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unterwegs<br />
Sprachreise England:<br />
Ein Königreich<br />
für gutes Englisch<br />
Wer schon als Jugendlicher zwischen<br />
14 und 17 Jahren das Abenteuer<br />
Ausland wagt, hat viel zu tun:<br />
Spaß haben, Freunde finden, ein<br />
Stück erwachsener werden. Die<br />
Sprache lernt er nebenbei.<br />
von Michael Kunz<br />
Erst mal shoppen bei Primemark. Dann<br />
einen Latte macchiato bei Starbucks. Und<br />
dann? „Zu Poundland!“, einer Ladenkette,<br />
in der alles - vom Glitzer-Nagellack bis<br />
zum Handy-Söckchen - nur ein Pfund kostet,<br />
etwas mehr als einen Euro. Das alles<br />
erhofft Daniela, 16, für ihre Sommerferien,<br />
während sie mit 40 weiteren Jugendlichen<br />
aus Freising im Bus sitzt, der von<br />
Freising, quer durch Deutschland nach<br />
Calais und von dort mit der Fähre nach<br />
Dover weiter über die M3 Richtung Südwesten<br />
Englands schnurrt. Draußen, für<br />
Stunden: graue Dörfer zwischen grünen<br />
Hügeln. Die Menschen werden seltener,<br />
die Schafe und Pferde zahlreicher. Daniela<br />
ist müde von der mittlerweile über 20<br />
Stunden dauernden Fahrt, schaut skeptisch<br />
aus dem Fenster. Sie ist unterwegs an<br />
die britische Küste, wo sie in den nächsten<br />
zwei Wochen einen Sprachkurs machen<br />
will. Der Ort, in den der Bus rollt, heißt<br />
Bexhill on Sea. Über den Kreisjugendring<br />
30 Von hier von dort und anderen guten Dingen<br />
Freising haben die Eltern von Daniela die<br />
Sprachreise für ihre Tochter gebucht. Der<br />
Ort soll klein und ruhig sein, genau richtig,<br />
um eine fremde Sprache zu lernen.<br />
„Mach`s gut, wir werden dich vermissen<br />
und du wirst bestimmt eine tolle Zeit in<br />
England haben“, sagten ihre Eltern zum<br />
Abschied. Daniela ist skeptisch. Sie weiß<br />
noch nicht was sie erwartet. So lange war<br />
die 16-Jährige noch nie von ihren Eltern<br />
getrennt und nun soll sie auch noch zusammen<br />
mit 40 anderen noch fremden<br />
Jugendlichen für zwei Wochen nach England<br />
fahren, dort bei einer fremden Gastfamilie<br />
wohnen, die kein Deutsch spricht.<br />
Klingt nicht so gut, meint Daniela.<br />
Wie die junge Freisingerin, buchen jährlich<br />
etwa 135.000 Deutsche eine Reise, um<br />
ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Die<br />
meisten zieht es nach England, Frankreich<br />
und Spanien. Allein Großbritannien hat<br />
etwa 900 Sprachschulen und das Angebot<br />
an Bildungsreisen ist riesig: Da gibt es<br />
Business-Kurse in schicken Tagungshotels,<br />
kombiniertes Reit- und Sprachtraining und<br />
Internatsferien in Harry-Potter-Schlössern.<br />
Viele deutsche Teenager verbringen den<br />
Sommer in den Küstenstädten Weymouth,<br />
Bournemouth, Christchurch oder Brighton,<br />
wo sich die Sprachschulen ballen und das<br />
junge Leben brummt: Tagesausflüge, Kinonächte,<br />
Shopping und Romanzen am<br />
Strand.<br />
Daniela hingegen hat es nach Bexhill in<br />
East Sussex verschlagen. Hier hat Willhelm<br />
der Eroberer 1066 mit der Schlacht<br />
von Hastings das heutige England begründet.<br />
Die Attraktion des 42.000-Einwohner-<br />
Städtchens ist der De La Warr Pavilion,<br />
wohl eines der bekanntesten Gebäude in<br />
Bexhill. Hier finden das ganze Jahr über<br />
Ausstellungen und Veranstaltungen statt,<br />
der Eintritt für die meisten Ausstellungen<br />
ist frei. In Bexhill spielt die ergraute Gesellschaft<br />
eine unübersehbare Rolle, der<br />
exklusive Badeort Bexhill on Sea hat den<br />
höchsten Prozentsatz an Rentnern. Während<br />
Touristen auf den Spuren von Wilhelm<br />
dem Eroberer East Sussex erwandern oder<br />
die spektakuläre Steilküste mit Schmugglerhöhlen<br />
und schönen Burgen erkunden,<br />
atmen unten an der Strandpromenade Kurgäste<br />
die feuchte Seeluft. Nach dem Fünf-<br />
Uhr-Tee sieht man weißhaarige Damen eine<br />
Runde Minigolf spielen oder am Strand<br />
spazieren gehen. Es scheint, als will die<br />
Stadtverwaltung das altenglische Flair des<br />
Badeorts bewahren. Und so sind die Gassen<br />
noch nicht von internationalen Ladenketten<br />
erobert. Stattd<strong>essen</strong> verkauft MIND, ein<br />
sogenannter Charity-Shop, Second-Hand-<br />
Ware wie beispielsweise gebrauchte Bücher<br />
und DVDs und Stead & Simpson die angesagte<br />
Mode aus London.<br />
Zuhause in der Ferne<br />
Montagmorgen, Daniela schlingt noch eine<br />
zweite Portion Frühstücksflocken herunter,<br />
bevor es los<strong>geht</strong> zur Sprachschule. Ihre<br />
Gasteltern Kate und Tim nehmen regelmäßig<br />
Sprachschüler für die Organisation<br />
Europartner Sprachreisen auf, seit ihre beiden<br />
Töchter aus dem Haus sind. „Das hält<br />
jung“, sagt Tim, ein pensionierter Immobilienmakler.<br />
Er und seine Frau haben inzwischen<br />
viel Erfahrung mit Jugendlichen<br />
aus der ganzen Welt. „Die Deutschen sind<br />
unkompliziert. Höflich, selbstständig, spre-<br />
unterwegs<br />
chen gut Englisch“, sagt Kate. „Japanische<br />
Mädchen weinen am Anfang viel. Die Eltern<br />
schicken sie her, wenn sie noch sehr<br />
jung sind - erst 12 oder 13 Jahre alt. Die<br />
versuchen wir abzulenken, machen Ausflüge,<br />
nehmen sie mit zum Einkaufen.“ Daniela<br />
fühlt sich wohl in dem großen Haus<br />
mit den dicken Teppichen und dem Nippes.<br />
Sie spielt mit Katze Kitty und schaut Quizshows<br />
mit Kates Mutter Ann, 93. „Englisch<br />
zu sprechen fällt mir jeden Tag leichter“,<br />
sagt sie. Die Sprachschule hat rund 120<br />
Gastfamilien unter Vertrag. Jane Schubert,<br />
zuständig für die Gastfamilien, kennt sie<br />
alle persönlich.<br />
Pro Schüler und Woche verdienen die Familien<br />
umgerechnet ca. 150 Euro. Doch<br />
Schubert legt Wert darauf, dass sie kein<br />
Geschäft mit den Sprachreisenden machen,<br />
sondern ihnen ein authentisches Familienleben<br />
bieten. „Je tiefer unsere Schüler in<br />
den englischen Alltag eintauchen, desto<br />
schneller lernen sie die Sprache“, sagt auch<br />
Paul White, Headteacher der Sprachschule.<br />
Gemeinsam mit den anderen Lehrern entwickelt<br />
er die individuellen Sprachkurse.<br />
Das Herzstück des Unterrichts sind die<br />
Sprachkurse auf vier verschiedenen Ni-<br />
Von hier von dort und anderen guten Dingen 31