17.11.2012 Aufrufe

LUFTWAFFEN - Netteverlag

LUFTWAFFEN - Netteverlag

LUFTWAFFEN - Netteverlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

GESCHICHTE<br />

hindert. Die Grenzverletzer sind beide<br />

tot. Sie erhalten vom Chef der Grenztruppen<br />

die ‚Medaille für vorbildlichen<br />

Grenzdienst’, zusätzlich Sonderurlaub.<br />

Würden Sie die Medaille zu Hause tragen<br />

und ihren Verwandten sagen, warum Sie<br />

diese erhalten haben?’ Von 40 Mann<br />

gab es nur insgesamt zwei ‚Genossen’.<br />

Andere brachten Ausflüchte.<br />

Es war ihnen<br />

in starkem Maße peinlich.<br />

Dieser Test sagt<br />

mehr aus als hingeworfene<br />

Worte“. Zahlreiche,<br />

vergleichbare<br />

Aussagen geflüchteter<br />

Uniformträger aus der<br />

DDR wurden im Leitreferat<br />

PSK im BMVg<br />

quartalsweise zusammengefasst<br />

und weiteren<br />

Bedarfsträgern in<br />

der Bundeswehr zum<br />

dienstlichen Gebrauch<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Der geflüchtete NVA-<br />

Oberleutnant Busch<br />

unterbreitete der PSK<br />

aber auch konkrete<br />

Vorschläge zur Steigerung<br />

der Wirksamkeit<br />

ihrer Produkte: „Die<br />

erwähnte Flugschrift<br />

könnte in ihrem Inhalt<br />

noch wirksamer<br />

sein, enthielte sie noch<br />

mehr konkrete Begebenheiten<br />

aus den<br />

Grenzeinheiten und<br />

Grenzgebieten“. Ferner<br />

nannte er konkrete Ansatzpunkte<br />

für weitere<br />

Flugschriften, die bei<br />

NVA-Soldaten auf ein großes Interesse<br />

stoßen würden: „Das könnte auch mal<br />

in Flugschriften (...) erscheinen:<br />

- Wer soll das bezahlen<br />

(Grenzsicherungsanlagen)?<br />

- Wie lange sollen wir noch bewacht werden<br />

(Bauern der Grenzgemeinden auf<br />

den Feldern)?<br />

- Wer kriegt das Uran, das in Königstein<br />

abgebaut werden wird?“.<br />

Die Informationen geflüchteter NVA-<br />

Soldaten trugen maßgeblich dazu bei,<br />

dass die PSK die psychologische Lage in<br />

den ostdeutschen Streitkräften treffend<br />

beurteilen und in Teilen sicherlich auch<br />

erfolgreich beeinflussen konnte.<br />

In einem Schreiben vom 14. Juni 1967 an<br />

das Bundeskanzleramt führte der spätere<br />

Generalmajor Dr. Johannes Gerber und<br />

damalige Referatsleiter PSK im BMVg<br />

zum Thema „Wirkungskontrolle von<br />

18<br />

PSK-Flugschriften“ aus: „Die Zuschriften<br />

aus der SBZ und die Flüchtlingsaussagen<br />

zeigen folgendes Bild: 92,3% positiv und<br />

7,7% negativ. Die durch Fü S II ausgewerteten<br />

Flüchtlingsaussagen ergeben,<br />

daß etwa 90% aller Geflüchteten Kenntnis<br />

von den westlichen Flugblättern haben<br />

und sie nach Art und Durchführung,<br />

Form und Inhalt positiv beurteilen. Die<br />

Flugblätter sind die einzige Möglichkeit,<br />

um die NVA-Soldaten über Bundeswehr<br />

und Bundesregierung und deren Absichten<br />

aufzuklären und somit der permanenten<br />

Haßpropaganda im Politunterricht<br />

entgegenzuwirken“.<br />

Das Ende der Informationseinsätze<br />

Mit dem „Vertrag über die Grundlagen<br />

der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik<br />

Deutschland und der Deutschen<br />

Demokratischen Republik“ sollte das<br />

politisch angespannte Verhältnis zwischen<br />

den beiden deutschen Staaten normalisiert<br />

werden. Die Vorgespräche zu<br />

den Verhandlungen zum sogenannten<br />

Grundlagenvertrag wurden am 15. Juni<br />

1972 aufgenommen. Die Staatssekretäre<br />

Egon Bahr (Bundesrepublik Deutschland)<br />

und Michael Kohl (Deutsche Demokrati-<br />

sche Republik) führten die Vorgespräche<br />

und Verhandlungen im Auftrag ihrer<br />

Regierungen. Es war bereits im Vorfeld<br />

dieser Gespräche davon auszugehen,<br />

dass die DDR erneut das Einstellen der<br />

Balloneinsätze fordern würde. Bereits im<br />

Rahmen der Vorgespräche zu den eigentlichen<br />

Verhandlungen zum Grundlagenvertrag<br />

trafen die Staatssekretäre<br />

Bahr und Kohl<br />

die mündliche Vereinbarung,<br />

„dass mit Wirkung<br />

vom 1. Juli 1972 beide<br />

Seiten jegliche Propaganda-Aktivität<br />

in Schrift,<br />

Bild und Ton gegen die<br />

Streitkräfte des jeweils<br />

anderen Staates einstellen.<br />

Diese Abrede verliert<br />

ihre Verbindlichkeit, falls<br />

sie von einer Seite nicht<br />

eingehalten wird“.<br />

Am 29. Juni 1972 erfolgte<br />

zunächst der mündliche<br />

Befehl vom Generalinspekteur<br />

der Bundeswehr,<br />

Admiral Armin Zimmermann,<br />

die Balloneinsätze<br />

sowie den Versand<br />

von Informationsschriften<br />

in die DDR bis auf<br />

weiteres einzustellen.<br />

Die PSV-Truppe beendete<br />

am 30. Juni 1972 die Informationseinsätzeentlang<br />

der innerdeutschen<br />

Grenze „bis auf weiteres“.<br />

Die Fähigkeit zum<br />

Erstellen und Verbringen<br />

von Flugschriften wurde<br />

in der Bundeswehr aufrechterhalten.<br />

Der DDR-<br />

Führung war durchaus<br />

bekannt, dass die PSV-Truppe die Balloneinsätze<br />

jederzeit wieder aufnehmen<br />

konnte. Bundeswehrintern wurde das<br />

Abkommen nicht einhellig als Erfolg bewertet.<br />

Kritische Stimmen äußerten, dass<br />

die DDR einseitig begünstigt wurde. Über<br />

kommunistische Parteien, Organisationen,<br />

Presseorgane, Lehrer und sonstige<br />

Meinungsmacher könne die DDR weiterhin<br />

ihre Propaganda durchführen,<br />

wo hingegen die Bundesrepublik jegliche<br />

Möglichkeiten einer Einflussnahme verloren<br />

habe.<br />

Über den Autor:<br />

Oberstleutnant Dr. Dirk Drews<br />

ist eingesetzt in der Personalvertretung,<br />

im Örtlichen Personalrat (ÖPR) beim<br />

ZOpInfo und im Bezirkspersonalrat (BPR)<br />

beim SKUKdo.<br />

LuftwaffenRevue

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!