichkeiten aus Bereicherungsrecht auch privat mit ihrem<br />
Vermögen. Dies lässt sich auch mit den Haftungserwartungen des Verkehrs<br />
begründen. Die Leistungskondiktion ist als Teil eines<br />
Rückabwicklungsverhältnisses die Konsequenz eines aus welchen Gründen<br />
auch immer gescheiterten Vertragsverhältnisses, bei dem es schon zu einem<br />
Leistungsaustausch gekommen ist. Der Rechtsverkehr erwartet nun von den<br />
Gesellschaftern einer GbR nicht nur eine persönliche Haftung für die<br />
Vertragserfüllung im Normalfall, sondern geht auch davon aus, dass sich diese<br />
Haftung auch auf ein eventuelles Rückabwicklungsverhältnis erstreckt. 84 Auch<br />
der einzelne Gesellschafter kann mit einer entsprechenden Inanspruchahme<br />
aus Bereicherungshaftung rechnen.<br />
Zu beachten ist, dass die Haftung gemäß § 818 ff. BGB entfallen kann, wenn<br />
keine Bereicherung mehr im Gesellschaftsvermögen oder im Vermögen der<br />
Gesellschafter vorhanden ist. 85 Dabei kann sich der in Anspruch genommene<br />
Gesellschafter nur insoweit auf den Wegfall der Bereicherung berufen, als die<br />
81<br />
NJW 1983, 1905 und NJW 1985, 1828, zit. bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 60 III S.<br />
1802.<br />
82<br />
Zum Begriff vgl. oben Teil B I 2.<br />
83<br />
So K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 60 III, S. 1788 ff.<br />
84<br />
MüKo/Ulmer, § 714 Rn. 56.<br />
85<br />
BGHZ 61, 338, 344 f., zit. bei K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 60 III, S. 1802.<br />
32
Bereicherung entweder bei der Gesellschaft oder bei allen Gesellschaftern ganz<br />
oder teilweise weggefallen ist. 86<br />
Fraglich ist nun, welche Auswirkungen die Vereinbarung einer quotalen<br />
Haftungsbegrenzung hat. Zieht man insbesondere das Vertrauensargument in<br />
Betracht, so kann der Rechtsverkehr bei der Bereicherungshaftung auch nur in<br />
dem Maße mit der Möglichkeit der persönlichen Inanspruchnahme der<br />
einzelnen Gesellschafter rechnen, wie dies auch im Rahmen der normalen<br />
Vertragsabwicklung möglich gewesen wäre. Haften aber die BGB-<br />
Gesellschafter schon auf der „Primärebene“ beschränkt, so kann nichts anderes<br />
für die Bereicherungshaftung gelten. 87 Bei einer vereinbarten quotalen Haftung<br />
ist daher auch die persönliche Inanspruchnahme der einzelnen Gesellschafter<br />
auf die Beteiligungsquote beschränkt.<br />
Beispiel:<br />
Die Immobilien-GbR „Vereinte Grundbesitz“ schließt einen Vertrag zur<br />
Errichtung von 10 Garagen mit dem Bauunternehmer U im Wert von<br />
500.000 DM. Im Innen- wie im Außenverhältnis ist eine an der<br />
Beteiligungsquote orientierte quotale Haftung der Gesellschafter der GbR<br />
vereinbart worden. Gesellschafter C ist mit 10% beteiligt. U beginnt mit<br />
der Bauausführung und stellt das Werk fertig. Dann stellt sich heraus,<br />
dass der allein vertretungsberechtigte Gesellschafter A, der im Namen<br />
der Gesellschaft den Vertrag geschlossen hat, unerkannt geisteskrank<br />
war, der Vertrag somit nicht wirksam zustande gekommen ist. U verlangt<br />
Wertersatz nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung. Er<br />
nimmt den liquiden C in Anspruch.<br />
Als Besonderheit liegt hier ein Fall der Verbindung mit einem Grundstück<br />
gemäß § 946 vor, so dass die Garagen wesentlicher Bestandteil des<br />
Grundstücks werden und sich das Eigentum an dem Grundstück auf die<br />
Garagen erstreckt. Insofern handelt es sich um eine Eingriffskondiktion.<br />
Die Entschädigung erfolgt hier gemäß § 951 BGB über die Vorschriften<br />
der ungerechtfertigten Bereicherung. Allerdings hat U in Erfüllung der<br />
vertraglichen Verbindlichkeit gegenüber der GbR gehandelt, weil er an<br />
die Gültigkeit des Vertrages glaubte. Insofern geht die darin liegende<br />
Leistungskondiktion einer Entschädigung über § 951 BGB vor. 88<br />
Hier muss sich U wegen des dargestellten Vertrauensgrundsatzes aber<br />
in jedem Fall auch im Rahmen des gesetzlichen<br />
Bereicherungsanspruches an der vereinbarten quotalen Haftung<br />
festhalten lassen. Er kann von C nur einen Teilbetrag in Höhe von<br />
50.000 DM verlangen, muss sich im übrigen an die Mitgesellschafter<br />
halten.<br />
Abwandlung: A war nicht geisteskrank, aber zum Abschluss des<br />
Geschäfts nicht vertretungsberechtigt.<br />
86 MüKo/Ulmer, a.a.O.<br />
87 so auch MüKo/Ulmer, a.a.O.<br />
88 Palandt/Bassenge, § 951 Rn. 5.<br />
33
Die Wirksamkeit des Vertrages hängt nun von einer wirksamen<br />
Genehmigung des Geschäfts durch die (geschäftsführenden)<br />
Gesellschafter nach den Regeln des Vertreters ohne Vertretungsmacht<br />
ab (vgl. § 177 BGB). Genehmigen sie den Vertragsschluss, hat U einen<br />
unmittelbaren vertraglichen Anspruch und muss nicht Wertersatz nach<br />
Bereicherungsrecht verlangen.<br />
V. Nachschusspflichten<br />
Jeder GbR-Gesellschafter muss den vereinbarten Beitrag zur Gesellschaft<br />
erbringen, insbesondere die durch den Gesellschaftsvertrag festgelegte Einlage<br />
leisten. Fraglich ist nun, ob über diese Einlageleistung hinaus ein Gesellschafter<br />
verpflichtet werden kann, einen Nachschuss in die Gesellschaft einzuzahlen,<br />
wenn sich erweist, dass der erstrebte Gesellschaftszweck mit den geleisteten<br />
Einlagen nicht erreicht werden kann, z.B. weil erwartete Gewinne ausgeblieben<br />
sind.<br />
Eine Grundregelung trifft § 707 BGB. Nach dieser Vorschrift ist ein<br />
Gesellschafter zur Erhöhung des vereinbarten Beitrages oder zur Ergänzung<br />
der durch Verlust verminderten Einlage nicht verpflichtet. Dem widerspricht<br />
scheinbar § 735 BGB, der eine Nachschusspflicht der Gesellschafter für den<br />
Fall statuiert, dass das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der<br />
gemeinschaftlichen Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen nicht<br />
ausreicht. Ähnliches gilt gemäß § 739 für den ausscheidenden Gesellschafter.<br />
Allerdings gelten die Vorschriften der §§ 735, 739 nur für den Fall, dass im<br />
Zuge der Auflösung der Gesellschaft eine oder des Ausscheidens eines<br />
Gesellschafters Auseinandersetzung stattfindet. Das Gesetz stellt also mit den<br />
§§ 735, 739 den Grundsatz auf, dass es erst in der Abwicklung zum Ausgleich<br />
von Fehlbeträgen kommt. Solange die Gesellschaft noch weiterbesteht, muss<br />
es daher bei der Grundregel des § 707 BGB verbleiben. Ergo: Solange die<br />
Gesellschaft weiterhin besteht, kann nach dem gesetzlichen Regelstatut ein<br />
Nachschuss von den verbleibenden Gesellschaftern nicht verlangt werden.<br />
Diese eindeutige Regelung bringt das Gewicht zum Ausdruck, das dem Schutz<br />
der Gesellschafter vor einer unfreiwilligen Vermehrung ihrer Beitragspflichten<br />
beigemessen wird. 89<br />
Damit ist dem einzelnen Gesellschafter aber wenig geholfen, denn § 707 BGB<br />
ist durch individualvertragliche Vereinbarung abdingbar. Es muss also eine<br />
wirksame Klausel im Gesellschaftsvertrag eine Nachschusspflicht vorsehen.<br />
Hieran sind strenge Anforderungen zu stellen. Es bedarf klarer Vereinbarungen,<br />
insbesondere, wenn die Gesellschafter durch Mehrheitsbeschluss zu<br />
Nachschüssen verpflichtet werden sollen. 90 Die gesellschaftsvertragliche<br />
Mehrheitsklausel muss das antizipierte Einverständnis der einzelnen<br />
Gesellschafter mit der Beitragserhöhung enthalten. Neben der eindeutigen<br />
Einbeziehung der Beitragserhöhung in den Anwendungsbereich der<br />
Mehrheitsklausel müssen eine Obergrenze oder sonstige Kriterien festgelegt<br />
sein, die der Eingrenzung der Erhöhungsrisiken dienen. 91<br />
89 MüKo/Ulmer, § 707 Rn. 1.<br />
90 K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59 III S. 1746.<br />
91 MüKo/Ulmer, § 707 Rn 5; vgl. auch K.Schmidt, a.a.O.<br />
34
Dennoch kann trotz Vereinbarung einer wirksamen Mehrheitsklausel eine<br />
Erhöhung im Einzelfall unzulässig sein. So darf sie aus Treuegesichtspunkten<br />
nicht stattfinden, wenn sie nicht durch entsprechenden Kapitalbedarf der<br />
Gesellschaft gerechtfertigt ist; mit dem Gleichheitsgrundsatz sind wiederum<br />
Beschlüsse unvereinbar, die rechtlich oder faktisch der Minderheit nicht die<br />
gleiche Chance auf Teilnahme an der Erhöhung einräumen. 92<br />
Die Vereinbarung einer Nachschusspflicht hat mit den Problem der quotalen<br />
Haftung nichts zu tun. Denn ein Nachschuss soll gerade gezahlt werden, damit<br />
die Gesellschaft (der Fonds) liquide bleibt und es zu einer Haftungssituation<br />
wegen mangelnder Deckung von Schulden aus dem Gesellschaftsvermögen<br />
nicht kommt. Die quotale Haftungsbeschränkung greift daher erst auf einer<br />
sekundären Ebene Platz.<br />
Es bleibt also festzuhalten, dass die Gesellschafter nur bei Vereinbarung einer<br />
wirksamen Nachschussklausel im Gesellschaftsvertrag zu einer<br />
Nachschusszahlung verpflichtet sind. Wegen des Schutzgedankens des § 707<br />
BGB sind an eine entsprechende Klausel hohe Anforderungen zu stellen, so<br />
dass im Einzelfall die Nichtigkeit der Klausel zu prüfen wäre. Besteht keine<br />
ausreichende vertragliche Regelung, verbleibt es bei dem gesetzlichen<br />
Regelstatut, das eine Nachschusspflicht gerade nicht vorsieht.<br />
C. DIE OFFENE HANDELSGESELLSCHAFT<br />
I. Rechtsnatur und Abgrenzung zur GbR<br />
Die oHG ist quasi eine GbR mit kaufmännischem Gesellschaftszweck, die<br />
Vorschriften der GbR (§§ 705 ff. BGB) sind insofern anwendbar, als sich aus<br />
den §§ 105 ff. HGB nichts anderes ergibt, § 105 Abs. 3 HGB. Die oHG betreibt<br />
ein Handelsgewerbe unter gemeinschaftlicher Firma (vgl. § 105 HGB).<br />
Handelsgewerbe ist gemäß § 1 Abs. 2 HGB jeder Gewerbebetrieb, es sei denn<br />
dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise<br />
eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. Die Kaufmannseigenschaft tritt<br />
unter diesen Voraussetzungen automatisch ein und wird, wie die<br />
Negativformulierung („es sei denn“) zeigt, bei jedem Gewerbebetrieb<br />
vermutet. 93 Als Gewerbe bezeichnet die herrschende Auffassung eine<br />
berufsmäßige und selbständige – aber nicht künstlerische, wissenschaftliche<br />
oder freiberufliche – von der Absicht dauernder Gewinnerzielung getragene<br />
Tätigkeit. 94<br />
Vorteil der oHG gegenüber der GbR für den Juristen ist, dass viele Fragen, die<br />
bei der GbR erst durch Entscheidungen oberster Bundesgerichte eine<br />
einigermaßen handhabbare Beantwortung finden, im HGB für die<br />
Personenhandelsgesellschaften ausdrücklich geregelt sind. So ist die oHG<br />
rechtlich selbständig, kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und<br />
Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an<br />
92 MüKo/Ulmer, § 707 Rn. 6 m.w.N.<br />
93 K. Schmidt, Das Handelsrechts-Reformgesetz, NJW 1998, S. 2161, 2162.<br />
94 K. Schmidt, Handelsrecht, 5. Auflage 1999, S. 280 f. m.w.N.<br />
35
Grundstücken erwerben, klagen und verklagt werden (§ 124 Abs. 1 HGB). Die<br />
oHG kann sich an einer GbR oder KG beteiligen. Durch die Eintragungspflicht<br />
in das Handelsregister erlangt die oHG Registerpublizität. Dadurch entstehen<br />
eindeutige zeitliche Anknüpfungspunkte, soweit mit dem Bestehen oder<br />
Nichtbestehen der oHG oder mit eine Veränderung in ihrem<br />
Gesellschafterbestand rechtliche Folgen verbunden sind.<br />
Bei der oHG ist wegen ihrer Rechtssubjektivtät im eben dargestellten Sinne auf<br />
jeden Fall zwischen der Schuld der Gesellschaft und der Haftung der<br />
Gesellschafter zu unterscheiden, wobei es sich bei dieser Haftung um eine<br />
primäre handelt. Dabei stellt sich zumindest bei der Haftung für<br />
Verbindlichkeiten, die nicht Geldforderungen sind, die Frage, ob die Haftung<br />
den gleichen Inhalt hat, wie die Gesellschaftsschuld (Erfüllungstheorie) oder ob<br />
ein Gläubiger nur Leistung von Geld, mithin bei Nicht-Geld-Schulden lediglich<br />
Schadensersatz verlangen kann (Haftungstheorie). Herrschend heute ist wohl<br />
die Erfüllungstheorie. 95 Die eindeutige Trennung von Gesellschaftsschuld und<br />
Gesellschafterhaftung findet darüber hinaus Ausdruck in § 129 Abs. 4 HGB:<br />
Aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten Schuldtitel darf der Gläubiger<br />
nicht gegen einen Gesellschafter vollstrecken. Ein Gläubiger muss daher auch<br />
gegen die einzelnen Gesellschafter klagen. Eine Titelumschreibung ist nicht<br />
möglich.<br />
II. Haftung der Gesellschafter<br />
Das gesetzliche Regelstatut des § 128 HGB beinhaltet eine primäre<br />
akzessorische Gesellschafterhaftung: Die Gesellschafter der oHG haften den<br />
Gläubigern der Gesellschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich<br />
als Gesamtschuldner. 96 Eine „allgemeine“ abweichende Regelung ist Dritten<br />
gegenüber unwirksam (Satz 2). Diese unbeschränkte persönliche Haftung ist<br />
der (recht hohe) Preis dafür, dass bei der gewählten Gesellschaftsform auf eine<br />
gesetzliche Kapitalsicherung verzichtet wird. Entgegen dem Recht der GbR<br />
bestehen für die oHG somit ausdrückliche gesetzliche Regelungen, bei denen<br />
es im Falle des Fehlens einer individualvertraglichen Regelung verbleibt.<br />
Einwendungen gegen die persönliche Inanspruchnahme kann der oHG-<br />
Gesellschafter nur im Rahmen des § 129 HGB vorbringen. Soweit<br />
Einwendungen eines Gesellschafters nicht in seiner Person liegen, kann er<br />
diese nur vorbringen, wenn sich auch die Gesellschaft auf sie (noch) berufen<br />
könnte. Der Gesellschafter kann eine Befriedigung des Gläubigers auch<br />
solange verweigern, wie die Gesellschaft noch die Möglichkeit hat, das<br />
zugrundeliegende Rechtsgeschäft anzufechten. Auf jeden Fall kann sich der<br />
oHG-Gesellschafter wegen seiner primären Haftung nicht darauf berufen, dass<br />
der Gläubiger zunächst die Gesellschaft in Anspruch nehmen solle.<br />
95 weiterführend K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 49 III S. 1418 ff. m.w.N und ausführlicher<br />
Darstellung des Inhalts der Gesellschafterhaftung auch bei Sonderproblemen wie Ansprüchen<br />
auf Abgabe von Willenserklärungen.<br />
96 vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 49 II S. 1417.<br />
36
Beispiel:<br />
A ist Gesellschafter der ImmoTrans oHG. Die Gesellschaft zahlt einen<br />
von der B-Bank aufgenommenen Kredit nicht rechtzeitig zurück. Die B-<br />
Bank nimmt daraufhin den A wegen einer Darlehensforderung nach<br />
Maßgabe seiner Haftungsquote in Höhe von 100.000 DM in Anspruch.<br />
A wendet ein<br />
1. er müsse nicht zahlen, weil der zugrundeliegende Darlehensvertrag<br />
wegen Vereinbarung von Wucherzinsen gemäß § 138 Abs. 2 BGB<br />
nichtig ist.<br />
2. er müsse nicht zahlen, weil der ImmoTrans gegen die Bank ein fälliger<br />
Kaufpreisanspruch aus Grundstückskaufvertrag in Höhe der von der B-<br />
Bank geltend gemachten Forderung zusteht.<br />
3. Er müsse nicht zahlen, weil die ImmoTrans aufgrund einer arglistigen<br />
Täuschung durch einen Mitarbeiter der B-Bank berechtigt sei, den<br />
Darlehensvertrag anzufechten.<br />
4. er müsse nicht zahlen, weil er persönlich gegen die B-Bank einen<br />
fälligen Anspruch auf Zahlung von 100.000 DM habe und insofern<br />
aufrechne.<br />
In den Varianten 1 und 2 dringt A mit seinen Einwänden durch. Die<br />
Gesellschaft, die ja Vertragspartnerin der B-Bank geworden ist, kann<br />
einwenden, dass der zugrundeliegende Vertrag nichtig ist und insofern<br />
vertragliche Ansprüche nicht bestehen (vgl. § 129 I HGB). Er kann auch<br />
einwenden, dass die B-Bank sich durch Aufrechnung gegen den fälligen<br />
Kaufpreisanspruch der ImmoTrans befriedigen könne (§ 129 III HGB).<br />
In der Variante 3 kommt es darauf an, ob die Anfechtungsfrist des § 124<br />
BGB noch eingehalten werden kann. Sie beträgt ein Jahr ab Entdeckung<br />
der Täuschung. Ist die Frist bereits verstrichen, kann die ImmoTrans den<br />
Darlehensvertrag nicht mehr anfechten, so dass kein Fall des § 129 II<br />
(mehr) vorliegt.<br />
Im Fall der Variante 4 dringt A mit seiner Einwendung wiederum in voller<br />
Höhe durch. 97 Die Aufrechung mit persönlichen Forderungen ist<br />
unproblematisch möglich, wohingegen die GbR nicht mit einer<br />
persönlichen Forderung eines Gesellschafters aufrechnen könnte. Dies<br />
folgt aus der Aufrechnungslage und nicht aus der Akzessorietät der<br />
Haftung. durch. Die Aufrechnung des A führt zu einem Regressanspruch<br />
gegen die Gesellschaft.<br />
1. Quotale Haftung?<br />
Es bleibt den Gesellschaftern einer oHG im Innenverhältnis unbenommen, eine<br />
vom Grundsatz der unbegrenzt-persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung<br />
abweichende Regelung zu treffen. Allerdings stellt die Ausschlussregel des §<br />
97 Vgl. hierzu Fall bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1416.<br />
37
128 Satz 2 HGB klar, dass eine entsprechende (allgemeine) Vereinbarung nach<br />
außen nicht wirksam werden kann. Lediglich durch ausdrückliche (besondere)<br />
vertragliche Vereinbarung mit dem jeweiligen Gläubiger der Gesellschaft kann<br />
auch bei der oHG aufgrund der Vertragsfreiheit eine quotale Haftung vereinbart<br />
werden. Die oHG-Gesellschafter können also im Gesellschaftsvertrag die<br />
persönliche Haftung des Einzelnen auf die Beteiligungsquote reduzieren und<br />
dieser Reduktion durch entsprechende Individualvereinbarungen mit den<br />
Gläubigern der Gesellschaft im Außenverhältnis Wirksamkeit verleihen (z.B.<br />
Bank, Bauunternehmer). Eine Beschränkung der Gesellschafterhaftung durch<br />
AGB-Klauseln ist aber ebenso wie bei der GbR zumindest wegen Verstoßes<br />
gegen § 9 AGBG abzulehnen, da eine solche Regelung wegen § 128 HGB mit<br />
den wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes nicht zu vereinbaren ist und<br />
insofern eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners vorliegt.<br />
Insofern ergeben sich bei der oHG keine Abweichungen zur GbR, wenn man<br />
die oben dargestellten neuesten Tendenzen in der Rechtsprechung<br />
zugrundelegt, wonach eine Haftungsbeschränkung der BGB-Gesellschafter<br />
nicht durch einseitige Erklärung erfolgen kann.<br />
2. Auswirkungen auf die Haftung bei Eintritt oder Ausscheidens eines<br />
Gesellschafters<br />
Auf die Ausführungen zur GbR kann sinngemäß mit der Maßgabe verwiesen<br />
werden, dass für die oHG die eindeutigen gesetzlichen Regelungen der §§ 130,<br />
159, 160 HGB gelten. Insbesondere haftet ein eintretender Gesellschafter für<br />
die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />
grundsätzlich unbeschränkt mit seinem persönlichen Vermögen. Auch nach<br />
seinem Ausscheiden oder bei Auflösung der Gesellschaft muss er mit einer<br />
nachträglichen Inanspruchnahme innerhalb von 5 Jahren rechnen. Beginn der<br />
Frist ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und der herrschenden<br />
Meinung der Zeitpunkt der Eintragung des Ausscheidens (§ 160 I 2 HGB) bzw.<br />
der Auflösung der Gesellschaft (§ 159 II HGB) in das Handelsregister des für<br />
den Sitz der Gesellschaft zuständigen Gerichts. Bei der<br />
Handelsregistereintragung ist genau auf den Inhalt zu achten, denn es soll nicht<br />
der Eindruck einer Umwandlung entstehen können. So bedeutet z.B. die bloße<br />
Formulierung „Die Firma ist erloschen“ nicht die Eintragung der Auflösung der<br />
Gesellschaft, sondern kann auch einen Formenwechsel und Weiterführung der<br />
Gesellschaft als GbR bedeuten. Soll die Gesellschaft aufgelöst sein, ist im<br />
Handelsregister zusätzlich jedenfalls eindeutig zu formulieren: „Die<br />
Gesellschaft ist ... aufgelöst.“ 98 Die Angabe des Auflösungsgrundes wird<br />
teilweise gefordert, sie ist jedenfalls zur Vermeidung von möglichen<br />
Verzögerungen im Eintragungsverfahren anzuraten. Dies gilt auch für die KG. 99<br />
3. Haftung aus Delikt oder Bereicherung<br />
98<br />
Vollständige Beispielsformulare finden sich im Münchner Vertragshandbuch, Band 1,<br />
Gesellschaftsrecht, 5. Auflage 2000, Abschn. II. 38 ff.<br />
99<br />
Vgl. Schmid: in Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 2, München 1991, § 50<br />
Rn. 1.<br />
38
Auf die OHG findet die Regelung des § 31 BGB analoge Anwendung. Dies ist<br />
im Gegensatz zur entsprechenden Problematik bei der GbR seit<br />
Reichsgerichts-Zeiten allgemein anerkannt. 100 Mit dieser Maßgabe kann<br />
hinsichtlich der deliktischen Haftung auf die Darstellung bei der GbR verwiesen<br />
werden. Was die Haftung aus Bereicherungsrecht angeht, kann bei der oHG<br />
ebenfalls nichts anderes gelten, denn hier ist die akzessorische<br />
Gesellschafterhaftung unmittelbar in § 128 HGB geregelt. Für Forderungen aus<br />
ungerechtfertigter Bereicherung haften die oHG-Gesellschafter vorbehaltlich<br />
einer anderweitigen Individualvereinbarung unbeschränkt mit ihrem Vermögen.<br />
Auch hier kann auf die Darstellung bei der GbR verwiesen werden.<br />
III. Nachschusspflichten<br />
Da die Regeln der BGB-Gesellschaft entsprechend gelten, mithin auch § 707<br />
BGB, kann auf die Darstellung bei der GbR verwiesen werden.<br />
D. DIE KOMMANDITGESELLSCHAFT<br />
Seit Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes am 1.7.1998 steht gemäß §<br />
105 Abs. 2 HGB n.F. auch den kleingewerblichen und vermögensverwaltenden<br />
Gesellschaften als Option der Weg in die KG und ihrer Haftungsverfassung<br />
offen. 101 Das Recht der Kommanditgesellschaft ist für Fondsgesellschaften<br />
auch aus einem anderen Gesichtspunkt interessant. Für diejenigen bürgerlichrechtlichen<br />
Gesellschaften, die bisher eine Haftungsbeschränkung durch den<br />
Namenszusatz „mit Haftungsbeschränkung“ erreichen wollten und sich damit im<br />
Widerspruch zu der neuen eindeutig ablehnenden Rechtsprechung des BGH<br />
befanden, hatte das BMF durch Erlass vom 18.07.2000 den Weg zur<br />
Umwandlung in eine <strong>GmbH</strong> & Co. KG aus steuerrechtlicher Sicht geebnet,<br />
allerdings zeitlich befristet bis zum 31.12.2000: Vertrauensschutz gewährte<br />
man in der Weise, dass das Vermögen von GbR mbH vollumfänglich von<br />
Anfang an als Betriebsvermögen behandelt wurde, wenn die Gesellschaft bis<br />
zum 31.12.2000 einen entsprechenden Antrag gestellt und sich bis dahin<br />
wirksam (Eintragung in das Handelsregister musste erfolgt sein!) in eine <strong>GmbH</strong><br />
& Co. KG umgewandelt hatte. 102<br />
I. Rechtsnatur<br />
Die Kommanditgesellschaft ist wie die oHG eine<br />
Personenhandelsgesellschaft. 103 Sie ist der oHG nachgebildet, die Vorschriften<br />
der oHG bzw. die der GbR sind daher auf die KG anwendbar, soweit sich nicht<br />
aus den §§ 161 ff., 105 ff. HGB etwas anderes ergibt (vgl. §§ 161 Abs. 2, 105<br />
100 Vgl. nur Palandt/Heinrichs, § 31 Rn. 3.<br />
101 Reiff ZIP 1999, S. 1329, 1331 m.w.N.<br />
102 vgl. weiterführend von Gronau/Konold, Beratungspraktische Überlegungen zum BMF-<br />
Schreiben vom 18.7.2000 zur <strong>GmbH</strong> & Co.GbR mbH., DStR 2000, S. 1860 ff.<br />
103 vgl. Legaldefinition der KG in § 161 Abs. 1 HGB.<br />
39
Abs. 1 und 2 HGB, 705 ff. BGB). Ihr Zweck ist wie der der oHG auf den Betrieb<br />
eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet. Sie setzt sich<br />
zusammen aus den vollumfänglich auch persönlich haftenden Komplementären<br />
(einer genügt) und den Kommanditisten (einer genügt auch hier), die bis zur<br />
vollständigen Erbringung der Einlage summenmäßig beschränkt haften, danach<br />
gar nicht mehr und dann insofern grundsätzlich keine weitere persönliche<br />
Inanspruchnahme befürchten müssen. Die Kommanditisten sind normalerweise<br />
nicht zur Geschäftsführung (vgl. § 164 HGB, der allerdings abdingbar ist) und<br />
auf keinen Fall zur Vertretung der Gesellschaft befugt (vgl den zwingenden §<br />
170 HGB). Sie können Handlungen der Komplementäre nur insoweit<br />
widersprechen, als diese über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes<br />
der Gesellschaft hinausgehen (§ 164 Satz 1 HGB).<br />
Auch hier gilt, dass die KG Rechtsträgerin ist (§§ 161 Abs. 2, 124 HGB). Die<br />
Gesellschaftsschulden sind Schulden der Kommanditgesellschaft, für die die<br />
Kommanditisten beschränkt haften. Aus dieser beschränkten Haftung resultiert<br />
die Schuld der Kommanditisten. 104 Im folgenden wird die Darstellung auf die<br />
Kommanditistenhaftung begrenzt, weil nur hier Fragen der vertraglichen<br />
Vereinbarung einer Haftungsbegrenzung relevant werden können.<br />
II. Haftung der Gesellschafter<br />
1. Grundsatz<br />
Wie dargestellt, haftet bei der KG (mindestens) ein Komplementär unbegrenzt<br />
mit seinem gesamten (Privat-) Vermögen für die Verbindlichkeiten der<br />
Gesellschaft.<br />
Die Haftung des Kommanditisten gestaltet sich etwas schwieriger: Auch der<br />
Kommanditist ist außerhalb des Erbringens seiner Einlage (§ 171 I, 172 HGB)<br />
nicht gänzlich frei von jeglichem Haftungsrisiko, solange die Gesellschaft bzw.<br />
seine Kommanditistenstellung nicht in das Handelsregister eingetragen ist (§<br />
176 HGB) bzw. soweit seine Einlage an ihn zurückgezahlt wird (§ 172 Abs. 4<br />
Satz 1 HGB). 105 Der Kommanditist haftet summenmäßig beschränkt nach<br />
Maßgabe seiner Haftungssumme gesamtschuldnerisch mit seinem gesamten<br />
Vermögen; soweit er eine Einlage bei der Gesellschaft hält, haftet er überhaupt<br />
nicht, denn die im Gesellschaftsvermögen vorhandene Einlage ersetzt seine<br />
Haftung (§ 171 Abs. 1 HGB, 2. Halbsatz). 106 Wegen der Registerpublizität kann<br />
sich ein Kommanditist aber erst ab Eintragung seiner Kommanditistenstellung<br />
auf die Haftungsbeschränkung berufen (vgl. § 172 Abs. 1 und 2 HGB). Denn<br />
auch ein Kommanditist tritt zunächst als gewöhnlicher Gesellschafter in die KG<br />
ein und haftet dann wie ein OHG-Gesellschafter. Erst mit Eintragung der<br />
Haftungshöchstgrenze und Leistung der Einlage begründet sich seine<br />
Kommanditistenstellung. Die eingetragene Höhe der Einlage stellt die<br />
Haftungssumme des Kommanditisten dar, eine bloß abstrakte Rechengröße,<br />
die die Haftungshöchstgrenze angibt und im Gegensatz zur Einlage immer in<br />
104 Vgl. K.Schmidt Gesellschaftsrecht, § 54 I S. 1556.<br />
105 Jäger in: Sudhoff, Teil 1 Abschn. A Rn. 24.<br />
106 K.Schmidt, a.a.O. und S. 1559.<br />
40
Geld ausgedrückt wird. 107 Die Haftungssumme bestimmt somit den Umfang der<br />
Haftung eines Kommanditisten nach außen. 108<br />
Zur Unterscheidung zwischen Einlage und Haftungssumme folgendes<br />
Beispiel:<br />
Kommanditist A hat sich verpflichtet, seinen Lieferwagen – Wert: 20.000<br />
DM – in die Gesellschaft einzubringen. Solange er das Fahrzeug noch<br />
nicht zu Eigentum der KG eingebracht hat (=Einlage), haftet er dritten<br />
Gläubigern gegenüber bis zu einer Höhe seiner Haftungssumme, die<br />
sich aus dem Handelsregister ergibt. Diese kann den Wert der Einlage<br />
widerspiegeln, es kann aber auch eine geringere Summe im<br />
Handelsregister eingetragen werden, hier beispielsweise 10.000 DM. Der<br />
Gläubiger G, der zwischenzeitlich gegen die KG vollstrecken will, kann<br />
nicht Herausgabe des Fahrzeuges an ihn, sondern Zahlung verlangen,<br />
hier 10.000 DM. Hat der Gläubiger allerdings den Gesellschaftsanspruch<br />
auf Einbringung gepfändet, so muss A das Fahrzeug an G herausgeben,<br />
erfüllt damit aber gleichzeitig seine Einlageverpflichtung.<br />
Hat A das Fahrzeug bereits in die Gesellschaft zu deren Eigentum<br />
eingebracht, haftet er überhaupt nicht mehr, wenn zur Zeit der<br />
Einbringung der Wert des Lieferwagens noch immer mindestens 10.000<br />
DM beträgt.<br />
Durch Rückführung der Einlage aus dem gebundenen Vermögen lebt die<br />
beschränkte Haftung wieder auf (§ 172 IV HGB). 109 Unter Rückzahlung im<br />
Sinne des § 172 IV HGB ist jede Zuwendung aus dem Gesellschaftsvermögen<br />
an den Kommanditisten zu verstehen, mit der dem Gesellschaftsvermögen in<br />
Höhe der der geleisteten Einlage Vermögenswerte entzogen werden, ohne<br />
dass dafür eine gleichwertige Gegenleistung erbracht wird, und die damit die<br />
Fähigkeit der Gesellschaft vermindert, die Gläubiger zu befriedigen. 110 Das<br />
gleiche gilt gemäß § 172 IV 2 HGB, wenn ein Kommanditist Gewinnanteile<br />
entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der<br />
geleisteten Einlage herabgemindert ist oder soweit durch Entnahme der<br />
Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird.<br />
Hierzu folgendes<br />
Beispiel:<br />
K ist Kommanditist einer Immobilien-KG. Er hat die vereinbarte Einlage in<br />
Höhe von 20.000 DM geleistet. Auch im Handelsregister ist die<br />
Haftungsgrenze des K mit 20.000 DM beziffert. Die KG erwirtschaftet in<br />
den Jahren 1994 bis 1996 zusammen einen Gewinn von 400.000 DM,<br />
auf den K entfällt ein Gewinnanteil von 100.000 DM. K entnimmt nichts.<br />
In den Jahren 1997 und 1998 macht die KG Verluste in Höhe von<br />
zusammen 600.000 DM. Der Verlustanteil des K beträgt 150.000 DM. K<br />
107 K. Schmidt a.a.O. S. 1557 f.<br />
108 Eisenhard, Gesellschaftsrecht, 7. Auflage, München 1996 Rn. 382.<br />
109 K.Schmidt a.a.O. S. 1556.<br />
110 Eisenhardt, Rn. 395.<br />
41
selbst hat privat finanzielle Probleme, weil er sich bei<br />
Aktienspekulationen verkalkuliert hat. Seine Gläubiger-Bank nimmt ihn in<br />
Höhe von 14.000 DM in Anpsruch. K veranlasst die Zahlung dieser<br />
Summe aus dem Gesellschaftsvermögen. Zusätzlich nimmt ein<br />
Gläubiger G der Gesellschaft, der gegen diese eine Forderung in Höhe<br />
von 200.000 DM hat, den K persönlich in Höhe von 50.000 DM in<br />
Anspruch.<br />
Der K kann von G nicht mehr persönlich in Anspruch genommen werden,<br />
soweit er seine Einlage geleistet hat. Die Haftung lebt aber wieder auf,<br />
wenn ein Fall des § 172 Abs. 4 HGB vorliegt. Das Kapitalkonto des K ist<br />
im Beispiel durch die hohen Verluste der Gesellschaft in den Jahren<br />
1997 und 1998 negativ geworden, sein Kapitalanteil unter den Betrag der<br />
geleisteten Einlage herabgesunken. Durch die Entnahme von 14.000 DM<br />
zur Begleichung einer privaten Schuld hat der K der Gesellschaft Kapital<br />
entzogen, was auf der anderen Seite nicht ausgeglichen worden ist.<br />
Damit ist seine Einlage in dieser Höhe zurückgezahlt worden. Somit liegt<br />
ein Fall des § 172 Abs. 4 Satz 2 Alternative 1 vor. Der Gläubiger G kann<br />
den K persönlich in Höhe von 14.000 DM in Anspruch nehmen.<br />
Abwandlung: K wird von seiner Bank auf Zahlung von 40.000 DM in<br />
Anspruch genommen. Er veranlasst die Zahlung aus dem<br />
Gesellschaftsvermögen. Gläubiger G nimmt den K in Höhe von 50.000<br />
DM in Anspruch.<br />
Die Überentnahme des K wirkt sich nicht auf seine Haftung aus.<br />
Gläubiger G kann hier nur 20.000,- DM von K verlangen. Dies entspricht<br />
der Summe, in der die Einlage des K zurückgezahlt worden ist. K haftet<br />
aber weiterhin nur bis zur Höhe seiner im Handelsregister eingetragenen<br />
Haftungsgrenze.<br />
Die Haftung des Kommanditisten ist zwar nach § 171 HGB summenmäßig<br />
beschränkt, aber unterscheidet sich ansonsten nicht von der des oHG-<br />
Gesellschafters oder Komplementärs. Sie gründet sich ebenso auf § 128 HGB.<br />
Das heißt, es handelt sich grundsätzlich um eine primäre, akzessorische<br />
Haftung. Bis zur Höhe ihrer Haftungssumme haften die Kommandisten als<br />
Gesamtschuldner, soweit sie von der Haftung nicht durch Einbringung der<br />
haftungsbefreienden Einlage befreit sind oder die Einlage an sie zurückgezahlt<br />
wurde. Die Kommanditisten haften Gläubigern der Gesellschaft persönlich<br />
unbegrenzt mit ihrem Privatvermögen, wenn die KG schon vor Eintragung in<br />
des Handelsregister mit ihrer Geschäftstätigkeit beginnt (§ 176 I HGB), es sei<br />
denn, einem Gläubiger ist die Kommanditistenstellung positiv bekannt. Bei<br />
Eintritt eines Kommanditisten in eine existierende KG besteht in dem Zeitraum<br />
zwischen Eintritt und Eintragung in das Handelsregister ebenfalls eine<br />
persönliche unbeschränkte Haftung des Kommanditisten für die in diesem<br />
Zeitraum eingegangenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wiederum mit der<br />
Ausnahme der positiven Kenntnis der Gläubiger (§ 176 Abs. 2 HGB, der auf die<br />
Regelungen des Abs. 1 Satz 1 verweist). Nach seinem Wortlaut gilt § 176 II<br />
HGB jedenfalls beim Neueintritt eines Gesellschafters durch Aufnahme in die<br />
Gesellschaft. Fraglich ist allerdings, ob dies auch der Fall ist, wenn durch<br />
Einzelrechtsnachfolge der Gesellschaftsanteil eines Gesellschafters durch<br />
42
einen Dritten übernommen wird. Die Rechtsprechung will auch für diesen Fall §<br />
176 II anwenden. 111 Nach der herrschenden Literaturmeinung ist für diese<br />
strenge Haftung kein Raum bei der Übernahme eines Anteils, weil dann bereits<br />
alle Kommanditisten und alle Haftungssummen eingetragen sind. 112<br />
Hier bestehen also noch Unklarheiten. Letztlich wird im Prozess jedoch die<br />
Meinung der Rechtsprechung entscheiden, so dass der Übernehmer eines<br />
Kommanditanteils bis zu seiner Eintragung mit der Haftung nach § 176 II HGB<br />
rechnen sollte. Insofern ist auf eine zügige Berichtigung des Handelsregisters<br />
hinzuwirken.<br />
2. Quotale Haftung?<br />
Bei einer KG ist das Haftungsrisiko eines Kommanditisten wie dargestellt zwar<br />
durch eine der Gesellschaftsform der KG immanente Haftungsbegrenzung<br />
verringert, es kann aber doch gerechtfertigt erscheinen, für die Zeiträume, in<br />
denen auch Kommanditisten unbeschränkt haften, eine quotale Haftung zu<br />
vereinbaren. Denn solange die Kommanditistenstellung nicht im<br />
Handelsregister publik gemacht worden ist, besteht für sie wie für die ohnehin<br />
unbeschränkt haftenden Komplementäre eine ähnliche Situation wie bei der<br />
GbR. Somit kann es angezeigt erscheinen, die Haftung durch<br />
individualvertragliche Vereinbarung mit dem jeweiligen Gläubiger auf die<br />
Beteiligungsquote zu beschränken. Insofern stellt sich wegen der grundsätzlich<br />
aus § 128 HGB hergeleiteten Haftung auch bei der KG die Frage der<br />
Auswirkungen einer vereinbarten quotalen Haftung. Hierbei können allerdings<br />
keine anderen Grundsätze gelten, wie sie bereits für die GbR und oHG<br />
dargelegt worden sind. Auf die obrigen Darstellungen wird daher insoweit<br />
verwiesen. Auch die Folgen eines<br />
Gesellschafterwechsels<br />
richten sich nach dem Recht der oHG, so dass es einer gesonderten<br />
Darstellung ebenfalls nicht bedarf.<br />
Aber auch nach Eintragung der Kommanditistenstellung im Handelsregister<br />
besteht ein Bedürfnis für die Vereinbarung einer quotalen Haftung. Hierzu<br />
folgendes<br />
Beispiel:<br />
Eine Immobilien-KG hat 10 Kommanditisten, die jeweils mit 10% an der<br />
KG beteiligt sind. Ihre Haftungseinlage ist mit jeweils 200.000 DM im<br />
Handelsregister eingetragen. Die B-Bank hat gegen die KG eine offene<br />
Forderung in Höhe von 1 Mio DM. Sie nimmt 5 Kommanditisten auf<br />
Zahlung von je 200.000 DM in Anspruch.<br />
Dieses Ergebnis erscheint ungerecht, weil die in Anspruch genommenen<br />
Kommanditisten jeweils mit für 20% der Forderung der B-Bank einstehen<br />
müssten. Bei Vereinbarung einer wirksamen quotalen Haftung würden<br />
111 Vgl. Piehler in: Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 2, § 33 Rn. 41.<br />
112 So K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 55 II S. 1612.<br />
43
die Gesellschafter nur als Teilschuldner mit 10% haften, die Bank kann<br />
dann von jedem Gesellschafter nur maximal 100.000 DM verlangen.<br />
E. SCHLUSSTHESEN<br />
Bei allen der dargestellten Gesellschaftsformen kann die Frage der quotalen<br />
Haftung relevant werden. Für die Personengesellschaften des Handelsrechts<br />
besteht zwar aufgrund expliziter gesetzlicher Regelungen eine vereinfachte<br />
Handhabbarkeit haftungsrechtlicher Problematiken. Da aber auch sie auf den<br />
Vorschriften der GbR aufbauen und es sich um Gesamthandsgesellschaften mit<br />
einer grundsätzlichen primären Haftung der Gesellschafter handelt, kann es<br />
auch bei ihnen angezeigt sein, in der dargestellten Weise das Haftungsrisiko zu<br />
minimieren. Hiefür dürfen allerdings keine anderen Maßstäbe als diejenigen<br />
gelten, die für die BGB-Gesellschaft aufgestellt worden sind.<br />
Bei der „quotalen Haftung“ handelt es sich nicht um einen feststehenden<br />
Rechtsbegriff. Die Art und Weise der Haftungsbeschränkung bedarf daher einer<br />
unmissverständlichen Regelung und Beschränkungsklauseln im Zweifelsfalle<br />
der Auslegung. In den meisten Fällen wird man aber unter einer quotalen<br />
Haftung eine solche annehmen dürfen, die unter Abkehr der Grundsätze der<br />
gesamtschuldnerischen Verpflichtung an die Beteiligungsquote der<br />
Gesellschafter anknüpft und so zu einem überschaubaren Haftungsrisiko führt.<br />
Die Gesellschafter haften dann nur noch als Teilschuldner nach Maßgabe ihrer<br />
Beteiligungsquote. Eine Ausfallhaftung für ausbleibende Zahlungen der übrigen<br />
Gesellschafter dann nicht mehr statt.<br />
Eine quotale Haftungsbeschränkung kann bei der GbR nach der neuesten<br />
Rechtsprechung des BGH nur durch individualvertragliche Vereinbarungen mit<br />
den jeweiligen Gläubigern erreicht werden. Damit hat sich der BGH der<br />
sogenannten Akzessorietätstheorie angenähert. Eine Regelung durch AGB-<br />
Klauseln scheidet ebenso aus, wie die einseitige Vereinbarung einer<br />
Haftungsbeschränkung, etwa durch den Zusatz „Gesellschaft mit<br />
Haftungsbeschränkung“. Der verbreiteten Form einer GbR m.b.H. hat der BGH<br />
eine klare Absage erteilt.<br />
Durch die Prinzipien der An- und Abwachsung wirken sich Veränderungen im<br />
Gesellschaftsbestand unmittelbar auf die jeweiligen Beteiligungsquoten der<br />
verbleibenden Gesellschafter und damit auf ihr Haftungsrisiko aus.<br />
Auch bei gesetzlichen Schuldverhältnissen kann die Vereinbarung einer<br />
quotalen Haftung relevant werden. Das ist allerdings nicht der Fall im<br />
deliktischen Bereich. Die Zurechnung eines deliktischen Handelns richtet sich<br />
bei allen Gesellschaftsformen nach §§ 31, 830, 840 BGB, wobei mit § 31 BGB<br />
eine Zurechnungsnorm nur hinsichtlich der Gesamthand, nicht hinsichtlich der<br />
einzelnen Gesellschafter besteht. Keine Besonderheiten bei der Haftung gelten<br />
allerdings in den Fällen der ungerechtfertigten Bereicherung. Hier sind<br />
Vertrauensgesichtspunkte heranzuziehen. Hat sich ein Gläubiger auf der<br />
primär-vertraglichen Ebene mit einer quotalen Haftungsbeschränkung<br />
einverstanden erklärt, muss er sich auch bei der bereicherungsrechtlichen<br />
44
Rückabwickung auf der sekundären Ebene an dieser Vereinbarung festhalten<br />
lassen.<br />
Für die bestehenden Fonds-Gesellschaften bedeuten die Änderungen in der<br />
Rechtsprechung Handlungsbedarf und gegebenenfalls eine Anpassung der<br />
geschlossenen Verträge mit der Schwierigkeit, dass sich eine Verpflichtung der<br />
Vertragspartner zu einer nachträglichen Vertragsergänzung letztlich wohl nur<br />
auf der Grundlage des Grundsatzes von Treu und Glauben konstruieren lässt,<br />
was insofern auf wackeligen Beinen steht. Diejenigen Gesellschaften, die die<br />
dargestellten steuerlichen Erleichterungen bei der Umwandlung in <strong>GmbH</strong> & Co<br />
KG bis zum 31.12.2000 genutzt haben, haben aus Gesichtspunkten des<br />
Haftungsrisikos wohl den sichersten Weg gewählt. Die anderen Gesellschaften<br />
müssen der veränderten Rechtslage ins Auge sehen und ihr zukünftiges<br />
Handeln entsprechend anpassen.<br />
Dr. Manfred J. Neumann, Stand 22.01.2001<br />
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