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Stadtgespräch<br />
<strong>Timi</strong> <strong>geht</strong> <strong>essen</strong><br />
Es ist ein grauer Donnerstag morgen, neun Uhr zeigt die Armbanduhr.<br />
Mein Kopf fühlt sich schwer an und ich starre mit leerem Blick<br />
auf die Rechnung, die ich im Vorbeigehen auf meinem überladenen<br />
Schreibtisch gefunden habe. Unter den großen Lettern des selbsternannten<br />
„Modernisierers der bayerischen Küche“ prangt lässig<br />
und zugleich warnend der Rechnungsbetrag des gestrigen Abends:<br />
Knapp 600 Euro. Dieser Betrag kommt meist zustande, wenn man<br />
mit 15 Personen zum Essen <strong>geht</strong>; gestern waren wir zu fünft! Ob<br />
sich der Spaß gelohnt hat, ist mir noch nicht ganz klar.<br />
Einen Tag vorher klingelt gegen Mittag mein Handy, Stefan ist dran:<br />
„<strong>Timi</strong>, ich kenn ein Restaurant in München, da kann man Insekten<br />
<strong>essen</strong>. Das wär doch mal was für ´nen Artikel, oder?!“ Ja, klingt<br />
super. Er will einen Tisch für fünf reservieren und stellt fest, dass es<br />
das Restaurant schon seit geraumer Zeit nicht mehr gibt. Egal, dann<br />
geh` ma halt woanders hin!<br />
Da heute München definitiv unser Ziel sein soll, entscheidet man<br />
sich für das vom RTL2-Fernsehkoch Martin Baudrexel geführte<br />
Restaurant „rubico“. Zehn Minuten nach gefallener Entscheidung<br />
klingelt mein Telefon abermals: „Stefan hier. Ich hab im Internet geschaut<br />
und das Rubico hat unglaublich schlechte Kritiken. Geh` ma<br />
zum Schuhbeck, der is auch nicht recht viel teurer!“ Diese Information<br />
war leider falsch.<br />
Ein paar Stunden später sitzen wir also im „SCHUHBECKs in den<br />
Südtiroler Stuben“ und blicken verzweifelt auf die Speisekarte: Es<br />
gibt nur Menüs. Der unglaublich freundliche und gut ausgebildete<br />
Kellner bietet uns einen Aperitiv an. Er merkt wohl, dass wir keine<br />
Ahnung haben, was wir bestellen sollen. Der Aperitiv ist in Ordnung<br />
und auch gleich weg. Es folgt ein intensiver Blick in die Speisekarte.<br />
Zwei DIN-A4 Seiten, mehr nicht. Auf der rechten Seite findet sich<br />
das Abendmenü mit sechs Gängen. Ellenlange Beschreibungen der<br />
Menüs laden mich nicht gerade zum sorgfältigen Durchlesen ein.<br />
Auf der linken Seite der Karte befindet sich das „Menü Ihrer Wahl“ -<br />
6 Von hier von dort und anderen guten Dingen<br />
Folge 38:<br />
Schuhbecks<br />
In den Südtiroler Stuben<br />
zum selbst zusammenstellen. Zirka zwanzig Gerichte, gegliedert in<br />
einzelne Gänge, kann man sich so zu 3-, 4-, 5-, oder 6-Gang Menüs<br />
zusammenstellen. Bei mir gibt´s das Billig-spar-3-Gang-Menü. Das<br />
billigste auf der Karte und trotzdem stattliche 78 Euro.<br />
Nun will nur noch der Wein ausgesucht werden. Der Sommelier steht<br />
frisch und fröhlich neben uns und erzählt uns allerlei Wissenswertes<br />
über die Weine. Es wird sich auf einen relativ lieblichen Weißwein<br />
geeinigt. Der Sommelier bestätigt wohlwollend unsere hoffentlich<br />
gute Wahl und wir dürfen eine Flasche „2008 Leiwener Klostergarten“<br />
vom Weingut Josef Rosch zum Schnäppchenpreis von 42 Euro<br />
bestellen. Die Dame darf testen und befindet den Wein (natürlich)<br />
für passend. Er schmeckt und riecht tatsächlich fantastisch und begleitet<br />
unser Essen wirklich wunderbar. Ganze Arbeit von unserem<br />
Sommelier!<br />
Wenn man hier die Blicke schweifen lässt, bemerkt man noch vor<br />
dem Innendesign das gleichmäßige Alter der Gäste. Ziemlich genau<br />
jeder Gast (außer uns) ist 56 Jahre alt und trägt einen dunklen Anzug<br />
mit lässig geöffnetem obersten Hemdknopf oder ein gestricktes<br />
Cocktailkleid von Escada. Die weiteren Einrichtungsgegenstände<br />
schwanken zwischen Stuckdecken-Romantik und Alpenflair inklusive<br />
Eckbankerl. Ein gewagter Mix, der leider nicht so gemütlich<br />
wirkt, wie er sein könnte.<br />
Sauber ist es. Das kann ich zweifelsfrei berichten. Auf den Toiletten<br />
liegen schwarze Handtücher aus und es gibt verschiedene Wässerchen<br />
und Cremes. Hier hängen auch fotostreckenmäßige Bilder vom<br />
jungen Alfons mit barbusigen, rothaarigen Schönheiten an den Wänden.<br />
Mamma Mia!<br />
Zurück in den Gastraum:<br />
Auf dem Tisch steht frisches Bauernbrot mit Käsecreme und<br />
da kommt auch schon der erste Gruß aus der Küche: Ich möchte<br />
nicht gelangweilt klingen - aber natürlich wird eine Fischkreation<br />
auf einem Häppchenlöffel serviert. Nix neues. Note für die Krea-<br />
tivität: 3,5! Der zweite „Gruß“ beschert uns den Gewinner des<br />
Abends. Eine nicht näher bezeichnete Selleriesuppe mit süßsauer<br />
eingelegten Nürnberger Bratwürsten und dem obligatorischen<br />
„Schäumchen“. Natürlich ganz im Sinne des letztjährigen Trends,<br />
in einer Tasse serviert. Geschmacklich ganz weit oben, auch wenn<br />
sich die Kreation seltsam anhören mag.<br />
Was dann kommt ist - und es tut mir leid, das sagen zu müssen -<br />
bitterböser Standard. Nur auf einem anderen Niveau eben. Vom<br />
Geschmack her wirklich ganz weit vorne, hier gibt es kein Problem.<br />
Die Zutaten sind wirklich erstklassig. Aber was mit den Zutaten<br />
angestellt wurde, kann man mit jedem besseren Kochbuch<br />
zuhause problemlos und einfach nachkochen.<br />
Mein erster Gang, der „FC Bayern Fitness-Salat mit Hummerkrabbe<br />
und verschiedenen gebratenen Meeresfrüchten“ ist wahrlich<br />
schmackhaft. Es wurden halt einfach glasig gebratene Meeresfrüchte<br />
auf einem Salat drapiert. Wie bereits gesagt: Das kann die<br />
Mama auch!<br />
Bei den folgenden Gängen offenbart sich das selbe Bild: Der<br />
„Rehrücken, in Gewürzen gebraten, auf glasierter Williams Birne<br />
mit Blaukraut und Wacholder-Pimentsauce“ ist perfekt rosa gebraten<br />
und wirklich zart. Aber Fleisch rosa zu braten und danach bei<br />
niedriger Temperatur zu Ende zu garen ist auch kein Hexenwerk<br />
und weitläufig bekannt. Von meiner Nachspeise „Schuhbecks Desserteller“<br />
kann ich mit gutem Gewissen behaupten, dass ich in Attenkirchen<br />
beim Italiener eine liebevollere Nachspeise bekomme.<br />
Benedikts „Böfflamott von der Ochsenschulter mit vielerlei Pfeffer,<br />
Meerettich-Koriander-Wirsing und bayerischen Pfifferlingen“<br />
Stadtgespräch<br />
sei allerdings noch hervorzuheben. Es ist wirklich unfassbar zart<br />
und saftig. Da ist schon etwas mehr Können und Kunst im Spiel.<br />
Zwei schnelle Pils für je drei fufzig und noch ein Gläschen Williams-Birnen-Schnaps<br />
für 10 Euro und ab <strong>geht</strong>`s nach Hause ins<br />
Bett. Is ja auch schon nach Mitternacht.<br />
Beim Verlassen des Restaurants erhalten die Damen noch eine Geschenktüte<br />
des Hauses in die Hand gedrückt und die Mäntel angelegt.<br />
In der Tüte befinden sich vier Werbezettel zu diversen Schuhbeck-Veranstaltungen<br />
und geschätzte 5 Gramm eines Schuhbeck<br />
Fischgewürzes. Eine nette Aufmerksamkeit, dennoch fühle ich<br />
mich wie am Fließband abgefertigt und habe ein seltsames Gefühl<br />
in der Magengegend.<br />
Ich weiß auch nicht so recht, was ich von all dem halten soll...<br />
Dass der Herr Schuhbeck nicht das Kochen neu erfinden kann, ist<br />
mir klar. Dennoch hätte ich persönlich ein wenig mehr erwartet.<br />
Mehr Liebe im Detail, mehr Kreativität, mehr Hingabe. Besonders<br />
für das Geld.<br />
Ob ich nochmal hingeh, weiß ich nicht. Ob ich einen Schuhbeck-<br />
Kochkurs besuche? Sicher nicht.<br />
Sonntags-<br />
Brunch<br />
Unser Brunch bietet Ihnen<br />
zahlreiche delikate Vor speisen,<br />
ausgewählte Haupt gerichte<br />
und eine Vielzahl an köstlichen<br />
Desserts. Nur 27,– €<br />
pro Person inkl. alkoholfreie<br />
Getränke, Rot-/Weißwein,<br />
Bier, Kaffee spezialitäten<br />
und 1 Glas Prosecco.<br />
Jeden Sonntag von 12 bis 15 Uhr.<br />
Kinder bis 6 Jahre brunchen<br />
gratis, Kinder von 7 bis 12 Jahren<br />
zum halben Preis. Natürlich<br />
parken unsere Brunch-Gäste<br />
kostenlos im Altstadt-Parkhaus.<br />
Und für Gruppen ab 10 Erwachsene<br />
gewähren wir 10% Rabatt<br />
auf die Gesamtrechnung.<br />
Das Restaurant „Die Molkerei“ im<br />
München Airport Marriott Hotel<br />
Alois-Steinecker-Str. 20,<br />
85354 Freising, Tel.: 08161/966-0<br />
Von hier von dort und anderen guten Dingen 7<br />
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