LUFTWAFFEN - Netteverlag
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GESCHICHTE<br />
nige Stunden vorher gab es schon Bordwaffenangriffe<br />
und Bombenabwürfe bei<br />
Thalfang und Hoxel. Schließlich wird<br />
abends noch ein Lkw auf der Hunsrückhöhenstraße<br />
bei Morbach beschossen.<br />
Morbach wird auch am 25. Februar wieder<br />
das Ziel der Jabos. Mehrere Bomben<br />
fallen auf die Bahngleise Morbach-Hoxel.<br />
Der Bahnverkehr ist vorübergehend<br />
unterbrochen. Am Nachmittag des 28.<br />
und letzten Tages im Februar 1945 wird<br />
eine Panzersperrenbaustelle zwischen<br />
Morbach und Rapperath mit Bordwaffen<br />
angegriffen. Ein Mann kommt dabei ums<br />
Leben. Wenige Stunden später erfolgt ein<br />
zweiter Bordwaffenangriff bei Morbach<br />
auf die Hunsrückhöhenstraße. Damit<br />
endet für den Kreis Bernkastel der wohl<br />
schwärzeste und verlustreichste Monat<br />
des gesamten Krieges. Aber noch sind die<br />
Amerikaner nicht da, und der Krieg ist<br />
erst in zwei Monaten vorbei.<br />
Nach Bernkastel und Wehlen wird Niederemmel<br />
am Morgen des 1. März 1945<br />
der dritte Ort im Kreis, der einem schweren<br />
Bombenangriff ausgesetzt wird. Auf<br />
den Ortsteil Reinsport fällt eine große<br />
Anzahl von Bomben, die insgesamt 20<br />
Gebäude zerstören, neun Tote werden<br />
gezählt. Die Straße Neumagen-Bernkastel<br />
und das Gleis der Moselbahn sind<br />
ebenfalls getroffen, was den Verkehr auf<br />
unbestimmte Zeit behindert. Auch die<br />
Gleise der Strecke Simmern-Hermeskeil<br />
werden an diesem Tag bei Hinzerath unterbrochen.<br />
Der Verkehr kann hier nur<br />
noch durch Umsteigen aufrecht erhalten<br />
werden. Am 2. März wird Bernkastel<br />
schließlich zum zweiten Mal schwer getroffen.<br />
Die Bomben fordern an diesem<br />
Tag weitere 18 Opfer.<br />
Nur noch sehr selten sieht man deutsche<br />
Maschinen. Meistens handelt es sich dabei<br />
um Aufklärer, die immer noch versuchen,<br />
dem Heer Informationen über den<br />
Vormarsch der Amerikaner zu liefern.<br />
Am 8. März 1945 kommt eine Bf 109 der<br />
NAGr 13 in geringer Höhe vom Hunsrück<br />
her, um schließlich die Mosel entlang<br />
zu fliegen und auf einer Höhe bei Niederemmel<br />
auf einem Acker aufzusetzen.<br />
Der Flugzeugführer steigt unverletzt aus<br />
und macht sich auf den Rückweg zu seiner<br />
Einheit. Die Maschine bleibt dagegen<br />
liegen, da der Feind schon so nahe steht,<br />
daß ein Abtransport unmöglich ist.<br />
In den folgenden Tagen rückt die Front<br />
stetig näher, und zwischen dem 16. und<br />
19. März marschieren die Amerikaner in<br />
den einzelnen Orten des Kreises ein.<br />
Doch bevor sie am 19. März auch in<br />
Kempfeld sind, muß dort noch eine Douglas<br />
A-20 ”Havoc” der ”410th Bomg<br />
Group” (410th BG) notlanden. Nach ei-<br />
30<br />
nem Angriff auf Kaiserslautern am 17.<br />
März bleibt eine der Maschinen des Verbandes<br />
wegen Motorproblemen zurück.<br />
Nach und nach verliert sie an Höhe.<br />
Zwischen Schauren und Kempfeld setzt<br />
sie schließlich auf einem Acker auf, wobei<br />
sie noch einen Mast der Telefonleitung<br />
Kempfeld-Schauren mitnimmt. An<br />
diesem Tag befindet sich eine deutsche<br />
Lazarettkompanie in Kempfeld, die aus<br />
Benzinmangel mit ihren Lkws dort liegenblieb.<br />
Ihnen kommt das Flugzeug<br />
gerade recht. Nachdem sie die drei Besatzungsmitglieder<br />
festgenommen haben,<br />
beginnen sie den Sprit aus den Tragflächentanks<br />
der A-20 in die Tanks ihrer eigenen<br />
Fahrzeuge umzupumpen. Schließlich<br />
sind sie damit fertig und verlassen<br />
unverzüglich mit ihren Gefangenen den<br />
Ort. Die Amerikaner finden zwei Tage<br />
später nur noch die verlassene Maschine.<br />
Mit dem Einmarsch der Amerikaner hören<br />
die Bombenangriffe schlagartig auf.<br />
Doch nach wie vor erfolgen Überflüge.<br />
Vor allem die taktischen Verbände der<br />
”9th Air Force” von ihren Basen nahe<br />
der deutsch-französischen Grenze überfliegen<br />
täglich den Kreis.<br />
Am Ostermontag, dem 2. April 1945,<br />
startet von einem Flugplatz bei Metz eine<br />
Staffel von Republic P-47 ”Thunderbolt”<br />
der ”362nd Fighter Group”. Ihr Ziel ist<br />
der Flugplatz von Erfurt. Nachdem sie die<br />
tief liegende Wolkendecke durchstoßen<br />
haben, vermißt der Staffelführer eine der<br />
Maschinen. Während er noch versucht,<br />
den Piloten über Funk zu erreichen, setzt<br />
er den Einsatz fort. Dieser kann ihn aber<br />
nicht mehr hören, da er kurz vorher, aus<br />
der Wolkendecke kommend, bei Kempfeld<br />
mit seiner P-47 auf einem Acker aufgeschlagen<br />
ist. Der Pilot ist sofort tot.<br />
Am 8. Mai 1945 kapitulieren schließlich<br />
die deutschen Heeres-, Marine- und<br />
Luftwaffenverbände. Der Krieg ist für<br />
Deutschland vorbei. In den Niederlanden<br />
erfolgt jedoch erst zwei Tage später die<br />
Kapitulation. An diesem 10. Mai kreist<br />
eine Siebel Si 204 über dem Hunsrück.<br />
Sie fliegt mit ihren letzten Spritreserven,<br />
und der Flugzeugführer sucht angestrengt<br />
nach einem Platz, auf dem er sein<br />
Flugzeug notlanden kann. Endlich sieht<br />
er ein geeignetes Gelände und setzt bei<br />
Hausen auf einem Acker auf. Der Flugzeugführer<br />
und seine drei Passagiere versuchen<br />
sofort, sich vor den Amerikanern<br />
zu verbergen, was den Passagieren aber<br />
nicht lange gelingt. Sie werden noch am<br />
gleichen Tag festgenommen und gelangen<br />
in Kriegsgefangenschaft. Nur der Pilot,<br />
der sich sofort auf den Weg in seinen<br />
Heimatort macht, kann entkommen.<br />
Der Krieg ist jetzt seit über sechzig Jahren<br />
zu Ende, und es wird immer schwieriger,<br />
einzelne Ereignisse genau zu erfassen.<br />
Ist dies bei den meisten Abstürzen und<br />
Notlandungen im Kreisgebiet gelungen,<br />
so gibt es doch zwei Ereignisse, deren Zuordnung<br />
bisher nicht möglich war.<br />
Amerikanische Maschine und ihr Pilot,<br />
welche am 16. Februar 1945 an dem<br />
Luftkampf mit den beiden deutschen<br />
Aufklärern beteiligt war.<br />
An einem Tag mit tief hängender Wolkendecke<br />
ist ein Luftkampf über Gonzerath<br />
zu hören. Plötzlich kommt eine Maschine<br />
durch die Wolkendecke hindurch<br />
und fliegt in Richtung Kommen ab. Hinter<br />
Kommen bleibt die deutsche Maschine<br />
mit dem Leitwerk in einer Hochspannungsleitung<br />
hängen und setzt wenig<br />
weiter auf einem Acker auf. Der Flugzeugführer<br />
steigt aus und geht in den<br />
Ort, von wo er später abgeholt wird.<br />
In Veldenz macht ein deutsches Jagdflugzeug<br />
eine Bruchlandung in den<br />
Weinbergen, wobei es sich überschlägt.<br />
Dem verletzten Flugzeugführer kann aus<br />
seiner auf dem Kopf liegenden Maschine<br />
herausgeholfen werden.<br />
In den fast sechs Kriegsjahren sind innerhalb<br />
des Kreises Bernkastel fünfundvierzig<br />
Flugzeuge notgelandet oder abgestürzt.<br />
Dabei kamen achtundsechzig<br />
Besatzungsmitglieder ums Leben, neunzehn<br />
Amerikaner, sechs Australier, acht<br />
Deutsche, dreiundzwanzig Engländer,<br />
zehn Kanadier, ein Österreicher und ein<br />
Slowene. Dreiundsiebzig gerieten in Gefangenschaft,<br />
und zwei entkamen. Siebzehn<br />
Deutsche konnten sich aus ihren<br />
Maschinen retten, neun davon verletzt.<br />
Insgesamt sind es einhunderteinundsechzig<br />
Piloten und Besatzungsmitglieder.<br />
Dem stehen über hundert Tote innerhalb<br />
der Zivilbevölkerung entgegen. Vor allem<br />
in Bernkastel, das zweimal schwer getroffen<br />
wurde, in Niederemmel, Wehlen und<br />
Etgert starben in den letzten Kriegsmonaten<br />
viele Menschen durch alliierte Bombenangriffe.<br />
Hans-Günther Ploes<br />
LuftwaffenRevue