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VOM INTELLEKT ZUR INTUITION

Die Interpretationen, die gewisse moderne Gedanken dem Leben geben, sind für viele von uns unbefriedigend. Wenn nun aber diese Interpretationen tatsächlich die Wahrheit darstellen, dann müsste es bedeutungslos sein, ob sie zufriedenstellend sind oder nicht. Wenn Mechanismus wirklich alles ist, dann sind wir gezwungen, ihn anzuerkennen, selbst wenn es nötig wäre, unbefriedigt die Folgerungen zu ziehen. Es gibt aber Hinweise dafür, dass der Mensch bis jetzt noch nicht alle Wahrheit über das Leben kennt und nicht alles über sich selbst weiss. In diesem Falle aber können wir ebensogut auch andere Zeugenschaft annehmen und sie berücksichtigen. Es mag sein, dass wir über eine gewisse Bewusstseinsstufe alles wissen, aber ein solches Bewusstsein erschöpft die Anlagen des menschlichen Bewusstseins keineswegs. Es mag auch sein, dass wir für die bis jetzt erreichte Entwicklung den Begriff Mechanismus als Wahrheit annehmen und von da aus weitergehen können. Unser Wissen über uns selbst mag wohl mit dem Fortschritt in der Fortbewegung und der Beförderungsmittel zu Land, auf dem Meer und in der Luft Schritt halten, so wie dies auch bei den Verbindungsmitteln, bei der menschlichen Stimme, beim Telegraph, Telefon und bei der drahtlosen Telegraphie der Fall ist. Eine Analogie könnte darin gesehen werden, dass wir trotz der Bewusstheit unser selbst und unserer Talente immer noch von der Fortbewegung zu Fuss und vom gesprochenen Wort abhängen, wenn auch andere, in uns existente Energien uns ebenso frei machen würden wie die Flugzeuge unsere Körper und das Radio unsere Gedanken; und dass es noch eine andere Art der Selbsterkenntnis und Wahrnehmung dessen, was wir möglicherweise sein könnten, gibt. Dieses Buch befasst sich nun mit dieser Art von Wahrnehmung. Es ist zwar kein neues Thema, da es die Grundlage der grossen Religionen bildet, es ist aber neu in der Klarheit des Vorschlages für eine Methode, mittels der man zu dieser Wahrnehmung - und noch zu mehr - gelangt.

Die Interpretationen, die gewisse moderne Gedanken dem Leben geben, sind für viele von uns
unbefriedigend. Wenn nun aber diese Interpretationen tatsächlich die Wahrheit darstellen,
dann müsste es bedeutungslos sein, ob sie zufriedenstellend sind oder nicht. Wenn
Mechanismus wirklich alles ist, dann sind wir gezwungen, ihn anzuerkennen, selbst wenn es
nötig wäre, unbefriedigt die Folgerungen zu ziehen. Es gibt aber Hinweise dafür, dass der
Mensch bis jetzt noch nicht alle Wahrheit über das Leben kennt und nicht alles über sich selbst
weiss. In diesem Falle aber können wir ebensogut auch andere Zeugenschaft annehmen und
sie berücksichtigen.
Es mag sein, dass wir über eine gewisse Bewusstseinsstufe alles wissen, aber ein solches
Bewusstsein erschöpft die Anlagen des menschlichen Bewusstseins keineswegs. Es mag auch
sein, dass wir für die bis jetzt erreichte Entwicklung den Begriff Mechanismus als Wahrheit
annehmen und von da aus weitergehen können. Unser Wissen über uns selbst mag wohl mit
dem Fortschritt in der Fortbewegung und der Beförderungsmittel zu Land, auf dem Meer und in
der Luft Schritt halten, so wie dies auch bei den Verbindungsmitteln, bei der menschlichen
Stimme, beim Telegraph, Telefon und bei der drahtlosen Telegraphie der Fall ist. Eine Analogie
könnte darin gesehen werden, dass wir trotz der Bewusstheit unser selbst und unserer Talente
immer noch von der Fortbewegung zu Fuss und vom gesprochenen Wort abhängen, wenn auch
andere, in uns existente Energien uns ebenso frei machen würden wie die Flugzeuge unsere
Körper und das Radio unsere Gedanken; und dass es noch eine andere Art der
Selbsterkenntnis und Wahrnehmung dessen, was wir möglicherweise sein könnten, gibt.
Dieses Buch befasst sich nun mit dieser Art von Wahrnehmung. Es ist zwar kein neues Thema,
da es die Grundlage der grossen Religionen bildet, es ist aber neu in der Klarheit des
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Massenerziehung eingeführt. Zum ersten Mal wird den Menschen zu Tausenden der Gebrauch<br />

ihres Denkvermögens gelehrt; sie beginnen, ihre eigenen Individualitäten geltend zu machen<br />

und sich ihre eigenen Ideen zu bilden. Die Freiheit menschlichen Denkens, die Befreiung von<br />

der Herrschaft religiöser oder wissenschaftlicher Theologien ist der Schlachtruf der Gegenwart,<br />

und es wurde dadurch viel gewonnen. Die Massen beginnen selbst zu denken. Es ist dies aber<br />

grösstenteils ein Massendenken, und so wie früher die Theologen die Meinung beeinflussten, so<br />

formt jetzt die jeweilige öffentliche Meinung das Denken. Dem bahnbrechenden Individuum<br />

begegnen in der gegenwärtigen Welt beim Durchsetzen seiner Gedanken und Bestrebungen<br />

genau so grosse Schwierigkeiten wie früher.<br />

Vielleicht sollten wir in der Umdrehung des grossen Lebensrades wieder zu den alten Methoden<br />

einer Spezialausbildung für das geeignete Individuum zurückkehren, was aber nicht das<br />

Aufgeben der Massenerziehung bedingt. Auf diese Weise könnten wir schliesslich die Methoden<br />

der Vergangenheit und des Ostens mit denen der Gegenwart und des Westens vereinigen.<br />

Bevor wir auf diese beiden Methoden näher eingehen, wollen wir Erziehung zu definieren<br />

versuchen, uns ihren Zweck vor Augen halten und so unsere Vorstellungen über die<br />

angestrebten Ziele all unserer Bemühungen klären.<br />

Das ist keine leichte Aufgabe. Erziehung kann von ihrer uninteressantesten Seite aus gesehen<br />

kurz als Übermittlung von Wissen an einen Studenten, gewöhnlich an einen unwilligen<br />

Studenten, erklärt werden, der eine Masse Wissen, das ihn nicht im geringsten interessiert,<br />

erhält. Nüchternheit und Trockenheit herrschen vor. Diese Art der Wissensdarbietung befasst<br />

sich nach unserem Empfinden hauptsächlich mit Gedächtnisschulung, mit der Mitteilung<br />

sogenannter Tatsachen und damit, dass dem Studenten einige Informationen über eine grosse<br />

Anzahl untereinander nicht verwandter Gegenstände gegeben werden. Die buchstäbliche<br />

Bedeutung des Wortes aber ist: «hinausführen» oder «herausziehen» und diese ist sehr<br />

aufschlussreich. Der dieser Idee zugrunde liegende Gedanke ist der, dass wir die dem Kinde<br />

innewohnenden Instinkte und entwicklungsfähigen Anlagen herausziehen sollten, um es aus<br />

einem Bewusstseinszustand heraus und in einen anderen, umfassenderen zu führen. Auf diese<br />

Art leiten wir z. B. Kinder, die bloss wissen, dass sie leben, in einen Zustand des<br />

Eigenbewusstseins; sie werden ihrer selbst und ihrer Gruppenbeziehungen gewahr; sie werden<br />

- besonders durch Berufsschulung - gelehrt, Kräfte und Fähigkeiten zu entwickeln, damit sie<br />

wirtschaftlich unabhängig und somit selbstständige Mitglieder der menschlichen Gesellschaft<br />

werden können. Wir nützen ihre Selbsterhaltungsinstinkte aus, um sie auf dem Pfad des<br />

Wissens zu führen. Kann man sagen, dass wir mit der Nutzbarmachung ihres Instinktapparates<br />

deshalb beginnen, um sie auf dem Weg des Intellekts zu führen? Vielleicht ist das der Fall,<br />

doch bezweifle ich, ob wir - wenn wir sie so weit gebracht haben - das gute Werk weiterführen<br />

und sie die richtige Bedeutung der Intellekt-Entfaltung als eine Schulung zur Auslösung der<br />

Intuition lehren. Wir unterweisen sie, Instinkt und Intellekt als Teil des<br />

Selbsterhaltungsapparates in der äusseren Welt menschlicher Angelegenheiten zu gebrauchen,<br />

die Anwendung der reinen Vernunft aber und die schliessliche Beherrschung des<br />

Denkvermögens durch die Intuition für die Selbsterhaltung und Kontinuität des Bewusstseins<br />

in den subjektiven und wirklichen Welten ist bis jetzt nur das bevorrechtigte Wissen einiger<br />

weniger Wegbereiter.<br />

Wenn Professor H. Wildon Carr mit seiner Definition der Intuition recht hat, dann führen<br />

unsere Erziehungsmethoden nicht zu deren Entfaltung. Er definiert sie als «das direkte<br />

Erfassen der Wirklichkeit (Realität) an sich durch das Denkvermögen, also nicht in Form einer<br />

unbewussten Vorstellung, auch nicht als Idee oder Gegenstand einer Überlegung, denn diese<br />

letzteren betreffen nur das intellektuelle Begreifen». [*U12]<br />

Wir betrachten die Wissenschaft des Denkens oder der Veränderungen des Denkprinzips (wie<br />

der Hindu es nennt) als ausgesprochen menschlich und zählen die instinktiven Reaktionen des<br />

Menschen zu den Eigenschaften, die er mit den Tieren teilt. Wäre es nicht möglich, dass die<br />

Wissenschaft der Intuition, die Kunst klarer synthetischer Vision, eines Tages zum Intellekt im<br />

selben Verhältnis stehen könnte wie dieser jetzt zur instinktiven Fähigkeit?<br />

Dr. Dibblee von der Oxforder Universität macht über Instinkt und Intuition folgende<br />

interessante Bemerkungen, die hier am Platze sind, weil wir uns in diesem Buch für die<br />

Anerkennung einer Erziehungsmethode einsetzen, die zur Entwicklung einer höheren<br />

Wahrnehmung führen würde. Er sagt:<br />

« ... Instinkt und auch Intuition beginnen räumlich gesprochen in den ausserhalb unseres<br />

Bewusstseins gelegenen Bereichen unseres Selbst, kommen aber gleichzeitig unerwarteter

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