Platon - Politeia - Huber-tuerkheim.de
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<strong>Platon</strong>: <strong>Politeia</strong><br />
überhaupt erst wirklich wer<strong>de</strong>n und es erschließt dieses Reich <strong>de</strong>m differenzierten Verstehen.<br />
Zusatz: So ist das Gute <strong>de</strong>r Urgrund, die eine ungeheuere Potentialität <strong>de</strong>s Seins. Aber erst ein begrenzen<strong>de</strong>s<br />
Prinzip gibt Gestalt. Erst wo das Sein sich in Unterschie<strong>de</strong> bringt, existiert etwas statt <strong>de</strong>s leeren gestaltlosen<br />
Nebels. 64 Seine Begrenzung muss das Sein wissen, um sie für eine gewisse Zeitspanne konstant stabil halten zu<br />
können. 65 Und es muss in Allvernunft vom Zusammenspiel <strong>de</strong>r Begrenzungen wissen, um das Ganze und je<strong>de</strong>s<br />
einzelne Begrenzte chaosresistent einrichten zu können. 66 Es sind immer bei<strong>de</strong> Prinzipien erfor<strong>de</strong>rlich: Einerseits<br />
das Unbegrenzte bzw. Unbestimmte, das gestaltlos ist, aber <strong>de</strong>n Raum abgibt, innerhalb <strong>de</strong>ssen Gestaltung<br />
erst möglich ist. An<strong>de</strong>rerseits ist es das Begrenzen<strong>de</strong>, das gestaltet. Das Unbegrenzte allein bleibt gestaltlos wie<br />
das Nichts. Die Begrenzung allein schrumpft zum punctum mathematicum, also ebenfalls zum Nichts. Nur die<br />
begrenzte Begrenzung gibt Gestalt.<br />
Dementsprechend macht das Licht nur als schon begrenztes o<strong>de</strong>r abgeschattetes Licht etwas sichtbar. Reines<br />
Licht ist wie reine Finsternis ohne je<strong>de</strong>n inneren Unterschied: man sieht nichts. Das Licht begrenzt, es schnei<strong>de</strong>t<br />
aus <strong>de</strong>m Umfeld etwas aus, hebt es hervor und negiert insoweit das Übrige. Je mehr o<strong>de</strong>r je weniger es ausschnei<strong>de</strong>t<br />
– in bei<strong>de</strong>n Richtungen nähert es sich <strong>de</strong>m Nichts-mehr-Sehen, weil alles ins Konturlose zurückgetreten<br />
ist, wenn das Licht so hell wird, dass gar nichts mehr ausgeschnitten, konturiert wird, o<strong>de</strong>r wenn <strong>de</strong>r Lichtkegel<br />
sich so zusammengezogen hat, dass sein Radius zur Aus<strong>de</strong>hnungslosigkeit zusammengefallen ist.<br />
Liniengleichnis: Kosmologie – Arten und Rangstufen <strong>de</strong>r Seien<strong>de</strong>n 67<br />
(50) Während das Höhlengleichnis vom Urgrund <strong>de</strong>s Seins überhaupt spricht (in<strong>de</strong>m es<br />
<strong>de</strong>n Grund zeigt, warum überhaupt etwas ist, statt dass nichts wäre), hat es das Liniengleichnis<br />
mit <strong>de</strong>n speziellen Arten von Seien<strong>de</strong>n zu tun (jedoch nicht mit konkreten einzelnen Seien<strong>de</strong>n).<br />
Diese Arten von Seien<strong>de</strong>n unterschei<strong>de</strong>n sich hinsichtlich <strong>de</strong>ssen, in welchem Grad<br />
sie eigene Wirklichkeit besitzen und welchen Rang diese Wirklichkeit einnimmt. Das Liniengleichnis<br />
zeigt die kosmologische Stufenfolge <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Arten von Seien<strong>de</strong>n.<br />
Dabei bemisst sich <strong>de</strong>r Rang <strong>de</strong>r eigenen Wirklichkeit eines Wesens<br />
[a]<br />
[b]<br />
[c]<br />
nach <strong>de</strong>r Dauerhaftigkeit und Stärke, mit <strong>de</strong>r es seine spezifische I<strong>de</strong>ntität (das, was<br />
es ist) aus sich selbst heraus in und gegen Irritationen konstant stabil zu halten imstan<strong>de</strong><br />
ist. 68<br />
nach seinem Komplexitätsgrad, d. h. danach, in wieweit es Daseinsvollzüge, wie sie<br />
für einfachere Wesen spezifisch sind, zu eigenen höheren Daseinsvollzügen integriert<br />
(so wie <strong>de</strong>r Mensch vegetative und animalische Funktionalität zur spezifischen<br />
Daseinsform sittlicher Existenz integriert) 69 .<br />
nach seinem Wirklichkeitsgehalt, d. h. nach <strong>de</strong>r Reichhaltigkeit seiner Sinnbezüge in<br />
sich selbst und zu an<strong>de</strong>ren Wesen (§ 39 Zusatz 1-b), <strong>de</strong>nn in <strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>utungen, welche<br />
Wesen füreinan<strong>de</strong>r haben, liegt ihre Wirksamkeit o<strong>de</strong>r Wirklichkeit. Und so manifestiert<br />
sich in reicheren Sinnbezügen (in einer reicheren Be<strong>de</strong>utsamkeitsaura) ein<br />
reicherer Gehalt an Wirksamkeit o<strong>de</strong>r Wirklichkeit. 70<br />
64 <strong>Huber</strong> 2006, §§ 85-87<br />
65 <strong>Huber</strong> 2006, § 46<br />
66 <strong>Huber</strong> 2006, §§ 93-99<br />
67 <strong>Huber</strong> 2006, §§ 37f<br />
68 <strong>Huber</strong> 2006, § 43<br />
69 <strong>Huber</strong> 2006, § 75<br />
70 <strong>Huber</strong> 2006, § 131<br />
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