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Einführung ins Thema Geburt und Tod - Histomat

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Das Fest nach dem Gericht 6<br />

In der Vorstellung der alten Ägypter ist der <strong>Tod</strong> weder das Ende aller Dinge, noch führt er zu<br />

einem kärglichen Dasein in einem Schattenreich, sondern er bildet gleichsam die Fortführung<br />

des bisherigen auf Lebensfreude angelegten Lebens mit anderen Mitteln.<br />

So sehr den Menschen zu allen Zeiten immer bewusst war, dass der <strong>Tod</strong> unausweichlich ist,<br />

so unterschiedlich ist doch die Art, wie sie mit diesem Wissen umgehen. Archäologische Gräberf<strong>und</strong>e<br />

zeigen, dass in Ägypten zumindest seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. an eine wie auch<br />

immer geartete, individuelle Weiterexistenz des Menschen nach seinem <strong>Tod</strong> geglaubt wurde.<br />

Die seit der Pyramidenzeit ab 2350 v. Chr. e<strong>ins</strong>etzende <strong>und</strong> immer grösser werdende Menge<br />

altägyptischer Literatur über das Jenseits formuliert immer differenzierter werdende Jenseitsmodelle.<br />

Im folgenden werde ich mich auf die Zeit des Neuen Reiches (ca. 1540–1070 v.<br />

Chr.) konzentrieren, da hier die Quellen in Wort <strong>und</strong> Bild am ausführlichsten sind.<br />

Menschenbild<br />

Um zu verstehen, wie die alten Ägypter mit dem <strong>Tod</strong> umgehen <strong>und</strong> wie sie sich das Fortleben<br />

nach dem <strong>Tod</strong> vorstellten, muss man ihr Menschenbild berücksichtigen. Anders als bei uns<br />

heute, wo der Mensch oft als Wesen mit einem (sterblichen) Körper <strong>und</strong> einer (unsterblichen)<br />

Seele, manchmal noch mit einem schwer zuzuordnenden Geist, angesehen wird, ist das ägyptische<br />

Menschenbild wesentlich komplexer. Man stellt sich vor, dass ein Mensch aus fünf<br />

Teilen besteht, nämlich aus vier persönlichen (Körper, Name, Schatten, Ba) <strong>und</strong> einem unpersönlichen<br />

(Ka). Diese sind zusätzlich entweder frei beweglich (Ba, Schatten) oder aber örtlich<br />

geb<strong>und</strong>en (Körper, Name).<br />

Der Ka umfasst die abstrakte Lebenskraft des Menschen, die auch Göttern, Tieren <strong>und</strong> sogar<br />

Statuen zukommt. Der Ba ist ein persönliches, frei bewegliches Seelenelement, das als Vogel<br />

mit Menschenkopf dargestellt wird. In der ägyptischen Vorstellung lebt ein Mensch, solange<br />

diese fünf Wesensanteile beieinander sind; wird eines davon zu sehr geschwächt oder entfernt<br />

es sich auf Dauer von den anderen, so stirbt er.<br />

Damit nun der Mensch über seinen physischen <strong>Tod</strong> hinaus als Individuum fortdauern kann,<br />

müssen diese Seelenelemente weiterhin zusammenbleiben respektive immer wieder zusammenkommen.<br />

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, den physischen Körper durch Mumifizierung<br />

unbeschadet zu erhalten, den Namen des Verstorbenen zu bewahren, den Ka durch Opfergaben<br />

zu stärken <strong>und</strong> für den frei beweglichen Ba <strong>und</strong> den Schatten mit der Mumie im<br />

Grab sozusagen einen «Treffpunkt» für die Wiedervereinigung festzulegen.<br />

Das Totenbrauchtum<br />

Um das Zusammenbleiben dieser notwendigen Persönlichkeitsanteile zu ermöglichen, werden<br />

bereits zu Lebzeiten Vorkehrungen getroffen. Dies ist keine pessimistische Fixierung auf einen<br />

negativ gesehenen <strong>Tod</strong>, sondern die Vorbereitung für eine Fortdauer der Existenz, die die<br />

irdische Lebensspanne weit übertrifft. Zu diesen Massnahmen gehört in erster Linie der Bau<br />

eines Grabes, jedenfalls für diejenigen, die über die nötigen Mittel verfügen. Das Grab wird<br />

im Neuen Reich meist in den Fels getrieben <strong>und</strong> ausgiebig mit bemalten Reliefs (plastisches<br />

Bildwerk auf einer Fläche) oder direkt auf einen Verputz aufgetragenen Malereien <strong>und</strong> Texten<br />

dekoriert. Die Motive umfassen die Biographie des Verstorbenen, Szenen des Begräbnisses,<br />

Grabbeigaben <strong>und</strong> Darstellungen des Toten im Jenseits, bei den Königen auch Abbilder aus<br />

der Götterwelt. Mit dem Grab war der Ort gegeben, an dem die Mumie sicher aufgehoben war<br />

<strong>und</strong> der Name Dauer erhielt.<br />

6 aus: Susanne, Ris: Das Fest nach dem Gericht. Online im Internet: URL:<br />

http://publicrelations.unibe.ch/unipress/heft118/beitrag11.html [Stand 5. Mai 2005].

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