Interview mit Dr.-Ing. Hermann Strub Transkription des Interviews ...
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00:00 HT: Vielen Dank Herr <strong>Strub</strong>, dass Sie sich bereit erklärt haben, dieses<br />
<strong>Interview</strong> zu führen. Die erste Frage, die ich in diesen <strong>Interview</strong>s immer stelle, ist die,<br />
wie Sie zur Weltraumforschung und zu Raumfahrt gekommen sind. Viele Wege<br />
führen in den Weltraum: Man kann in seiner Biografie relativ früh den Zugang finden,<br />
etwa über Science Fiction-Literatur, oder erst später im Beruf, der dann in die<br />
Raumfahrt führt. Wie war das bei Ihnen, wo sind Sie zum ersten Mal <strong>mit</strong> der<br />
Raumfahrt in Berührung gekommen? Erfolgte Ihre Sozialisation in die Raumfahrt<br />
hinein eher durch Zufall, oder war sie schon relativ früh in Ihrer Biografie angelegt?<br />
00:45 HS: Das war eigentlich in meiner Jugendzeit. Ich war noch nicht erwachsen,<br />
aber die Fliegerei hat mich bereits sehr interessiert. Mein Vater war bei der Luftwaffe,<br />
und ich konnte da gelegentlich einmal in einem Jagdflugzeug sitzen oder in ein<br />
größeres Flugzeug einsteigen, das Mitfliegen blieb leider immer nur ein Wunsch. Ich<br />
habe aber noch 1944, als 14-Jähriger, das erste Segelfliegerexamen gemacht. Der<br />
Abschuss eines ebenfalls jungen Segelflugschülers in der Ausbildung in einem<br />
Parallelkurs durch ein alliiertes Jagdflugzeug führte mir bleibend den Unsinn eines<br />
Krieges vor Augen, beeinträchtigte aber meine Luftfahrtbegeisterung nicht<br />
wesentlich. Nur von der Raumfahrt wusste ich gar nicht, dass es sie gibt. Als ich 1949<br />
in Freiburg das Studium anfing, gab es für mich noch keine Raumfahrt. Es gab<br />
Physik, und die Physik habe ich auch gewählt, weil meiner damaligen Freundin das<br />
Studium der Medizin zu lange dauerte. Denn die Medizin war eigentlich, wie ich<br />
glaube, meine richtige Begabung, was ich heute manches Mal wieder erlebe. Das<br />
Physikstudium in Freiburg war sehr theoretisch und nicht meinen Neigungen<br />
entsprechend, insbesondere in Mathematik und der Chemie bei dem Nobelpreisträger<br />
<strong>Hermann</strong> Staudinger von 1953, persönlichen Profit zog ich vom Studium Generale an<br />
dieser Universität <strong>mit</strong> Philosophie, Geschichte , Jura, Theologie und Medizin. Nach<br />
dem Vordiplom wechselte ich nach Karlsruhe an die Technische Hochschule, wo ich<br />
mich dann auf Technische Physik <strong>mit</strong> einer späteren Spezialisierung in Plasmaphysik<br />
verlegte. Damals wurde die Basis gelegt für das wissenschaftliche Arbeitsgebiet, das<br />
ich anschließend beruflich in der Forschung weiter verfolgte. Dieses hatte aber vorerst<br />
nichts <strong>mit</strong> Raumfahrt zu tun, auch nicht, als mein Instituts-Chef in den späten<br />
fünfziger Jahren ein Gutachten über Eugen Sänger schrieb. Nach Beendigung der<br />
Assistentenzeit und Abgabe der Doktorarbeit über ein Gebiet der Xenon-<br />
Hochdruckplasmen ging ich zur EG (heute EU) in das Zentrum Ispra (Italien) der<br />
Gemeinsamen Forschungsstelle. Die Promotionsprüfung erfolgte erst später, als ich<br />
bereits in Ispra war. Dort habe ich ein Labor zum Thema Direkte Konversion, also<br />
Direktumwandlung von Wärme in elektrische Energie <strong>mit</strong> aufgebaut und an<br />
entsprechender Versuchsforschung, auch im dortigen Reaktor, sieben Jahre in einem<br />
Team aus Deutschen, Franzosen, Holländern und Italienern und amerikanischen<br />
Gastwissenschaftlern gearbeitet. Erst zum Schluss ergab sich eine Verbindung zur<br />
Raumfahrt, als wir überlegten, ob Reaktoren, die thermische Energie direkt in<br />
elektrische Energie umwandeln können, vielleicht interessant für Satelliten wären.<br />
Das war meine erste gedankliche Berührung <strong>mit</strong> Raumfahrt.<br />
Die Entscheidungen, die damals im Bereich der Raumfahrt getroffen worden sind,<br />
haben mich nicht sehr berührt; das muss ich einfach so zugeben. Und zu dieser Zeit<br />
war ja auch noch nicht alles frei und zugänglich wegen der militärischen<br />
Zielsetzungen. Mit zwei anderen Wissenschaftlern, einem Amerikaner und einem<br />
Franzosen, entstand auch ein Grundlagenpatent für „Heat pipes“, auf Deutsch<br />
„Wärmerohre“. Sie arbeiten ohne Pumpen nur <strong>mit</strong> Kapillarkraft oder Schwerkraft und<br />
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