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LUFTWAFFEN - Netteverlag

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<strong>LUFTWAFFEN</strong><br />

REVUE<br />

DEUTSCHER<br />

<strong>LUFTWAFFEN</strong>RING e.V.<br />

57. Jahrgang - Nr. 4 - Dezember 2009 - Schutzgebühr 5,- € - Z 3954<br />

Ehrenmal für Angehörige der Bundeswehr<br />

Eingeweiht am 8. September 2009<br />

im Beisein von Verteidigungsminister Dr. Franz Josef Jung<br />

und Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler.


VERBAND<br />

2<br />

Ehrenmal für Angehörige der Bundeswehr<br />

Der Schriftzug wird enthüllt (Quelle: Bundeswehr/Bienert)<br />

(Quelle: meck architekten/Florian Holzherr, München)<br />

In einer feierlichen Zeremonie hat Verteidigungsminister Dr. Franz Josef Jung im Beisein von Bundespräsident<br />

Prof. Dr. Horst Köhler am 8. September das Ehrenmal der Bundeswehr am Bendlerblock eingeweiht.<br />

Gemeinsam mit dem Generalinspekteur der Bundeswehr, General Wolfgang Schneiderhan, enthüllten<br />

Köhler und Jung die Inschrift des Ehrenmals.<br />

„Den Toten unserer Bundeswehr. Für Frieden, Recht und Freiheit“,<br />

lautet die Inschrift des Monuments am Berliner Dienstsitz des Verteidigungsministeriums.<br />

Nach der Enthüllung legten Vertreter der Verfassungsorgane und<br />

Minister Jung Kränze in der Cella, dem Raum der Stille, des Ehrenmals nieder.<br />

LuftwaffenRevue


Deutscher Luftwaffenring e.V.<br />

Bonn, November 2009<br />

- Die Redaktion -<br />

An<br />

alle Mitglieder und Freunde des<br />

Deutschen Luftwaffenring e.V.<br />

Liebe Freunde, Kameraden und Förderer des DLwR e.V.,<br />

wir sind schon wieder im letzten Quartal 2009. Es scheint, als würde die Zeit schneller als je zuvor<br />

voran schreiten, hatten wir doch eine ganze Reihe von großen und schwergewichtigen Entscheidungen<br />

zu treffen und dieses unter zunehmendem Zeitdruck. Die Devise lautete und lautet: Nicht<br />

nach hinten schauen, Blick nach vorne, gute Lagebeurteilung, konsequentes Handeln. Nun wird<br />

uns immer wieder unkameradschaftliches Verhalten vorgeworfen, wenn wir die lautere Forderung<br />

der Mehrzahl unserer Mitglieder nach Beseitigung bestehender Missstände umsetzen. Sie,<br />

die Mitglieder des DLwR, haben einen Anspruch auf transparente, korrekte und wirtschaftliche<br />

Führung. Gibt es hier offene Fragen, werden diese offen geklärt, gibt es hier Zweifel am korrekten<br />

Umgang mit den Ressourcen des Verbandes, so werden diese durch gute Aufklärung beseitigt,<br />

und gibt es in der Folge dann die Erkenntnis, dass dem Verband Schaden entstanden ist, dann<br />

wird dieser Schaden wenn irgend möglich bereinigt. Unredlich und damit unkameradschaftlich<br />

handelt derjenige, der den durch ihn entstandenen Schaden nicht bereinigen will, und nicht der,<br />

der im Auftrag der Kameraden Wege zur Schadensbegrenzung sucht.<br />

Der Vorstand des Verbandes ist betroffen durch den Vorwurf, in Wahrnehmung der ihm satzungsmäßig<br />

auferlegten Pflichten unkameradschaftlich zu handeln, lässt sich aber dadurch nicht von<br />

dem Auftrag zur Aufklärung abbringen.<br />

Die letzten drei Monate in 2009 haben es in sich. Vollversammlung des DLwR und Treffen der<br />

Präsidenten der EPAA Verbände. Beides Aktivitäten, die unsere volle Aufmerksamkeit verdienen.<br />

Wir werden über die Ergebnisse natürlich berichten. Wenn Sie dabei sind, freue ich mich auf ein<br />

Wiedersehen; können Sie nicht kommen, unterstützen Sie uns durch Ihre guten Wünsche. Und<br />

lassen Sie uns nicht vergessen, Kameradschaft ist eine leicht verletzliche Tugend. Sie will intensiv<br />

geschützt und gepflegt sein.<br />

Anlässlich des sich zu Ende neigenden Jahres ergreife ich an dieser Stelle die Gelegenheit, Ihnen<br />

allen meine besten Wünsche zum bevorstehenden Weihnachtsfest und dem Jahreswechsel zu<br />

übermitteln. Ihnen, Ihren Angehörigen und Freunden wünsche ich gesegnete und erholsame<br />

Festtage im Kreise Ihrer Familien. Möge Ihnen im kommenden Jahr beste Gesundheit, Wohlergehen<br />

und Erfolg im privaten wie auch im beruflichen Bereich beschieden sein. In der Hoffnung<br />

auf einen glücklichen Start ins Neue Jahr 2010 verbleibe ich<br />

Ihr Dierk-Peter Merklinghaus<br />

Brigadegeneral a.D.<br />

In diesem Heft:<br />

Die Ärmelbänder der Luftwaffe in der Bundeswehr<br />

Eine schier ausweglose Situation - Teil1<br />

Einweihung des Ehrenmals für Angehörige der Bundeswehr Vom Feindflug nicht zurückgekehrt<br />

Fliegende Kampfverbände - Aufklärungsgeschwader 51 Chronologie Luftkrieg Bernkastell - Teil3<br />

Reportage - 180 Eurofighter für die Luftwaffe<br />

Reportage - Deutsche Beutemaschinen / Museum Finowfurt<br />

Weihnachten 1942 an der Mündung des Don<br />

PSK / PSV - Als Flugschriften in der DDR vom Himmel fielen Leserbrief / Service / Impressum<br />

4. Quartal 2009 3


LUFTWAFFE<br />

In der letzten Ausgabe hatten wir einen<br />

ersten Bericht zum Aufklärungsgeschwader<br />

74. In dieser Ausgabe berichten<br />

wir über das<br />

Aufklärungsgeschwader 51<br />

Das Aufklärungsgeschwader 51 „Immelmann“<br />

ist der einzige fliegende<br />

Verband der Luftwaffe, der über die<br />

Fähigkeit zur bemannten Taktischen<br />

Luftaufklärung verfügt.<br />

Ausgerüstet mit 46 allwetter-flugfähigen<br />

Kampfflugzeugen vom Typ Tornado,<br />

moderner Aufklärungssensorik<br />

sowie einer verlegefähigen Auswerteanlage<br />

gehört das Geschwader zu den<br />

Einsatzkräften der Bundeswehr.<br />

Seit dem 1. Januar 2005 ist das Geschwader<br />

auch mit der Rolle der „Seekriegsführung<br />

aus der Luft“ beauftragt.<br />

Der Auftrag im Frieden<br />

Herstellen und Erhalten der personellen<br />

und materiellen Einsatzbereitschaft. Beteiligung<br />

an Einsätzen zur Landes- und<br />

Bündnisverteidigung, aber auch Beteiligung<br />

an Einsätzen unter dem Mandat<br />

der Vereinten Nationen. Hilfe im Rahmen<br />

des Katastrophenschutzes. Demonstration<br />

der militärischen Präsenz. Flüge<br />

im Rahmen der Amtshilfe für Behörden<br />

des Bundes und der Länder<br />

Auftrag in der Krise<br />

Zusätzlich zum Auftrag im Frieden:<br />

Erhöhung der personellen und materiellen<br />

Einsatzbereitschaft. Intensivierung<br />

der taktischen Ausbildung zur Erhöhung<br />

der Einsatzbereitschaft. Einsatzbereitschaft<br />

im Rahmen der Krisenbewältigung.<br />

4<br />

Die fliegenden Kampfverbände der Luftwaffe<br />

Die Luftwaffe besitzt sieben fliegende Kampfverbände. Davon drei Jagdbomber-<br />

sowie drei Jagdgeschwader und das<br />

Aufklärungsgeschwader 51 „Immelmann“<br />

Sonderlackierung eines RECCE-Tornados des AG 51“I“ anlässlich des Jubiläums 50 Jahre<br />

Taktische Luftaufklärung. (Quelle: Luftwaffe/Ulrich Metternich)<br />

Auftrag im Einsatz / Verteidigungsfall<br />

Unterstützung der militärischen Operationen<br />

durch Aufklärung der gegnerischen<br />

Land- und Seestreitkräfte, Kampfanlagen,<br />

Führungseinrichtungen und Versorgungseinrichtungen.<br />

Darüber hinaus:<br />

Zielaufklärung, Feststellung eigener<br />

Waffenwirkung, Bekämpfung von Überwasserzielen<br />

mit den Lenkflugkörpern<br />

„HARM“ und „KOMORAN“.<br />

Max Immelmann<br />

(Quelle: Luftwaffe/Archiv)<br />

Geschichtlicher Überblick<br />

Bedingt durch die von der Wiedervereinigung<br />

ausgelösten großen Umstrukturierungen<br />

der Bundeswehr, werden bei der<br />

Marine 1992 das Marinefliegergeschwader<br />

(MFG) 1 in Schleswig / Jagel und<br />

1993 die Aufklärungsgeschwader 51“Immelmann“<br />

in Bremgarten und AG 52 in<br />

Leck außer Dienst gestellt.<br />

Während die RF-4E Phantom der beiden<br />

Luftwaffen-Geschwader im Rahmen der<br />

Militärhilfe an die Türkei und Griechenland<br />

abgegeben werden, übernimmt die<br />

Luftwaffe die Tornados des MFG 1. Im Januar<br />

1993 nimmt die 1. Staffel des „Luftwaffen-Tornado-Geschwaders-Jagel“<br />

den<br />

Flugbetrieb auf - mit den Tornados der<br />

Marine. Am 1. April 1993 hebt die letzte<br />

RF-4E Phantom des AG 51 „Immelmann“<br />

vom Fliegerhorst Bremgarten ab.<br />

Im Dezember 1993 wird dann auch das<br />

AG 52 offiziell außer Dienst gestellt. Die<br />

letzte Phantom verlässt die Basis am<br />

12.01.1994. Beide Geschwader waren<br />

für mehrere Jahrzehnte Fundament und<br />

Spitze der Taktischen Luftaufklärung der<br />

Luftwaffe während des Kalten Krieges.<br />

Quelle: Luftwaffe<br />

LuftwaffenRevue


Einführung in die Luftwaffe<br />

Die Luftwaffe beschafft mit den 180<br />

EUROFIGHTER ein modernes Waffensystem<br />

für den Einsatz in der<br />

Luftverteidigungs- (Luft/Luft-) und<br />

Luftangriffs- (Luft/Boden-) Rolle. Die<br />

Außerdienststellung der Waffensysteme<br />

F-4F Phantom und Teile der<br />

Tornado-Flotte zur Erreichung der<br />

Zielstruktur der Luftwaffe ist hierauf<br />

abgestimmt. Der EUROFIGHTER ist somit<br />

ein Kernelement zur Sicherstellung<br />

des künftigen Beitrages der Luftwaffe<br />

zum geforderten Fähigkeitsprofil der<br />

Streitkräfte und den damit verbundenen<br />

Bündnisverpflichtungen.<br />

Die Gesamtzahl EUROFIGHTER leitet<br />

sich aus den für Eingreif- und Stabilisierungskräfte<br />

der Luftwaffe auszuplanenden<br />

Modulen ab. Grundsätzlich besteht<br />

zwischen Eingreif- und Stabilisierungskräften<br />

ein enger operativer Zusammenhang,<br />

da Einsätze zur Konfliktverhütung<br />

und Krisenbewältigung den zeitlich eng<br />

aufeinander folgenden Einsatz dieser<br />

Kräfte erfordern können.<br />

Darüber hinaus müssen zur Sicherstellung<br />

der Durchhaltefähigkeit im Einsatz<br />

bedarfsgerecht ausreichende Kräfte und<br />

Mittel bereitgestellt werden. Dies bedeutet<br />

unter anderem, dass einsatzbezogen<br />

ausgebildete und damit einsatzfähige<br />

Kontingente zeitgerecht bereitgestellt,<br />

verlegt und abgelöst werden können.<br />

180 EUROFIGHTER für die Luftwaffe<br />

gegeben, so dass die Luftwaffe über 177<br />

EUROFIGHTER in den Kampfverbänden<br />

verfügen wird.<br />

Die Auslieferung der 180 EUROFIGHTER<br />

ist in drei Tranchen bis ca. 2017 geplant.<br />

Mit den beiden ersten Tranchen erhält<br />

Deutschland 112 Luftfahrzeuge. Die<br />

Tranche 1 wurde bis März 2008 vollständig<br />

an die Luftwaffe ausgeliefert und ist<br />

für den Einsatz in der Luftverteidigungsrolle<br />

vorgesehen.<br />

Derzeit erfolgt die Übernahme der<br />

Tranche 2 durch die Luftwaffe, die darüber<br />

hinaus auch für den Einsatz in<br />

der Luftbodenrolle vorgesehen ist. Zur<br />

Deckung des Bedarfes der Luftwaffe zur<br />

Wahrnehmung der ihr zugewiesenen<br />

Aufgaben ist die geplante Beschaffung<br />

weiterer 68 EUROFIGHTER der Tranche 3<br />

zwingend notwendig.<br />

LUFTWAFFE<br />

Der EUROFIGHTER<br />

- Zukünftiges Rückgrat der Luftwaffe<br />

Verbunden mit dem Zulauf der EURO-<br />

FIGHTER ist eine deutliche Reduzierung<br />

der Anzahl an Kampfflugzeugen der<br />

Luftwaffe, die den geänderten sicherheitspolitischen<br />

Rahmenbedingungen,<br />

aber auch der modernen technischen<br />

Auslegung dieses Waffensystems Rechnung<br />

trägt.<br />

Mit Zulauf der EUROFIGHTER wird die<br />

Anzahl der Kampfflugzeuge der Luftwaffe<br />

ausgehend von 453 im Jahr 2003 über<br />

derzeit noch 341 Luftfahrzeugen nach<br />

der aktuellen Planung auf insgesamt<br />

262 in der Zielstruktur (ca. 2017) reduziert.<br />

Neben der bereits erfolgten Außerdienststellung<br />

der MiG 29 betrifft diese<br />

Reduzierung alle Luftfahrzeuge vom Typ<br />

F-4F Phantom sowie einen Großteil der<br />

Tornado-Flotte.<br />

Von den insgesamt 180 erforderlichen<br />

Luftfahrzeugen werden drei zur kontinuierlichen<br />

Weiterentwicklung des<br />

Waffensystems an das Bundesamt für<br />

Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) ab-<br />

4. Quartal 2009 5


LUFTWAFFE<br />

Die Verringerung der Tornado-Flotte auf<br />

85 Luftfahrzeuge ab ca. 2015 führt zu<br />

einer „Verjüngung“ der verbleibenden<br />

Kampfflugzeuge dieses Typs und ermöglicht<br />

eine erhebliche Reduzierung der<br />

ursprünglich durchzuführenden technischen<br />

Maßnahmen zur Modernisierung<br />

und Nutzungsdauerverlängerung dieses<br />

Waffensystems.<br />

Im europäischen Vergleich wird Deutschland<br />

zukünftig über 262 Kampfflugzeuge<br />

verfügen, Frankreich wird 390, Großbritannien<br />

380 und Italien 270 Kampfflugzeuge<br />

betreiben<br />

EUROFIGHTER<br />

- ein komplexes viernationales<br />

Vorhaben<br />

Das Waffensystem EUROFIGHTER wird<br />

als viernationales Programm von den<br />

Partnernationen Deutschland, Großbritannien,<br />

Italien und Spanien entwickelt<br />

und gefertigt. Mit Entwicklung und Produktion<br />

wurden die beiden Industriekonsortien<br />

EUROFIGHTER Jagdflugzeuge<br />

6<br />

GmbH (Flugzeugzelle und Ausrüstung)<br />

und EUROJET Turbounion GmbH (Triebwerk<br />

EJ 200) beauftragt, die für diesen<br />

Zweck gegründet wurden. Diese Konsortien<br />

setzen sich jeweils aus vier Konsortialfirmen<br />

aus den beteiligten Nationen<br />

zusammen. Insgesamt sind an Entwicklung<br />

und Fertigung des EUROFIGHTER<br />

Programms rund 100.000 hochqualifizierte<br />

Arbeitsplätze in Europa in rund<br />

400 Firmen beteiligt, das Programm ist<br />

damit eines der größten europäischen<br />

Rüstungsprojekte.<br />

Abhängigkeiten und Regelungen zur Abstimmung<br />

der Interessen der Nationen<br />

sind durch sogenannte Memorandums<br />

of Understanding (MoU) geregelt und<br />

werden durch eine von den Nationen<br />

eingerichtete Management-Agentur harmonisiert<br />

und vertreten. Auf industrieller<br />

Seite besteht zwischen den beteiligten<br />

Firmen eine Vielzahl von Verträgen, die<br />

gegenseitige Verpflichtungen und Beziehungen<br />

festschreiben. Damit sind letztlich<br />

über ein komplexes Geflecht von<br />

Vertragsbeziehungen und Vereinbarun-<br />

gen die Interessen der am EUROFIGHTER<br />

Programm beteiligten Nationen und Firmen<br />

abgesichert.<br />

Technische Informationen<br />

Triebwerke<br />

Der Eurofighter wird von zwei EJ200<br />

Triebwerken des Konsortiums Eurojet angetrieben.<br />

Jedes Triebwerk erzeugt einen<br />

Schub von etwa 60 kN ohne Nachbrenner.<br />

Wird der Nachbrenner zugeschaltet,<br />

so wird ein maximaler Schub von über<br />

90 kN erzeugt.<br />

Im Gegensatz zu F-4F Phantom II und<br />

Tornado startet der Eurofighter im normalen<br />

Flugbetrieb ohne Nachbrenner.<br />

Dies führt zu einer Verringerung der<br />

Lärmbelästigung an den Flugplätzen der<br />

Luftwaffe.<br />

Der Eurofighter kann auch ohne Nachbrenner<br />

in den Überschallbereich beschleunigen<br />

und über längere Zeit mit<br />

Überschall fliegen. Über diese Möglichkeit,<br />

die mit „Supercruise“ bezeichnet<br />

wird, verfügen zur Zeit nur wenige<br />

Kampfflugzeuge.<br />

Bewaffnung<br />

Der Eurofighter verfügt über ein IRST-<br />

System (Infrared Search & Tracking), mit<br />

dem er Feindflugzeuge bei gutem Wetter<br />

auf eine Entfernung bis zu 50 Kilometer<br />

erfassen und verfolgen kann, ohne sich<br />

durch sein Radar selbst bemerkbar zu<br />

machen. Die Ausstattung mit den IRIS-T-<br />

Luft/Luft Kurzstreckenraketen, dem Captor<br />

Radar sowie den künftigen Meteor<br />

Luft/Luft-Langstreckenraketen machen<br />

den Eurofighter zu einem leistungsstarken<br />

Abfangjäger. Für Bodenoperationen<br />

wird er zusätzlich mit den neuen TAU-<br />

RUS-Luft/Boden Flugkörpern ausgestattet.<br />

LuftwaffenRevue


Eurofighter in den Geschwadern<br />

Die Luftwaffe plant, in den kommenden<br />

Jahren 180 Eurofighter zu beschaffen,<br />

die bei den fünf nachfolgend<br />

aufgeführten Geschwadern die Waffensysteme<br />

F-4F Phantom II, MiG-29<br />

Fulcrum und Tornado ablösen.<br />

Jagdgeschwader 73 „Steinhoff“<br />

Das Jagdgeschwader<br />

73<br />

„Steinhoff“ ist<br />

der erste Verband,<br />

der auf<br />

den Eurofighter<br />

umrüstet. Hier<br />

werden die zukünftigen Eurofighter-Piloten<br />

umgeschult bzw. ausgebildet. Das<br />

Geschwader verfügt hierzu über eine<br />

hohe Anzahl Doppelsitzer.<br />

Jagdgeschwader 74<br />

Das in Neuburg<br />

an der Donau<br />

stationierte Geschwader<br />

hat<br />

im Juni 2008<br />

die letzten F-4F<br />

Phantom II abgegeben<br />

und setzt als erster Einsatzverband<br />

der Bundesluftwaffe den modernen<br />

Eurofighter als Alarmrotte ein.<br />

LUFTWAFFE<br />

Jagdbombergeschwader 31 „Boelcke“<br />

Das zur Zeit<br />

noch mit dem<br />

Tornado ausgerüsteteGeschwader<br />

wird<br />

als dritter Ver<br />

band ab Ende<br />

2009 auf den modernen Eurofighter umrüsten,<br />

wobei diese Eurofighter in der<br />

Luft-Boden-Rolle eingesetzt werden.<br />

Jagdgeschwader 71 „Richthofen“<br />

Das Jagdgeschwader<br />

71<br />

„ R i c h t h o f e n “<br />

wird der vorletzte<br />

Verband der<br />

Luftwaffe sein,<br />

der auf Eurofighter<br />

umrüstet. Zur Zeit werden die Einsätze<br />

des in Wittmund stationierten Geschwaders<br />

mit dem Waffensystem F-4F<br />

Phantom II erflogen.<br />

Jagdbombergeschwader 33<br />

Das Geschwader<br />

ist in Cochem/<br />

Büchel stationiert.<br />

Derzeit<br />

wird der Tornado<br />

als Jagdbomber<br />

eingesetzt.<br />

Das JaboG 33 wird als letzter Verband<br />

auf den Eurofighter umrüsten.<br />

Quelle: Luftwaffe<br />

Fotos: Stefan Gygas / Ingo Bicker<br />

4. Quartal 2009 7


REPORTAGE<br />

Dies war mein erster Besuch im Luftfahrtmuseum<br />

Finowfurt und so stand<br />

das Ganze für mich unter dem Motto:<br />

„Erst mal reinschnuppern“.<br />

Nach einem ersten Rundgang begann<br />

ich mir die Exponate im Hauptgebäude<br />

näher zu betrachten. Besonders fesselten<br />

mich die Überreste von Beuteflugzeugen,<br />

welche bei der Deutschen Luftwaffe geflogen<br />

sind.<br />

Abbildung 1 zeigt das Bombenschützenpanel<br />

aus einer B-17 Flying Fortress,<br />

welches noch deutlich den Schriftzug<br />

„Bombenklappe“ sowie die Wörter „Auf“<br />

und „Zu“ über zwei Signalleuchten trägt.<br />

Ob hierfür durch die Deutschen die Verkabelung<br />

geändert wurde, oder ob der<br />

Beschrifter der englischen Sprache nicht<br />

ganz mächtig war, ist nicht mehr zu<br />

klären. Die rote Lampe ist jedenfalls mit<br />

„BOMB RELEASE“ (Bombenabwurf) und<br />

die braune Lampe mit „LIGHT ON BOMB<br />

DOORS OPEN“ (Lampe leuchtet bei geöffneten<br />

Bombenklappen) beschriftet.<br />

Interessant ist an diesem Panel noch,<br />

dass oben rechts der deutsche Grob- und<br />

Feinhöhenmesser (Fl 22320) eingebaut<br />

ist und dies an Stelle des amerikanischen<br />

Höhenmessers. Ansonsten scheint<br />

es erst einmal das Standardpanel des<br />

Bombenschützen zu sein. Die drei anderen<br />

Instrumente sind im Gegensatz zum<br />

deutschen Höhenmesser, welcher mit<br />

Stahlschrauben eingebaut wurde, wohl<br />

mit den Original Messingschrauben befestigt<br />

gewesen. Ein Austausch ist daher<br />

unwahrscheinlich.<br />

Nun fragte ich mich, ob es möglich ist,<br />

8<br />

Die Luftfahrthistorische Sammlung Finowfurt<br />

Deutsche Beutemaschinen<br />

dieses Panel einer bestimmten Maschine<br />

zuzuordnen?<br />

Als erstes überprüfe ich hierfür, ob es sich<br />

tatsächlich um ein Panel aus einer B-17<br />

Abbildung 1: Bombenschützenpanel aus einer B-17 Flying Fortress<br />

handelt. Ich schlage dafür im Bedienhandbuch<br />

des Piloten für die B-17F und<br />

B-17G nach 1 .<br />

Auf Seite 53 findet sich tatsächlich eine<br />

Abbildung, auf dem das gleiche Panel<br />

abgebildet ist (siehe Abbildung 2).<br />

In dieser Abbildung sieht man den Einbau<br />

des Höhenmesser vom Type C-12 (0<br />

bis 50.000 ft) (5), des Geschwindigkeitsmesser<br />

Type C-14 (40 bis 300 m.p.h.)<br />

(1), der Borduhr Type A-11 (13) und die<br />

Außentemperaturanzeige Type C-12 (-45<br />

bis +45° C) (15) 3 . Das Panel gehört damit<br />

zweifelsfrei zu einer B-17.<br />

Der nächste Schritt ist, sich den Ersatzteilkatalog<br />

für die B-17G anzusehen 4 .<br />

Um es kurz zu machen, das Ergebnis ist,<br />

dass es sich nicht um ein Panel aus einer<br />

B-17G handeln kann. In diesem Typ<br />

wurde ausschließlich ein Bombenschützenpanel<br />

mit reduzierter Instrumentierung<br />

verwendet, welche nur den C-12<br />

Höhenmesser und einen Geschwindigkeitsmesser,<br />

entweder vom Typ C-14, F-1<br />

oder F-2, enthielt 5 .<br />

Das reduziert die Anzahl der in Frage<br />

kommenden Maschinen schon ein wenig.<br />

Nach Heinz-Heiri Stapfer 6 flogen bei<br />

der deutschen Luftwaffe fünf B-17F und<br />

zwei B-17G. Die B-17G sind anhand des<br />

Ersatzteilkatalogs somit auszuschließen.<br />

Als nächstes wird der Ersatzteilkatalog<br />

Abbildung 2: Bombenschützenpanel einer B-17 F 2<br />

LuftwaffenRevue


der B-17F zu Rate gezogen. Die ganze<br />

Serie der B-17F hatte zusätzlich zum Höhen-<br />

und Geschwindigkeitsmesser eine<br />

Borduhr vom Typ A-11 eingebaut. Aber<br />

die Außentemperaturanzeige vom Type<br />

Abbildung 3: Bombenschützenpanel<br />

einer B-17 G<br />

C-12 war nur in einer kleinen Serie früher<br />

B-17F zu finden. Um es genauer zu<br />

sagen: im USAAF-Seriennummerbereich<br />

AF41-24340 bis AF42-5349 7 .<br />

Geht man mit dieser Information wieder<br />

in die Übersicht der B-17F der deutschen<br />

Luftwaffe, so stellt man fest, dass nach<br />

Stapfer nur eine einzige Maschine für<br />

die Herkunft des Panels in Frage kommt.<br />

Es ist die B-17F-27-BO, 41-24585, PU-B,<br />

Wulfe Hound der 303rd Bomb Group<br />

(BG), 360th Bomb Squadron (BS), welche<br />

am 12. Dezember 1942 bei Leeuwarden,<br />

Niederlande, erbeutet wurde 8 .<br />

Zwar mag die Liste der B-17 mit dem<br />

deutschen Balkenkreuz noch etwas länger<br />

sein, doch die geringen Verlustzahlen<br />

von Maschinen des Typs B-17F in dem<br />

entsprechenden Seriennummerbereich<br />

lassen den Schluss zu, dass das Panel<br />

tatsächlich nur aus der genannten B-17<br />

stammen kann.<br />

Jetzt stand wieder eine kleine Internetrecherche<br />

an. Von großem Vorteil ist, dass<br />

Abbildung 4: Außentemperatur<br />

Thermometer vom Typ C-12<br />

die 303rd Bomb Group eine sehr gut organisierte<br />

Homepage hat 9 . Dort fand ich<br />

die gesamte Geschichte der Maschine<br />

und auch Fotos der amerikanischen Besatzung<br />

der B-17F 10 sowie der Maschine<br />

mit deutschen Hoheitsabzeichen 11 .<br />

Die abschließende Bestätigung für die<br />

Herkunft des Panels brachte dabei ein<br />

Bericht von Mario Schulze 13 über die Bergung<br />

von B-17-Teilen auf dem ehemaligen<br />

Flugplatz Oranienburg und deren<br />

anschließende Identifizierung als Reste<br />

der B-17F, 41-24585.<br />

Eine Rücksprache mit dem Leiter des<br />

Luftfahrtmuseums Finowfurt, Dr. Peter<br />

Kobbe, ergab, dass das Panel tatsächlich<br />

von Oranienburg stammt.<br />

Weitere Fotos der Maschine fanden sich<br />

auf der Webseite des „Luftwaffe Resource<br />

Center“ 14 . Besonders interessant ist hier<br />

eine seltene Aufnahme der B-17F, 41-<br />

24585 im Flug (siehe Abbildung 6).<br />

Ein weiteres faszinierendes Teil einer<br />

Beutemaschine ist das Fragment eines<br />

Steuerrades einer P-38 Lightning (siehe<br />

Abbildung 7).<br />

Auch hier stand die Frage im Raum, von<br />

welcher Maschine das Fragment stammt.<br />

Das Steuerrad (Assembly 246108) ist aufgrund<br />

seiner Bauart aus einer P-38 bis<br />

einschließlich USAAF-Seriennummer 42-<br />

67101, welches die letzte P-38H ist, die<br />

gebaut wurde 15 . Das heißt, Maschinen<br />

ab dem Typ P-38J und später kommen<br />

nicht in Frage. Dort wurde ein stark modifiziertes<br />

Steuerrad (Assembly 197924-<br />

2) eingebaut 16 .<br />

Damit ergibt sich aber auch schon das<br />

erste Problem. Die in der Vitrine dargestellte<br />

P-38 ist nicht wie beschrieben eine<br />

P-38F, sondern eine F-5E-3-LO. Dies ist<br />

die Fotoaufklärervariante der P-38J-25-<br />

LO und besitzt dementsprechend das<br />

Steuerrad in der späten Ausführung.<br />

Die Geschichte dieser Maschine ist aber<br />

sehr kurios, so dass sie hier kurz geschil-<br />

REPORTAGE<br />

dert werden soll. Der Pilot der Maschine<br />

war F/O Martin James Monti (T-2956). Er<br />

gehörte wahrscheinlich zur 5th Photo Reconnaissance<br />

Group (5. Fotoaufklärungsgruppe)<br />

der 15th Air Force (15. Luftflotte)<br />

in Italien. Am 13. Oktober 1944 startete<br />

er mit seiner Maschine, der F-5E-3-LO 44-<br />

23725, mit nur einem Ziel, zu den Deutschen<br />

zu desertieren. Er landete auf dem<br />

Mailänder Flugplatz und übergab seine<br />

F-5E den dort stationierten deutschen<br />

Truppen.<br />

Er selbst trat einige Wochen später der SS<br />

bei und erhielt den Rang eines SS-Untersturmführers.<br />

Während des Krieges hielt<br />

er noch einige Propagandaansprachen<br />

im deutschen Radio. Nach Kriegsende<br />

kam es dann, wie es kommen musste,<br />

er wurde von den Amerikanern für seine<br />

Desertation zu 15 Jahren Gefängnis<br />

verurteilt. Doch seine Strafe wurde schon<br />

nach einem Jahr erlassen, mit der Aufla-<br />

Abbildung 5: B-17F, AF41-24585, DL+XC 12<br />

ge, der US Army beizutreten. Dort diente<br />

er bis 1948 als Sergeant (Feldwebel), um<br />

dann erneut vom FBI verhaftet zu werden.<br />

Zum zweiten Mal vor Gericht gestellt,<br />

verurteilt man ihn dieses Mal wegen<br />

Hochverrats zu 25 Jahren Gefängnis.<br />

1960 wird er schließlich begnadigt 17 . Am<br />

11. September 2000 verstirbt Martin J.<br />

Monti kurz vor seinem 79. Geburtstag.<br />

Seine Maschine wird nach Deutschland<br />

überführt und dort bis Kriegsende für<br />

Aufklärungszwecke verwendet 18 . Nach<br />

Kriegsende wird das Wrack von den Amerikanern<br />

auf dem Flugplatz Schwangau<br />

gefunden 19 .<br />

Wenn das Steuerrad aber nicht von der<br />

T9+MK stammen kann, woher kommt es<br />

dann? Während des Krieges sollen noch<br />

zwei weitere P-38 im Mittelmeer erbeutet<br />

worden sein, eine davon von den Italienern.<br />

Die Identität dieser Maschine ist bisher<br />

noch nicht endgültig geklärt. Eine italienische<br />

Quelle gibt an, dass sie am 12.<br />

4. Quartal 2009 9


REPORTAGE<br />

Juni 1943 bei einem Überführungsflug<br />

verloren ging. Als Einheit wird die 1st<br />

Fighter Group (1. Jagdgruppe) der 12th<br />

Air Force (12. Luftflotte) genannt. Der<br />

Pilot landete wegen Spritmangel bei Capoterra,<br />

in der Nähe von Cagliari, Sardinien.<br />

Die gleiche Quelle liefert auch die<br />

letzten vier Ziffern einer Werk- bzw. Seriennummer<br />

der Maschine: „2278“ 20 .<br />

Um die Werknummer des Herstellers<br />

kann es sich in diesem Fall nicht handeln,<br />

da diese in einem anderen Bereich<br />

liegen. Ist es tatsächlich ein Teil der Air<br />

Force Seriennummer, so ist die einzig<br />

passende Maschine die P-38G-15-LO mit<br />

der USAAF Seriennummer 43-2278. Leider<br />

sind die amerikanischen Verlustdaten<br />

im Mittelmeerraum für den Sommer<br />

1943 sehr lückenhaft, so dass dies zur<br />

Zeit nicht überprüft werden kann.<br />

Verbürgt scheint aber zu sein, dass<br />

Oberstleutnant Angelo Tondi, von der<br />

italienischen Luftwaffe, mit dieser Maschine<br />

mehrere Überraschungsangriffe<br />

auf amerikanische Bomber geflogen hat.<br />

Zumindest von einem dieser Angriffe<br />

gibt es auch von amerikanischer Seite ei-<br />

10<br />

Abbildung 6: B-17F, AF41-24585, DL+XC im Flug<br />

nen Augenzeugenbericht:<br />

„…<br />

Als die P-38 zum ersten Mal gesehen wurde,<br />

waren wir ca. zwei bis drei Minuten<br />

von der Küste entfernt. Sie wurde in 8 Uhr<br />

Position gemeldet. Unser Seitenschütze<br />

sah, wie sie einen kurzen Feuerstoss auf<br />

eine Me 109 abgab. Dann kam sie auf 5<br />

Uhr herum und wurde als befreundetes<br />

Abbildung 7:Steuerradfragment einer P-38<br />

Flugzeug identifiziert. Sie wackelte mit<br />

den Tragflächen und näherte sich langsam<br />

der Formation. Sie kam bis auf 270<br />

m heran und eröffnete das Feuer. Unser<br />

Seitenschütze schoss auf sie, woraufhin<br />

sie nach 7 Uhr abdrehte, wo ich ihr dann<br />

einen Feuerstoss verpasste. Sie flog nach<br />

10 Uhr und griff die Maschine 42-30307<br />

an. Sie traf die Maschine, welche aus dem<br />

Verband ausscherte, unter unserem Heck<br />

durchflog und anscheinend die Kontrolle<br />

verlor. Als sie vorbeikam, sah ich, wie jemand<br />

versuchte, aus dem Pilotenfenster<br />

herauszukommen. Es war entweder der<br />

Pilot oder der Bordingenieur, aber ich<br />

glaube, es war der Bordingenieur, da die<br />

Maschine außer Kontrolle war und alle<br />

vier Motoren liefen. Wer auch immer<br />

es war, er kam heraus und die Maschine<br />

fing an zu trudeln. Danach sah ich<br />

fünf weitere Fallschirme sich öffnen.<br />

Abbildung 8: Die F-5E von F/O Monti mit der deutschen Kennung T9+MK<br />

Kurz bevor das Flugzeug auf dem Wasser<br />

aufschlug, ging es in einen Sturzflug<br />

über und schlug mit der Nase voran im<br />

Wasser ein. Alles in allem sah ich sechs<br />

offene Fallschirme. Die P-38 unternahm<br />

einen weiteren Angriff auf uns, gefolgt<br />

von einem Angriff auf die Maschinen<br />

zu unserer rechten Seite. Zuletzt sah ich<br />

die Feindmaschine auf dem Rückflug zur<br />

italienischen Küste. Ich glaube, als Tragflächenmarkierung<br />

hatte sie den amerikanischen<br />

weißen Stern. Es sah aus, als<br />

wären zusätzlich, zu den Maschinengewehren<br />

und der Maschinenkanone,<br />

noch weitere „.30 calibre“ (Karabinerkaliber,<br />

Anmerkung des Autors) Waffen in<br />

der Tragfläche installiert gewesen. Das<br />

Flugzeug war sehr dunkel angestrichen.<br />

Ich flog als Heckschütze in der Maschine<br />

3909, welche als Zusatzmaschine im letzten<br />

Element flog.<br />

JERALD E. TATE<br />

S/Sgt“<br />

...<br />

LuftwaffenRevue<br />

21<br />

Dieser Vorfall geschah am 11. August


1943 über dem Mittelmeer in der Nähe<br />

von Anzio. Von der neunköpfigen Besatzung<br />

der B-17 wurden drei Besatzungsmitglieder<br />

vom alliierten Seenotrettungsdienst<br />

gerettet. Die anderen sechs<br />

Abbildung 9: F/O Monti´s F-5E im<br />

Juni 1945 in Schwangau<br />

Besatzungsmitglieder sind bis heute vermisst,<br />

darunter auch der Pilot und der<br />

Bordingenieur.<br />

Im September 1943 taucht eine P-38F<br />

oder G beim „Wanderzirkus Rosarius“<br />

mit der Kennung T9+XB auf. Die Identi-<br />

tät bzw. die Herkunft dieser Maschine ist<br />

ebenfalls ungeklärt.<br />

Von ihr existiert aber eine Farbaufnah-<br />

me22 Abbildung 11: P-38F oder G beim<br />

„Wanderzirkus Rosarius“<br />

(Abbildung 11), welche deutlich<br />

den Anstrich dokumentiert. Interessant<br />

ist das dunkle Olivgrün, welches an die<br />

Aussage von S/Sgt Jerald Tate vom 11.<br />

August 1943 erinnert. Was mit der Maschine<br />

dann bis Kriegsende geschah,<br />

ist nicht überliefert. Zum Fragment des<br />

Steuerrades würde diese P-38 auf jeden<br />

Fall sehr viel besser passen als die Maschine<br />

von F/O Monti.<br />

Im Zeitraum von Mitte August 1943 bis<br />

Mitte September 1943, also zwischen<br />

dem Zeitpunkt des Angriffs auf die amerikanischen<br />

Bomber bei Anzio und dem<br />

ersten Erscheinen der T9+XB beim „Wanderzirkus<br />

Rosarius“, fällt am 8. September<br />

1943 die Kapitulation Italiens und<br />

der Waffenstillstand zwischen Italien<br />

und den alliierten Mächten.<br />

Es kann nun spekuliert werden, dass<br />

Abbildung 10: P-38 mit italienischer Kennung<br />

eventuell die italienische Beute-P-38<br />

nochmals erbeutet wurde, und zwar dieses<br />

Mal von den Deutschen. Damit gäbe<br />

es keine zwei weiteren P-38-Beutemaschinen,<br />

sondern nur eine, welche zuerst<br />

bei den Italienern flog, um später in den<br />

Besitz der Luftwaffe überzugehen. Dies<br />

würde schließlich auch erklären, warum<br />

über den weiteren Verbleib der italienischen<br />

P-38 nichts bekannt ist.<br />

Fussnoten<br />

Fussnote 1: Pilot’s Flight Operating Instructions<br />

for Army Models B-17F and G – British<br />

Model Fortress II, AN 01-20EF-1, August 1,<br />

LUFTFAHRTMUSEUM FINOWFURT<br />

Museumsstraße 1 - 16244 Schorfheide,<br />

Öffnungszeiten:<br />

März - Oktober täglich 10 bis 17 Uhr<br />

Oktober - März täglich 10 bis 16 Uhr<br />

REPORTAGE<br />

1943<br />

Fussnote 2: Pilot’s Flight Operating Instructions<br />

for Army Models B-17F and G – British<br />

Model Fortress II, AN 01-20EF-1, August 1,<br />

1943<br />

Fussnote 3: Index of Army-Navy Aeronautical<br />

Equipment - Instruments, T.O. NO. 03-1-67,<br />

20 June 1944<br />

Fussnote 4: Parts Catalog USAF Series B-17G<br />

Aircraft, AN 01-20EG-4, 1 September 1945,<br />

Corrected to 14 August 1950<br />

Fussnote 5: Parts Catalog USAF Series B-17G<br />

Aircraft, AN 01-20EG-4, 1 September 1945,<br />

Corrected to 14 August 1950<br />

Fussnote 6: Parts Catalog USAF Series B-17G<br />

Aircraft, AN 01-20EG-4, 1 September 1945,<br />

Corrected to 14 August 1950<br />

Fussnote 7: Hans-Heiri Stapfer, Strangers in a<br />

Strange Land, Carrolton, 1988<br />

Fussnote 8: Airplane Parts Catalog Army Model<br />

B-17F – British Model Fortress II, T.O. NO.<br />

01-20EF-4, December 15, 1943<br />

Fussnote 9: Hans-Heiri Stapfer, Strangers in a<br />

Strange Land, Carrolton, 1988<br />

Fussnote 10: URL: http://www.303rdbg.com/<br />

Fussnote 11: URL: http://www.303rdbg.com/c-<br />

360-flickenger.html<br />

Fussnote 12: URL: http://www.303rdbg.com/<br />

pp-wulfehound.html<br />

Fussnote 13: URL: http://www.luftarchiv.de/<br />

Fussnote 14: URL: http://www.303rdbg.com/<br />

pp-wulfehound.html<br />

Fussnote 14: URL: http://www.warbirdsresourcegroup.org/LRG/b17fortress.html<br />

Fussnote 15: Interchangeable Parts List for<br />

Model P-38 and F-5 Series Airplanes, AN 01-<br />

75-28, 30 November 1944<br />

Fussnote 16: Airplane Parts Catalog Models P-<br />

38H, P-38J and F-5B Series, AN 01-75-4A, 25<br />

September 1944<br />

Fussnote 17: URL: http://en.wikipedia.org/<br />

wiki/Martin_James_Monti<br />

Fussnote 18: URL: http://www.luftarchiv.de/<br />

Fussnote 19: Kenn C. Rust, Ninth Air Force<br />

Story …in World War II, Temple City, U.S.A.,<br />

1982<br />

Fussnote 20: URL: http://www.1stfighter.com/<br />

photos/P38%20Captured%20by%20Italians.<br />

html<br />

Fussnote 21 MACR 490<br />

Fussnote 22 URL: http://www.luftarchiv.de/<br />

Hans-Günter Ploes<br />

Eintrittspreise:<br />

Erwachsene: 5,- EUR, Kinder: 2,50 EUR<br />

Ermäßigte (Schwerbeschädigte, Hartz<br />

IV-Empfänger, Studenten, Rentner): 3,50<br />

EUR - Preise von Sonderangeboten und<br />

Führungen auf Anfrage.<br />

4. Quartal 2009 11


GESCHICHTE<br />

In der Hochphase des Kalten Krieges<br />

forderte Bundesverteidigungsminister<br />

Franz-Josef Strauß, „eine wirkungsvolle<br />

geistige Auseinandersetzung mit dem<br />

Weltkommunismus zu führen“. Zum einen<br />

erkannte Strauß die Notwendigkeit,<br />

sich gegen die „kommunistische Zersetzungsarbeit“<br />

psychologisch zu rüsten:<br />

„Der Kampfwert der Truppe hängt ja<br />

entscheidend von ihrer inneren Festigkeit<br />

und ihrer inneren Bindung an unser<br />

Volk ab“, begründete der Minister seine<br />

Bewertung. Zum anderen forderte er ein<br />

aktives Handlungsmoment, um mit der<br />

Bundeswehr psychologische Gegenangriffe<br />

gegen den „aggressiven Weltkommunismus“<br />

durchführen zu können.<br />

12<br />

Als Flugschriften in der DDR vom Himmel fielen<br />

Luftgestützte, grenzüberschreitende Informationseinsätze der PSK- und PSV-Truppe von 1961 bis 1972<br />

PSK-Soldat befüllt einen<br />

Wetterballon mit Wasserstoff.<br />

In der stetig zunehmenden „psychologischen<br />

Offensive des Sowjetblocks“ sah<br />

Strauß eine Bedrohung für die freiheitlich-demokratische<br />

Grundordnung der<br />

Bundesrepublik Deutschland: „Die Zahl<br />

der sowjetzonalen Propaganda-Pamphlete,<br />

die nach West-Deutschland und<br />

West-Berlin eingeschleust (...) werden,<br />

hat sich von rund 300.000 Exemplaren<br />

monatlich im Jahre 1957 um rund 12<br />

Millionen Stück im Monatsdurchschnitt<br />

1960 erhöht.“ Hierauf galt es aus seiner<br />

Sicht zu reagieren!<br />

Im Herbst 1961 wurden von der politischen<br />

Leitung im Bundesministerium der<br />

Verteidigung sogenannte Informationseinsätze<br />

in die Deutsche Demokratische<br />

Republik (DDR) hinein angeordnet. Mit<br />

der Planung und Durchführung wurde<br />

die Psychologische Kampfführung (PSK)<br />

der Bundeswehr betraut. Die Informationseinsätze<br />

hatten zum Ziel:<br />

1. Die Angehörigen der Nationalen<br />

Volksarmee (NVA) über die realen Verhältnisse<br />

in der Bundesrepublik Deutschland<br />

und der NATO zu informieren,<br />

2. Vorurteile und Hass gegenüber der<br />

Bundeswehr und der Bundesrepublik<br />

bei den ostdeutschen Uniformträgern abzubauen<br />

sowie<br />

3. die NVA-Grenztruppen zu menschlichem<br />

Verhalten und zur Achtung des<br />

Völkerrechts aufzufordern, insbesondere<br />

sollten sie den Schießbefehl umgehen.<br />

Die primäre Zielgruppe der Informationseinsätze<br />

waren die Angehörigen der<br />

bewaffneten Kräfte der DDR. Aber auch<br />

die Zivilbevölkerung der DDR wurde von<br />

der PSK angesprochen.<br />

Die Notwendigkeit der Informationseinsätze<br />

in die DDR hinein, erläuterte der<br />

Nachfolger von Strauß, Kai-Uwe von<br />

Hassel, vor dem Deutschen Bundestag<br />

im Jahre 1965 mit folgenden Worten:<br />

„Der Soldat in den Streitkräften der sowjetischen<br />

Besatzungszone Deutschlands<br />

ist in noch stärkerem Maße als die Bürger<br />

Mitteldeutschlands von freier Information<br />

ausgeschlossen. Außerdem wird ihm<br />

im Politunterricht durch Lüge und Verleumdung<br />

ein bewußt verfälschtes Bild<br />

vom freien Teil Deutschlands gezeichnet.<br />

Er wird zum Haß erzogen.<br />

PSK-Soldaten befestigen die Last<br />

(einschließlich der Flugschriften)<br />

am Wetterballon.<br />

Die Anwendung des verbrecherischen<br />

Schießbefehls ist eine Auswirkung dieser<br />

systematischen negativen Beeinflussung.<br />

Um diesen Wirkungen entgegenzutreten,<br />

versucht die Bundeswehr (...) die über<br />

den NVA-Soldaten verhängte Isolierung<br />

mit Informationen auf besonderen Wegen<br />

zu durchbrechen, und zwar auf eine<br />

Weise, die ihn nicht gefährdet“.<br />

Ein Wetterballon steigt auf und<br />

wird von den Westwinden auf<br />

das Territorium der DDR getrieben.<br />

Die Informationseinsätze stellten die PSK<br />

von Beginn an vor große Herausforderungen.<br />

Es mussten zunächst einmal<br />

Wege gefunden werden, NVA-Soldaten<br />

mit PSK-Botschaften überhaupt zu erreichen.<br />

Das in der DDR vorherrschende<br />

Verbot, Medien aus dem Westen zu empfangen,<br />

wurde nämlich für die Uniformträger<br />

weiter verschärft. Bereits das Lesen<br />

sogenannter „Feindpropaganda“ aus<br />

dem Westen wurde unter Strafe gestellt!<br />

Um dennoch auf Einstellung und Verhalten<br />

von NVA-Soldaten deeskalierend<br />

einwirken zu können und das Feindbild<br />

vom „militaristischen“ und „revanchistischen“<br />

Westen zu entkräften, wählte<br />

die PSK unterschiedliche Wege: den Weg<br />

über das Land, den Weg über das Wasser<br />

und den Weg durch die Lüfte. Die luftgestützten,<br />

grenzüberschreitenden Informationseinsätze<br />

der PSK – und ab 1970<br />

ihrer Nachfolgeorganisation, der Psychologischen<br />

Verteidigung (PSV) – werden in<br />

diesem Beitrag vorgestellt.<br />

PSK-Balloneinsätze<br />

Die PSK-Truppe setzte zum Verbringen<br />

ihrer Druckerzeugnisse auf dem Luftweg<br />

im Schwerpunkt Ballone ein. Es handelte<br />

sich dabei um handelsübliche Wetterballone,<br />

wie sie auch vom zivilen meteoro-<br />

LuftwaffenRevue


logischen Personal für Windmessungen<br />

genutzt werden. Alternativ standen Flugblattraketen<br />

zur Verfügung. Diese kamen<br />

aber nicht zum „scharfen“ Einsatz.<br />

Ein Ballonzug der PSK-Truppe lässt<br />

in der Auflassstellung Ballone<br />

mit Flugrichtung Osten steigen.<br />

Für die Durchführung der Balloneinsätze<br />

waren primär die Ballonzüge der<br />

PSK-Einheiten zuständig. Im Herbst 1961<br />

verbrachten sie erstmals Flugschriften<br />

über die innerdeutsche Grenze. Bereits<br />

zehn Jahre zuvor sammelte das Ostbüro<br />

der SPD Erfahrungen im Einsatz mit<br />

Flugblattballonen. Dieses Wissen machte<br />

sich die PSK-Truppe zunutze. Bevor<br />

ein Ballonzug einer PSK-Einheit zum Einsatz<br />

aus der Kaserne ausrückte, holten<br />

die Ballonsoldaten aktuelle Wettervorhersagen<br />

von militärischen und zivilen<br />

Wetterdiensten ein und werteten diese<br />

aus. Im grenznahen Gebiet angelangt,<br />

kamen die Soldaten aus dem Windmesstrupp<br />

zum Einsatz. Sie ermittelten mit<br />

Hilfe eines Theodoliten die Windverhältnisse.<br />

Da die Balloneinsätze in der Regel<br />

bei Dunkelheit durchgeführt wurden,<br />

befestigten die Soldaten batteriegespeiste<br />

Glühbirnen an den Messballonen, um<br />

die Abdrift in den unterschiedlichen Höhen<br />

ermitteln zu können. Die gemessenen<br />

Werte zur Windgeschwindigkeit und<br />

Windrichtung nutzten die Soldaten, um<br />

die Flugbahn der Ballone zum Zielgebiet<br />

zu berechnen. Angepasst an die vorherrschenden<br />

Windverhältnisse wurden in<br />

Grenznähe zur DDR Standorte erkundet,<br />

die sich besonders für das Auflassen der<br />

Ballone eigneten. Im Idealfall konnte<br />

eine sogenannte Ballonauflassstellung<br />

(BAST) in einer Entfernung von 2.000 bis<br />

4.000 Metern zur innerdeutschen Grenze<br />

erkundet und bezogen werden. Die Soldaten<br />

füllten nunmehr Wasserstoff in<br />

die Ballone. Anschließend wurden die<br />

PSK-Flugschriften in eine Klarsichtfolie<br />

eingeschlagen und auf ein Segelbrett aus<br />

Styropor gelegt. Das Segelbrett wurde<br />

über eine Fadenaufhängung mit einem<br />

Uhrauslöser verbunden. Die Soldaten<br />

befestigten dann die zu transportierende<br />

Last mit einer speziellen Aufhängung an<br />

die Ballone. Die Ballone stiegen bis zum<br />

Auslösevorgang mit einer Geschwindigkeit<br />

von 200 Metern pro Minute in Höhen<br />

von 2.000 bis 4.000 Meter auf. Ein Ballonzug<br />

der PSK-Truppe konnte innerhalb<br />

von zwölf Stunden eine Tonne Papier in<br />

ein vorgegebenes Zielgebiet verbringen.<br />

Dieses Gewicht entspricht der Menge<br />

von etwa einer Million Flugblättern! Mit<br />

den Ballonen konnten Druckerzeugnisse<br />

über eine Entfernung von 30 Kilometern<br />

in einer Ausdehnung von 100 Quadratkilometern<br />

zielgenau verbracht werden.<br />

Es waren aber auch Weitflüge in bis zu<br />

200 Kilometer entfernte Zielgebiete möglich.<br />

Im Durchschnitt wurden wöchentlich<br />

zwei Balloneinsätze durchgeführt.<br />

Alternativ zu den Ballonen setzte die<br />

PSK-Truppe zum Verbringen ihrer Botschaften<br />

auf dem Luftweg sogenannte<br />

„Minifol“ ein.<br />

Es handelte sich dabei um bedruckte<br />

Kunststoffkissen, die mit Wasserstoff befüllt<br />

und vom Wind über die innerdeutsche<br />

Grenze in die DDR getragen worden<br />

sind. Die in Mitteleuropa vorherrschenden<br />

Westwinde begünstigten die Ballon-<br />

und Minifol-Einsätze der PSK-Truppe im<br />

besonderen Maße und erschwerten zugleich<br />

luftgestützte Aktivitäten der NVA.<br />

GESCHICHTE<br />

PSK-Flugblätter & -Flugzeitungen<br />

Die PSK verbrachte mit Ballonen vor allem<br />

Flugblätter und Flugzeitungen auf<br />

das Territorium der DDR. Das Verbringen<br />

von kleinen Büchern und Heften blieb die<br />

Ausnahme. Bevor PSK-Flugschriften zum<br />

Einsatz kamen, mussten sie stets von einem<br />

Staatssekretär im BMVg freigegeben<br />

werden!<br />

Die Formate der PSK-Flugblätter variierten<br />

zwischen DIN A7 und DIN A4. Das<br />

am häufigsten genutzte Format für Flugblätter<br />

war DIN A5. Die Auflage eines<br />

Flugblattes variierte in der Regel zwischen<br />

500.000 bis zu 1.000.000 Exemplaren.<br />

Eine Ausnahme war ein Kleinstflugblatt<br />

(DIN A7) aus dem Jahre 1963, das<br />

in einer Auflage von 32.000.000 Stück<br />

gedruckt wurde. Auf dem Flugblatt war<br />

eine Ulbricht-Karikatur abgebildet mit<br />

den Worten: „Dieser nicht, aber Neckermann<br />

machts möglich“. Es handelte sich<br />

dabei um einen in der DDR gängigen<br />

Slogan gegen die dortige Planwirtschaft<br />

und für die Marktwirtschaft in der Bundesrepublik.<br />

Die PSK-Truppe produzierte neben Flugblättern<br />

im Schwerpunkt Flugzeitungen<br />

und brachte diese zum Einsatz. Flugzeitungen<br />

wurden in den Formaten DIN A3<br />

bis DIN A2 gedruckt und anschließend<br />

gefalzt. Die PSK stellte verschiedene Titel<br />

an Flugzeitungen her. Diese richteten<br />

sich jeweils an ausgewählte Zielgruppen<br />

in der DDR und waren inhaltlich sowie<br />

gestalterisch auf sie abgestimmt.<br />

Im Folgenden wird die Flugzeitung<br />

„Volksarmee“ vorgestellt, die von der<br />

PSK produziert und im Rahmen der Informationseinsätze<br />

in die DDR verbracht<br />

worden ist. Die PSK-Flugzeitung „Volksarmee“<br />

richtete sich an die Soldaten der<br />

Nationalen Volksarmee. Die Flugschrift<br />

war gestalterisch ein Imitat der gleichnamigen<br />

Wochenzeitung für die Uniformträger<br />

der DDR. Auf den ersten Blick<br />

sehen die PSK-Ausgaben dem Original<br />

täuschend ähnlich. Um sich der Originalausgabe<br />

möglichst exakt anzupassen,<br />

wurde für den Druck sogar Papier aus der<br />

DDR verwendet. Die detailgetreue Nachahmung<br />

sollte Repressalien durch die<br />

Vorgesetzten vorbeugen und somit NVA-<br />

Soldaten gewissermaßen schützen. In der<br />

NVA-Dienstvorschrift DV 10/9a hieß es<br />

nämlich sinngemäß: Das Lesen, Verteilen<br />

und Propagieren feindlicher Schriften<br />

ist strengstens verboten. Verstöße werden<br />

streng disziplinarisch geahndet! Wurden<br />

NVA-Soldaten beim Lesen von PSK-<br />

Flugschriften erwischt, erfolgten weitreichende<br />

Strafen! Die Ausrede, dass der<br />

Leser der PSK-Flugzeitung glaubte, eine<br />

DDR-Ausgabe der „Volksarmee“ in den<br />

4. Quartal 2009 13


GESCHICHTE<br />

Händen zu halten, war von den Vorgesetzten<br />

jedoch kaum zu widerlegen. Erst<br />

beim genauen Hinsehen wurden die Unterschiede<br />

inhaltlicher Art zum Original<br />

deutlich. Das begann bereits beim Titel<br />

der Flugzeitung. Während der vollständige<br />

Titel der Originalausgabe „Volksarmee<br />

– Für unsere Arbeiter- und Bauern-<br />

Macht“ lautete, titelte die PSK-Ausgabe<br />

abwechslungsreich „Volksarmee – Für<br />

die Macht der Arbeiter und Bauern“ oder<br />

„Volksarmee – Für unsere Arbeiter-und-<br />

Mauern-Macht“. Das Layout der PSK-<br />

Ausgaben trug den Veränderungen – im<br />

Schriftzug und in der Aufmachung – der<br />

Originalausgabe stets Rechnung.<br />

In der Flugzeitung „Volksarmee“ wurden<br />

bevorzugt militärische, aber auch<br />

politische Sachverhalte thematisiert. Die<br />

„Volksarmee“ wurde von der PSK- und<br />

PSV-Truppe ab Oktober 1961 bis Juni<br />

1972 mit Ballonen über die innerdeutsche<br />

Grenze in die DDR verbracht. Die<br />

14<br />

Flugzeitung „Volksarmee“ wurde nicht<br />

fortlaufend durchnummeriert. Auf diese<br />

Weise war es für die DDR-Führung kaum<br />

möglich nachzuvollziehen, wie viele Ausgaben<br />

welchen Inhalts tatsächlich an<br />

die NVA-Soldaten verbracht wurden. Die<br />

PSK-Flugzeitung „Volksarmee“ erschien<br />

zudem in unregelmäßigen Abständen.<br />

Die durchschnittliche Auflage einer Ausgabe<br />

betrug etwa 500.000 Exemplare.<br />

Die erste „Volksarmee“ der PSK erschien<br />

im Herbst 1961. Das bestimmende Thema<br />

dieser Ausgabe war die Berlin-Krise.<br />

Um die NVA-Soldaten über die Ansichten<br />

unterschiedlicher Staaten zu dieser<br />

politisch angespannten Situation zu informieren,<br />

wurden Zeitungsbeiträge aus<br />

der Bundesrepublik, Großbritannien,<br />

Frankreich, Österreich und Burma veröffentlicht.<br />

Die ausgewählten Pressestimmen<br />

sollten dazu beitragen, Vorurteile<br />

und Hass gegenüber der Bundesrepublik<br />

abzubauen.<br />

Zu einem weiteren bestimmenden und<br />

immer wiederkehrenden Thema der<br />

Flugzeitung „Volksarmee“ wurde ab der<br />

dritten Ausgabe im November 1961 der<br />

Schießbefehl der Grenztruppen. „Wer<br />

unbekannte Zivilisten in den Rücken<br />

schießt, ist nicht Soldat, sondern Mörder!“<br />

heißt es in dieser Ausgabe und weiter:<br />

„20 cm zu hoch geschossen, ersparen<br />

20 Jahre Zuchthaus“ sowie „Schüsse können<br />

befohlen werden, Treffer nie!“. In der<br />

darauf folgenden Ausgabe der Flugzeitung<br />

„Volksarmee“ wurde den Lesern ein<br />

Fall geschildert, bei dem ein Flüchtling<br />

von DDR-Grenzsoldaten erschossen und<br />

daraufhin eine strafrechtliche Verfolgung<br />

in der Bundesrepublik eingeleitet wurde.<br />

Die Mordkommission Berlin-Schöneberg<br />

suchte zur Aufklärung des Falls Zeugen,<br />

um den Schützen zu ermitteln, und hatte<br />

dafür eine Belohnung von 10.000 Deutschen<br />

Mark ausgesetzt. Die PSK informierte<br />

die Uniformträger der DDR von<br />

Beginn der Balloneinsätze fortlaufend,<br />

dass Tötungsdelikte und Grenzzwischenfälle<br />

für eine spätere Strafverfolgung dokumentiert<br />

wurden.<br />

Der Bundesverteidigungsminister, Franz-<br />

Josef Strauß, richtete in der Ausgabe<br />

zum Jahresbeginn 1962 einen Appell<br />

an die Soldaten der NVA: „Handeln Sie<br />

so, daß Sie vor Ihrem Gewissen und vor<br />

Ihrem Volk bestehen können!“ Strauß<br />

führte weiter aus: „Die Propaganda der<br />

SED und ihrer Politoffiziere überschüttet<br />

Soldaten der Volksarmee und Volkspolizei<br />

mit falschen Informationen über die<br />

freie Welt, deren Teil die Bundesrepublik<br />

ist, und redet ihnen ein, daß Vaterlandsliebe<br />

nichts anderes sein dürfe als Haß<br />

gegen die eigenen Landsleute im freien<br />

Westen. (...) Wenn ich als deutscher Verteidigungsminister<br />

und Abgeordneter<br />

des frei gewählten deutschen Parlaments<br />

heute zu Ihnen, den Soldaten der sogenannten<br />

NVA oder Volkspolizei, spreche,<br />

dann tue ich es, um an Ihr Gewissen zu<br />

appellieren und Sie aufzufordern, jede<br />

Handlung Ihrer Kameraden und Vorgesetzten<br />

darauf zu überprüfen, ob sie<br />

den allgemein gültigen Gesetzen der<br />

menschlichen Nächstenliebe entspricht<br />

oder nicht und ob sie im Einklang mit<br />

menschlichem und göttlichem Recht<br />

steht“. Die Flugzeitung „Volksarmee“<br />

thematisierte den Schießbefehl kontinuierlich<br />

über elf Jahre hinweg und machte<br />

den NVA-Soldaten deutlich, dass Schüsse<br />

auf Flüchtlinge strafrechtliche Konsequenzen<br />

nach sich ziehen würden: „Es<br />

bleibt nicht ungesühnt. Alle Gewaltakte<br />

an der Demarkationslinie und in der<br />

SBZ werden registriert. (...) Schießbefehl<br />

ist Mordbefehl!“ titelte die Ausgabe Nr.<br />

LuftwaffenRevue


2 aus dem Jahre 1965. Die Ausgabe Nr.<br />

38 aus dem Jahre 1969 konkretisierte:<br />

„Verjährung? Nicht mehr für Mord. (...)<br />

Das trifft selbstverständlich auch auf die<br />

Mordtaten an der Zonengrenze zu“.<br />

Die Flugzeitung „Volksarmee“ enthielt<br />

aber keinerlei Diffamierungen, weder<br />

über die Soldaten der NVA noch über die<br />

Bevölkerung der DDR. Ferner durfte sie<br />

auch nicht zum Aufstand gegen die politische<br />

Führung der DDR auffordern und<br />

„keinerlei direkte Anregungen zu einem<br />

Überlaufen in den Westen“ geben. Diese<br />

Tabus galten für alle Flugschriften der<br />

PSK und PSV.<br />

Reaktionen aus der DDR auf<br />

PSK-Balloneinsätze<br />

Gegen die bei Dunkelheit in das Gebiet<br />

des ostdeutschen Staates hineinschwebenden<br />

Ballone waren Politiker und Militärs<br />

der DDR gleichermaßen machtlos.<br />

In den frühen 1960er Jahren wurden<br />

Grenzsoldaten zunächst angewiesen,<br />

Ballone mit ihren Handfeuerwaffen<br />

abzuschießen. Jedoch erwies sich diese<br />

Maßnahme als unzweckmäßig, denn<br />

auch die Flugschriften abgeschossener<br />

Ballone gerieten letztlich in die Hände<br />

der Uniformträger der DDR und wurden<br />

von ihnen trotz des Verbotes gelesen. Um<br />

die Wirkung auf NVA-Soldaten möglichst<br />

gering zu halten, teilte die DDR-Führung<br />

zum Aufsammeln der PSK-Flugschriften<br />

auch Grenzhelfer, Schulklassen und<br />

Rentner ein!<br />

Mit der Zielfehlerkarte informierte die<br />

PSK NVA-Soldaten, die an der innerdeutschen<br />

Grenze eingesetzt waren.<br />

Die Abwehr der westlichen „Feindpropaganda“<br />

aus der Luft wurde auf Seiten<br />

der DDR aber nicht auf das Leseverbot<br />

beschränkt. So verschoss die Propaganda-Truppe<br />

der NVA Kleinraketen aus<br />

Pappmaterial über die innerdeutsche<br />

Grenze und forderte in ihren Flugschriften<br />

das Ende der „provokatorischen Ballonaktionen“<br />

aus der Bundesrepublik.<br />

Ferner wurden in der DDR-Presse gezielt<br />

Gerüchte über Gefahren durch die PSK-<br />

Ballone verbreitet. Sie wurden mitunter<br />

als gefährliche Offensivwaffen des westdeutschen<br />

Militarismus bezeichnet, „die<br />

mit ihren heimtückischen Sprengladungen<br />

schon Kindern die Arme abgerissen<br />

hätten“. Ferner hieß es: „In zahlreichen<br />

Fällen haben vom westdeutschen Territorium<br />

gestartete Hetzschriftenballons,<br />

die in der DDR niedergingen und explodierten,<br />

erheblichen Schaden angerichtet<br />

und Menschenleben gefährdet“.<br />

Weit verbreitet war das Gerücht, Balloneinsätze<br />

gefährdeten die Flugsicherheit.<br />

Die PSK der Bundeswehr widerlegte diese<br />

Behauptungen mit folgender Argumentation:<br />

Zivile und militärische Wetterdienste<br />

ließen allein in Mitteleuropa monatlich<br />

über 3.500 mit Sonden versehene<br />

Wetterballone steigen, zum Teil in unmittelbarer<br />

Nähe zu Verkehrsflughäfen.<br />

Ferner wurden technisch-wissenschaftlich<br />

angelegte Versuche im Windkanal<br />

angeführt, die nachwiesen, dass weder<br />

einzelne noch eine Vielzahl von Wetterballonen<br />

die Flugsicherheit gefährden.<br />

Überdies war eine Verwechslung der Ballone<br />

mit militärischen Flugzeugen bei<br />

der Radarbeobachtung ausgeschlossen.<br />

In der Gesamtbetrachtung wird deutlich,<br />

dass Politiker und Militärs der DDR sich<br />

weniger an den technischen Komponenten<br />

der Balloneinsätze störten, sondern<br />

diese gegenüber der Öffentlichkeit lediglich<br />

vorgeschoben wurden. Die eigentlichen<br />

Schwierigkeiten der DDR-Führung<br />

lagen in der inhaltlichen Auseinandersetzung<br />

mit den Flugschriften der PSK.<br />

Ein Beleg hierfür sind Ausführungen von<br />

NVA-Oberst Karl-Heinz Kathert aus dem<br />

Jahr 1967. Im Rahmen einer wissenschaftlichen<br />

Konferenz an der „Militärakademie<br />

Friedrich Engels“ in Dresden<br />

äußerte sich Kathert über die Balloneinsätze<br />

der PSK und die Wirkung der Flugschriften<br />

auf die Grenzsoldaten wie folgt:<br />

Die vom NVA-Oberst als „ideologische<br />

Diversion“ bezeichneten Druckerzeugnisse<br />

der PSK stürzten die Grenzsoldaten<br />

in „Gewissenskonflikte“ und hielten<br />

sie von der „konsequenten Anwendung<br />

der Schusswaffe“ ab. Kahlert trug auch<br />

zu den Problemen vor, die der Umgang<br />

mit diesen Schriften bereitete: „Als nicht<br />

zweckmäßig hat sich der Versuch einiger<br />

Genossen erwiesen, beim Auftreten geg-<br />

GESCHICHTE<br />

nerischer Argumente eine einfache ‚Widerlegung’<br />

vornehmen zu wollen“. Der<br />

Minister für Nationale Verteidigung der<br />

DDR, Armeegeneral Hoffmann, sah die<br />

Lösung derartiger Probleme in der Intensivierung<br />

der sozialistischen Wehrerziehung!<br />

Dieses Kleinstflugblatt der PSK-Truppe<br />

(Vorder- und Rückseite) wurde 1963<br />

in einer Auflage von 32.000.000 Stück<br />

gedruckt und mit Ballons in die DDR<br />

verbracht.<br />

Um das Ende der PSK-Balloneinsätze<br />

herbeizuführen, unterbreitete die DDR-<br />

Führung der Bundesrepublik schließlich<br />

mehrfach Tauschgeschäfte. Im Gegenzug<br />

für den Stopp der westlichen Flugschriften<br />

schlug die DDR vor, entweder die eigenen<br />

Flugblatteinsätze einzustellen, die<br />

Lautsprechereinsätze zu beenden oder<br />

die Propagandatafeln entlang der innerdeutschen<br />

Grenze abzubauen. Diese<br />

Tauschangebote standen qualitativ und<br />

quantitativ in einem deutlichen Missverhältnis<br />

zur Effektivität und Effizienz<br />

der Balloneinsätze der PSK und wurden<br />

von der Bundesregierung bis 1972 stets<br />

abgelehnt. Auch die verschiedentlich gestellten<br />

Ultimaten der DDR, mit denen<br />

sie das Ende dieser Einsätze erzwingen<br />

wollte, blieben ohne Erfolg. Ferner drohte<br />

die SED westdeutschen Firmen, die<br />

Wasserstoff und weitere Materialien für<br />

PSK-Balloneinsätze lieferten, jeglichen<br />

Transitverkehr ihrer Waren zwischen der<br />

Bundesrepublik und Westberlin zu unterbinden.<br />

Auf diese Weise wurde gezielt<br />

Druck auf die Zulieferer der PSK-Truppe<br />

ausgeübt.<br />

4. Quartal 2009 15


GESCHICHTE<br />

Thema: Schießbefehl!<br />

Der Schießbefehl war ein zentrales<br />

Thema der PSK-Flugschriften. Die Autoren<br />

der Flugschriften zeigten ein großes<br />

Verständnis für das Dilemma der<br />

Grenzsoldaten, auf der einen Seite den<br />

Schießbefehl ausüben zu müssen und<br />

auf der anderen Seite keinen Menschen<br />

töten zu wollen. Folgende Zeilen der PSK-<br />

Flugschrift „Information“ (September<br />

1966) aus dem Beitrag „Schießbefehl ist<br />

Mordbefehl! – Alle Kulturvölker der Erde<br />

erwarten von der NVA: Soldat sein und<br />

Mensch bleiben!“ zeigen ein hohes Maß<br />

an Empathie seitens der PSK-Redakteure:<br />

„Der Konflikt zwischen Befehl und Gewissen<br />

ist der zivilisierten Welt aus den<br />

Kriegsverbrecherprozessen noch in frischer<br />

Erinnerung; und eine Welle von<br />

Sympathie für deutsche (NVA-)Soldaten<br />

geht durch Presse, Rundfunk, Fernsehen<br />

und private Gespräche, wenn wieder<br />

einmal ein Flüchtling durchkam, weil<br />

ein Soldat nicht geschossen oder ‚nicht<br />

getroffen’ hat (...). Die freie Welt (...) bewundert<br />

schon seit längerer Zeit die außerordentliche<br />

Findigkeit und Tapferkeit<br />

ganzer Grenzkompanien bei der Sabotage<br />

des völkerrechtswidrigen Schießbefehls.<br />

Die meisten Flüchtlinge sind sich<br />

darüber einig, daß sie Leben und Gesundheit<br />

jenen tapferen Männern in den<br />

Grenzkompanien verdanken, die ihre<br />

Waffe völlig zu beherrschen gelernt haben.<br />

‚Beherrschen’ heißt in diesem Falle<br />

z.B. auch kluges, geübtes Danebenschießen<br />

unter Berücksichtigung der Streuung<br />

des Maschinenkarabiners“.<br />

Die PSK-Truppe stellte in hoher Auflage<br />

eine sogenannte Zielfehlerkarte im Taschenformat<br />

8,7 x 5,7 Zentimeter her<br />

und verbrachte diese mit Ballonen in die<br />

DDR. Die NVA-Soldaten wurden über<br />

gängige Zielfehler beim Schießen informiert,<br />

die das Trefferbild beeinträchtigen:<br />

„Wer diese möglichen Zielfehler sorgfältig<br />

beachtet, wird im Rest seiner Dienstzeit<br />

nicht mehr zum Mörder. Schießbefehl<br />

ist Mordbefehl!“<br />

Der PSK war bekannt, dass die Schießleistungen<br />

jedes einzelnen Soldaten ab<br />

Beginn seines Militärdienstes kontinuierlich<br />

schriftlich festgehalten wurden. Folglich<br />

fiel es den Überwachungsorganen<br />

der NVA auf, wenn ein guter Schütze die<br />

Flüchtlinge nicht traf. Das absichtliche<br />

Vorbeischießen führte zu disziplinarischen<br />

Bestrafungen, welche in der Realität<br />

häufig umgesetzt wurden! Die PSK<br />

lieferte den Soldaten im Grenzdienst<br />

eine plausible Begründung für schlechte<br />

Schießleistungen, indem sie über Ballone<br />

„Zielfehlerkarten“ verbrachte. Das<br />

Verkanten der Waffe oder das Wählen<br />

16<br />

eines falschen Haltepunktes sollte von<br />

den Soldaten im Grenzdienst fortan auch<br />

bei Übungsschießen angewandt werden,<br />

um beim absichtlichen Vorbeischießen<br />

auf Flüchtlinge eine plausible Erklärung<br />

zu haben.<br />

Die DDR-Führung forderte fortlaufend<br />

das Ende der PSK-Balloneinsätze aus der<br />

Bundesrepublik – so auch mit diesem<br />

Flugblatt.<br />

Wer dennoch den Schießbefehl ausübte,<br />

erhielt von den PSK-Redakteuren folgende<br />

Botschaft (Quelle: PSK-Flugschrift „Information“<br />

aus dem September 1966):<br />

„Sicher ist jedoch, daß die, die treffen, vor<br />

den Richter kommen (...). Die ‚Zentrale<br />

Erfassungsstelle’ zur Ermittlung kommunistischer<br />

Gewaltakte, die im Auftrag der<br />

westdeutschen Justiz tätig ist, hat bis zum<br />

31. Dezember 1965 2.469 Fälle verbrecherischen<br />

Schußwaffengebrauchs registriert<br />

und in 1.359 Verfahren einen oder<br />

mehrere Täter namentlich ermittelt“.<br />

Um dem Leser der Flugschrift zu verdeutlichen,<br />

dass es sich hierbei nicht um einen<br />

Bluff handelt, werden die Redakteure<br />

konkret: „Der Stabsgefreite Hanke von<br />

der 8. Reserve-Grenzkompanie in Schierke<br />

hat seine Strafe wegen versuchten Totschlags<br />

bereits erhalten. Schlimmer noch<br />

als jede Strafe ist die Stimme des Gewissens,<br />

die dem, der schießt und trifft, ein<br />

Leben lang zuruft: Mörder!“<br />

Kundig und kenntnisreich im Detail führten<br />

PSK-Redakteure an: „Aus dem ‚Militärstrafgesetz’<br />

der DDR vom 24. Januar<br />

1962, § 9 (Befehlsverweigerung), Absatz<br />

4: Die Verweigerung eines Befehls bleibt<br />

straflos, wenn die Ausführung gegen die<br />

anerkannten Normen des Völkerrechts<br />

oder gegen Strafgesetze verstoßen wür-<br />

de“. Mit einer gehörigen Portion Weitsicht<br />

sprachen die PSK-Redakteure den<br />

„anständigen“ NVA-Grenzsoldaten Respekt<br />

und Anerkennung aus: „Den Anständigen<br />

danken wir! Wir sind stolz auf<br />

Euch, auf Euer Verständnis und Euren<br />

Mut, menschlich zu handeln, Ihr anständigen<br />

Grenzsoldaten! Wir möchten Euch,<br />

Kameraden, zurufen, Euch in der harten<br />

Bewährung einer herzlosen Zeit, bleibt<br />

weiter anständig!“ (Quelle: PSK-Flugzeitung<br />

“Volksarmee”, Nr. 15, 1968).<br />

PSK-Einsätze mit Sportflugzeugen<br />

Die PSK verbrachte am 18. und 22. Januar<br />

1962 per Flugzeug Druckerzeugnisse<br />

auf das Territorium der DDR. Diese beiden<br />

Einsätze erfolgten unter dem Decknamen<br />

„Albatros“. Durch den Türspalt<br />

eines Sportflugzeugs vom Typ Piaggio<br />

wurden von Zivilbeschäftigten und Soldaten<br />

der PSK insgesamt 37.000 Exemplare<br />

einer Flugzeitung abgeworfen. Die<br />

Anflüge auf das Gebiet der DDR stellten<br />

rechtlich eine Grenzverletzung dar. Die<br />

PSK erkannte dieses und nahm es hin!<br />

In die konzeptionellen Überlegungen für<br />

weitere Flugzeugeinsätze wurden von<br />

der militärischen Führung zum einen<br />

Abwehrmaßnahmen der DDR und zum<br />

anderen auch Auseinandersetzungen<br />

mit der Luftraumüberwachung der Bundesrepublik<br />

und verbündeter Staaten in<br />

Betracht gezogen.<br />

Bei der per Flugzeug verbrachten PSK-<br />

Flugschrift handelte es sich vermeintlich<br />

um eine albanische Zeitung mit dem Namen<br />

„Zeri i Popullit“, was in der Übersetzung<br />

„Stimme des Volkes“ heißt. Die<br />

Originalausgabe „Zeri i Popullit“ ist das<br />

seit 1942 erscheinende offizielle Blatt der<br />

kommunistischen Partei Albaniens. In<br />

LuftwaffenRevue


vergleichbarer Vorgehensweise zur DDR-<br />

Zeitung „Volksarmee“ übernahm die PSK<br />

auch hier detailgenau die gestalterischen<br />

Elemente der Originalausgabe. Das Layout<br />

der Flugschrift „Zeri i Popullit“ erweckte<br />

folglich den Eindruck, dass es sich<br />

tatsächlich um eine „Sonderausgabe für<br />

die Genossen in der Deutschen Demokratischen<br />

Republik“ handelte, die von albanischen<br />

Kommunisten verfasst wurde.<br />

Zur Flugzeitung „Volksarmee“ besteht<br />

jedoch ein wesentlicher Unterschied.<br />

Während der Inhalt der imitierten DDR-<br />

Zeitung stets den tatsächlichen Verfasser<br />

enttarnte, verhielt es sich bei der Flugzeitung<br />

„Zeri i Popullit“ anders. Der Inhalt<br />

der „Stimme des Volkes“ weckte beim<br />

Leser in irreführender Absicht den Eindruck,<br />

dass es sich tatsächlich um eine<br />

Originalausgabe handelte!<br />

Dieses Flugblatt wurde von der PSK-<br />

Truppe zusammen mit drei Zigaretten in<br />

Folie eingeschweißt und richtete sich als<br />

Dank an die „Kameraden der 7. Grenzbrigade“<br />

in der DDR. Im Rahmen einer<br />

Bundeswehrübung hatten sich in der<br />

Nacht vom 29./30. November 1962 drei<br />

Soldaten vom Panzergrenadierbataillon<br />

22 bei starkem Nebel über die zum Teil<br />

noch offene innerdeutsche Grenze verirrt.<br />

Auf dem Territorium der DDR wurden<br />

die Bundeswehrsoldaten schließlich<br />

von Grenzsoldaten festgenommen und<br />

wenige Tage später wieder in die Bundesrepublik<br />

entlassen. Für dieses anständige<br />

Verhalten der NVA-Soldaten bedankten<br />

sich die PSK-Soldaten mit einem Flugblatt<br />

und mit Zigaretten!<br />

Auf der Titelseite der PSK-Flugschrift „Zeri<br />

i Popullit“ sind Auszüge einer Rede des<br />

Genossen Enver Hodscha abgedruckt, die<br />

er am 7. November 1961 zum 20. Jah-<br />

restag der Gründung der kommunistischen<br />

Partei Albaniens gehalten hatte.<br />

Hodscha kritisierte darin offen die politische<br />

Linie Chruschtschows. Er warf ihm<br />

vor, die Entscheidungen der KPdSU allen<br />

anderen kommunistischen Parteien<br />

aufdrängen zu wollen. Damit verstoße<br />

Chruschtschow nach Auffassung Hodschas<br />

gegen das Prinzip der Gleichheit<br />

und Unabhängigkeit der marxistischleninistischen<br />

Parteien und widerspreche<br />

dem proletarischen Internationalismus.<br />

In einem inhaltlichen Zusammenhang<br />

zur Rede Hodschas wurden die DDR-Bürger<br />

unter der Schlagzeile „Von Genossen<br />

zu Genossen“ gezielt angesprochen: „Wir<br />

albanischen Kommunisten wenden uns<br />

nicht in der Absicht an die Genossen der<br />

Deutschen Demokratischen Republik,<br />

uns in die inneren Verhältnisse der DDR<br />

und der SED unter der Führung des Genossen<br />

Walter U l b r i c h t einzumischen.<br />

Natürlich wäre es uns lieber, wenn sich<br />

die kampferprobte Partei der deutschen<br />

Arbeiterklasse in der notwendigen Auseinandersetzung<br />

nicht auf die Seite der<br />

opportunistischen Chruschtschow-Clique<br />

schlagen, sondern an der konsequenten<br />

Zurückweisung und Liquidierung aller<br />

Versuche teilnehmen würde, die Gleichberechtigung<br />

und Unabhängigkeit der<br />

marxistisch-leninistischen Parteien<br />

durch ein Regime der Befehlsausgabe<br />

durch die KPdSU zu ersetzen (...)“. Diese<br />

Worte stammten jedoch keineswegs aus<br />

der Feder eines albanischen Kommunisten,<br />

sondern wurden von Mitarbeitern<br />

der PSK geschrieben!<br />

Einige Exemplare der Flugschrift „Zeri i<br />

Popullit“ wurden vom Wind auf das Gebiet<br />

der Bundesrepublik getragen. Der<br />

bundesdeutschen Presse blieben die wahren<br />

Verfasser der „Stimme des Volkes“ je-<br />

GESCHICHTE<br />

doch verborgen. Die Lübecker Nachrichten<br />

druckten die Schlagzeile: „Albanien<br />

wiegelt den Ostblock auf – Flugblattaktion<br />

gegen Alleinherrschaft Chruschtschows“.<br />

Die BILD-Zeitung machte den<br />

Vorgang zur Titelstory: „Das tollste Ding<br />

des Monats – Albanische Flugblätter über<br />

Sowjetzone. Die Roten fordern: ‚Stürzt Nikita<br />

Chruschtschow!’“. Ein weiteres Zeugnis<br />

für das Gelingen der PSK-Aktion ist<br />

die Tatsache, dass die Flugschrift „Zeri i<br />

Popullit“ in dem Buch „Unser Jahrhundert<br />

im Bild“ aus dem Bertelsmann Verlag<br />

als Beleg für interne Zerwürfnisse in<br />

der kommunistischen Gemeinschaft angeführt<br />

wurde.<br />

Im Unterschied zur westdeutschen Presse<br />

empörte sich die Presseagentur der<br />

DDR. Der Allgemeine Deutsche Nachrichtendienst<br />

(ADN) teilte mit, dass „ein<br />

Militärflugzeug der BRD einen provokatorischen<br />

Überflug der Staatsgrenze der<br />

DDR“ vollzogen hatte. Sie artikulierte<br />

Protest und sprach eine Warnung im<br />

Auftrag des Ministeriums für Auswärtige<br />

Angelegenheiten der DDR aus, dass eine<br />

Wiederholung solcher Handlungen Folgen<br />

haben werde. Die Flugschrift „Zeri i<br />

Popullit“ wurde in der Ostpresse mit keinem<br />

Wort erwähnt.<br />

Ein dritter Flugzeugeinsatz zum Verbringen<br />

von Flugschriften der PSK wurde<br />

am 5. September 1962 durchgeführt.<br />

Bei diesem Einsatz mit dem Decknamen<br />

„Radareinsatz“ wurde ein Flugzeug vom<br />

Typ Cessna 320 verwendet. Für weitere<br />

PSK-Flugzeugeinsätze wurde erwogen,<br />

Abwurfschächte in die Maschinen einzubauen,<br />

um pro Anflug eine höhere<br />

Zahl an Flugschriften verbringen zu können.<br />

Jedoch wurden die PSK-Einsätze mit<br />

Sportflugzeugen schließlich eingestellt.<br />

Die entsprechenden Einsatzprotokolle<br />

und Konzeptpapiere können im Bundesarchiv-Militärarchiv<br />

in Freiburg im Breisgau<br />

unter der Signatur BArch-MA, BW /<br />

2 6864 eingesehen werden.<br />

Aussagen von geflüchteten<br />

NVA-Soldaten<br />

Eine wichtige Quelle über die Wirksamkeit<br />

von PSK-Flugschriften waren Aussagen<br />

von geflüchteten NVA-Soldaten.<br />

Der in den Westen geflüchtete DDR-Politoffizier<br />

Oberleutnant Busch berichtete<br />

am 17. Juli 1967 Folgendes: „Nach einer<br />

Flugblattaktion im vorigen Jahr machte<br />

der Politstellvertreter der Grenzkompanie<br />

Mendhausen nach einem ‚Aktuellen Gespräch’<br />

zu den Flugblättern die Umfrage:<br />

‚Gesetzt den Fall, Sie als Grenzposten<br />

(zu den Soldaten gewandt) haben einen<br />

schweren Grenzdurchbruch ‚DDR-West’<br />

durch Anwendung der Schußwaffe ver-<br />

4. Quartal 2009 17


GESCHICHTE<br />

hindert. Die Grenzverletzer sind beide<br />

tot. Sie erhalten vom Chef der Grenztruppen<br />

die ‚Medaille für vorbildlichen<br />

Grenzdienst’, zusätzlich Sonderurlaub.<br />

Würden Sie die Medaille zu Hause tragen<br />

und ihren Verwandten sagen, warum Sie<br />

diese erhalten haben?’ Von 40 Mann<br />

gab es nur insgesamt zwei ‚Genossen’.<br />

Andere brachten Ausflüchte.<br />

Es war ihnen<br />

in starkem Maße peinlich.<br />

Dieser Test sagt<br />

mehr aus als hingeworfene<br />

Worte“. Zahlreiche,<br />

vergleichbare<br />

Aussagen geflüchteter<br />

Uniformträger aus der<br />

DDR wurden im Leitreferat<br />

PSK im BMVg<br />

quartalsweise zusammengefasst<br />

und weiteren<br />

Bedarfsträgern in<br />

der Bundeswehr zum<br />

dienstlichen Gebrauch<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Der geflüchtete NVA-<br />

Oberleutnant Busch<br />

unterbreitete der PSK<br />

aber auch konkrete<br />

Vorschläge zur Steigerung<br />

der Wirksamkeit<br />

ihrer Produkte: „Die<br />

erwähnte Flugschrift<br />

könnte in ihrem Inhalt<br />

noch wirksamer<br />

sein, enthielte sie noch<br />

mehr konkrete Begebenheiten<br />

aus den<br />

Grenzeinheiten und<br />

Grenzgebieten“. Ferner<br />

nannte er konkrete Ansatzpunkte<br />

für weitere<br />

Flugschriften, die bei<br />

NVA-Soldaten auf ein großes Interesse<br />

stoßen würden: „Das könnte auch mal<br />

in Flugschriften (...) erscheinen:<br />

- Wer soll das bezahlen<br />

(Grenzsicherungsanlagen)?<br />

- Wie lange sollen wir noch bewacht werden<br />

(Bauern der Grenzgemeinden auf<br />

den Feldern)?<br />

- Wer kriegt das Uran, das in Königstein<br />

abgebaut werden wird?“.<br />

Die Informationen geflüchteter NVA-<br />

Soldaten trugen maßgeblich dazu bei,<br />

dass die PSK die psychologische Lage in<br />

den ostdeutschen Streitkräften treffend<br />

beurteilen und in Teilen sicherlich auch<br />

erfolgreich beeinflussen konnte.<br />

In einem Schreiben vom 14. Juni 1967 an<br />

das Bundeskanzleramt führte der spätere<br />

Generalmajor Dr. Johannes Gerber und<br />

damalige Referatsleiter PSK im BMVg<br />

zum Thema „Wirkungskontrolle von<br />

18<br />

PSK-Flugschriften“ aus: „Die Zuschriften<br />

aus der SBZ und die Flüchtlingsaussagen<br />

zeigen folgendes Bild: 92,3% positiv und<br />

7,7% negativ. Die durch Fü S II ausgewerteten<br />

Flüchtlingsaussagen ergeben,<br />

daß etwa 90% aller Geflüchteten Kenntnis<br />

von den westlichen Flugblättern haben<br />

und sie nach Art und Durchführung,<br />

Form und Inhalt positiv beurteilen. Die<br />

Flugblätter sind die einzige Möglichkeit,<br />

um die NVA-Soldaten über Bundeswehr<br />

und Bundesregierung und deren Absichten<br />

aufzuklären und somit der permanenten<br />

Haßpropaganda im Politunterricht<br />

entgegenzuwirken“.<br />

Das Ende der Informationseinsätze<br />

Mit dem „Vertrag über die Grundlagen<br />

der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik<br />

Deutschland und der Deutschen<br />

Demokratischen Republik“ sollte das<br />

politisch angespannte Verhältnis zwischen<br />

den beiden deutschen Staaten normalisiert<br />

werden. Die Vorgespräche zu<br />

den Verhandlungen zum sogenannten<br />

Grundlagenvertrag wurden am 15. Juni<br />

1972 aufgenommen. Die Staatssekretäre<br />

Egon Bahr (Bundesrepublik Deutschland)<br />

und Michael Kohl (Deutsche Demokrati-<br />

sche Republik) führten die Vorgespräche<br />

und Verhandlungen im Auftrag ihrer<br />

Regierungen. Es war bereits im Vorfeld<br />

dieser Gespräche davon auszugehen,<br />

dass die DDR erneut das Einstellen der<br />

Balloneinsätze fordern würde. Bereits im<br />

Rahmen der Vorgespräche zu den eigentlichen<br />

Verhandlungen zum Grundlagenvertrag<br />

trafen die Staatssekretäre<br />

Bahr und Kohl<br />

die mündliche Vereinbarung,<br />

„dass mit Wirkung<br />

vom 1. Juli 1972 beide<br />

Seiten jegliche Propaganda-Aktivität<br />

in Schrift,<br />

Bild und Ton gegen die<br />

Streitkräfte des jeweils<br />

anderen Staates einstellen.<br />

Diese Abrede verliert<br />

ihre Verbindlichkeit, falls<br />

sie von einer Seite nicht<br />

eingehalten wird“.<br />

Am 29. Juni 1972 erfolgte<br />

zunächst der mündliche<br />

Befehl vom Generalinspekteur<br />

der Bundeswehr,<br />

Admiral Armin Zimmermann,<br />

die Balloneinsätze<br />

sowie den Versand<br />

von Informationsschriften<br />

in die DDR bis auf<br />

weiteres einzustellen.<br />

Die PSV-Truppe beendete<br />

am 30. Juni 1972 die Informationseinsätzeentlang<br />

der innerdeutschen<br />

Grenze „bis auf weiteres“.<br />

Die Fähigkeit zum<br />

Erstellen und Verbringen<br />

von Flugschriften wurde<br />

in der Bundeswehr aufrechterhalten.<br />

Der DDR-<br />

Führung war durchaus<br />

bekannt, dass die PSV-Truppe die Balloneinsätze<br />

jederzeit wieder aufnehmen<br />

konnte. Bundeswehrintern wurde das<br />

Abkommen nicht einhellig als Erfolg bewertet.<br />

Kritische Stimmen äußerten, dass<br />

die DDR einseitig begünstigt wurde. Über<br />

kommunistische Parteien, Organisationen,<br />

Presseorgane, Lehrer und sonstige<br />

Meinungsmacher könne die DDR weiterhin<br />

ihre Propaganda durchführen,<br />

wo hingegen die Bundesrepublik jegliche<br />

Möglichkeiten einer Einflussnahme verloren<br />

habe.<br />

Über den Autor:<br />

Oberstleutnant Dr. Dirk Drews<br />

ist eingesetzt in der Personalvertretung,<br />

im Örtlichen Personalrat (ÖPR) beim<br />

ZOpInfo und im Bezirkspersonalrat (BPR)<br />

beim SKUKdo.<br />

LuftwaffenRevue


GESCHICHTE<br />

Aus der Uniformgeschichte:<br />

Die Ärmelbänder der Luftwaffe der Bundeswehr<br />

Bei der Schaffung der Uniform für die<br />

neuen deutschen Streitkräfte 1955 wurde<br />

zunächst bewusst und aus politischen<br />

Gründen auf viele Militärtraditionen früherer<br />

deutscher Armeen verzichtet. Aber<br />

bereits 1956 wurden Effekten alter Zeiten<br />

wieder eingeführt.<br />

Die neue Uniform stieß nicht nur bei den<br />

wieder eingestellten ehemaligen Soldaten<br />

der Wehrmacht auf Ablehnung, sondern<br />

wurde auch von der Bevölkerung<br />

kaum akzeptiert. Ärmelbänder als deutsche<br />

Tradition zur Kennzeichnung herausragender<br />

Verbände hingegen wurden<br />

jedoch schon von Beginn an auch in<br />

der Bundeswehr vergeben. Erstmalig im<br />

deutschen Heer wurde am 24. Januar<br />

1901 ein Ärmelband an Truppenteile der<br />

Alten Armee verliehen. Das preußische<br />

Füsilier-Regiment Feldmarschall Prinz<br />

Albrecht von Preußen ( Hannoversches )<br />

Nr. 73, in dem der Pour-le-Merite-Träger<br />

Ernst Jünger diente, das Infanterie-Regiment<br />

von Voigt-Rhetz ( 3. Hannoversche)<br />

sowie das Hannoversche Jäger-Bataillon<br />

10 erhielten die Erlaubnis, das GIBRAL-<br />

TAR-Band zu tragen.<br />

Das GIBRALTAR-Ärmelband,<br />

verliehen am 24. Januar 1901.<br />

Dieses blaue Stoffband mit einer gelben<br />

Aufschrift erinnerte an die Kämpfe der<br />

hannoverschen Truppenteile in englischen<br />

Diensten auf der spanischen Halbinsel<br />

1783. Das GIBRALTAR-Band wurde<br />

auch noch im Reichsheer beim 16. und<br />

17. Infanterieregiment bis in die Mitte<br />

der 20er Jahre vermutlich von Ehemaligen<br />

der oben aufgeführten Verbände getragen.<br />

Eine amtliche Verleihung hatte<br />

offensichtlich nicht mehr stattgefunden<br />

und bis 1927 war das Band völlig verschwunden.<br />

Auch im III. Reich war das<br />

Tragen von Ärmelbändern/Ärmelstreifen<br />

in den verschiedensten Organisationen<br />

weit verbreitet, und es kam fast zu<br />

einer Schwemme dieser Kennzeichen,<br />

auf die aber an dieser Stelle nicht näher<br />

eingegangen werden soll. 1955 wurden<br />

bei der neuen Heeresuniform anstelle der<br />

Kragenspiegel zur Kennzeichnung der<br />

Waffengattung sogenannte Truppengattungsabzeichen<br />

in altgoldener metallgeprägter<br />

Form eingeführt, um bereits<br />

im Sommer 1956 wieder durch die alten<br />

Kragenspiegel ersetzt zu werden. Die<br />

Kragenecken der Luftwaffenuniform hin-<br />

gegen waren zu diesem Zeitpunkt noch<br />

„nackt“ und ohne Kennzeichen. Deshalb<br />

wurde für die Luftwaffe zur Kennzeichnung<br />

ihrer Teilstreitkraft ein Ärmelband<br />

eingeführt. Dabei handelte es sich um<br />

ein 3 cm breites Band, in dem sich eine<br />

silberfarbene stilisierte Doppelschwinge<br />

mit einem Randstreifen befand. Die Aus-<br />

Die 4 Ärmelbänder zeigen das allgemeine Ärmelband der Luftwaffe<br />

in den verschiedenen Varianten. Getragen von 1955 – 1972/73.<br />

führungen waren für die Mannschaften<br />

gewebt, für die Unteroffiziere maschinengestickt,<br />

für die Offiziere handgestickt<br />

und für die Generale in goldfarbener<br />

Handstickerei. Zu tragen von allen Sol-<br />

Die am 21. April 1961 vergebenen Traditionsbänder für das Jagdbombergeschwader<br />

31 in Nörvenich/Kerpen mit dem Namen +Boelcke+, das Jagdgeschwader 71<br />

in Wittmund, damals Ahlhorn, mit dem Namen +Richthofen+ und das Aufklärungsgeschwader<br />

51, damals in Ingolstadt, später bis zur Auflösung in Bremgarten<br />

stationiert. Der Traditionsname wurde vom AG 52 in Kropp übernommen.<br />

4. Quartal 2009 19


GESCHICHTE<br />

20<br />

Das Foto von der Ärmelbandverleihung im April 1961 zeigt von links nach<br />

rechts den Bruder Manfred von Richthofens, Volko von Richthofen,<br />

Oberstleutnant Erich Hartmann und den damaligen Inspekteur der Luftwaffe,<br />

Generalleutnant Kammhuber.<br />

daten der Luftwaffe auf beiden Ärmeln<br />

des Tuchmantels und dem Rock, 12 cm<br />

von der Ärmelunterkante bzw. 3 cm von<br />

der Oberkante des Ärmelaufschlags. Als<br />

die Luftwaffe 1958 auch wieder Kragen-<br />

spiegel einführen wollte, gab der Bundespräsident<br />

Heuss zu verstehen, die Ärmelbänder<br />

abzuschaffen. Als die Luftwaffe<br />

daraufhin nur einen Kragenspiegel für<br />

alle Luftwaffensoldaten einführen wollte,<br />

gab der Bundespräsident schmollend<br />

nach, und die Luftwaffe durfte Ihr Ärmelband<br />

behalten. Am 21. April 1961 wurden<br />

in der Luftwaffe dann die ersten 3<br />

Ärmelbänder mit Traditionsnamen vergeben.<br />

Das Jagdgeschwader 71, damals<br />

Das Ärmelband für das Wachbataillon, früher Siegburg, heute in Berlin und<br />

Siegburg stationiert. Eingeführt am 27. November 1962. Die beiden hand- und<br />

maschinengestickten Ausführungen sind in blaugrauer Farbe für den Anteil<br />

Luftwaffe beim Wachbataillon. Der Anteil Heer trägt dieses Band in Anthrazit.<br />

in Ahlhorn bei Oldenburg stationiert,<br />

erhielt den Traditionsnamen + Geschwader<br />

Richthofen+ ( in Erinnerung an das<br />

ehemalige Jagdgeschwader 2). Kommandeur<br />

in Ahlhorn war Oberstleutnant<br />

„Bubi“ Hartmann. Das Jagdbomberge-<br />

Das Ärmelband des Jagdgeschwader 74 in Neuburg/Donau, welches dem<br />

Verband als Traditionsnamen am 2. Oktober 1973 verliehen wurde.<br />

Ebenfalls den Namen +Mölders+ erhielt ein Zerstörer der Bundesmarine,<br />

der schon vor Jahren ausgemustert wurde. Dem Geschwader +Mölders+<br />

wurde der Traditionsname im Januar 2005 entzogen.<br />

schwader 31 in Nörvenich/Kerpen unter<br />

Kommodore Oberst Barkhorn erhielt den<br />

Namen +Geschwader Boelcke+ ( in Erinnerung<br />

an das Kampfgeschwader 2) und<br />

das Aufklärungsgeschwader 51, damals<br />

in Ingolstadt stationiert, unter Kommodore<br />

Oberstleutnant Grasemann erhielt<br />

den Namen +Geschwader Immelmann+<br />

( in Erinnerung an das Sturzkampfgeschwader<br />

2). Die Ärmelbänder wurden<br />

an die drei Kommodore durch den damaligen<br />

Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant<br />

Kammhuber, verliehen. Bereits<br />

am 27. November 1962 wurde auch<br />

das Ärmelband +Wachbataillon+ für die<br />

Anteile Heer und Luftwaffe im Wachbataillon<br />

eingeführt. 1973 kam dann noch<br />

bei der Luftwaffe das Jagdgeschwader 74<br />

in Neuburg an der Donau hinzu, welches<br />

offiziell am 22. November 1973, der Wiederkehr<br />

des Todestages von Werner Mölders<br />

(22. November 1941), den Namen<br />

+Geschwader Mölders+ erhielt ( in Erinnerung<br />

an das Jagdgeschwader 51). Um<br />

die Namen der Traditionsgeschwader der<br />

Luftwaffe komplett zu machen, erhielt<br />

das Jagdgeschwader 73 in Laage südlich<br />

von Rostock am 18. September 1997 den<br />

Namen +Geschwader Steinhoff+. Dieses<br />

Geschwader entstand durch eine Fusion<br />

des ehemaligen Jagdbombergeschwader<br />

35 in Pferdsfeld, dem sogenannten<br />

„Schinderhannes-Geschwader“, mit dem<br />

Erprobungsgeschwader MiG-29 Preschen<br />

in der Lausitz, ehemals 3. Jagdfliegergeschwader<br />

3 „Wladimir Komarow“ der<br />

1.Luftverteidiungsdivision Cottbus, NVA-<br />

Luftstreitkräfte.Die offizielle Begründung<br />

für diese Ärmelbänder anfangs war, dass<br />

sich die Luftwaffe zu deutschen Fliegern<br />

bekennt, die in ihrer Haltung und Leistung<br />

beispielhaft sind. Auf diese Weise<br />

sollte sich die Bundeswehr ihrer Tradition<br />

und Verpflichtung bewusst werden<br />

und wertvolle Überlieferungen der Vergangenheit<br />

mit den Forderungen der Gegenwart<br />

verbinden. So sah man das damals<br />

noch! Wie sich die Zeiten ändern,<br />

zeigt das Beispiel des Jagdgeschwader<br />

74 +Geschwader Mölders+, dem am 28.<br />

Januar 2005 der Traditionsname durch<br />

den damaligen Verteidigungsminister<br />

Struck entzogen wurde. Er hatte diese<br />

Entscheidung auf Grund einer „Empfehlung“<br />

des Bundestages getroffen. Am 28.<br />

April 1998, ein Freitagabend, war diese<br />

„Empfehlung“ von einer Minderheit von<br />

25 anwesenden Abgeordneten, meist<br />

PDS/Grüne, getroffen worden, Angehörige<br />

der ehemaligen Legion Condor nicht<br />

mehr als Namensgeber für Bundeswehr-<br />

Einrichtungen zu verwenden. In der Geschichte<br />

der Bundeswehr ein einmaliger<br />

Vorgang. Ausschlaggebend war schließ-<br />

LuftwaffenRevue


Das Ärmelband für das JG 73 +Geschwader Steinhoff+ in der maschinengestickten Ausführung.<br />

lich ein biografisches Gutachten von<br />

Mölders, durchgeführt von Historikern<br />

des Militärgeschichtlichen Forschungs-<br />

amtes der Bundeswehr in Potsdam. Tatsache<br />

jedoch ist: Mölders wurde von der<br />

Bundeswehr nicht geehrt, weil er unter<br />

Hitler diente, sondern weil er in diesen<br />

schweren Zeiten Anstand und Moral trotz<br />

aller Härte zum Gegner nicht unterge-<br />

hen ließ. Das war seine Vorbildfunktion<br />

als Offizier. Mit der Aufstellung von Unteroffizierschulen<br />

bei Heer und Luftwaffe<br />

Das Ärmelband der Unteroffizierschule der Luftwaffe. Bemerkenswert die Tatsache,<br />

dass alle Bänder mit Inschriften mit einer Frakturschrift versehen sind und nicht in<br />

der heute gebräuchlichen Antiqua-Schreibweise. Da man anfangs diese<br />

Frakturschrift gewählt hatte, wollte man bei den später folgenden Bändern<br />

vermutlich diese Systematik beibehalten.<br />

wurden auch diese mit Ärmelbändern<br />

ausgestattet.. In der Luftwaffe wurde am<br />

7. Oktober 1964 eine Unteroffizierschule<br />

in Gürzenich-Wald bei Düren durch Generalleutnant<br />

Panitzki indienstgestellt,<br />

die das Ärmelband +Unteroffizierschule+<br />

GESCHICHTE<br />

erhielt. Diese Schule verlegte im August<br />

1971 im Rahmen einer Zusammenlegung<br />

mit der Truppendienstlichen Fachschule<br />

der Luftwaffe nach Iserlohn und legte damit<br />

ihr Ärmelband ab. Als am 6. Oktober<br />

1988 eine neue Schule bei der Luftwaffe<br />

in Appen-Pinneberg aufgestellt wurde,<br />

erhielt diese kein Ärmelband mehr, da<br />

der Inspekteur der Luftwaffe nur noch<br />

Traditionsgeschwadern Ärmelbänder<br />

zugestehen wollte. Weitere Ärmelbänder<br />

werden in absehbarer Zeit in der Luftwaffe<br />

wohl nicht verliehen werden. Das Heer<br />

kennt ebenfalls Ärmelbänder, auf die an<br />

dieser Stelle allerdings nicht näher eingegangen<br />

werden soll. In der konservativen<br />

Marine sind solche Effekten nicht gebräuchlich<br />

und werden auch in Zukunft<br />

keine Verwendung finden.<br />

Walter Kunstwadl<br />

Walter Kunstwadl<br />

Von der „Affenjacke“ zum „Tropentarnanzug“<br />

Die Geschichte der Bundeswehr im Spiegel ihrer<br />

Uniformen und Abzeichen<br />

Report Verlag GmbH<br />

ISBN 978-3-932385-24-7<br />

232 Seiten, Großformat, über 700 überwiegend farbige Fotos,<br />

Tafeln und Grafiken<br />

Preis: 36.00 Euro<br />

Dieser so unterhaltsame wie informative Bild-Text-Band zeichnet<br />

die Entwicklung der Bundeswehr anhand ihrer Uniformen,<br />

Abzeichen und Kopfbedeckungen nach. Das neue Standardwerk<br />

zu einem bisher kaum beachteten Aspekt deutscher Militärgeschichte<br />

- umfassend und aktuell.<br />

Der Autor: Walter Kunstwadl, Jahrgang 1940, ist ehemaliger<br />

Soldat und langjähriger Sammler von Uniformen und Effekten.<br />

Er hat zahlreiche Fachartikel über die Bekleidungsgeschichte<br />

der Bundeswehr verfasst. Als Experte war er u.a. für<br />

das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in<br />

Bonn und für das Militärhistorische Museum der Bundeswehr<br />

in Dresden tätig.<br />

4. Quartal 2009 21


GESCHICHTE<br />

Dieser Bericht wurde von unserem<br />

Mitglied Dipl.-Ing. Hans Gaenshirt<br />

– heute Vorsitzender der Kameradschaft<br />

der ehemaligen Kampfgruppe<br />

100 des KG 100 zur Verfügung gestellt.<br />

Die hier geschilderte Begebenheit<br />

verdeutlicht eindrucksvoll, dass die<br />

hohe Tugend der Kameradschaft<br />

auch in ausweglos erscheinenden<br />

Situationen Wunder hervorbringen<br />

kann, die beispielhaft im Sinne<br />

bester soldatischer Tradition in die<br />

Zukunft hineinwirkt. Die nachstehend<br />

erzählte Geschichte von dem<br />

sensationellen Rettungsflug der Besatzung<br />

des OFw Jeckstat (I./KG 100)<br />

kann der Kategorie einer ’Mission<br />

Impossible’ zugeordnet werden und<br />

war dennoch aufgrund des hohen<br />

fliegerischen Könnens des Flugzeugführers<br />

und seiner Besatzung sowie<br />

einer tief verwurzelten Kameradschaftsverpflichtung<br />

erfolgreich.<br />

Und das war der sensationelle Rettungsflug<br />

- dokumentiert vom Lt Gerhard<br />

Puklitsch:<br />

22<br />

Teil 1<br />

Eine schier ausweglose Situation<br />

Die wundersame Rettung einer deutschen<br />

Flugzeugbesatzung weit hinter den feindlichen Linien im II. Weltkrieg<br />

Feldwebel Jeckstat mit Besatzung landet<br />

mit seinem He 111-Bomber am 16.<br />

Juni 1943 bei Nacht auf unbekanntem<br />

Ackergelände ca. 300 km hinter<br />

den feindlichen Linien, holt die notgelandete<br />

Besatzung des damaligen<br />

Lt Puklitsch von der I./KG 100 heraus<br />

und rettet sie vor der russischen Gefangenschaft:<br />

“Nach den Angriffen auf das Kraftwagenwerk<br />

’Molotow’ in Gorkij, die wir in<br />

den Nächten zwischen dem 03. und 06.<br />

Juni 1943 von Seschtschinskaja/Mittelabschnitt<br />

aus flogen, verlegt die I./KG<br />

100 am 07.06. wieder zurück nach Stalino.<br />

Von hier aus sollen wir Nachtangriffe<br />

auf die Industriewerke von Saratow,<br />

insbesondere die Ölraffinerie und<br />

die Kugellagerfabrik, fliegen.<br />

Der Angriff vom 13.06.1943 gilt der<br />

Ölraffinerie und insbesondere dem<br />

Kraftwerk. Es ist unser zweiter Angriff<br />

auf dieses Ziel, und wir sind wie in der<br />

vergangenen Nacht auf starke Flugabwehr<br />

mit zahlreichen Scheinwerfern<br />

eingestellt.<br />

Nach einem normalen Start um 19.46<br />

Uhr in die Abenddämmerung hinein<br />

verläuft der Hinflug ohne besondere<br />

Vorkommnisse. Im letzten Büchsenlicht<br />

überfliegen wir bei Schachty die<br />

Front in 3200 m Höhe. Wir fliegen im<br />

Mondschein mit guter Sicht weiter. Unter<br />

uns vereinzelt geringe Bewölkung.<br />

Als Ansteuerungspunkt ist die große<br />

Eisenbahnbrücke über die Wolga<br />

südöstlich der Raffinerie vorgesehen,<br />

um das Ziel von dort aus gegen das<br />

Mondlicht anzugreifen. Die Ölraffinerie<br />

selbst liegt im Süden von Saratow<br />

am Rande eines Flugplatzes, daran<br />

anschließend die Kugellagerfabrik.<br />

Diese Objekte sind, ihrer Bedeutung<br />

für die Kriegswirtschaft entsprechend,<br />

weiträumig stark geschützt. Schon bei<br />

der Annäherung an den Zielraum setzt<br />

heftiges Flakfeuer und rege Scheinwerfertätigkeit<br />

ein.<br />

Über die Brücke drehen wir nach links<br />

zum Zielanflug ein. Die Abwehr konzentriert<br />

sich nun auf die anfliegenden<br />

Maschinen. Jetzt hängen auch<br />

einige Leuchtbomben über dem Ziel<br />

und beleuchten es taghell. Zielanflug<br />

- die Bombenklappen werden geöffnet.<br />

Wegen der geringen Ausdehnung des<br />

LuftwaffenRevue


uns als Zielschwerpunkt befohlenen<br />

Ölkraftwerkes werfen wir nur eine<br />

kurze Reihe von 8 Bomben, die genau<br />

im Ziel liegen. Wir wiederholen<br />

diesen Angriff noch dreimal, immer<br />

von demselben Ablaufpunkt aus. Der<br />

Bordschütze kann die Wirkung der<br />

Einschläge gut beobachten und macht<br />

mehrere Aufnahmen mit der Handkamera.<br />

Beim letzten Anflug liegt im hellen<br />

Feuerschein der Großbrände dichter<br />

schwarzer Rauch über dem Ziel und<br />

beeinträchtigt die Sicht. Die Flak feuert<br />

nach wie vor aus allen Rohren, und<br />

neben den Detonationen der schweren<br />

Granaten sind es die Leuchtspurketten<br />

der leichten und mittleren Kaliber,<br />

die nach uns greifen. Die Scheinwerfer<br />

suchen umher, mehrfach wischt einer<br />

über uns hinweg. Plötzlich hat uns einer<br />

gepackt und hält uns fest. Sofort<br />

kommen weitere hinzu, und nun haben<br />

uns drei, vier und dann fast ein<br />

Dutzend Scheinwerfer im Strahlenbündel.<br />

Gleißende Helle in der Kanzel!<br />

Den Zielanflug können wir nur noch<br />

mit herabgezogener Sonnenbrille, den<br />

’Froschaugen’, zu Ende führen. Doch<br />

jetzt haben sich die Batterien auf unser<br />

angestrahltes Flugzeug eingeschossen,<br />

wir werden von Druckwellen geschüttelt<br />

und hören das Krachen der Detonationen.<br />

Da zwei harte Schläge, wir<br />

sind getroffen. Der linke Motor verliert<br />

an Leistung und beginnt zu brennen.<br />

Eine lange Rauchfahne hängt hinter<br />

uns. Also den Motor sofort abstellen.<br />

Zündung aus, Brandhahn zu und die<br />

Luftschraube auf Segelstellung. Doch<br />

das gelingt nicht mehr, weil auch die<br />

Nabe offenbar getroffen ist. Die Maschine<br />

zieht stark nach links, ich versuche<br />

nachzutrimmen. Mittlerweile ist<br />

das Feuer erloschen. In diesem Augenblick<br />

ruft der Bordmechaniker: “Nachtjäger<br />

von hinten“, und schon zieht eine<br />

Geschossgarbe dicht über uns hinweg.<br />

Der Funker mit dem schweren MG und<br />

der Bordschütze mit dem Zwillings-MG<br />

hämmern dem Angreifer entgegen.<br />

Nur mit äußerster Kraftanstrengung<br />

gelingt es, den Nachtjäger, der noch einige<br />

Mal angreift, durch Ausweichmanöver<br />

abzuschütteln und das Flugzeug<br />

wieder auf Kurs zu bringen. Möglicherweise<br />

hat die Hintermannschaft den<br />

Nachtjäger getroffen, weil er plötzlich<br />

steil wegkurvt und von uns ablässt.<br />

Bei der wilden Kurbelei haben wir erheblich<br />

an Höhe verloren und fliegen<br />

kaum noch 2000 m hoch, immer noch<br />

über dem Zielraum. Einige Scheinwerfer<br />

haben uns weiter im Griff, aber die<br />

Flak wird schwächer. Die Russen halten<br />

uns wohl für erledigt. Vielleicht sind<br />

aber noch weitere Nachtjäger im Luftraum,<br />

die man nicht gefährden will.<br />

Für uns ist das kein Trost, denn wir haben<br />

jetzt große Probleme mit unserem<br />

Flugzeug, das nicht auf Höhe zu halten<br />

ist. Ich steigere den Ladedruck des<br />

rechten Motors auf 30-Min-Leistung,<br />

doch auch das reicht nicht aus. Trotz<br />

Trimmung bis zum Anschlag zieht die<br />

Maschine noch stark nach links. Die<br />

Bremswirkung der linken Luftschraube<br />

ist zu groß und mit Mühe halten wir<br />

das Flugzeug auf Kurs. Um das Fluggewicht<br />

zu senken, wird alles über Bord<br />

geworfen, was entbehrlich ist. Waffen,<br />

Munition, auch die Panzerplatten werden<br />

ausgebaut. Trotzdem müssen wir<br />

weiter Höhe aufgeben, um das Flugzeug<br />

nicht wegen zu geringer Fahrt abschmieren<br />

zu lassen. Der Fahrtmesser<br />

zeigt noch knapp 170 km/h an, das<br />

ist für die He 111 schon ein gefährlich<br />

überzogener Flugzustand.<br />

90 Minuten nach dem Angriff sind<br />

wir noch nicht wieder über den Don<br />

hinweg und haben noch 500 km bis<br />

zur Front vor uns. Bei einer Flughöhe<br />

von 200 m, auf die wir inzwischen gesunken<br />

sind, haben wir keine Chance<br />

mehr, das eigene Gebiet zu erreichen.<br />

Der Funker gibt laufend unseren Kurs,<br />

unsere Flughöhe und unsere Geschwindigkeit<br />

zusammen mit SOS und Peilzeichen<br />

an unsere Bodenfunkstelle durch.<br />

- Wie wir später erfahren, haben zahlreiche<br />

Peilstellen an der gesamten Ostfront<br />

unseren Notruf gehört und Peilmesswerte<br />

nach Stalino durchgegeben.<br />

Dadurch war unser Standort zu Hause<br />

bekannt. -<br />

Wir entschlossen uns zur Notlandung.<br />

Der Funker meldet sich bei der Funkstelle<br />

ab und gibt Dauerpeilzeichen.<br />

Jetzt Gas weg, Brandhahn zu, Landeklappen<br />

heraus und den Scheinwerfer<br />

an. Schon kommt der Boden näher,<br />

es ist ein Acker. Dichter Staub wirbelt<br />

durch den Innenraum. Die Kanzel ist<br />

zerschlagen, die Bodenwanne abgerissen.<br />

Glücklicherweise ist keiner verletzt.<br />

Unheimliche Stille rings umher.<br />

Da fängt der rechte Motor Feuer. Treibstoff<br />

oder Öl entzünden sich am glühenden<br />

Auspuff. Raus aus der Maschine<br />

und Erde auf das Feuer geworfen, es<br />

erlischt. Wir lauschen, nichts regt sich.<br />

Also wieder hinein in die Maschine, Instrumente<br />

zerstören, Funkunterlagen<br />

und Zielkarten vernichten, Bordbeutel,<br />

Feldflaschen, Handfeuerwaffen,<br />

Leuchtpistole und Leuchtmunition<br />

bergen. Die grünen und weißen Patronen<br />

finden wir noch, dazu einige ES<br />

GESCHICHTE<br />

6, das Erkennungssignal dieses Tages.<br />

Die roten Patronen sind mit der Halterung<br />

im Dreck vergraben und nicht zu<br />

finden. Inzwischen versucht der Funker,<br />

ein letztes Mal Verbindung mit der<br />

Funkstelle Stalino zu bekommen, doch<br />

das Gerät schweigt. Nun zerstören wir<br />

auch die Funkanlage. Die Sprengung<br />

des Flugzeuges unterlassen wir, um<br />

uns nicht durch den dadurch entstehenden<br />

Feuerschein zu verraten. Es ist<br />

anzunehmen, dass unser langer Anflug<br />

in geringer Höhe nicht unbemerkt<br />

geblieben war und die Suche nach uns<br />

bereits begonnen hat.<br />

Also schnellstens weg von der Maschine,<br />

bevor man uns hier erwischt. Nach<br />

dem Marschkompass laufen wir in<br />

Richtung 235°. Der Mond geht unter,<br />

es wird stockdunkel. Hohes Gras und<br />

Gestrüpp behindern unser Vorwärtskommen.<br />

Wir sind erschöpft. Nach<br />

einer Stunde beginnt es im Osten zu<br />

dämmern. Für eine kurze Verschnaufpause<br />

lassen wir uns in das Steppengras<br />

fallen, doch bald treiben uns die<br />

Unruhe und die Sorge wegen einer<br />

möglichen Entdeckung im offenen<br />

Gelände wieder weiter. Endlich finden<br />

wir einen einzelnen Strauch, der uns<br />

in seinem Schatten aufnimmt. Wir<br />

beschließen, den Tag in diesem Versteck<br />

zu verbringen. Die Sonne steigt<br />

höher und Scharen von Stechmücken<br />

bedrängen uns. Hoch über uns hinweg<br />

fliegt der morgendliche Fernaufklärer,<br />

eine Ju 88. Nervenanspannung und<br />

Mücken sorgen dafür, dass wir nicht<br />

in festen Schlaf fallen, obwohl wir jetzt<br />

rechtschaffen müde sind. Wir denken<br />

über unsere Lage nach. Unseren Standort<br />

kennt man zu Hause, davon gehen<br />

wir aus. Was wird die Kampfgruppe<br />

für uns unternehmen?<br />

Genau vor einer Woche haben wir<br />

anlässlich der Besichtigung unserer<br />

Einheit in Stalino durch den kommandierenden<br />

General des IV. Fliegerkorps,<br />

General der Flieger Pflugbeil, mögliche<br />

Maßnahmen zur Rettung von hinter<br />

den feindlichen Linien notgelandeten<br />

Besatzungen durchgespielt. Dabei<br />

wurde auch der Einsatz von Suchflugzeugen<br />

und unter besonders günstigen<br />

Umständen auch der Einsatz von Bergungsflugzeugen<br />

erwogen. Nun könnte<br />

an uns bewiesen werden, ob so etwas<br />

überhaupt möglich ist. Ob die Kampfgruppe<br />

daran denkt? Ob der kommandierende<br />

General sich an das Planspiel<br />

erinnert? Um es vorwegzunehmen: Er<br />

hat sich daran erinnert!<br />

Mehr noch, er gab nach Erhalt der Verlustmeldung<br />

und der Begleitumstände,<br />

4. Quartal 2009 23


GESCHICHTE<br />

dass wir wahrscheinlich notgelandet<br />

sind, umgehend den Befehl, uns in<br />

der kommenden Nacht zu suchen, um<br />

dann gegebenenfalls eine Rettungsaktion<br />

einzuleiten.<br />

Wir in unserem Versteck irgendwo zwischen<br />

Wolga und Don wissen an diesem<br />

Morgen nicht, was sich zu Hause<br />

bei unserer Einheit abspielt, doch hält<br />

uns die Hoffnung aufrecht, dass es eine<br />

Chance gibt, hier herauszukommen.<br />

Wir sprechen darüber und planen die<br />

Einzelheiten unseres möglichen Beitrages<br />

zu unserer Rettung. Aufgeben<br />

kommt für uns nicht in Frage. Auch<br />

die Möglichkeit des Fußmarsches den<br />

Don abwärts wird erwogen. Den Zeitbedarf<br />

errechnen wir mit mindestens 4<br />

Wochen. An das Nächstliegende den-<br />

Suchanfrage<br />

Herr Klaus Kruppka, Löbauer Str.<br />

22a, 02708 Lawalde, hat sich an den<br />

Deutschen Luftwaffenring e.V.mit<br />

der Bitte um Unterstützung bzgl.<br />

der Nachforschung des Schicksals<br />

seines Vaters Richard Kruppka, geb.<br />

27.09.1919, gewandt.<br />

Die WASt in Berlin konnte aufgrund<br />

verloren gegangener Personalunterlagen<br />

aus den verbliebenen Dokumenten<br />

noch folgende Auskünfte erteilen:<br />

• Lt. Meldung vom 24.08.1939 Angehöriger<br />

des I./Kampfgeschwader<br />

General Wever 253, 2. Flughafenbetriebs-Kompanie<br />

Luftwaffe trauert um<br />

ehemaligen Inspekteur<br />

Bad Reichenhall, 08.10.2009.<br />

Im Alter von 91 Jahren verstarb am 4.<br />

Oktober 2009 der ehemalige Inspekteur<br />

der Luftwaffe, Generalleutnant<br />

a.D. Günther Rall, in Bad Reichenhall.<br />

GenLt a.D. Rall war von 1971 bis 1974<br />

Inspekteur der Luftwaffe.<br />

Günther Rall wurde am 10. März 1918 in<br />

Gaggenau/Kreis Rastatt geboren. Nach<br />

dem Einsatz im Krieg begann er seinen<br />

Dienst in der Luftwaffe 1956 im Dienstgrad<br />

Major. Er wurde in den darauffolgenden<br />

Jahren auf verschiedenen Flugzeugmustern<br />

ausgebildet.<br />

GenLt a.D. Rall prägte die Luftwaffe in<br />

entscheidender Phase. Seine Entschei-<br />

24<br />

ken wir zuletzt: Dass der Russe uns hier<br />

finden könnte.<br />

Doch werden wir jäh hieran erinnert,<br />

als wir plötzlich Stimmen hören und<br />

sehen, dass ein Pferdefuhrwerk mit einem<br />

Mann und mehreren zu Fuß folgenden<br />

Frauen auf uns zukommt. Wir<br />

erstarren und ducken uns regungslos<br />

auf den Erdboden unter dem Busch.<br />

Dicht neben unserem Versteck vorbei<br />

führt ein Feldweg, den wir nicht bemerkt<br />

haben. Als die Gruppe vorbeigezogen<br />

ist, überprüfen wir die Umgebung<br />

auf mögliche Trittspuren von uns<br />

im Steppengras und sorgen für Tarnung<br />

unseres Versteckes. Von nun an<br />

sind wir noch etwas vorsichtiger. Nicht<br />

ohne Grund, wie sich bald zeigen wird,<br />

denn bald danach fährt ein Milizsoldat<br />

• Ab 02.01.1941 10. Kompanie Waffenmeisterschule<br />

der Luftwaffe in Halle/Saale<br />

• Lt. Meldung vom 06.06.1942 eingesetzt<br />

bei 3. Kompanie Fallschirmersatzregiment<br />

1, Standort Stendal<br />

• Lt. Meldung vom 26.01.1944 eingesetzt<br />

bei 5. Kompanie Fallschirmjäger-Regiment.<br />

Lt. Meldung vom<br />

26.03.1944 unterstellt der 1. Fallschirmjäger-Division<br />

im Einsatzraum<br />

Adria Küste (Januar 1944) und Monte<br />

Cassino (Februar-März 1944).<br />

• 16.03.1944 Kriegsgefangenschaft<br />

Cassino<br />

dungen zu den Vorbereitungen der Einführung<br />

der Waffensysteme Tornado<br />

und Alpha Jet waren Grundlagen für die<br />

auf einem Motorrad mit Beiwagen an<br />

uns vorbei in die Richtung, aus der wir<br />

gekommen sind. Offensichtlich sucht<br />

er unser Flugzeug. Oder haben sie es<br />

schon gefunden? Dann würde die Suche<br />

noch intensiver werden, weil zugleich<br />

unsere Flucht entdeckt wäre.<br />

Anmerkung der Redaktion<br />

An dieser Stelle endet der 1. Teil des<br />

Berichtes von Lt Gerhard Puklitsch<br />

und findet mit dem 2. Teil in der kommenden<br />

Ausgabe 1/2010 der LwRevue<br />

einen spannenden und bewegenden<br />

Abschluss.<br />

Y. Esken<br />

• Dienstgrade gem. vorliegender Meldungen<br />

(Keine Beförderungsdaten):<br />

02.01.1941 Unteroffizier<br />

16.03.1944 Feldwebel<br />

Gibt es noch ehemalige Zeitzeugen/<br />

Kameraden aus den o.a. Dienststellen,<br />

die Richard Kruppka kennen und weitere<br />

Auskünfte erteilen können?<br />

Informationen werden erbeten an:<br />

Deutscher Luftwaffenring e.V.,<br />

Rheinallee 55, 53173 Bonn<br />

Tel.: 02241/8445987<br />

yorck.esken@luftwaffenring.de oder<br />

Herrn Klaus Kruppka,<br />

Löbauer Str. 22a, 02708 Lawalde<br />

Tel.: 03585/218526<br />

Pinkyk@web.de<br />

Steigerung der Fähigkeiten der Luftwaffe<br />

in den 70er und 80er Jahren.<br />

Nach Führungspositionen wie Kommodoreverwendung<br />

im Jagdbombergeschwader<br />

34, Kommandeurdienstposten<br />

bei der 1. und 3. Luftwaffendivision übernahm<br />

er 1971 als vierter Inspekteur den<br />

höchsten Dienstposten der Luftwaffe. In<br />

seiner letzten Verwendung vor dem Ruhestand<br />

war er Deutscher Militärischer<br />

Vertreter im Military Committee der<br />

NATO in Brüssel.<br />

GenLt a.D. Günther Rall gehört zu den<br />

Gründervätern der Bundeswehr. Seine<br />

Verdienste und sein Wirken für die Streitkräfte<br />

und das Bündnis verdienen ein ehrendes<br />

Gedenken.<br />

(Quelle: Luftwaffe/Archiv)<br />

LuftwaffenRevue


„Am 26. November 1943 von einem<br />

Feindflug über der Deutschen Bucht nicht<br />

zurückgekehrt, seitdem vermisst.“ So lautet<br />

ein Eintrag im Wehrpaß des Feldwebel<br />

Ludwig Reichenbacher am 30. Dezember<br />

1943. Am 12. Februar 1944 erfolgt eine<br />

Berichtigung durch den Staffelkapitän,<br />

der Flugzeugführer sei am 26.11.1943<br />

bei Großenging/Lostrup (Südoldenburg)<br />

im Luftkampf gefallen. Seine Leiche wurde<br />

erst am 06. Januar 1944 dort im Moor<br />

gefunden. Darüber berichtet der Gendarmeriemeister<br />

Georg Ripken in einem<br />

persönlichen Schreiben vom selben Tag<br />

an die Ehefrau Betty Reichenbacher, de-<br />

Vom Feindflug nicht zurückgekehrt<br />

Das Fliegerschicksal des Feldwebel Ludwig Reichenbacher<br />

Verlustmeldung im Wehrpass<br />

ren einjährige Tochter<br />

Edeltraud ihren Vater<br />

nicht mehr kennenlernen<br />

wird. Als Augenzeuge<br />

beschreibt er<br />

die Angriffe der deutschen<br />

Jagdflugzeuge<br />

auf „die Übermacht<br />

der fliegenden Festungen“.<br />

Zum selben<br />

Zeitpunkt, als Reichenbacher<br />

abstürzt, muß<br />

„ein anderer Jäger wegen<br />

Verwundung eine<br />

Bauchlandung vornehmen“.<br />

Den Gefallenen<br />

finden Bauern einige Kilometer<br />

von seinem zerstörten Flugzeug<br />

entfernt. Sein Oberkörper sei, so der Berichterstatter,<br />

„gänzlich in das Moor eingedrungen,<br />

so dass er in der Heide nicht<br />

leicht zu finden war. Nachdem wir Ihren<br />

GESCHICHTE<br />

Ludwig Reichenbacher in seiner Fw 190 A-5 mit<br />

dem Wappen der III./JG1 und dem Namenszug<br />

seiner Tochter „Traudl“<br />

Ausbildung und Geleitschutz<br />

Ludwig Reichenbacher wird am 26. Juni<br />

1920 in Siegelsdorf bei Nürnberg geboren.<br />

Nach abgeschlossener Schulpflicht<br />

Die Liberator B-24 mit der Serien-Nummer 42-7490 im Vordergrund<br />

Mann gereinigt hatten, stellten wir fest, und Bäckerlehre leistet er seinen Arbeits-<br />

dass er mehrere Schüsse in Hals und Kopf dienst ab. Im Jahre 1937 tritt er als Freiwil-<br />

hatte. Nach dem Befund muß er gleich liger mit 12-jähriger Dienstverpflichtung<br />

nach der Verwundung aus dem Flugzeug in die Luftwaffe ein. In München-Neu-<br />

abgesprungen und dann sofort wegen biberg erhält er seine Grundausbildung,<br />

der schweren Verwundung die Besinnung dort und in Eger schließen sich weitere<br />

verloren haben, so dass er nicht mehr die Ausbildungsgänge und die Beförderung<br />

Reißleine des Fallschirms ziehen konn- zum Unteroffizier an. Seine Ausbildung<br />

te.“ Mit tröstlichen Worten im Sprachstil zum Flugzeugführer von Jagdflugzeugen<br />

der Zeit schließt der Polizeibeamte seinen absolviert er vom 16.11.1940 bis zum<br />

Brief ab und verweist noch darauf, dass 07.05.1941 an der Jagdfliegerschule 5.<br />

man „den unerschrockenen Lufthelden Es folgen Verwendungen bei der Erg.Gr./<br />

in einen schönen Sarg gebettet“ habe, Jagdgeschwader 51 und beim Jagdge-<br />

„damit ihm ein würdiges Grab in heischwader 1. Eine Vielzahl von Einsätzen<br />

Ludwig Reichenbacher als Gefreiter<br />

der Luftwaffe<br />

matlicher Erde bereitet werden kann.“ führt ihn zum Schutz deutscher Geleitzüge<br />

von Flugplätzen in Norddeutschland,<br />

4. Quartal 2009 25


GESCHICHTE<br />

Dänemark und Südnorwegen aus in den<br />

skandinavischen Raum. Bei Angriffen auf<br />

alliierte Schiffseinheiten in der Nordsee<br />

wird er zweimal abgeschossen und –auf<br />

See treibend – gerettet. Für seine zahlreichen<br />

Einsätze erhält er am 24.07.1942<br />

die Frontflugspange in Bronze.<br />

Im Abwehrkampf gegen Bomber<br />

Am 03.04.1943 erfolgt die Versetzung<br />

zur 1. Staffel des Jagdgeschwader 11. Ihr<br />

Operationsgebiet ist vor der norwegischen<br />

Küste und in der deutschen Bucht,<br />

um einfliegende alliierte Bomberverbände<br />

abzufangen. Hier erzielt der am<br />

01.07.43 zum Feldwebel beförderte Reichenbacher<br />

seine ersten Luftsiege. Am<br />

04.10.1943 schießt er eine B-24 Liberator<br />

und am 09.10.1943 eine B-17 Flying Fortress<br />

ab. Am 05.11.1943 schießt er bei einem<br />

Angriff der 2nd Bomb Division auf<br />

Münster bei Uedem (Niederrhein) wieder<br />

eine B-24 ab. Seinen 4. anerkannten Luftsieg<br />

erringt er am 18.11.1943 bei einem<br />

Angriff der 2nd Bomb Division auf Oslo<br />

Kjeller nochmals über eine B-24.<br />

Eine Besonderheit stellt die am 5. November<br />

1943 von Reichenbacher abgeschossene<br />

Liberator dar. Ihre Identität<br />

lässt sich an Hand amerikanischer und<br />

deutscher Quellen nachweisen: Eine B-24<br />

26<br />

Beisetzung eines gefallenen Kameraden<br />

mit der Serien-Nummer 42-7490 von der<br />

578th Bomb Squadron; neun von elf Besatzungsmitgliedern<br />

finden den Tod.<br />

Am 26.11.1943 schlägt dann die Schicksalsstunde<br />

für Reichenbacher. Bei einem<br />

Großangriff der gesamten 8. US-Luftflot-<br />

LtCol David Carl Schilling<br />

te starten 505 Viermotorige, deren Bomben<br />

ausdrücklich dem Stadtgebiet der<br />

alten Hansestadt gelten sollen. Tatsächlich<br />

gelangen 440 B-17 und B-24 über<br />

das Zielgebiet, wo sie zwischen 11.45<br />

Uhr und 12.28 Uhr über 1200 t Bomben<br />

abladen und damit sehr schwere Verluste<br />

unter der Bevölkerung, aber auch er-<br />

Mitglied werden im Deutschen Luftwaffenring e.V.<br />

(gegründet 1952)<br />

Tradition & Moderne treffen hier in einer einzigartigen Mischung aufeinander.<br />

Wir würden uns freuen, auch Sie als Mitglied gewinnen zu dürfen.<br />

hebliche Verwüstungen in verschiedenen<br />

Industriegebieten anrichten. Geschützt<br />

werden die Viermots bei ihrem Einflug<br />

von 381 P-47 und P-38. Auf amerikanischer<br />

Seite gehen zwar 28 B-17, 3 B-24<br />

und P-47 verloren, aber auch die Verluste<br />

der deutschen Jagdabwehr wiegen<br />

schwer. Unter den zahlreichen deutschen<br />

Jagdflugzeugen, die an diesem Tag abgeschossen<br />

werden, ist auch die Maschine<br />

von Reichenbacher. Zu den US-Begleitjägern<br />

gehört auch die 56th Fighter Group<br />

(genannt Wolfpack), eine Einheit, die<br />

die meisten Abschüsse auf dem europäischen<br />

Kriegsschauplatz erzielt hat. Zu<br />

den Jagdfliegerassen der 56th FG zählt<br />

LtCol David Carl Schilling. Ihm weist die<br />

Victory List insgesamt über 22 Luftsiege<br />

zu, darunter zwei am 26.11.1943. Es<br />

handelt sich dabei um zwei Focke-Wulf<br />

190, die südostwärts von Oldenburg zu<br />

Boden gehen. Eine davon wird die Maschine<br />

von Fw Reichenbacher gewesen<br />

sein, der beim Absturz den Tod findet.<br />

Am 9. Januar 1944 teilt der Oberleutnant<br />

und stellv. Staffelführer Grützmacher der<br />

Witwe den Tod ihres Mannes offiziell<br />

mit. Mit der Beschreibung der Umstände<br />

des Absturzes bemüht er sich zu erklären,<br />

dass dem Gefallenen „so ein längeres<br />

Leiden erspart geblieben“ sei. Dem Brief<br />

liegt auch die Verleihungsurkunde zum<br />

Eisernen Kreuz II. Klasse bei, das dem<br />

Feldwebel Ludwig Reichenbacher für seine<br />

bestätigten Abschüsse posthum am<br />

13.12.1943 verliehen worden ist. Seine<br />

letzte Ruhestätte findet er in einem Familiengrab<br />

im mittelfränkischen Veitsbronn.<br />

Quellen:<br />

Wehrpaß und Flugbuch von Ludwig Reichenbacher.<br />

Jochen Prien und Peter Rodeike, Einsatz in der<br />

Reichsverteidigung von 1939 – 1945. Jagdgeschwader<br />

1 und 11, Teil 1, 1939 – 1943, Eutin<br />

1993<br />

Frank J. Olynyk, USAAF (European Theater)<br />

Credits for the destruction of enemy aircraft in<br />

Air-to-Air combat World War 2, Aurora, Ohio,<br />

1987 - Roger A. Freeman, Mighty Eighth War<br />

Diary, London, 1981<br />

Tony Wood, O.K.L. Claims, OO,OD<br />

Bilder: Archiv AG Luftkriegsgeschichte<br />

Rheinland (Repros: Claus Leonhardt).<br />

Horst Schuh<br />

LuftwaffenRevue


Die Focke-Wulf FW-190 A-5 mit der Werknummer 410246 von<br />

Feldwebel Ludwig Reichenbacher von der 1./JG11<br />

Quelle: Frank Tausche<br />

Die P-47D-1-RE Thunderbolt mit der Air Force Seriennummer 42-7938 von<br />

Lt. Col. David Carl Schilling „56th FG, 62nd FS“<br />

( „56th Fighter Group, 62nd Fighter Squadron“ )<br />

Quelle: URL: http://www.warbirdsresourcegroup.org/URG/schiling.html<br />

GESCHICHTE<br />

4. Quartal 2009 27


GESCHICHTE<br />

Beginn Teil 3<br />

28<br />

Chronologie eines Luftkrieges<br />

Der Kreis Bernkastel 1939 - 1945<br />

In der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember<br />

startet die deutsche Wehrmacht die<br />

letzte groß angelegte Offensive im Westen.<br />

Ihr Ziel ist es, durch Belgien an die<br />

Kanalküste vorzustoßen und somit die<br />

alliierten Kräfte zu teilen. Bedingt durch<br />

das schlechte Wetter und das Fernbleiben<br />

der alliierten Jabos, macht die Offensive<br />

zu Beginn deutliche Fortschritte. Erst am<br />

23. Dezember klart das Wetter soweit<br />

auf, daß die taktischen Luftflotten der<br />

Amerikaner und Briten dem deutschen<br />

Ansturm ihre gesamten Einsatzkräfte<br />

entgegenschicken können. Aber auch die<br />

deutsche Luftwaffe zeigt sich seit langer<br />

Zeit wieder in großer Stärke. So bleiben<br />

schwere Luftkämpfe nicht aus.<br />

Einer dieser Luftkämpfe tobt gegen Mittag<br />

in der Südeifel. Nachdem mit B-26<br />

”Marauder” ausgerüstete amerikanische<br />

”Bomb Groups” mehrere Eisenbahnbrücken<br />

bei Euskirchen, Ahrweiler und<br />

Ediger-Eller angegriffen haben, treffen<br />

sie auf dem Rückflug auf starke deutsche<br />

Jagdkräfte. Es soll ein schwarzer Tag der<br />

B-26-Verbände der ”US 9th Air Force” werden.<br />

Insgesamt verlieren die Amerikaner<br />

vor Eintreffen des eigenen Jagdschutzes<br />

36 Bomber aus den einzelnen Pulks. Es ist<br />

das erste Mal, und es wird auch das einzige<br />

Mal bleiben, daß es deutschen Jagdverbänden<br />

gelingt, den amerikanischen<br />

B-26-Verbänden innerhalb eines Tages<br />

so schwere Verluste zuzufügen. Aber sie<br />

können ihren Triumph nicht lange auskosten.<br />

Noch während sie in Kämpfe mit<br />

den zweimotorigen Bombern verwickelt<br />

sind, taucht der Jagdschutz auf, und aus<br />

Jägern werden Gejagte. In den folgenden<br />

Minuten müssen die Deutschen für ihren<br />

Erfolg bitter bezahlen. Selbst wenn es ihnen<br />

gelingt, den Feind im Tiefflug abzuschütteln,<br />

müssen sie erst ihre angeschlagenen<br />

Mühlen auf eigene Einsatzplätze<br />

zurückbringen.<br />

Zwei Flugzeugführern des JG 11 soll dies<br />

nicht mehr gelingen. Kurz nach Mittag<br />

hört man in Hilscheid das Motorengeräusch<br />

einer Bf 109. Dieses erstirbt plötzlich,<br />

Stille. Der Flugzeugführer versucht<br />

eine Bruchlandung. In einem ansteigenden<br />

Wiesenhang setzt er auf, durchbricht<br />

eine Böschung und hebt noch einmal ab,<br />

um dann schließlich fast auf der Höhe<br />

mit seiner jetzt motorlosen Maschine in<br />

einem Acker liegenzubleiben. Der Motor<br />

ist vorher bei der harten Bruchlandung<br />

abgerissen und liegt nur wenige Meter<br />

neben dem Rest der Maschine. Der schwer<br />

verletzte und bewußtlose Flugzeugführer<br />

wird von Anwohnern aus den Trümmern<br />

seines Flugzeuges gerettet und nach Hilscheid<br />

gebracht. Von dort gelangt er<br />

schließlich in das Lazarett nach Traben-<br />

Trarbach.<br />

Nur wenige Kilometer entfernt, kämpft<br />

ein weitere Pilot des JG 11 mit seiner Bf<br />

109. Über Hottenbach verläßt er seine<br />

angeschlagene Maschine, die schließlich<br />

am Ortsausgang an einem Hohlweg aufschlägt.<br />

Im Gegensatz zu seinem Kameraden<br />

ist er nur leicht verletzt und stößt<br />

bald wieder zu seiner Einheit.<br />

Die Lancaster, welche am 03. Februar<br />

1945 bei Wolf abstürzte. Die Besatzung<br />

auf dem Bild ist jedoch nicht die Besatzung<br />

vom Absturz am 03. Februar!<br />

Mit dem weiter aufklarenden Wetter<br />

melden sich auch die Jabos zurück. Zudem<br />

fliegen die strategischen Bomberverbände<br />

mit ihren viermotorigen Bombern<br />

taktische Einsätze zur Unterstützung der<br />

alliierten Bodentruppen. In den Tagen<br />

zwischen Weihnachten und Neujahr<br />

muß infolgedessen das Kreisgebiet die<br />

bisher schwersten Bombenangriffe des<br />

Krieges über sich ergehen lassen. Am<br />

24. Dezember fallen die ersten Bomben<br />

in Niederemmel und Monzelfeld. Am<br />

25. Dezember folgen Abwürfe auf Erden,<br />

Etgert, Gutenthal, Riedenburg, Hoxel,<br />

Wirschweiler und Allenbach. In Erden<br />

und Etgert gibt es dabei Tote und Verletzte.<br />

Zudem erhält die Hoxeler Brücke drei<br />

Volltreffer. Zwei Pfeiler der Brücke sind<br />

zerstört. Zwei Tage später folgen Abwürfe<br />

auf Morbach, Bernkastel, Andel und<br />

Zeltingen. Zusätzlich gibt es noch Bordwaffenbeschuß<br />

in Gutenthal, Thalfang,<br />

Bernkastel und Zeltingen. In Morbach<br />

stirbt ein Kind. Der 28. Dezember bringt<br />

einen Bombenabwurf auf Wenigerath,<br />

und einen Tag später fallen Bomben auf<br />

die Straße Filzen-Wintrich. Wiederum<br />

Teil 3<br />

einen Tag später schlagen Bomben bei<br />

Wintrich in freies Feld ein. An Silvester<br />

sind schließlich noch einmal Wehlen,<br />

Thiergarten, Bernkastel und Zeltingen<br />

Ziel der Bomben.<br />

Die Ardennenoffensive geht an Neujahr<br />

in ihre dritte Woche. Der schnelle, anfangs<br />

durch das schlechte Wetter unterstützte<br />

Vormarsch der Heeresverbände<br />

gerät ins Stocken oder ist schon gänzlich<br />

zum Stillstand gekommen. Vor allem<br />

die Jabos, die selten von deutschen Jagdflugzeugen<br />

gestört werden, machen den<br />

Panzerspitzen schwer zu schaffen. Das<br />

Heer verlangt Abhilfe, und am 1. Januar<br />

1945 reagiert die deutsche Luftwaffe mit<br />

einem groß angelegten Luftangriff auf<br />

die Flugplätze der alliierten taktischen<br />

Luftstreitkräfte. Ziel ist es, so viele alliierte<br />

Flugzeuge wie möglich am Boden<br />

zu zerstören. Trotz einiger Erfolge wird<br />

der ”Unternehmen Bodenplatte” getaufte<br />

Einsatz ein Desaster für die deutsche<br />

Jagdwaffe, von der sie sich nicht mehr<br />

erholt. Wer nicht von der alliierten Flak<br />

oder von den schon in der Luft befindlichen<br />

Jägern abgeschossen wird, gerät<br />

auf dem Rückflug in die eigenen Flaksperren,<br />

die, nur unzureichend über den<br />

Einsatz unterrichtet, den Heimkehrern<br />

weitere schwere Verluste zufügen. Eine Bf<br />

109 des Jagdgeschwaders 4 (JG 4) muß<br />

auf dem Rückflug von einem Einsatz in<br />

Belgien in der Nähe der Ruine Baldenau<br />

bei Hundheim aus Mangel an Sprit notlanden.<br />

Der Flugzeugführer verletzt sich<br />

leicht bei der Bruchlandung.<br />

Am 2. Januar fallen Bomben bei Hochscheid<br />

auf einen Zug. Hierbei gibt es<br />

mehrere Tote unter den Insassen eines<br />

Lazarettwagens, darunter auch ein amerikanischer<br />

Flieger. Drei Tage später, am<br />

5. Januar, sind Thalfang, Gräfendhron,<br />

Weitersbach und Schönberg Ziele von<br />

Bombenabwürfen. Des weiteren wird die<br />

Straße Papiermühle-Dhron durch einen<br />

Abwurf beschädigt. Wenigerath wird am<br />

13. Januar mit Bordwaffen beschossen<br />

und einen Tag später treffen Bomben<br />

das Bootshaus in Zeltingen. Eine einzelne<br />

Bombe wird am 15. Januar aus Niederemmel<br />

gemeldet, das am 22. Januar<br />

Ziel eines weiteren Angriffs ist. Einige<br />

Bomben fallen dabei auf den Ortsteil<br />

Müstert, der erhebliche Gebäudeschäden<br />

zu verzeichnen hat. Der 24. Januar<br />

bringt Bombenabwürfe auf Andel und<br />

Bernkastel. In Andel erfolgt zudem noch<br />

ein Bordwaffenbeschuß, der zwei Tote<br />

LuftwaffenRevue


fordert. Die Moselbrücken und Verkehrswege<br />

sind auch am Nachmittag des 26.<br />

Januar Ziele der Jabos. In Niederemmel<br />

fallen Bomben in der Nähe der Piesporter<br />

Brücke. Die Müsterter Brücke wird sogar<br />

getroffen, bleibt jedoch passierbar. Weitere<br />

Bomben gehen bei Dhron und bei<br />

Wehlen nieder. Die letzte Bombe des Januar<br />

1945 fällt am 29. in der Nähe von<br />

Neumagen.<br />

Der Februar beginnt, wie der Januar<br />

aufgehört hat. Im Verlauf des 2. Februar<br />

fallen Bomben bei Rhaunen und entlang<br />

der Straße Papiermühle-Thalfang.<br />

Zudem wird Rhaunen mit Bordwaffen<br />

beschossen.<br />

In der darauf folgenden Nacht vom 2.<br />

auf den 3. Februar stürzt wieder ein britischer<br />

Bomber im Kreisgebiet ab. Eine<br />

”Lancaster” der 419 Sqdn. der ”Royal Canadian<br />

Air Force” wird auf dem Rückflug<br />

von Wiesbaden von der Flak getroffen.<br />

Der Pilot gibt sofort den Befehl zum Aussteigen.<br />

Nur der Heckschütze kann gerade<br />

noch aus seinem Drehturm mit dem<br />

Fallschirm abspringen, der Rest der Besatzung<br />

hat keine Chance, aus der steil<br />

stürzenden Maschine zu entkommen, die<br />

schließlich bei Wolf aufschlägt.<br />

Jabo-Angriffe erfolgen wieder am 6. Februar<br />

1945. Bomben werden dabei bei<br />

Merschbach und Horath in freies Gelände<br />

und in den Wald geworfen. Hottenbach<br />

erhält zudem Bordwaffenbeschuß.<br />

Wieder ist es ein britischer Bomber, der<br />

in der Nacht vom 7. auf den 8. Februar<br />

1945, nach einem Angriff auf Mainz, bei<br />

Berglicht in den Wald stürzt. Aus der Maschine<br />

kann sich nur der Navigator der<br />

De Havilland ”Mosquito” der 692 Sqdn.,<br />

einer Pfadfindereinheit, lebend retten.<br />

Der Pilot kommt in den Trümmern seiner<br />

Maschine ums Leben.<br />

In den nächsten Tagen erfolgen wieder<br />

Bordwaffenangriffe und Bombenabwürfe.<br />

Am 8. Februar liegen die Ziele in Neumagen,<br />

bei Hoxel und in Kempfeld. Zu<br />

den erheblichen Gebäudeschäden kommt<br />

noch eine 24stündige Unterbrechung der<br />

Bahnlinie Simmern-Hermeskeil. Zudem<br />

greifen die Jabos Langweiler, Sensweiler<br />

und die Straße Kempfeld-Katzenloch<br />

an. Der 9. Februar bringt weitere Bombenabwürfe,<br />

diesmal auf Neumagen,<br />

Longkamp und Monzelfeld. Nach einer<br />

kurzen Pause geht es am 13. Februar weiter.<br />

Ziel der Bomben sind Oberkirn und<br />

Morbach. In Morbach wird wieder einmal<br />

die Hunsrückhöhenbahn getroffen,<br />

die für 24 Stunden unterbrochen ist. Am<br />

14. Februar werden Bombenabwürfe bei<br />

Noviand und Niederemmel gemeldet.<br />

Nach dem Ende der Ardennenoffensive<br />

und dem Desaster der deutschen Luft-<br />

waffe vom 1. Januar kommt es in der<br />

Folgezeit nur zu vereinzelten Luftgefechten.<br />

Im Februar flauen diese noch weiter<br />

ab, da zumeist nur alliierte Maschinen in<br />

der Luft zu beobachten sind. Tatsächlich<br />

werden die meisten deutschen Jagdverbände<br />

an die Ostfront verlegt. Trotz der<br />

aussichtslosen Lage in der Luft braucht<br />

das Heer weiterhin Informationen über<br />

die Truppenstärke des Feindes und dessen<br />

Bewegungen. Die Überlebenschance<br />

der am Anfang des Krieges entwickelten<br />

Heeresaufklärer ist unter den gegebenen<br />

Umständen sehr gering. Nur für diesen<br />

Zweck umgerüstete moderne Kampfflugzeuge<br />

haben noch Aussicht, diese Aufgabe<br />

erfolgreich durchzuführen. So fliegen<br />

im Westen die Nahaufklärereinheiten<br />

nunmehr eine für diese Zwecke umgerüstete<br />

Version der Bf 109.<br />

Am Morgen des 16. Februar 1945 startet<br />

ein Schwarm der ”Nahaufklärungsruppe”<br />

1 (NAGr 1) zu einem Einsatz in den<br />

Raum Diekirch-Metz-Saarburg. Auf dem<br />

Rückflug werden sie bei Trier von Piloten<br />

der ”354th Fighter Group” (354th FG) gesichtet<br />

und sofort angegriffen. Die Deutschen<br />

bemerken, daß sie verfolgt werden,<br />

und spalten sich in zwei Rotten auf. Bevor<br />

die Amerikaner auch nur in Schußweite<br />

der ersten Rotte gelangen, dreht einer der<br />

beiden deutschen Flugzeugführer seine<br />

Maschine auf den Rücken und steigt aus.<br />

Sein Fallschirm öffnet sich, und er landet<br />

unweit von Horath in einem Waldgebiet<br />

und bleibt in einer Baumkrone hängen.<br />

Zur Landestelle eilende Volkssturmleute<br />

helfen ihm schließlich aus dem Baum.<br />

Unweit seiner Landestelle schlägt auch<br />

seine Bf 109 auf, die fast völlig zerstört<br />

wird. Auffallendster Gegenstand unter<br />

den Überresten ist eine große Reihenbildkamera.<br />

Der zweite Flugzeugführer wird<br />

noch einige Kilometer gejagt, bis auch er<br />

sich entschließt auszusteigen. Er landet<br />

in der Nähe von Haag, und nachdem<br />

er seinen Fallschirm zusammengeholt<br />

hat, begibt er sich in den Ort. Seine Maschine<br />

stürzt am Ortsrand von Odert ab,<br />

wobei sie einen Trichter in ein Feld reißt.<br />

Auch hier müssen die Amerikaner keinen<br />

Schuß abfeuern. Die beiden anderen<br />

Maschinen des NAGr 1 können vorerst<br />

entkommen. Erst beim Landeanflug auf<br />

ihren Heimathorst werden sie zum zweiten<br />

Mal gestellt und abgeschossen.<br />

Am Nachmittag des 19. Februar erfolgt<br />

ein folgenreicher Bombenabwurf auf<br />

Bernkastel. Ein Luftschutzkeller wird getroffen<br />

und stürzt ein. In ihm finden 50<br />

Menschen den Tod. Ebenfalls an diesem<br />

Nachmittag fallen weitere Bomben neben<br />

der Straße Allenbach-Katzenloch in<br />

freies Gelände. Der folgende Tag bringt<br />

GESCHICHTE<br />

weitere Angriffe mit Bordwaffen auf Talling,<br />

Berglicht und Thalfang sowie den<br />

Abwurf einer einzelnen Bombe auf Wehlen.<br />

Maring, Deuselbach und Morbach<br />

sind das Ziel der Jabos am 21. Februar.<br />

Die Bomben richten aber nur Schäden<br />

auf dem Bahngelände in Morbach an.<br />

Die Nacht vom 21. auf den 22. ist die dritte<br />

Nacht im Februar, in der ein britischer<br />

Bomber innerhalb des Kreises abstürzt.<br />

Eine ”Halifax” der 10 Sqdn. ist dieses Mal<br />

Opfer eines deutschen Nachtjägers. Wenige<br />

Minuten nachdem sie ihre Bombenlast<br />

auf Worms abgeladen haben, beobachtet<br />

der Bordfunker den Schatten eines<br />

einmotorigen Flugzeuges. Eine Minute<br />

später gibt der Heckschütze eine Warnung<br />

an den Piloten ab, als auch schon<br />

Maschinengewehrfeuer zu hören ist und<br />

die Leuchtspurgarben am Rumpf vorbeistreifen.<br />

Der Pilot meldet über Bordnetz,<br />

daß die Seiten- und Höhenruderkontrollen<br />

beschädigt sind, und der Bordmechaniker<br />

beobachtet gleichzeitig ein Feuer<br />

im Hinterteil des Rumpfs, woraufhin der<br />

Pilot den Befehl zum Aussteigen gibt. Vier<br />

Mann springen aus dem vorderen Notausstieg<br />

ab. Der Heckschütze läßt sich<br />

wahrscheinlich aus seinem Turm fallen.<br />

Sie geraten alle in Gefangenschaft. In der<br />

Zwischenzeit gelingt es dem Bordfunker,<br />

das Feuer im Heck der Maschine zu löschen,<br />

und der Pilot entschließt sich, gegen<br />

Westen weiterzufliegen und alliiertes<br />

Gebiet zu erreichen. Nur wenige Augenblicke<br />

später erfolgt ein zweiter Angriff<br />

des deutschen Nachtjägers, und der Pilot<br />

befiehlt, das Flugzeug endgültig zu verlassen.<br />

Der Bordfunker springt sofort ab,<br />

und auch der Pilot schafft es schließlich,<br />

seine Maschine zu verlassen. Er landet<br />

unweit von Kleinich und wird wie seine<br />

fünf vorher abgesprungenen Kameraden<br />

gefangengenommen. Im Gegensatz<br />

zu diesen gelingt es dem Bordfunker, die<br />

eigenen Linien zu erreichen, und wenige<br />

Wochen später befindet er sich wieder in<br />

England. Die Maschine beschreibt noch<br />

einen Kreis und schlägt schließlich bei<br />

Kleinich in einer Wiese auf.<br />

Es gibt jetzt fast täglich Jabo-Angriffe auf<br />

Ziele im Kreisgebiet, so auch am Morgen<br />

nach dem Absturz bei Kleinich. Es fallen<br />

Bomben bei Thalfang, und am Nachmittag<br />

wird auch die Wetterdienststelle<br />

auf dem Erbeskopf sowie das Sägewerk<br />

Mettler in Hinzerath angegriffen. Bei<br />

der Wetterdienststelle gibt es einen Toten.<br />

Auch der 23. Februar bringt weitere<br />

Bordwaffenangriffe und Bombenabwürfe.<br />

Ziele sind Graach, Thalfang und<br />

Katzenloch. Wehlen wird am 24. Februar<br />

schwer getroffen. 25 Häuser sind zerstört,<br />

14 Einwohner kommen ums Leben. We-<br />

4. Quartal 2009 29


GESCHICHTE<br />

nige Stunden vorher gab es schon Bordwaffenangriffe<br />

und Bombenabwürfe bei<br />

Thalfang und Hoxel. Schließlich wird<br />

abends noch ein Lkw auf der Hunsrückhöhenstraße<br />

bei Morbach beschossen.<br />

Morbach wird auch am 25. Februar wieder<br />

das Ziel der Jabos. Mehrere Bomben<br />

fallen auf die Bahngleise Morbach-Hoxel.<br />

Der Bahnverkehr ist vorübergehend<br />

unterbrochen. Am Nachmittag des 28.<br />

und letzten Tages im Februar 1945 wird<br />

eine Panzersperrenbaustelle zwischen<br />

Morbach und Rapperath mit Bordwaffen<br />

angegriffen. Ein Mann kommt dabei ums<br />

Leben. Wenige Stunden später erfolgt ein<br />

zweiter Bordwaffenangriff bei Morbach<br />

auf die Hunsrückhöhenstraße. Damit<br />

endet für den Kreis Bernkastel der wohl<br />

schwärzeste und verlustreichste Monat<br />

des gesamten Krieges. Aber noch sind die<br />

Amerikaner nicht da, und der Krieg ist<br />

erst in zwei Monaten vorbei.<br />

Nach Bernkastel und Wehlen wird Niederemmel<br />

am Morgen des 1. März 1945<br />

der dritte Ort im Kreis, der einem schweren<br />

Bombenangriff ausgesetzt wird. Auf<br />

den Ortsteil Reinsport fällt eine große<br />

Anzahl von Bomben, die insgesamt 20<br />

Gebäude zerstören, neun Tote werden<br />

gezählt. Die Straße Neumagen-Bernkastel<br />

und das Gleis der Moselbahn sind<br />

ebenfalls getroffen, was den Verkehr auf<br />

unbestimmte Zeit behindert. Auch die<br />

Gleise der Strecke Simmern-Hermeskeil<br />

werden an diesem Tag bei Hinzerath unterbrochen.<br />

Der Verkehr kann hier nur<br />

noch durch Umsteigen aufrecht erhalten<br />

werden. Am 2. März wird Bernkastel<br />

schließlich zum zweiten Mal schwer getroffen.<br />

Die Bomben fordern an diesem<br />

Tag weitere 18 Opfer.<br />

Nur noch sehr selten sieht man deutsche<br />

Maschinen. Meistens handelt es sich dabei<br />

um Aufklärer, die immer noch versuchen,<br />

dem Heer Informationen über den<br />

Vormarsch der Amerikaner zu liefern.<br />

Am 8. März 1945 kommt eine Bf 109 der<br />

NAGr 13 in geringer Höhe vom Hunsrück<br />

her, um schließlich die Mosel entlang<br />

zu fliegen und auf einer Höhe bei Niederemmel<br />

auf einem Acker aufzusetzen.<br />

Der Flugzeugführer steigt unverletzt aus<br />

und macht sich auf den Rückweg zu seiner<br />

Einheit. Die Maschine bleibt dagegen<br />

liegen, da der Feind schon so nahe steht,<br />

daß ein Abtransport unmöglich ist.<br />

In den folgenden Tagen rückt die Front<br />

stetig näher, und zwischen dem 16. und<br />

19. März marschieren die Amerikaner in<br />

den einzelnen Orten des Kreises ein.<br />

Doch bevor sie am 19. März auch in<br />

Kempfeld sind, muß dort noch eine Douglas<br />

A-20 ”Havoc” der ”410th Bomg<br />

Group” (410th BG) notlanden. Nach ei-<br />

30<br />

nem Angriff auf Kaiserslautern am 17.<br />

März bleibt eine der Maschinen des Verbandes<br />

wegen Motorproblemen zurück.<br />

Nach und nach verliert sie an Höhe.<br />

Zwischen Schauren und Kempfeld setzt<br />

sie schließlich auf einem Acker auf, wobei<br />

sie noch einen Mast der Telefonleitung<br />

Kempfeld-Schauren mitnimmt. An<br />

diesem Tag befindet sich eine deutsche<br />

Lazarettkompanie in Kempfeld, die aus<br />

Benzinmangel mit ihren Lkws dort liegenblieb.<br />

Ihnen kommt das Flugzeug<br />

gerade recht. Nachdem sie die drei Besatzungsmitglieder<br />

festgenommen haben,<br />

beginnen sie den Sprit aus den Tragflächentanks<br />

der A-20 in die Tanks ihrer eigenen<br />

Fahrzeuge umzupumpen. Schließlich<br />

sind sie damit fertig und verlassen<br />

unverzüglich mit ihren Gefangenen den<br />

Ort. Die Amerikaner finden zwei Tage<br />

später nur noch die verlassene Maschine.<br />

Mit dem Einmarsch der Amerikaner hören<br />

die Bombenangriffe schlagartig auf.<br />

Doch nach wie vor erfolgen Überflüge.<br />

Vor allem die taktischen Verbände der<br />

”9th Air Force” von ihren Basen nahe<br />

der deutsch-französischen Grenze überfliegen<br />

täglich den Kreis.<br />

Am Ostermontag, dem 2. April 1945,<br />

startet von einem Flugplatz bei Metz eine<br />

Staffel von Republic P-47 ”Thunderbolt”<br />

der ”362nd Fighter Group”. Ihr Ziel ist<br />

der Flugplatz von Erfurt. Nachdem sie die<br />

tief liegende Wolkendecke durchstoßen<br />

haben, vermißt der Staffelführer eine der<br />

Maschinen. Während er noch versucht,<br />

den Piloten über Funk zu erreichen, setzt<br />

er den Einsatz fort. Dieser kann ihn aber<br />

nicht mehr hören, da er kurz vorher, aus<br />

der Wolkendecke kommend, bei Kempfeld<br />

mit seiner P-47 auf einem Acker aufgeschlagen<br />

ist. Der Pilot ist sofort tot.<br />

Am 8. Mai 1945 kapitulieren schließlich<br />

die deutschen Heeres-, Marine- und<br />

Luftwaffenverbände. Der Krieg ist für<br />

Deutschland vorbei. In den Niederlanden<br />

erfolgt jedoch erst zwei Tage später die<br />

Kapitulation. An diesem 10. Mai kreist<br />

eine Siebel Si 204 über dem Hunsrück.<br />

Sie fliegt mit ihren letzten Spritreserven,<br />

und der Flugzeugführer sucht angestrengt<br />

nach einem Platz, auf dem er sein<br />

Flugzeug notlanden kann. Endlich sieht<br />

er ein geeignetes Gelände und setzt bei<br />

Hausen auf einem Acker auf. Der Flugzeugführer<br />

und seine drei Passagiere versuchen<br />

sofort, sich vor den Amerikanern<br />

zu verbergen, was den Passagieren aber<br />

nicht lange gelingt. Sie werden noch am<br />

gleichen Tag festgenommen und gelangen<br />

in Kriegsgefangenschaft. Nur der Pilot,<br />

der sich sofort auf den Weg in seinen<br />

Heimatort macht, kann entkommen.<br />

Der Krieg ist jetzt seit über sechzig Jahren<br />

zu Ende, und es wird immer schwieriger,<br />

einzelne Ereignisse genau zu erfassen.<br />

Ist dies bei den meisten Abstürzen und<br />

Notlandungen im Kreisgebiet gelungen,<br />

so gibt es doch zwei Ereignisse, deren Zuordnung<br />

bisher nicht möglich war.<br />

Amerikanische Maschine und ihr Pilot,<br />

welche am 16. Februar 1945 an dem<br />

Luftkampf mit den beiden deutschen<br />

Aufklärern beteiligt war.<br />

An einem Tag mit tief hängender Wolkendecke<br />

ist ein Luftkampf über Gonzerath<br />

zu hören. Plötzlich kommt eine Maschine<br />

durch die Wolkendecke hindurch<br />

und fliegt in Richtung Kommen ab. Hinter<br />

Kommen bleibt die deutsche Maschine<br />

mit dem Leitwerk in einer Hochspannungsleitung<br />

hängen und setzt wenig<br />

weiter auf einem Acker auf. Der Flugzeugführer<br />

steigt aus und geht in den<br />

Ort, von wo er später abgeholt wird.<br />

In Veldenz macht ein deutsches Jagdflugzeug<br />

eine Bruchlandung in den<br />

Weinbergen, wobei es sich überschlägt.<br />

Dem verletzten Flugzeugführer kann aus<br />

seiner auf dem Kopf liegenden Maschine<br />

herausgeholfen werden.<br />

In den fast sechs Kriegsjahren sind innerhalb<br />

des Kreises Bernkastel fünfundvierzig<br />

Flugzeuge notgelandet oder abgestürzt.<br />

Dabei kamen achtundsechzig<br />

Besatzungsmitglieder ums Leben, neunzehn<br />

Amerikaner, sechs Australier, acht<br />

Deutsche, dreiundzwanzig Engländer,<br />

zehn Kanadier, ein Österreicher und ein<br />

Slowene. Dreiundsiebzig gerieten in Gefangenschaft,<br />

und zwei entkamen. Siebzehn<br />

Deutsche konnten sich aus ihren<br />

Maschinen retten, neun davon verletzt.<br />

Insgesamt sind es einhunderteinundsechzig<br />

Piloten und Besatzungsmitglieder.<br />

Dem stehen über hundert Tote innerhalb<br />

der Zivilbevölkerung entgegen. Vor allem<br />

in Bernkastel, das zweimal schwer getroffen<br />

wurde, in Niederemmel, Wehlen und<br />

Etgert starben in den letzten Kriegsmonaten<br />

viele Menschen durch alliierte Bombenangriffe.<br />

Hans-Günther Ploes<br />

LuftwaffenRevue


Weihnachten 1942<br />

Rostow a. d. Donmündung<br />

Flg.-Personal, 2. (F) Ob.d.L. – 2. (F)100, Feldpost-Nr. L 14354<br />

Kriegsweihnacht – Weihnachten im Felde<br />

– wer nicht in dieser Zeit gelebt hat,<br />

kann vielleicht nur erahnen, wie es gewesen<br />

sein mag. In der Heimat ist die<br />

Familie in Sorge um den Ehemann, den<br />

Sohn, vielfach um mehrere Söhne an der<br />

Front – dort wird ebenfalls „Weihnachten<br />

gefeiert“, mit den (noch lebenden)<br />

Kameraden und in Gedanken an „zu<br />

Hause“.<br />

Unser langjähriges Mitglied Max Lagoda<br />

hat an das Weihnachtsfest 1942, fern<br />

der Heimat, besondere Erinnerungen. Er<br />

befindet sich bereits ein knappes Jahr<br />

als Fernaufklärer im Süden Russlands,<br />

in der südlichen Ukraine am Schwarzen<br />

Meer (seine Berichte sind teilweise hier<br />

veröffentlicht). Er hat mit seinen Kameraden<br />

nicht nur den Kaukasus umflogen<br />

und aufgeklärt, sondern hat wichtiges<br />

Bildmaterial von Fernflügen bis Teheran,<br />

Baghdad und Basra mitgebracht.<br />

Kriegsgerät für Russland auf Grund des<br />

Lend-Lease-Vertrages wird in Basra ausgeladen<br />

und weitertransportiert, bildlich<br />

dokumentiert von Max Lagoda und bis<br />

heute erhalten. In seinen Erinnerungen<br />

zeichnet er die Frontverläufe nach, zunächst<br />

den Vormarsch, ab Herbst 1942<br />

den Rückzug der Truppen und die daraus<br />

folgenden Verlegungen seiner Staffel.<br />

„Am nächsten Tag, es war der 23.12.1942,<br />

standen die russischen Panzer bereits ca.<br />

5 km nördlich von Tazinskaja. Es war<br />

jämmerlich kalt draußen. Die ersten Granaten<br />

heulten schon über unsere Köpfe<br />

hinweg. Als Ziel hatten sich die Russen<br />

den Flugplatz ausgesucht. Jeder Treffer<br />

richtete enorm viel Schaden an. Der Platz<br />

war gespickt voll mit Flugzeugen, Material<br />

und vielen Verwundeten. Neben dem<br />

Flugplatz schlängelte sich eine Nebenstraße<br />

in Richtung Westen. Auch hier<br />

standen Schlangen von Fahrzeugen, die<br />

sich in westlicher Richtung unkontrolliert<br />

absetzten. Unser Feindeinsatz in „Tazi“<br />

war um 07.00 Uhr. Auftrag wie immer,<br />

wo steht der Feind? Das Wetter war noch<br />

nicht besser geworden. Aber die Russen<br />

haben wir sofort ausfindig gemacht. Sie<br />

lagen bereits einige Kilometer nördlich<br />

des Flugplatzes und der Stadt.“<br />

Ohne Aufnahmen zu machen, landet<br />

sein Flugzeug nach 55 Minuten wieder<br />

auf dem Platz. Sie werden regelrecht<br />

„ausgequetscht“, was zur Folge hat, dass<br />

die vier Maschinen der 2. (F) Ob.d.L. eine<br />

Stunde später nach Rostow a. Don verlegen.<br />

„Die Staffel hatte uns wieder! Natürlich<br />

lässt sich dies alles gut schreiben, aber<br />

hier, auf dem Platz, war die Hölle los.<br />

Dieses Chaos kann man gar nicht beschreiben.<br />

Schneetreiben, minus 35° Kälte,<br />

und rings um den Platz brannten die<br />

Flugzeuge. Sogar beim Start rasten die<br />

Flugzeuge gegeneinander und gingen<br />

in Flammen auf. Die Granateinschläge<br />

und Löcher in der Start- und Landebahn<br />

taten das Übrige. Wir waren in der Luft<br />

und hatten noch den 1. Wart unserer<br />

Maschine mitgenommen. Wir flogen<br />

–ausnahmsweise- einmal zu fünft in der<br />

Maschine.<br />

GESCHICHTE<br />

Es war Krieg, und in dieser Hinsicht war<br />

man nicht mehr so kleinlich. Die Landung<br />

in Rostow erfolgte um 11.00 Uhr.<br />

Also nur 65 Minuten Flugzeit. Eine andere<br />

Maschine von uns, ebenfalls mit fünf<br />

Mann besetzt, machte noch am Start<br />

Bruch. Die „Mühle“ blieb liegen, und<br />

keiner kümmerte sich mehr darum. Die 5<br />

Mann Besatzung machten sich per LKW<br />

aus dem Staub und kamen erst nach<br />

Weihnachten bei der Staffel in Rostow<br />

an. Von diesen Kameraden haben wir<br />

vieles erfahren, was einen Tag vor Heiligabend<br />

1942 in Tazinskaja abgelaufen<br />

ist.<br />

Die Zelte der Feldpost und der Verwundeten<br />

wurden getroffen und gingen in Flammen<br />

auf. Es muß sehr schlimm gewesen<br />

sein, zumal keine Nachrichtenübermittlung<br />

mehr möglich war. Auch die Stadt<br />

Tazinskaja wurde beschossen. Das große<br />

Verpflegungslager wurde für die Landser<br />

freigegeben, und die Ölmühle stand<br />

ebenfalls in Flammen. Jeder Landser holte<br />

sich noch, was er wollte. Wir waren ja<br />

so froh, dass wir in Sicherheit waren. Es<br />

hatte uns gereicht, aber wir waren noch<br />

am Leben, und am anderen Tag war Heiligabend.<br />

Wir waren im Trockenen und in einer<br />

Kaserne untergebracht. Wilhelm Hardis,<br />

der für das fliegende Personal zuständig<br />

4. Quartal 2009 31


GESCHICHTE<br />

war, hat uns – trotz allem – auf Weihnachten<br />

vorbereitet. In einem ehemaligen<br />

Schulungsraum hat er Tannenbäume<br />

und Kerzen auf die Tische gestellt. An<br />

den Wänden, in 2 m Höhe, hingen Bilder<br />

in Postkartengröße von den Kameraden,<br />

die wir und Hardis gut gekannt hatten<br />

und die nun nicht mehr unter uns waren.<br />

Vermißt, lapidar einfach vermisst!<br />

Die Tische hat er mit weißen Bettlaken<br />

belegt und auf jedem Platz stand nicht<br />

nur unser Abendessen, sondern auch<br />

eine Flasche Rotwein als Sonderausgabe.<br />

Den Rotwein hat natürlich die Staffel<br />

spendiert. Damit noch nicht genug.<br />

Unser Feldtelefon klingelte. Es war bereits<br />

Spätnachmittag geworden. Hardis rief:<br />

„Rudi und Max zum Staffelkapitän, im<br />

Dienstanzug, sofort antanzen!“ In unserer<br />

provisorischen Fliegermesse hat man<br />

uns schon erwartet: Beförderung von<br />

Rudi Kies und Max Lagoda zum Feldwebel!<br />

Die Bestallung, also Urkunde, wurde<br />

uns gleich ausgehändigt.<br />

Jetzt feierten wir nicht nur Weihnachten,<br />

sondern auch unsere Beförderung.<br />

Nach dem Essen gedachten wir unserer<br />

vermissten und toten Kameraden, die<br />

nicht so viel Glück gehabt hatten wie<br />

wir. Natürlich sangen wir auch einige<br />

Weihnachtslieder, und da kam schon<br />

Heimweh auf. Einige hatten wirklich<br />

Tränen in den Augen. Als die fünf Rheinländer<br />

unter uns das Lied von Willi Os-<br />

32<br />

termann anstimmten „Wenn ich su an<br />

ming Heimat denke un sin d’r Dom su<br />

vör mer ston, mööch ich direk ob Heim<br />

an schwenke, ich mööch zo Foß no Kölle<br />

jon“, ja, da kam der „Moralische“ auf.<br />

Später, nachdem alle ihre Flasche Rotwein<br />

geleert hatten, wurden auch andere<br />

(Soldaten-) Lieder gesungen, das Stimmungstief<br />

war überwunden. Jeder war<br />

froh, noch einmal richtig Weihnachten<br />

oder „Geburtstag“ feiern zu können. Wir<br />

hatten einige Tage Ruhe verdient, und<br />

wer wusste schon, was in den nächsten<br />

Tagen auf uns zukommen würde?“<br />

Max Lagoda<br />

Willi Ostermann<br />

*1. Oktober 1876 in Mülheim am Rhein<br />

† 6. August 1936 in Köln<br />

Heimweh nach Köln<br />

Willi Ostermanns letztes Lied<br />

In Köln am Rhing bin ich jebore,<br />

ich han, un dat litt mir im Senn,<br />

ming Muttersproch noch nit verlore,<br />

dat es jet wo ich stolz drop ben.<br />

Wenn ich su an ming Heimat denke<br />

un sinn d’r Dom su vür mer stonn,<br />

mööch ich tireck op Heim ahn schwenke,<br />

ich mööch zo Fooß noh Kölle jonn,<br />

mööch ich tireck op Heim ahn schwenke,<br />

ich mööch zo Fooß noh Kölle jonn.<br />

Un deit d’r Herrjott mich ens rofe,<br />

däm Petrus sagen ich alsdann:<br />

Ich kann et räuhig dir verzälle,<br />

dat Sehnsucht ich noh Kölle han.<br />

Wenn ich su an ming Heimat denke…<br />

Un luuren ich vum Hemmelspözje<br />

dereins he op ming Vatterstadt,<br />

well stell ich noch do bovven sage,<br />

wie jän ich dich, mi Kölle, hatt.<br />

Wenn ich su an ming Heimat denke…<br />

LuftwaffenRevue


Leserbrief zum Thema<br />

„Husaren der Nacht“ aus Heft 3-2009<br />

In der Ausgabe der Luftwaffen Revue Nr.<br />

3 vom September 2009 ist auf der Seite<br />

25 - am Ende des Artikels<br />

„Husaren der Nacht“ - von<br />

1600 V1 Flügelbomben die<br />

Rede, die während der Monate<br />

Juli und August 1944<br />

vom Fliegerhorst Venlo<br />

mit dem Trägerflugzeug<br />

He 111 zur Abwurfstelle<br />

vor der niederländischen<br />

Küste transportiert wurden.<br />

Wenn man um die<br />

mit der V1 verbundene Logistik<br />

weiß, die sich unter<br />

höchster Geheimhaltung<br />

vollzog, dürfte die Zahl<br />

von 1600 Einsätzen zu<br />

hoch gegriffen sein. Die<br />

V1 wurde in einem abgegrenzten<br />

und bewachten<br />

Bereich des Flugplatzes<br />

gelagert, den nur eingewiesene Personen<br />

betreten durften. Die V1 benötigte einen<br />

speziellen Treibstoff, der auf Binnentankern<br />

herbeigeschafft wurde. Kurz vor jedem<br />

Flug musste nach den letzten Wind-<br />

und Wettermeldungen die Kurssteuerung<br />

der Flügelbombe eingestellt werden. Au-<br />

Sonderausstellung vom 16.10.2009 - 03.01.2010<br />

ßerdem war es 1944 aufgrund der Materiallage<br />

schwierig, genügend flugklare<br />

und einsatzbereite Trägerflugzeuge zur<br />

Verfügung zu haben.<br />

Es war die III. Gruppe des KG 3, die von<br />

Venlo aus V1 Einsätze geflogen ist. Nach<br />

Vorrücken der Alliierten verlegte die<br />

Gruppe im September 1944 zurück ins<br />

so genannte Heimatkriegsgebiet nach<br />

Varelbusch und Ahlhorn und ab Oktober<br />

1944 wurde sie als I. Gruppe in das<br />

KG 53 eingegliedert. Die Staffeln der II.<br />

SERVICE<br />

und III.Gruppe des KG 53, die ab Oktober<br />

erstmals mit der V1 zum Einsatz kamen,<br />

lagen auf Flugplätzen im nordwestlichen<br />

Niedersachsen und in Schleswig-Holstein.<br />

Ich selbst war damals als Nachrichtenoffizier<br />

(NO) im Stab<br />

der III./KG 53 in Schleswig<br />

tätig. Daher weiß ich<br />

um die Problematik der<br />

„V1 Fliegerei“. Der NO<br />

der III./KG 3 in Holland<br />

war Heinz Kutzner. Mit<br />

diesem Freund aus alten<br />

Kriegstagen habe ich mich<br />

jetzt über besagte 1600 V1<br />

Abwürfe unterhalten. Er<br />

hält diese Zahl für übertrieben.<br />

Nach seinen Tagebuchaufzeichnungen<br />

waren bei den in Venlo<br />

stationierten Staffeln im<br />

Durchschnitt 12 He 111<br />

einsatzbereit. Einsätze<br />

wurden in der Zeit vom 7.<br />

Juli bis 1. September 1944<br />

geflogen, jedoch nicht jeden Tag. Nach<br />

seiner Schätzung sind die genannten<br />

Flugzeuge etwa zwei Drittel dieser Zeit im<br />

Einsatz gewesen, was rund 450 V1 Starts<br />

(statt 1600) ergibt.<br />

Horst Willborn<br />

Die Bundeswehr im Einsatz<br />

Von der Bündnisverteidigung zum Auslandseinsatz<br />

mit dem Mandat des Parlaments<br />

Eine Wanderausstellung des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes<br />

Luftwaffenmuseum der Bundeswehr, Kladower Damm 182, 14089 Berlin<br />

Tel.: D-030-3687-2601 (Sekretariat), D-030-3687-2608 (Eingang)<br />

Öffnungszeiten April - Oktober: Dienstag bis Sonntag 10 - 18 Uhr<br />

November - März: Dienstag bis Sonntag 9 - 16 Uhr<br />

Eingang über Potsdamer Chaussee (B2) Am Landschaftspark Gatow<br />

www.luftwaffenmuseum.com, E-Mail: LwMuseumBwEingang@Bundeswehr.org<br />

Eintritt frei<br />

<strong>LUFTWAFFEN</strong><br />

MUSEUM<br />

der Bundeswehr Berlin-Gatow<br />

4. Quartal 2009 33


Liebe Leser,<br />

DEUTSCHER<br />

<strong>LUFTWAFFEN</strong>RING e.V.<br />

den zeitkritischen Leser unserer Luftwaffen-Revue bitten<br />

wir zu berücksichtigen, daß in authentischer historischer<br />

Berichterstattung die bildliche Darstellung von Hoheitssymbolen<br />

staatlicher Unterdrückung nicht fehlen kann.<br />

Das gilt in gleicher Weise für das Hakenkreuz, Hammer<br />

und Sichel, den Sowjetstern und das DDR-Emblem.<br />

Wir haben uns der historischen Korrektheit verschrieben<br />

und wollen solche Darstellungen nicht als falsche Glorifizierung<br />

verstanden wissen.<br />

Die Zurschaustellung solcher Symbole in Museen und Publikationen<br />

regelt der § 86 ff. des Strafgesetzbuches.<br />

Die Bundesgeschäftsstelle gibt bekannt<br />

Telefon- und Faxnummer für den Deutschen Luftwaffenring<br />

e. V. in Bonn – Bad Godesberg, Rheinallee 55<br />

0228 – 53 68 55 29<br />

Per Email erreichen Sie die Bundesgeschäftstelle unter:<br />

info@luftwaffenring.de<br />

Die Redaktion des Verbandsorgans erreichen Sie unter:<br />

redaktion@luftwaffen-revue.de<br />

Mitglied werden im<br />

Deutschen Luftwaffenring e.V.<br />

(gegründet 1952)<br />

Tradition & Moderne treffen hier in einer einzigartigen<br />

Mischung aufeinander. Wir würden uns freuen,<br />

auch Sie als Mitglied gewinnen zu dürfen.<br />

Deutscher Luftwaffenring e.V.<br />

Rheinallee 55, 53173 Bonn,<br />

Telefon: 0228 - 53 68 55 29<br />

info@luftwaffenring.de<br />

IMPRESSUM<br />

Zeitschrift für die Luftwaffe in Vergangenheit,<br />

Gegenwart und Zukunft sowie die gesamte Luftfahrt.<br />

Verbandsorgan des Deutschen<br />

Luftwaffenringes e.V. (gegründet 1952)<br />

Herausgeber:<br />

Deutscher Luftwaffenring e.V.<br />

Rheinallee 55, 53173 Bonn,<br />

Telefon: 0228 - 53 68 55 29<br />

Telefax: 0228 - 33 68 55 29<br />

www.Luftwaffen-revue.de<br />

Redaktion & Layout:<br />

Hans Peter Killeit - NetteVerlag<br />

Autoren:<br />

Dierk-Peter Mercklinghaus, Hans-Günter Ploes,<br />

Dirk Drews, Walter Kunstwadl, Hans Gaenshirt,<br />

Yorck Esken, Horst Schuh, Max Lagoda.<br />

zur Verfügung gestellte Artikel/Bilder:<br />

Presse-Infozentrum der Luftwaffe (PrInfoZLw)<br />

Cover: meck architekten/F. Holzherr, München<br />

Druck & Vertrieb:<br />

NetteVerlag - Hans Peter Killeit<br />

Falltorfeld 21 - 41334 Nettetal<br />

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Anzeigenverwaltung:<br />

Deutscher Luftwaffenring e.V.<br />

Erscheinungsweise:<br />

März - Juni - September - Dezember<br />

Bezugspreis (Schutzgebühr):<br />

20,- Euro jährlich incl. Versandkosten/Inland,<br />

für Ausland zzgl 5,- Euro, im Voraus zahlbar.<br />

Bankverbindung:<br />

Postbank Hannover<br />

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oder<br />

Sparkasse KölnBonn<br />

Kontonummer: 23 00 14 31<br />

Bankleitzahl: 370 501 98<br />

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Gezeichnete Artikel geben nicht unbedingt die<br />

Meinung des Deutschen Luftwaffenringes e.V.<br />

oder der Redaktion wieder. Abdrucke, auch auszugsweise,<br />

nur mit schriftlicher Genehmigung<br />

der Redaktion.<br />

Die Redaktion behält sich vor, falls nicht anders<br />

vereinbart, Beiträge zu überarbeiten und auch zu<br />

kürzen. Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />

und Fotos wird keine Gewähr übernommen.


DEUTSCHER <strong>LUFTWAFFEN</strong>RING e.V. BONN (DLwR)<br />

Geschäftsstelle: Rheinallee 55 • 53173 Bonn • Telefon (0228) 53 68 55 29<br />

Bundesvorstand<br />

Bundesvorsitzender<br />

Brig.Gen. a.D. Dierk-Peter Merklinghaus<br />

Humboldtstraße 15, 53115 Bonn<br />

Stellvertreter des Bundesvorsitzenden<br />

1. Oberst a.D. Fritz Thomsen<br />

Lorenweg 33, 53347 Witterschlick<br />

2. Oberst d.R. Horst Schuh<br />

Konrad-v.-Hochstaden-Straße 22<br />

53881 Euskirchen<br />

Bundesgeschäftsführer / Schatzmeister<br />

Dipl. Ing. Horst Obbelode<br />

Wevelinghoverstr. 73, 41334 Nettetal<br />

Sozialreferent<br />

Hauptmann a.D. Hans-Dieter Müller<br />

Württembergische Straße 14, 10707 Berlin<br />

Tel. 030 - 861 26 57<br />

Beisitzer<br />

Oberstleutnant a.D. Peter Heidrich,<br />

Pegasusstraße 40, 16321 Bernau<br />

Dipl. Ing. Wilhelm F. Noller,<br />

Maxenlohe 1, 90562 Heroldsberg<br />

Justitiar und Controller<br />

Dr. jur. utr. Peter Zimmermann<br />

PR- und Internet-Beauftragter<br />

Oberstleutnant a.D. Dipl.-Ing. Yorck Esken<br />

Steinkaule 70, 53757 Sankt Augustin<br />

Tel.: 02241 - 8445987<br />

Untergliederung<br />

Verband Berlin-Brandenburg (DLwR)<br />

Vorsitzender: Peter Heidrich<br />

Pegasusstr. 40, 16321 Bernau<br />

Tel.: 03338 - 766213<br />

E-Mail: peterheidrich@online.de<br />

Verband Bonn (DLwR)<br />

Vorsitzender: Erhard Ziemer<br />

Am Pleiser Wald 49, 53757 St. Augustin<br />

Tel.: 02241 - 335422<br />

Verband Northeim (DLwR)<br />

Vorsitzender: Klaus Müller<br />

Am Markt 16, 37154 Northeim<br />

Tel.: 05551 - 4327<br />

Verband Hamburg (DLwR)<br />

Vorsitzender: Jürgen Dierks<br />

Wählingsallee 1, 22459 Hamburg<br />

Tel.: 040 - 5508316<br />

Verband Nürnberg-Roth (DLwR)<br />

Vorsitzender: Dipl. Ing. Wilhelm F. Noller<br />

Maxenlohe 1, 90562 Heroldsberg<br />

Tel.: 0911 - 5180544<br />

Arbeitsgemeinschaften /<br />

Fachgruppen<br />

Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte<br />

Rheinland (DLwR)<br />

Horst Schuh, Konrad-v.-Hochstaden-Str. 22<br />

53881 Euskirchen<br />

Tel.: 02251 - 64632, E-Mail: h-schuh@gmx.de<br />

I.P.M.S. Deutschland e.V.<br />

Vorsitzender: Volker Helms<br />

Alte Dorfstr. 26a, 19065 Godern<br />

Tel.: 03860 - 8697<br />

Luftfahrthistorische Sammlung<br />

Flugplatz Finow<br />

Biesenthaler Straße, 16244 Finowfurt<br />

Vorsitzender: Dr. Peter Kobbe<br />

Tel.: 03335 - 7233 - Fax: 03335 - 326224<br />

E-Mail: info@luftfahrtmuseum-finowfurt.de<br />

Förderverein Ehemaliger<br />

Fliegerhorst Venlo e.V.<br />

Jürgen Hexels<br />

Windmühlenweg 18, 41334 Nettetal<br />

Tel.: 02153 - 5043 - Fax: 01212 - 510818330<br />

E-Mail: info@fliegerhorst-venlo.net<br />

Angeschlossene<br />

Traditionsverbände<br />

Kameradschaft ehem. Transportflieger<br />

Geschäftsführer: Peter Briegel<br />

Akazienstraße 14, 86899 Landsberg<br />

Tel.: 08191 - 46929<br />

Deutsche Lastensegler Luftlande-<br />

Fliegerkameradschaft e.V.<br />

Vorsitzender: Dieter Heckmann<br />

Einsteinstr. 15, 52353 Düren<br />

Telefon / Fax: 02421 - 87960<br />

E-mail: HeckmannDieter@gmx.de<br />

KG 1 „Hindenburg“<br />

Vorsitzender: Oskar Gebert<br />

Kinzigstr. 26, 77694 Kehl<br />

Tel.: 07851 - 2825 - Fax: 07851 - 482674<br />

KG General Wever 4<br />

Wilhelm Schultze,<br />

Im Winkel 5, 31185 Hoheneggelsen<br />

Telefon: 05129 / 360<br />

LG 1 und KG 6<br />

Karl Geyr, Diezweg 38, 81477 München<br />

Tel./Fax: 089 - 797076<br />

Kampfgeschwader 2<br />

Hartmut Holzapfel<br />

Richard-Wagner-Str. 19, 37269 Eschwege<br />

Tel./Fax: 05651 - 13174<br />

KG 30<br />

Karl Bühler, OTL a.D.<br />

Aribo Str. 11, 83700 Rottach-Egern<br />

Tel.: 08022 - 28445<br />

Kameradschaft Kampfgruppe 100<br />

Kampfgeschwader 100<br />

Hans Gaenshirt, Eichrodtstraße 4,<br />

79117 Freiburg, Tel.: 0761 - 65019<br />

Gemeinschaft Ehemaliger<br />

der 1. Staffel (F) Aufklärungsgr. 124<br />

Werner Horst<br />

Stettiner Straße 15, 53119 Bonn<br />

Kameradschaft des ehemaligen Flak-Rgt.12<br />

Wolfg.-V. Böltzig, Friedrichstadt<br />

Leipziger Str. 60/10.2, 10117 Berlin<br />

Tel.: 030 - 2082767<br />

Traditionsgemeinschaft JaboG 43 e.V.<br />

Oberstleutnant a.D. Udo Reinsch<br />

Liegnitzer Straße 8, 26215 Wiefelstede<br />

Tel.: 0179 - 6907592<br />

Sonstige Verbände und Arbeitsgemeinschaften,<br />

mit denen wir<br />

kameradschaftlich verbunden<br />

sind<br />

Gemeinschaft der Flieger<br />

Deutscher Streitkräfte e.V.<br />

Geschäftsführer: Oberst a.D. Rolf Chur<br />

Südstr. 66a, 53797 Lohmar<br />

Freundeskreis der Luftwaffe e.V.<br />

Generalsekretär: GenMaj a.D. Botho<br />

Engelin, im Haus der Luft- und Raumfahrt,<br />

Godesberger Allee 70, 53175 Bonn<br />

Ln-Truppe/Führungsdienste<br />

GenMaj a.D. Siegfried Poschwatta<br />

Hans-Vollmike-Str. 76, 53842 Troisdorf<br />

Bund deutscher Fallschirmjäger e.V.<br />

Geschäftsstelle: Kortumstr. 68, 47057<br />

Duisburg, Tel.: 0203 - 3461498<br />

Ordensgemeinschaft der<br />

Ritterkreuzträger e.V.<br />

GF und Leiter der Sektion Berlin-Brandenburg:<br />

Dipl.-Kfm. Jürgen Heinze,<br />

Ottokarstraße 15, 12105 Berlin,<br />

Tel. + Fax: 030 - 75653756<br />

Förderverein Luftwaffenmuseum<br />

der Bundeswehr e.V.<br />

Geschäftsführer: Andreas Bonsted,<br />

Postfach 450 222, 12172 Berlin<br />

Telefon 030 - 8110769<br />

Stiftung Butzweilerhof Köln, Gebäude 1<br />

Präsident: Dr. Edgar Mayer<br />

Butzweilerstr. 35-39, 50829 Köln<br />

Tel.: 0221 - 593538<br />

Kameradschaftliche Vereinigung<br />

der Marineflieger (KMF)<br />

Vorsitzender: Kapitän zur See Gert Kiehnle,<br />

Timmermannallee 5, 27580 Bremerhaven<br />

Tel.: 0471-9020560,<br />

E-Mail: Chrigeki@t-online.de<br />

Verband der Reservisten der<br />

Deutschen Bundeswehr<br />

Generalsekretariat<br />

Provinzialstraße 91, 53127 Bonn<br />

Tel.: 0228 - 2590910<br />

Deutsches Technik Museum Berlin<br />

Prof. Dr. Dr. Holger Steinle<br />

Trebbiner Straße 9<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Tel: 030/90 254-118 - Fax: 030/90 254-175<br />

Luftfahrt- und Technik<br />

Museumspark Merseburg<br />

Dieter Schönau<br />

Kastanienpromenade 50 - 06217 Merseburg<br />

Tel: 03461-525776 - Fax 03461-525778<br />

Die Verbände werden gebeten, die Angaben auf Richtigkeit zu überprüfen und uns auch künftig Änderungen in der Anschrift bekanntzugeben.<br />

Sollte die Aufnahme einer Telefon-Nummer und/oder E-Mail gewünscht werden, so bitten wir um Mitteilung.


www.eurofighter.com n o t h i n g c o m e s c l o s e

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