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Ein Model betritt den<br />
Laufsteg. Bis auf Sandalen<br />
ist sie völlig nackt.<br />
Nur ein kleines Stück<br />
Tuch bedeckt ihr Gesicht<br />
und macht sie trotz völliger<br />
Blöße anonym und<br />
eigenartig fremd. Der<br />
schwarze Stoff verlängert<br />
sich mit jedem weiteren<br />
Model, lange bleibt der<br />
Schambereich entblößt,<br />
während das Gesicht<br />
immer verdeckt ist. Am<br />
Schluss wird klar: dieser<br />
schwarze, die Identität<br />
verhüllende Stoff stellt<br />
eine verkehrte Burka dar.<br />
Jenes Kleidungsstück,<br />
das vielen muslimischen<br />
Frauen auch heute noch<br />
aufgebürdet wird. Eine<br />
Kollektion, die die Grenzen<br />
zwischen Fashion<br />
Show und Kunst-Perfor-<br />
mance verschwimmen ließ und deren politisches<br />
Statement noch lange nachhallten sollte. Bringen<br />
wir unsere Persönlichkeit mit Mode und Stil wirklich<br />
zum Ausdruck oder verstecken wir uns eher hinter<br />
ihr? Hussein Chalayan ist eigentlich einer der ganz<br />
Großen. Seine Bekanntheit fällt aber weit hinter jene<br />
der Big Player in der Fashionwelt zurück. Wir haben<br />
unsere Jubiläums-Issue zum Anlass genommen, ihm<br />
ein Porträt zu widmen…<br />
D i e K u n s t , z u p r o v o z i e r e n<br />
Hussein Chalayan, Designer, Unternehmer und<br />
Konzeptkünstler. Ein Liebhaber der schönen Künste,<br />
der die Themen auf den Laufsteg bringt, die die<br />
meisten Designer nicht mal mit Samthandschuhen<br />
anfassen würden. 1970 im türkischen Teil der Insel<br />
Zypern geboren, musste er sich den Traum, seine<br />
Kreativität ausleben zu dürfen, hart erkämpfen.<br />
Arzt oder ein Posten in der Wirtschaft, das sah man<br />
damals in Zypern als anständige, ehrenhafte Berufe<br />
an. Irgendwann überzeugte er dennoch seine<br />
Eltern, verließ sein Heimatland und studierte<br />
am renommierten Central Saint Martins College of<br />
Art and Design in London. Noch während seines<br />
Abschlussjahres erregte er mit seinen gewagten