LUFTWAFFEN - Netteverlag
LUFTWAFFEN - Netteverlag
LUFTWAFFEN - Netteverlag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
GESCHICHTE<br />
In der Hochphase des Kalten Krieges<br />
forderte Bundesverteidigungsminister<br />
Franz-Josef Strauß, „eine wirkungsvolle<br />
geistige Auseinandersetzung mit dem<br />
Weltkommunismus zu führen“. Zum einen<br />
erkannte Strauß die Notwendigkeit,<br />
sich gegen die „kommunistische Zersetzungsarbeit“<br />
psychologisch zu rüsten:<br />
„Der Kampfwert der Truppe hängt ja<br />
entscheidend von ihrer inneren Festigkeit<br />
und ihrer inneren Bindung an unser<br />
Volk ab“, begründete der Minister seine<br />
Bewertung. Zum anderen forderte er ein<br />
aktives Handlungsmoment, um mit der<br />
Bundeswehr psychologische Gegenangriffe<br />
gegen den „aggressiven Weltkommunismus“<br />
durchführen zu können.<br />
12<br />
Als Flugschriften in der DDR vom Himmel fielen<br />
Luftgestützte, grenzüberschreitende Informationseinsätze der PSK- und PSV-Truppe von 1961 bis 1972<br />
PSK-Soldat befüllt einen<br />
Wetterballon mit Wasserstoff.<br />
In der stetig zunehmenden „psychologischen<br />
Offensive des Sowjetblocks“ sah<br />
Strauß eine Bedrohung für die freiheitlich-demokratische<br />
Grundordnung der<br />
Bundesrepublik Deutschland: „Die Zahl<br />
der sowjetzonalen Propaganda-Pamphlete,<br />
die nach West-Deutschland und<br />
West-Berlin eingeschleust (...) werden,<br />
hat sich von rund 300.000 Exemplaren<br />
monatlich im Jahre 1957 um rund 12<br />
Millionen Stück im Monatsdurchschnitt<br />
1960 erhöht.“ Hierauf galt es aus seiner<br />
Sicht zu reagieren!<br />
Im Herbst 1961 wurden von der politischen<br />
Leitung im Bundesministerium der<br />
Verteidigung sogenannte Informationseinsätze<br />
in die Deutsche Demokratische<br />
Republik (DDR) hinein angeordnet. Mit<br />
der Planung und Durchführung wurde<br />
die Psychologische Kampfführung (PSK)<br />
der Bundeswehr betraut. Die Informationseinsätze<br />
hatten zum Ziel:<br />
1. Die Angehörigen der Nationalen<br />
Volksarmee (NVA) über die realen Verhältnisse<br />
in der Bundesrepublik Deutschland<br />
und der NATO zu informieren,<br />
2. Vorurteile und Hass gegenüber der<br />
Bundeswehr und der Bundesrepublik<br />
bei den ostdeutschen Uniformträgern abzubauen<br />
sowie<br />
3. die NVA-Grenztruppen zu menschlichem<br />
Verhalten und zur Achtung des<br />
Völkerrechts aufzufordern, insbesondere<br />
sollten sie den Schießbefehl umgehen.<br />
Die primäre Zielgruppe der Informationseinsätze<br />
waren die Angehörigen der<br />
bewaffneten Kräfte der DDR. Aber auch<br />
die Zivilbevölkerung der DDR wurde von<br />
der PSK angesprochen.<br />
Die Notwendigkeit der Informationseinsätze<br />
in die DDR hinein, erläuterte der<br />
Nachfolger von Strauß, Kai-Uwe von<br />
Hassel, vor dem Deutschen Bundestag<br />
im Jahre 1965 mit folgenden Worten:<br />
„Der Soldat in den Streitkräften der sowjetischen<br />
Besatzungszone Deutschlands<br />
ist in noch stärkerem Maße als die Bürger<br />
Mitteldeutschlands von freier Information<br />
ausgeschlossen. Außerdem wird ihm<br />
im Politunterricht durch Lüge und Verleumdung<br />
ein bewußt verfälschtes Bild<br />
vom freien Teil Deutschlands gezeichnet.<br />
Er wird zum Haß erzogen.<br />
PSK-Soldaten befestigen die Last<br />
(einschließlich der Flugschriften)<br />
am Wetterballon.<br />
Die Anwendung des verbrecherischen<br />
Schießbefehls ist eine Auswirkung dieser<br />
systematischen negativen Beeinflussung.<br />
Um diesen Wirkungen entgegenzutreten,<br />
versucht die Bundeswehr (...) die über<br />
den NVA-Soldaten verhängte Isolierung<br />
mit Informationen auf besonderen Wegen<br />
zu durchbrechen, und zwar auf eine<br />
Weise, die ihn nicht gefährdet“.<br />
Ein Wetterballon steigt auf und<br />
wird von den Westwinden auf<br />
das Territorium der DDR getrieben.<br />
Die Informationseinsätze stellten die PSK<br />
von Beginn an vor große Herausforderungen.<br />
Es mussten zunächst einmal<br />
Wege gefunden werden, NVA-Soldaten<br />
mit PSK-Botschaften überhaupt zu erreichen.<br />
Das in der DDR vorherrschende<br />
Verbot, Medien aus dem Westen zu empfangen,<br />
wurde nämlich für die Uniformträger<br />
weiter verschärft. Bereits das Lesen<br />
sogenannter „Feindpropaganda“ aus<br />
dem Westen wurde unter Strafe gestellt!<br />
Um dennoch auf Einstellung und Verhalten<br />
von NVA-Soldaten deeskalierend<br />
einwirken zu können und das Feindbild<br />
vom „militaristischen“ und „revanchistischen“<br />
Westen zu entkräften, wählte<br />
die PSK unterschiedliche Wege: den Weg<br />
über das Land, den Weg über das Wasser<br />
und den Weg durch die Lüfte. Die luftgestützten,<br />
grenzüberschreitenden Informationseinsätze<br />
der PSK – und ab 1970<br />
ihrer Nachfolgeorganisation, der Psychologischen<br />
Verteidigung (PSV) – werden in<br />
diesem Beitrag vorgestellt.<br />
PSK-Balloneinsätze<br />
Die PSK-Truppe setzte zum Verbringen<br />
ihrer Druckerzeugnisse auf dem Luftweg<br />
im Schwerpunkt Ballone ein. Es handelte<br />
sich dabei um handelsübliche Wetterballone,<br />
wie sie auch vom zivilen meteoro-<br />
LuftwaffenRevue