Interview mit Dr.-Ing. Hermann Strub Transkription des Interviews ...
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34:00 HT: Jetzt zu Frankreich, dem bis heute wichtigsten Partner in der europäischen<br />
Kooperation. Frankreich hat ja ein ganz anderes politisches Verständnis von<br />
Raumfahrt. War das für Sie ein Vorbild, wie die Franzosen <strong>mit</strong> dem CNES die<br />
Raumfahrt gemanagt haben, und natürlich auch die Prioritätensetzung, <strong>mit</strong> der<br />
ARIANE einen starken nationalen Schwerpunkt zu haben? Diente das als<br />
Orientierung oder rieb man sich daran? Wie war die Rolle von Frankreich?<br />
34:30 HS: Das hat mich schon interessiert, aber CNES war für mich immer das<br />
Beispiel, was wir bei der Neuorganisation <strong>des</strong> raumfahrttechnischen Bereichs, die wir<br />
vorhin besprochen haben, nicht voll durchgezogen haben. Und ich bin dann später<br />
auch schwer aufgelaufen, als so etwas nochmals zur Debatte stand. Es so, wie die<br />
Franzosen zu machen, hätte ich schon gut gefunden. Aber ich fand in Frankreich nicht<br />
immer gut, wie die Leute von der École Polytechnique oder von der École Nationale<br />
d’Administration (ENA) – wo ich gelegentlich einen Vortrag gehalten habe – Dinge<br />
auf der Basis der Kameraderie in den nationalen Hohen Schulen beschlossen, die<br />
noch nicht einmal <strong>mit</strong> der Politik abgestimmt waren. Man konnte <strong>mit</strong> den Franzosen<br />
prima argumentieren. Wenn wir in einer Gruppe zusammen tagten, waren natürlich<br />
Dolmetscher dabei, während die dolmetschten, was ich nicht benötigte, hatte ich Zeit<br />
zum Nachdenken über die weiteren Verhandlungsschritte. Schon in Ispra hatte ich<br />
erkannt, dass die leitenden Leute aus Frankreich sehr stark ihre nationalen Interessen<br />
verfolgten. Ich hatte dann immer das Gefühl, es wäre gut, wenn wir Deutsche das<br />
auch so könnten. Aber so gute Leute hatten wir nur <strong>mit</strong> wenigen Ausnahmen, zu<br />
denen gehörte Wolfgang Finke.<br />
36:20 HT: Wir sind schon auf die Spannung und die schwierige Balance zwischen der<br />
transatlantischen und der europäischen Integration zu sprechen gekommen. Eine<br />
zweite Spannung, die sich ebenfalls, wie ich finde, durch die bun<strong>des</strong>deutsche<br />
Raumfahrtgeschichte hindurch zieht, ist die, eine Balance zwischen dem nationalen<br />
Programm und dem europäischen Programm zu finden. Für die Industrie war das<br />
nationale Programm immer zu schwach ausgeprägt, für die internationale Abteilung<br />
Ihres Hauses war es eher wichtig, das europäische Programm zu stärken. Wie haben<br />
Sie versucht, diese Balance zu halten?<br />
36:56 HS: Das habe ich, glaube ich, ganz ordentlich gemacht. Vielleicht hat das Geld<br />
nicht immer gereicht. Die Industrie kam häufig zu mir und sagte, wir müssen viel<br />
mehr machen. Dann habe ich gefragt: Warum denn? Und das beste Argument, das ich<br />
zu hören bekam, war, wir müssten in der Technologie – meinem Lieblingskind – neue<br />
Dinge anpacken. Diese Technologien müssten nicht immer kompliziert sein, aber so<br />
gut, dass wir besser als die Franzosen <strong>mit</strong> ihrem nationalen Programm seien – das ist<br />
uns dann in einigen Fällen sogar gelungen. Wenn wir das einmal wirklich ganz<br />
großartig könnten, dann könnten wir vielleicht auch <strong>mit</strong> den Amerikanern<br />
kooperieren. Aber das war schon außerhalb meines Bereichs. Ich fand, wir sollten uns<br />
zuerst einmal bemühen, dass wir technologisch eine gute Rolle in dem beginnenden<br />
europäischen Konzert spielen könnten. Das war meine Richtung, bei der der Europäer<br />
in mir wieder stark zur Geltung kam.<br />
Allerdings redete ich auch <strong>mit</strong> den Amerikanern gerne. Dazu eine Geschichte: Weil<br />
ich gut Englisch sprach und vielleicht für die hohe Politik nicht gebraucht wurde, war<br />
ich abgeordnet, die Frau <strong>des</strong> NASA-Chefs James Beggs anlässlich einer Konferenz in<br />
Wien zu begleiten. Eine sympathische Dame, die neben den Sehenswürdigkeiten der<br />
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