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Stadtgeschichten<br />
Hier schreibt die Stadt Freising. Folge 2<br />
Vor den Etatberatungen:<br />
Haushalten mit dem spitzen Bleistift<br />
Wenn im Oktober die Haushaltsberatungen<br />
im Freisinger Stadtrat beginnen,<br />
haben Oberbürgermeister, Verwaltung und<br />
Fraktionen schon eine schwierige Zeit hinter<br />
sich: Sparen und Maßhalten bleibt die<br />
Devise, alle Referate und Amtsbereiche<br />
wurden von OB Dieter Thalhammer aufgerufen,<br />
ihre Mittelanforderungen haargenau<br />
zu begründen – und auf das absolut erforderliche<br />
Maß zu beschränken.<br />
„Die aktuellen Wirtschaftsdaten lassen<br />
hoffen, dass die Wirtschaft sich schneller<br />
erholt als erwartet. Dennoch müssen die<br />
Kommunen nach wie vor mit den Auswirkungen<br />
der vergangenen negativen konjunkturellen<br />
Entwicklung kämpfen“, sagt<br />
Kämmerin Mathilde Hagl, Leiterin des<br />
Finanzreferates der Stadt Freising. „Die<br />
Kommunen hinken insbesondere in den<br />
Gewerbesteuereinnahmen der Entwicklung<br />
in der Regel um mindestens zwei Jahre hinterher.<br />
Das bedeutet für die Haushaltsaufstellung<br />
2011, dass uns noch schwierige<br />
Jahre bevorstehen, bevor sich eine positive<br />
konjunkturelle Entwicklung im Haushalt<br />
hoffentlich wieder abzeichnet.“<br />
Die Stadt Freising muss im Rahmen der<br />
Finanzeinnahmen davon ausgehen, dass der<br />
Ansatz, der der Finanzplanung des letzten<br />
Jahres zugrunde lag, nicht erhöht werden<br />
kann. Insofern ist nicht mit nennenswerten<br />
Mehreinnahmen zu rechnen. Gleichzeitig<br />
wurden die Ausgaben in den letzten Jahren<br />
bereits auf ein Maß begrenzt, das im Grunde<br />
keine großen Kostensenkungspotentiale<br />
mehr erkennen lässt ohne Leistungen der<br />
22 Von hier von dort und anderen guten Dingen<br />
Stadt einzuschränken. Bislang ist es der<br />
Stadt Freising gelungen, ihr Leistungsspektrum<br />
aufrecht zu erhalten und auch<br />
bei den freiwilligen Leistungen wie Sportförderung<br />
und Erwachsenenbildung keine<br />
Einschränkungen vornehmen zu müssen.<br />
Kleinere Einschnitte im Bereich der Kultur<br />
wurden über die Einrichtung eines Kulturfonds<br />
mehr als überkompensiert.<br />
Die Sicherung des hohen Leistungsniveaus<br />
ist für Oberbürgermeister und Stadtrat<br />
auch die Maßgabe für den Haushalt<br />
2011. Gleichwohl ist dieser Anspruch wohl<br />
schwer zu erfüllen. Hagl: „Aufgrund der<br />
genannten Rahmenbedingungen ist ab 2011<br />
allein schon der Ausgleich im Verwaltungshaushalt,<br />
in dem die laufenden Einnahmen<br />
und Auszahlungen abgewickelt werden,<br />
voraussichtlich schwer zu erreichen. Eine<br />
dringend notwendige Zuführung zum Vermögenshaushalt<br />
wird nicht erreicht werden<br />
können. Gleichzeitig verfügt die Stadt Freising<br />
über keine nennenswerten Rücklagen<br />
mehr, so dass die Finanzierung von Investitionen<br />
im Vermögenshaushalt über Darlehen<br />
erfolgen müsste.“ Darüber hinaus gilt<br />
es bis 2013 den neu eingeführten, gesetzlichen<br />
Anspruch auf einen Krippenplatz als<br />
Pflichtaufgabe der Kommune zu erfüllen.<br />
Nach internen Recherchen sind hier rund<br />
100 Krippenplätze neu zu schaffen.<br />
Nach den Stellungnahmen der Rechtsaufsicht<br />
und des Rechnungsprüfungsausschusses<br />
soll in den nächsten Jahren aber<br />
ein Entschuldungsplan vorgelegt werden,<br />
der die Verschuldung nennenswert zu-<br />
rückführt. Eine Neuverschuldung ist damit<br />
nicht mehr möglich. „Dies alles schränkt<br />
den Handlungsspielraum der Stadt Freising<br />
enorm ein. Eingedenk der skizzierten Rahmenbedingungen<br />
ist es in naher Zukunft<br />
wohl schwerlich möglich, Wunschprojekte<br />
jenseits der gesetzlichen Aufgaben zu realisieren“,<br />
so die Kämmerin.<br />
Dennoch wird und wurde auch in der Vergangenheit<br />
bei schwierigen Haushaltslagen<br />
immer in die Infrastruktur für die Bürger<br />
investiert. Beispielsweise ist es in den zurückliegenden<br />
Monaten trotz schlechtester<br />
Rahmenbedingungen gelungen, eine Generalsanierung<br />
des Eisplatzes durchzuführen.<br />
Mit der Sanierung des Marcushauses ist<br />
ein wichtiger Schritt in Bezug auf die Innenstadtentwicklung<br />
erreicht worden, die<br />
VHS wird in absehbarer Zeit in sanierte<br />
Räumlichkeiten umziehen können, in die<br />
Schulen wurde enorm investiert – Beispiele<br />
unverzichtbarer Daseinsvorsorge, die nur<br />
einen ersten kleinen Einblick in die großen,<br />
zukunftsichernden Maßnahmen der Stadt<br />
geben. Dazu kommen viele verständliche<br />
Wünsche und Erwartungen der Bevölkerung,<br />
die der Stadtrat transportieren und<br />
gewichten wird im Abwägungszwang mit<br />
der Finanzierung von Pflichtaufgaben, aber<br />
auch von Nachfolgelasten.<br />
Für den Oberbürgermeister und seine<br />
Kämmerin steht außer Frage: Die Kommune<br />
muss vorsichtig sein – sie kann nur<br />
mit maßvollem Einsatz der Mittel gewährleisten,<br />
dass die Handlungs- und damit die<br />
Zukunftsfähigkeit erhalten bleibt.<br />
Gerade einmal sieben Monate ist es her, dass<br />
die Chirurgen Dr. Ekkehard Michel und Dr.<br />
Florian Hötzl von ihrem 14-tägigen Einsatz<br />
im Erdbebengebiet Haiti zurückgekehrt<br />
sind. Doch schon am 8. September sind der<br />
49-jährige Oberarzt und sein 36-jähriger<br />
Kollege (er macht gerade die Facharztausbildung<br />
zum Chirurgen) am Klinikum Freising<br />
in die nächste Krisenregion geflogen: Für<br />
zwei Wochen ging es mit der Organisation<br />
„Navis“ in ein Überschwemmungsgebiet in<br />
Pakistan, das rund 100 Kilometer südwestlich<br />
von Multan liegt und etwa 10 000 Einwohner<br />
hat.<br />
Ihre Motivation, nach dem 14 Tage dauernden<br />
Einsatz auf Haiti schon wieder in<br />
eine Krisenregion zu fahren, beschrieb<br />
Michel vor der Abreise so: „Haiti hat mein<br />
Leben verändert: Seit ich dort war fahre ich<br />
Notarzt in Moosburg, auch um noch mehr<br />
Erfahrung in der Notfallmedizin zu sammeln.“<br />
Und sein Kollege Hötzl ergänzt: „Wir<br />
wollen den Leuten direkt helfen. Außerdem<br />
ist es eine Abwechslung zu unserer Arbeit<br />
hier. Nach solchen Einsätzen sieht man<br />
den Beruf wieder in einem anderen Licht.“<br />
Angst vor Anschlägen in Pakistan, das ja<br />
immerhin Kriegsgebiet ist, hatten Michel<br />
und Hötzl nicht – „aber vor Schlangen und<br />
den Tieren dort“ haben die beiden Mediziner<br />
schon etwas Bammel gehabt: „Man weiß<br />
halt nicht, was auf einen zukommt.“<br />
Michel freute sich auf seinen Einsatz, erwartete<br />
er doch einen ähnlichen Teamgeist und<br />
Zusammenhalt unter den Leuten wie in Haiti.<br />
Damals hatten sie das Gefühl, wirklich<br />
helfen zu können. Hötzl blickte dem Einsatz<br />
mit Spannung entgegen, wie er vor seiner<br />
Abreise sagte: „Wir wissen nicht, wie’s da<br />
unten aussieht, und wie wir konkret helfen<br />
können.“ Schon vor der Abreise stand das<br />
Mediziner-Duo in Kontakt mit den Helfern<br />
vor Ort – über ein Satellitentelefon. Und kurz<br />
vor dem Abflug wurde ihnen auch noch exakt<br />
mitgeteilt, was genau zu tun sei und welche<br />
Medikamente sie mitbringen müssten.<br />
Schon vor der Abreise wussten Michel und<br />
Hötzl, was bei<br />
ihrem Einsatz<br />
in Pakistan anders<br />
sein werde<br />
als in Haiti. „In<br />
Haiti waren es<br />
hauptsächlich<br />
c h i r u r g i s c h e<br />
Eingriffe, die<br />
wir durchführen<br />
mussten: offene<br />
Wunden, Amputationen<br />
und<br />
ähnliches. In<br />
Pakistan werden<br />
wir es verstärkt<br />
mit Infektionskrankheiten<br />
zu tun haben: Cholera, Malaria<br />
. . . Auch die Hautkrankheiten sollen sehr<br />
schlimm sein. Und natürlich gibt es auch<br />
viele Magen- Darm-Erkrankungen – wegen<br />
des verunreinigten Wassers“, wusste<br />
Michel. Hötzl ging davon aus, dass tropenmedizinische<br />
und internistische Einsätze<br />
wohl die Schwerpunkte der Arbeit bilden<br />
werden. Als Vorbereitung darauf hat sich<br />
Michel einen Stapel Bücher über Tropenkrankheiten<br />
besorgt. Außerdem hat er sich<br />
das Buch „Die Schlangen Pakistans“ zu Gemüte<br />
geführt. Und auch Hötzl hat sich vor<br />
dem Abflug noch eingelesen: wie die Bewohner<br />
leben, wie sie erzogen und wie sie<br />
zu behandeln seien. Beispiel: Frauen dürfen<br />
von Männern nicht untersucht werden. Und<br />
deshalb waren in dem Team von Michel und<br />
Hötzl auch eine Ärztin und zwei Krankenschwestern<br />
mit dabei.<br />
Für den Einsatz in Haiti haben die beiden<br />
Mediziner bereits 14 Tage Urlaub geopfert.<br />
Und auch dieses Mal wurden die zwei Wochen<br />
mit Urlaub und Überstundenausgleich<br />
abgedeckt. Da musste natürlich der Chef mitspielen.<br />
„Unser Chefarzt Dr. Florian Zeller<br />
war sofort einverstanden, obwohl es auch für<br />
ihn und die Kollegen Mehrarbeit bedeutet. Es<br />
ist schon toll, dass uns der Chef und die Kollegen<br />
so unterstützen“, lobte Michel. (AB)<br />
Stadtgeschichten<br />
Bammel nur vor den Schlangen<br />
Die Freisinger Chirurgen Ekkehard Michel und<br />
Florian Hötzl helfen in Pakistan<br />
Von hier von dort und anderen guten Dingen 23