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Ausgabe 1002.pdf - Theater-Zytig

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Spotlicht ı SchlussapplausDer Vorhang«Das <strong>Theater</strong> ist der seligste Schlupfwinkel derjenigen,die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gestecktund sich auf und davon gemacht haben,um bis an ihr Lebensende weiterzuspielen.»Max Reinhardtfällt fällt fällt fällt fällt fällt fällt fällt fällt fälltAm Weimarer <strong>Theater</strong> sollte fürein Drama von Shakespeare einHornsignal eingeübt werden.Dem Musiker fiel die Aufgabe jedochrecht schwer. Er entlockteseinem Instrument nur steinerweichendeTöne.Daraufhin wandte sich der Intendantan die Mitwirkenden: «MeineDamen und Herren, was Siehier hören, geht schon mehr indas Gebiet der Blähungen über.Wir wollen lieber gehen und denMann nicht länger stören.»Wenn Otto Lehfeld, einer derhervorragendsten Akteure desvorigen Jahrhunderts, nacheiner grossen Szene keinen Applauserntete, dann pflegte erdicht an den Vorhang zu treten,der keine Veranlassung gehabthatte, sich zu heben, und dorteine tiefe Verbeugung zu machen.Sah man ihn hierauf miteiniger Verblüffung an, so sagteer ganz ernsthaft: «Das war ichmir selbst schuldig!»Es gab eine Zeit, da die Volksbühnein Berlin jeweils anSamstagen zwei Vorstellungenspielte. Die Anfangszeiten warenunterschiedlich. So beganneinmal Pogodins «Mein Freund»– ein recht langes Stück – erstum 21 Uhr und endete kurz vorMitternacht. Etwa gegen 23.30Uhr lief eines der letzten Bilder,eine Auseinandersetzung zwischenMarianne Wünscher undHorst Drinda. Während dieserruhigen Szene erschien plötzlichaus der linken Seitengasse aufder Vorderbühne ein ältlicherMann, mit Schirmmütze unddickem Strickpullover bekleidet,in der einen Hand trug ereinen riesigen Schlüsselbund,in der anderen eine bedeutendeTaschenlampe. Ruhigen Schritteswanderte er unbeirrt überdie Vorderbühne und ging in derrechten Seitengasse wieder ab.Marianne Wünscher und HorstDrinda blieb vor Schreck überdiese seltsame Erscheinungfast das Wort im Halse stecken.Es war der Nachtpförtner; der,pünktlich auf die Sekunde, seineRunde durch das <strong>Theater</strong>machte.Am Potsdamer <strong>Theater</strong> wurdenSchillers «Räuber» gegeben.Für Klaus Peter Thiele war esdie Abschiedsvorstellung. Ausdiesem Anlass planten die liebenKollegen – wie allgemeinüblich – ihm einen denkwürdigenStreich zu spielen. GüntherSchubert hatte sich eine ausgestopfteKrähe aus der Requisitenkammer.besorgt und obenauf der Brücke postiert.Es kam die Szene, in der KlausPeter Thiele als Karl Moor seinenKumpanen zuruft: «Auf, willdenn keiner erwachen?» Gleichzeitigfeuert er einen Schussaus der Pistole ab. Da fällt dasausgestopfte Krähenvieh wievon der Kugel getroffen vomBühnenhimmel herab mitten unterdie Räuber. Die Wirkung warentsprechend!Für Günther Schubert blieb einVerweis des Intendanten nichtaus.Als die fünfundachtzigjährigeSchauspielerin Tilla Durieux anlässlichihres Besuchs in Berlinauch die Wirkungsstätte ihrerJugend, das Deutsche <strong>Theater</strong>,aufsuchte, erbat sie sich vonihrer Begleitung einen MomentZeit, um sich ein wenig zurechtzumachen.«Das bin ich meinem MeisterMax Reinhardt schuldig. Ausserdem:Die Männer schauen aufmich, und die Konkurrenz derFrauen ist gross.»In München wurde ein modernesStück geprobt: «Die Schicksalsbrücke»,ein fünfaktiges Trauerspiel,und die Schauspielerwaren nicht recht mit dem Herzendabei, denn das Stück warschlecht. Nach Probenschlussgab der Schauspieler RichardRomanowsky jedesmal mit spitzenFingern sein Textbuch beimBühnenpförtner ab, wenn er dasAkademie-<strong>Theater</strong> verliess.«Ja, brauchen Sie denn daheimdas Buch nicht zum Rollenstudium?»fragte eine Schauspielerin.Romanowsky antwortete: «MeinHaus bleibt rein.»Helene Thimig probte mit Schauspielschülernden «Sommernachtstraum».Otto Schenk wardie Rolle des Zettel zugefallen.Er probierte den notwendigenEselskopf. Aber der war ihm zuklein. Auch ein zweiter herbeigeholterKopf passte nicht.«Tut mit Leid», sagte Frau Thimig,«dann müssen wir eben einenEselskopf nach Mass für Sieanfertigen lassen. Allerdings aufIhre Kosten…»Als sie Schenks wenig begeisterteMiene ob dieser <strong>Ausgabe</strong>sah, meinte sie versöhnlich:«Sie können den Eselskopf dannbehalten! So was kann man immerwieder verwenden.»30<strong>Theater</strong>-<strong>Zytig</strong> 1002

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