Die Beste Zeit Nr 4.indd - Druckservice HP Nacke KG
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DIE BESTE ZEIT<br />
Das Magazin für Lebensart<br />
Wuppertal und Bergisches Land Juni/Juli 2010 - 3,50 Euro<br />
Film Tanzträume<br />
Anne Linsel, Berlinale 2010<br />
Franz Kafka - Der Prozess<br />
Opernhaus Wuppertal<br />
Retour de Paris<br />
Von der Heydt-Museum Wuppertal<br />
Otto Dix - Wald am Morgen<br />
Neuerwerbung<br />
Boros Collection<br />
Wuppertaler Kunstmäzen in Berlin<br />
Neue Kunstbücher<br />
vorgestellt von Thomas Hirsch<br />
Leonce und Lena<br />
Schauspielhaus Bochum<br />
Hanna Lemke<br />
Leben auf dem Sprung<br />
Eingeladen<br />
aus Hanna Lemke „Gesichertes“<br />
Rainer K. Wick<br />
<strong>Die</strong> Essenz der Jahre<br />
HÖR ZU - Ein Igel wird 60<br />
Zum runden Geburtstag<br />
Farbe als Motiv<br />
Atelierbesuch bei Chr. v. Grumbkow<br />
1
Keine Angst vor Berührung<br />
Barbara Neusel-Munkenbeck und die Urne “moi“<br />
seit 1813<br />
Alles hat seine <strong>Zeit</strong>.<br />
Berliner Straße 49 + 52-54 · 42275 Wuppertal · www.neusel-bestattungen.de Tag und Nacht 66 36 74
Editorial<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
seit der Mensch die Schrift erfunden hat, denkt und schreibt er. Eine der Spätfolgen davon ist,<br />
dass ich hier sitze und das erste Editorial meines Lebens schreibe. Als Professioneller würde ich<br />
mir nun ein Thema suchen, das die Leute heranlockt, oder sonst eines auswählen, das mich<br />
besonders bedrängt; aber diese Art von Orientierung ist eigentlich nichts für mich.<br />
Für mich ist einfacher, an mir herunterzublicken und zu sehen, wo ich stehe: Da ist heute<br />
dieses junge, ambitionierte Magazin hier, das Kultur und Region zusammenführen will zu etwas<br />
Lesenswertem, und das hoffentlich weiterhin Leser anzieht, wenn es ihm gelingt, in ihnen<br />
das Gefühl zu erwecken, sich selbst hier wiederzufi nden und vielleicht neu oder intensiver zu<br />
sehen. Wird das so sein?<br />
Wenn ich den Blick wieder hebe, versuche ich zu sehen, an wen ich mich hier eigentlich wende.<br />
Sind das lauter Einzelne um mich oder eine Gruppe; so etwas wie eine Gemeinschaft?<br />
Ein Mensch, der aufs Rednerpodium steigt, wünscht sich bestimmt beides.<br />
Aber mit der Gemeinschaft tun wir uns heute oder immer schwer. Wir sind aus vielen Gründen,<br />
die leicht zu beschreiben wären, lauter eigensinnige Individualisten geworden, sodass<br />
eigentlich jeder seine eigene Partei, seine eigene Kirche, seinen eigenen Verein und seine eigene<br />
Gewerkschaft haben müsste. Aufrufe und an die Brust schlagen nützen da nichts, es gibt –<br />
zum Glück – auch keine Heils-Vision, die es schleunigst zu verwirklichen gälte und einen<br />
schönen Endzustand gibt es sowieso nicht, es sei denn, ein Verblichener könnte uns davon<br />
berichten. Besser war es wahrscheinlich nie, denn da haben wahrscheinlich nur Not und<br />
Herrschaft die ersehnte Gemeinschaft erzwungen; wer wünschte sich das schon zurück?<br />
Und nun marschiert die Kargheit, die Austerity auch noch wie eine graue Armee auf uns zu.<br />
Ob uns das enger zusammenführt? Denn die Wahrheit und die Kunst wollen zu Gemeinsamem<br />
verbinden – gibt es die überhaupt, die das wollen? Und Kunst und Wahrnehmung, die<br />
gehören doch zusammen, darauf setzt auch dieses Magazin?<br />
<strong>Die</strong> Wirklichkeit hat ihre eigene Sprache. Sie tritt unseren Fragen unschuldig lächelnd entgegen,<br />
zum Beispiel mit dem Inhalt dieses Hefts.<br />
Es will den kulturell Interessierten Menschen unserer Region begegnen und nahe sein, aber<br />
gleichzeitig den Blick nach außen richten. Da ist der vielgerühmte Pina-Bausch Film „Tanzträume“<br />
von Anne Linsel und Rainer Hoffmann; in dem sich dokumentierte menschliche<br />
Nähe mit künstlerischer Form verschwistert; ein Blick in die Kunstsammlung Boros; ein Report<br />
über den Ausfl ug expressionistischer Gemälde aus Wuppertaler Museumsbesitz nach Paris<br />
(und ihre Rückkehr); die Begegnung mit neuen Büchern von Autoren wie Hanna Lemke und<br />
Ulrich Land – und vieles andere,<br />
<strong>Die</strong>s alles hat einen Zusammenhang. Und dieses Magazin, das sich der Kunst unserer <strong>Zeit</strong><br />
verpfl ichtet fühlt, möchte gebraucht werden, um der Kunst und dem Gemeinsamen zu dienen<br />
– solange der Markt es duldet.<br />
Und so hat eben vieles mehr mit einander zu tun, als man denkt – und jetzt hebt noch etwas<br />
den Kopf, nämlich das Herzerwärmende. Wenn denn die Leute sich dem Wahren, dem Schönen,<br />
dem Guten und einander zuwenden (und davon soll man hier lesen können), die Kunst<br />
blühend und kühn erfreut, dann fühlen wir uns wohl miteinander und für eine Weile gut<br />
aufgehoben in unserer Welt.<br />
Ihr Karl Otto Mühl<br />
3
4<br />
Impressum<br />
„<strong>Die</strong> beste <strong>Zeit</strong>“ erscheint in Wuppertal und im<br />
Bergischen Land<br />
Aufl age 4.000 Exemplare<br />
Erscheinungsweise: 5 mal pro Jahr<br />
Verlag <strong>HP</strong> <strong>Nacke</strong> <strong>KG</strong> - <strong>Die</strong> beste <strong>Zeit</strong><br />
Friedrich-Engels-Allee 122, 42285 Wuppertal<br />
Telefon 02 02 - 28 10 40<br />
E-Mail: verlag@hpnackekg.de<br />
V. i. S. d. P.: HansPeter <strong>Nacke</strong> und Frank Becker<br />
Erfüllungsort und Gerichtsstand Wuppertal<br />
Bildnachweise/Textquellen sind unter den<br />
Beiträgen vermerkt.<br />
Gastbeiträge durch Autoren spiegeln nicht<br />
immer die Meinung des Verlages und der Herausgeber<br />
wider. Für den Inhalt dieser Beiträge<br />
zeichnen die jeweiligen Autoren verantwortlich.<br />
Kürzungen bzw Textänderungen, sofern nicht<br />
sinnentstellend, liegen im Ermessen der<br />
Redaktion. Für unverlangt eingesandte Beiträge<br />
kann keine Gewähr übernommen werden.<br />
Nachdruck – auch auszugsweise – von Beiträgen<br />
innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist nur mit der<br />
ausdrücklichen Genehmigung des Verlages.<br />
Trotz journalistischer Sorgfalt wird für Verzögerung,<br />
Irrtümer oder Unterlassungen keine<br />
Haftung übernommen.<br />
„<strong>Die</strong> Kunst kann den Menschen nicht retten,<br />
aber mit den Mitteln der Kunst wird ein Dialog möglich,<br />
welcher zu einem Menschen bewahrenden Handeln aufruft.“<br />
[Günther Uecker 1983]
Heft 4 Juni/Juli 2010<br />
Inhalt<br />
Film Tanzträume<br />
Berlinale 2010<br />
Jugendliche tanzen „Kontakthof“<br />
von Johannes Vesper Seite 6<br />
<strong>Die</strong> Lüge wird zur Weltordnung<br />
Herbert Neubeckers Bühnenbearbeitung<br />
von Franz Kafkas Roman „Der Prozess“<br />
Opernhaus Wuppertal Seite 13<br />
Boros Collection<br />
Wuppertaler Kunstmäzen und<br />
Sammler in Berlin<br />
von Johannes Vesper Seite 16<br />
Eine Farce mit schönen Beinen<br />
Anna Bergmann inszeniert<br />
in Bochum Büchners<br />
„Leonce und Lena“ Seite 20<br />
<strong>Die</strong> Essenz der Jahre<br />
Rainer K. Wick<br />
Fotografi sche Arbeiten 1968 - 2009 Seite 24<br />
Retour de Paris<br />
Von der Heydt-Museum Wuppertal<br />
Meisterwerke vom Expressionismus<br />
bis heute Seite 27<br />
Otto Dix - Wald am Morgen<br />
Eine Neuerwerbung im<br />
Von der Heydt-Museum Wuppertal<br />
von Antje Birthälmer Seite 29<br />
Leben auf dem Sprung.<br />
Hanna Lemke: „Gesichertes“.<br />
Ein überraschendes literarisches<br />
Debüt. Seite 31<br />
er<br />
Eingeladen<br />
aus Hanna Lemke „Gesichertes“<br />
Antje Kunstmann Verlag<br />
Sifonieorchester Wuppertal<br />
Seite 34<br />
gestern - heute – morgen<br />
Vom Musikerstreit zur Gründung der<br />
„Elberfelder Kapelle“, der Ursprung des<br />
Sinfonieorchesters Wuppertal Seite 37<br />
Farbe als Motiv<br />
Christian von Grumbkow<br />
Atelierbesuch von Thomas Hirsch Seite 39<br />
Ein Igel wird 60<br />
Zum runden Geburtstag des HÖR ZU! -<br />
Redaktions- Maskottchens „Mecki“ Seite 45<br />
Neue Kunstbücher<br />
vorgestellt von Thomas Hirsch Seite 48<br />
„Der Abend kommt als Kubist“<br />
Eine zeitgenössische Italienische Reise<br />
Hörstück für vier Sprechstimmen, Seite 50<br />
Kulturnotizen Seite 51
6<br />
Tanzträume<br />
Jugendliche tanzen „Kontakthof“ von Pina Bausch<br />
Ein Film von Anne Linsel und Rainer Hoffmann<br />
Am 14. 2. 2010 hatte der Film auf der Berlinale Premiere. 1.600 Besucher sahen ihn im<br />
vollbesetzten Friedrichstadt-Palast. Am 7. 3. 2010 fand die Voraufführung des Films vor<br />
ca. 1.000 Fans im Wuppertaler Cinemax statt, und seit dem 18. 3. 2010 läuft er in den<br />
Kinos, der Film über „Kontakthof“ von Pina Bausch, mit Jugendlichen in Szene gesetzt.<br />
1978, also vor 32 Jahren war Premiere des Tanztheaterstücks in Wuppertal, 2000 kam<br />
„Kontakthof mit Damen und Herren ab 65“ (Laiendarstellern) auf die Bühne und 2008<br />
mit Jugendlichen ab 14 Jahren. „Kontakthof“ ist das einzige der über 40 Stücke von Pina<br />
Bausch, welches sie auch mit Laien gespielt hat. Alle Gefühle zwischen Himmel und<br />
Erde, zwischen Mann und Frau zeige dieses Stück, meint Anne Linsel im Gespräch. Und<br />
offensichtlich ist jedermann Tänzer, wird er nur geeigneter Weise gefördert und gefordert.<br />
Liebe und Sex, Enttäuschung, Hoffnung, Aggression und vor allem Zärtlichkeit sind<br />
Themen für jeden und jede und für alle Altersklassen. Wahrscheinlich erkennt sich das<br />
Publikum mit eigenen Problemen und Emotionen in diesem Stück eher selbst wieder als<br />
in anderen Stücken Pina Bauschs.<br />
Wie Pina Bauschs „Jedermann“ mit den Jugendlichen erarbeitet, eingeübt und schließlich<br />
bühnenreif gemacht wurde, haben Anne Linsel (Regie) und Rainer Hoffmann (Kamera)<br />
von März bis November 2008 fi lmisch dokumentiert. Dabei ist Anne Linsel offensichtlich<br />
den jungen Tänzerinnen und Tänzern so vertraut geworden und nahe gekommen,<br />
dass diese durch die Filmaufnahmen nicht gehemmt wurden, sondern freimütig und<br />
offen über ihre Liebes- und Lebenserfahrungen vor laufender Kamera berichtet haben. 43<br />
Mädchen und Jungen verschiedener Nationalitäten im Alter ab 14 Jahren waren von Pina<br />
Bausch aus verschiedenen Wuppertaler Schulen aller Schulformen ausgewählt worden.<br />
An jedem Samstag wurde unter Jo Ann Endicott und Benedicte Billiet geprobt. Vom<br />
ersten Kontakt der Jugendlichen mit der großen Pina Bausch, die sie teilweise zuvor auch<br />
dem Namen nach nicht kannten, von ihren ersten Schritten auf der Probebühne bis hin<br />
zur gefeierten Premiere im November 2008 wurde das Projekt mit der Kamera sensibel<br />
eingefangen. So entstand ein anrührender und bewegender Kinofi lm über Pina Bausch,<br />
über ihre Arbeitsweise, über das alltägliche Theater - niemand greift wie Pina Bausch in<br />
ihren Stücken Alltagssituationen so eindrücklich auf und setzt sie in Bewegung um - und<br />
über Jugendliche, die quer durch das gegliederte Schulsystem und unabhängig von ihrer<br />
Herkunft ein solches Stück auf die Bühne stellen. „Das Wichtigste, was die Jugendlichen<br />
von Pina gelernt haben, ist meiner Meinung nach, dass man mit seinem ganzen Körper<br />
Gefühle ausdrücken kann, dass man Traurigkeit zum Beispiel durch Weinen ausdrücken<br />
kann aber auch mit Armen und Beinen. Dadurch haben sie eine Sensibilität für Kunst<br />
entwickelt und verstehen gelernt, dass Kunst etwas mit dem Leben zu tun hat und nichts<br />
Abgehobenes ist“ sagt die Regisseurin. Umgekehrt fasziniert den Zuschauer des Films, wie<br />
durch Einübung von Bewegung und Bewegungsabläufen Gefühle und Seelenleben der<br />
jungen Tänzerinnen und Tänzer gegenläufi g beeinfl usst werden. Natürlich ist Bewegung<br />
beim Tanzen Ausdruck der Psyche. Das wichtige Ergebnis dieses Projektes für den<br />
Zuschauer aber ist, dass umgekehrt durch Einübung tänzerischer Bewegung die Psyche<br />
verändert und kultiviert werden kann. <strong>Die</strong> Wechselbeziehung zwischen Bewegung und<br />
Psyche ist Thema dieses Films. Tanzträume sind es und traumhaft ist es, was dieses junge<br />
Ensemble und wie es sich bewegt, wie intensiv die Jugendlichen das Stück proben und<br />
wieder proben, sich Kritik gefallen lassen, gelobt und ernst genommen werden. Und in<br />
der Darstellung von Zärtlichkeit und Aggression, von Hoffnung und Enttäuschung, von<br />
Scham, Unsicherheit und Vertrauen merken die Jungendlichen, dass sie im Grunde ihr<br />
eigenes Leben tanzen. Dazu macht das Ganze den jugendlichen Darstellern offensichtlich<br />
Spaß. Dabei verschwinden die Vorurteile der Hauptschüler gegenüber den Gymnasiasten<br />
und umgekehrt, die Vorurteile gegenüber den ausländischen Mitschülern und umgekehrt,<br />
natürlich auch die Vorurteile dem anderen Geschlecht gegenüber. So gelingt Integration.<br />
Szene aus der Generalprobe 7. Kontakthof 11.08
8<br />
Szene aus der<br />
Generalprobe 7. Kontakthof 11.08<br />
rechte Seite:<br />
Präsentation auf der Berlinale 2010<br />
Anne Linsel kennt Pina Bausch seit Wüstenhofers <strong>Zeit</strong>en, ist also seit nahezu 40<br />
Jahren mit ihr und ihrer Arbeit vertraut. Dadurch entsteht die Authentizität des Films<br />
und die seltene Möglichkeit, die Probenarbeit bei Pina Bausch einzufangen. Pina<br />
Bausch sah diesen Film noch wenige Tage vor ihrem Tod und war nach Angaben von<br />
Anne Linsel damit zufrieden. Im Film fi nden sich wunderbare Großporträts von ihr<br />
und im Film äußert sie sich auch zum letzten Mal vor laufender Kamera. Sie wollte<br />
nicht, dass ihre Tränen in den Augen gefi lmt wurden, als sie den Jugendlichen vor der<br />
Premiere für ihr Engagement dankte und auch dafür, dass sie ihr Stück weitertragen.<br />
<strong>Die</strong> tanzenden Teenager hatten soviel Vertrauen zum Kameramann und zur Regisseurin,<br />
dass sie sich nicht scheuten, auch persönliche, schlimme Lebenserfahrungen zu<br />
erzählen. Eine der Hauptdarstellerinnen ist traurig, dass ihr Vater gestorben ist, als sie<br />
15 Jahre alt war. Wie stolz wäre er, wenn er sie heute auf der Bühne erleben könnte.<br />
Eine andere Darstellerin bewahrt ihre Familiengeschichte über die Generationen und<br />
erzählt, wie ihr Opa, als sie noch klein war, während des Balkankrieges verbrannte.<br />
Nur der Zuschauer des Films erfährt solche Hintergründe und sieht im Film das Stück<br />
also ganz anders als der Besucher einer Aufführung im Theater. Für all die jungen<br />
Tänzerinnen und Tänzer ist dieses Projekt persönlich eine Riesenchance geworden<br />
und hat ihr Leben verändert. <strong>Die</strong>s wird im Film sehr deutlich.<br />
Der Film zeigt auch das Werktags-Wuppertal, wenn junge Tänzer neben der Wupper<br />
Basketball spielen, wenn die Schwebebahn samstags die jungen Tänzerinnen zur Lichtburg<br />
bringt, dem ehemaligen Kino am Alten Markt, welches vom Tanztheater seit Jahren<br />
als Probebühne benutzt wird. Faszinierend die Bilder des Films für den Zuschauer,<br />
der Wuppertal nicht kennt: die quietschende Schwebebahn über der Wupper und das<br />
weiße Schauspielhaus unter blauem Nachthimmel mit Mond (Nichts ist bekanntlich<br />
so schön wie der Mond!).<br />
Zur Erstaufführung des Films auf der Berlinale im Friedrichstadtpalast konnte das gesamte<br />
jugendliche Ensemble dank einer Spende nach Berlin reisen. Inzwischen wurde<br />
der Film auch auf dem 21. Filmfestival von Istanbul mit großem Erfolg gezeigt.
10<br />
Szene aus der Kontakthof-Generalprobe
<strong>Die</strong> Regisseurin und Autorin Anne Linsel<br />
Tanzträume<br />
1. Nachbemerkung:<br />
Das Schauspielhaus<br />
Wuppertal wurde 1967 mit „Nathan<br />
der Weise“ eröffnet. Der Architekt des<br />
weißen, eleganten Hauses im Wupperbogen<br />
an der Kluse war Gerhard Moritz<br />
Graubner (1899-1970), der zahlreiche<br />
Theater in Deutschland gebaut hat u.a.<br />
auch das Bochumer Schauspielhaus. Im<br />
Wuppertaler Schauspielhaus begann<br />
bekanntlich die Geschichte des Tanztheaters<br />
Pina Bausch. Auf die bedeutende<br />
Geschichte des Wuppertaler Schauspiels<br />
kann hier nur hingewiesen werden. Jetzt<br />
fi elen Beschlüsse, das Wuppertaler Schauspielhaus<br />
zu schließen. Wer kann die<br />
Verantwortung dafür tragen? In Deutschland<br />
wurden Milliarden für die Rettung<br />
von Banken ausgegeben und die Deutsche<br />
Industrie muß im Ausland mehr als<br />
100 Mill. Strafe wegen <strong>Beste</strong>chung und<br />
Korruption zahlen. Theater soll und kann<br />
nicht Gewinn steigernd oder Gewinn<br />
maximierend funktionieren, könnte<br />
aber unter Umständen als im modernen<br />
Schillerschen Sinne moralische Anstalt die<br />
Zukunft der Gesellschaft und damit unser<br />
aller Zukunft sichern helfen. Das war in<br />
Anne Linsels „Tanzträumen“ über Pina<br />
Bauschs „Kontakthof mit Jugendlichen ab<br />
14“ zu erleben.<br />
2. Nachbemerkung:<br />
Notizen über Anne Linsel.<br />
Anne Linsel lebt und arbeitet als Kulturjournalistin<br />
und Publizistin in Wuppertal.<br />
Sie hat zwei erwachsene Kinder.<br />
Von 1984-1989 moderierte sie das ZDF-<br />
Kulturmagazin „Aspekte“, nach 1989<br />
führte sie die „Sonntagsgespräche“ im<br />
ZDF mit Cornelia Froboess, Rolf Liebermann,<br />
Jürgen Flimm, Claus Peymann,<br />
Bernhard Minetti, Daniel Barenboim u. a..<br />
Von 1989 -2004 war sie Gastgeberin der<br />
ZDF-Reihe „Zeugen des Jahrhunderts“<br />
(mit Hilde Spiel, Werner Tübke, Carola<br />
Stern, Ernst H. Gombroich, Rolf Boysen<br />
u. a.). Für Arte moderierte und konzipierte<br />
sie Themenabende u.a. über Joseph<br />
Beuys, Pina Bausch und Max Ernst)<br />
Sie arbeitet regelmäßig für den Hörfunk<br />
(WDR, NDR, DLF) und schreibt<br />
Literatur-, Theater-, und Kunstkritik für<br />
verschieden <strong>Zeit</strong>ungen und <strong>Zeit</strong>schriften<br />
u. a. für die Süddeutsche <strong>Zeit</strong>ung.<br />
Zahlreiche Filme entstanden unter ihrer<br />
Regie, u. a. über Peter Kowald, Barbara<br />
Nüsse, Hanna Jordan, Pina Bausch („Nelken<br />
in Indien“, Pina-Bausch-Dokumentation<br />
von 2006), Hanna Marron,<br />
Pablo Picasso, Tony Cragg.<br />
Sie schrieb Bücher - Hilde Spiel: „<strong>Die</strong><br />
Grande Dame“ (1992), „Weltentwürfe-<br />
die Bühnenbildnerin Hanna Jordan“<br />
(2006) - und gab zusammen mit Peter<br />
von Matt einen Sammelband über Else<br />
Lasker-Schüler („Deine Sehnsucht war<br />
die Schlange“- ein Else-Lasker-Schüler<br />
Almanach) heraus.<br />
Jetzt kam sie gerade zurück von der Aufführung<br />
der „Tanzträume“ auf dem 21.<br />
Filmfestival Istanbul. Ob sie der Einladung<br />
nach Los Angeles folgen wird, wo<br />
die „Tanzträume“ demnächst auch gezeigt<br />
werden, weiß sie noch nicht.<br />
Tanzträume –Jugendliche tanzen „Kontakthof“<br />
von Pina Bausch<br />
Buch und Regie: Anne Linsel<br />
Kamera: Rainer Hoffmann bvk<br />
Originalton: Uwe Dresch, Thomas Keller,<br />
Tobias Linsel, Paul Oberle, Tim Dohnke<br />
Schnitt: Mike Schlömer<br />
Produktionsleitung: Cornelia Kellers<br />
Redaktion: Sabine Rollberg<br />
Produzent: Gerd Haag<br />
Eine TAG/TRAUM Filmproduktion in<br />
Co-Produktion mit dem WDR und in<br />
Zusammenarbeit mit Arte<br />
Deutschland 2009, 89 Min., Kinostart<br />
18. 3. 2010<br />
Gefördert von Filmstiftung NRW, DFFF<br />
Deutscher Filmförderfonds, Der Ministerpräsident<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen,<br />
Dr.-Werner-Jackstädt-Stiftung<br />
Johannes Vesper<br />
Fotos: K.-H. Krauskopf<br />
11
12<br />
Tanzträume – oben: Szene aus der Kontakthof-Generalprobe – unten: Premiere im Cinemaxx Wuppertal
16. 4. 2010 //// Opernhaus Wuppertal<br />
Fotos: Joachim Dette<br />
Juliane Pempelfort, Gregor Henze<br />
<strong>Die</strong> Lüge wird zur Weltordnung<br />
Herbert Neubeckers Bühnenbearbeitung<br />
von Franz Kafkas Roman<br />
„Der Prozess“ in einer fesselnden<br />
Inszenierung von Sybille Fabian<br />
„Das Verfahren geht ganz allmählich ins<br />
Urteil über“<br />
– Inszenierung: Sybille Fabian<br />
– Bühne: Herbert Neubecker<br />
– Kostüme: Michael Sieberock-<br />
Serafi mowitsch/Sybille Fabian<br />
– Dramaturgie: Sven Kleine<br />
– Besetzung:<br />
Gregor Henze (Josef K.)<br />
Sophie Basse (Frau Grubach, Onkel Karl)<br />
Juliane Pempelfort (Frl. Bürstner, Das<br />
bucklige Mädchen, Leni)<br />
Anne-Catherine Studer (Wächter Franz,<br />
Frau des Gerichtsdieners, Das Mädchen)<br />
Thomas Braus (Wächter Willem, Gerichtsdiener,<br />
Der Geistliche)<br />
Andreas Möckel (Aufseher, Direktor-<br />
Stellvertreter, Untersuchungsrichter)<br />
Daniel Breitfelder (Kaminer, Student<br />
Bertold, Maler Titoreli)<br />
Lutz Wessel (Neffe Lanz, Hauptmann,<br />
Auskunftgeber, Prügler) Andreas Ramstein<br />
(Rabensteiner, Advokat Huld,<br />
Grauhaariger Angeklagter)<br />
Statisterie<br />
Eine ominöse Macht fasst zu<br />
Der Bankbeamte Josef K. (Gregor Henze),<br />
30 Jahre alt, ledig, Untermieter bei<br />
Frau Grubach (Sophie Basse), wird aus<br />
dem Schlaf heraus ohne Anschuldigung,<br />
ohne Legitimation, doch auch ohne<br />
physische Gewalt von zwei erschreckend<br />
martialischen „Wächtern“ (Anne-Catherine<br />
Studer, Thomas Braus) verhaftet.<br />
Sein selbstbewußter Protest verpufft vor<br />
der Autorität des noch martialischeren,<br />
zugleich süffi santen Aufsehers (Andreas<br />
Möckel), der deutlich macht, trotz seiner<br />
Befugnisse untergeordnet zu sein. Wie<br />
enorm muß also die „Macht“ darüber<br />
sein? <strong>Die</strong>ses Monströse des Apparats, der<br />
hier wirkt, wird unentwegt unterstrichen,<br />
ob durch den Vize-Direktor (Andreas<br />
Möckel), der K. unter Druck setzt, weil er<br />
13
14<br />
Sophie Basse, Andreas Möckel, Juliane Pempelfort
selber der Kontrolle unterliegt, durch den<br />
Maler Titorelli (Daniel Breitfelder), der<br />
sich anscheinend arrangiert hat oder wen<br />
auch immer. Alle sind subaltern. Josef K.<br />
muß sich, ohne inhaftiert zu werden, einer<br />
ominösen Gewalt unterwerfen, einem<br />
rätselhaften Gerichtsverfahren stellen, das<br />
nichts anderes als seine Schuld festzustellen<br />
hat. Denn dass er eine Schuld trägt,<br />
die Schuld, scheint völlig außer Frage zu<br />
stehen.<br />
Gültige Bühnenbearbeitung von<br />
Kafkas Roman<br />
Franz Kafkas genialischer, die Schlünde<br />
aller Abgründe der Angst vor willkürlicher<br />
staatlicher Autorität aufreißender<br />
Roman hat schon vor, besonders aber<br />
seit der prominent besetzten Verfi lmung<br />
durch Orson Welles aus dem Jahr 1962<br />
diverse Film-, Opern- und Bühnenbearbeitungen<br />
erlebt, schreit jedoch<br />
immer noch nach einer über die <strong>Zeit</strong><br />
gültigen Fassung für die Bühne, denn<br />
die Eindringlichkeit des beängstigenden<br />
Sujets ist geradezu wie für das Theater<br />
gemacht. Oder verlangt jede neue <strong>Zeit</strong><br />
nach einer neuen Interpretation? Herbert<br />
Neubecker hat mit seiner Bearbeitung<br />
einen Weg in das Unheimliche der<br />
von Ängsten, Pressionen und heimlichen<br />
Mächten beherrschten Welt des<br />
Josef K. gefunden, der in Auslegung,<br />
Personifi zierung und direktem Bezug<br />
auf die Romanvorlage gültig und zeitlos<br />
erscheint, zugleich jeden Zuschauer<br />
mit dem eigenen Zwiespalt zwischen<br />
Aufbegehren und Unterwerfung, Lust<br />
und Schuld, Glauben und Atheismus<br />
konfrontiert.<br />
Eine (fast) schwarz-weiße Welt<br />
Am 9. April hatte Sybille Fabians<br />
Inszenierung für die Wuppertaler<br />
Bühnen in Zusammenarbeit mit dem<br />
Teo Otto Theater in Remscheid dort<br />
ihre wenn auch nicht ausverkaufte,<br />
jedoch sehr gut besuchte und mit allem<br />
Recht gefeierte Premiere. Man kann<br />
von einem grandiosen Gesamterfolg<br />
sprechen, denn sowohl Neubeckers<br />
Fassung als auch die von ihm gestaltete<br />
schwarz-weiße schräge Bühne, Fabians<br />
überwiegend schwarz-weiße Kostüme,<br />
die dramatischen Klang-Einspielungen,<br />
die Choreographie und jede Einzelleistung<br />
der außer Gregor Henze mehrfach<br />
besetzten Mitwirkenden muß als Perle<br />
bezeichnet werden. Farbe kommt durch<br />
die brillanten Akteure ins Spiel und<br />
blitzt gezielt nur gelegentlich in Form<br />
eines (zerquetschten) Apfels und der<br />
kommentierten Ausgabe von Schönfelders<br />
„Deutsche Gesetze“ auf. Wo<br />
alles gepanzert, verborgen, verschlossen<br />
ist, überraschen als Andeutung des<br />
harmlos Schönen und Begehrenswerten<br />
in dieser häßlichen Welt die kaum<br />
verhüllten göttlichen Brüste von Josef<br />
K.s Zimmernachbarin Frl. Bürstner<br />
(Juliane Pempelfort), der er über seine<br />
Verhaftung berichtet. Dialog: „Wie war<br />
es denn?“ – „Schrecklich!“ – „Das ist zu<br />
allgemein.“<br />
Expressionismus und Silly Walks<br />
Zug um Zug läßt sich K. bei abnehmendem<br />
Aufbegehren in den Sog des<br />
mysteriösen Verfahrens ziehen, das immer<br />
deutlicher sein Leben bedroht. Der<br />
Alptraum der Wehrlosigkeit lähmt ihn,<br />
lähmt selbst den Zuschauer, der immer<br />
wieder von der Bühne aus als Teilnehmer<br />
an dem grausigen Tribunal, dann<br />
wieder als Mitangeklagter identifi ziert<br />
wird. Unbehaglich. Neubecker und Fabian<br />
haben den literarischen Expressionismus<br />
und bekannte expressionistische<br />
Filmbilder aus z.B. „Metropolis“, „Das<br />
Cabinet des Dr. Caligari“ hervorragend<br />
umgesetzt, dabei aber auch nicht mit<br />
listigen Anleihen bei Monty Python<br />
gespart. Maschinengeräusche und<br />
Choreographien erinnern an Fritz Lang,<br />
<strong>Zeit</strong>lupen des Schreitens an „The Ministry<br />
of Silly Walks“. Das Danton´sche<br />
Tribunal unter dem brüllenden Untersuchungsrichter<br />
(Andreas Möckel)<br />
drückt auch den Zuschauer tiefer in den<br />
Sitz. Man ahnt: hier gibt es kaum ein<br />
Entkommen. Ein Geniestreich.<br />
Erbarmungslos<br />
Josef K. erlebt entsetzt die Erbarmungslosigkeit<br />
des geheimnisvollen Systems<br />
an der gnadelosen Exekution seiner<br />
Wächter, an der Gewalt gegen die Frau<br />
des Gerichtsdieners (Anne-Catherine<br />
Studer). Sein Fragen nach dem Ende<br />
der Qual wird ihm vom Auskunftgeber<br />
(Lutz Wessel) zynisch beantwortet:<br />
„Nur was nicht aufhört weh zu tun,<br />
bleibt im Gedächtnis“. Nicht einmal<br />
der Geistliche (Thomas Braus), der<br />
durch den Glockenschlag der Kathedrale<br />
auf den Plan gerufen wird, ist bereit,<br />
ihm eine hoffnungsvolle Perspektive<br />
zu eröffnen, macht ihm im Gegenteil<br />
vor dem Hintergrund einer riesigen<br />
Thora-Rolle mit der Türhüter-Parabel<br />
das Unvermeidliche klar. Josef K. ringt<br />
bis zum letzten dramatischen Moment,<br />
auch mit der verzweifelten Suche nach<br />
der eigenen Identität („Wer bin ich<br />
denn? Wissen Sie, wer ich bin?“) –Das<br />
Schlussbild zeigt als Symbol der alles<br />
verschlingenden Macht eine riesige<br />
Tresortür.<br />
„<strong>Die</strong> Lüge wird zur Weltordnung gemacht“.<br />
Schmerzhafte Lehre - aber allzu<br />
wahr. Kafkas deprimierende Einsicht ist<br />
bis auf den Tag gültig. Eine hervorragende,<br />
unbedingt sehenswerte Inszenierung.<br />
Am 16. April feierte das Stück<br />
in Wuppertal seine zweite Premiere.<br />
Im Juni und Juli gibt es noch Aufführungstermine<br />
im Opernhaus. Nicht<br />
versäumen!<br />
Frank Becker<br />
Fotos: Joachim Dette<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.wuppertaler-buehnen.de<br />
15
Wuppertaler Kunstmäzen und<br />
Sammler in Berlin -<br />
von Johannes Vesper<br />
Boros Collection<br />
<strong>Die</strong> Hinweise in schwarzer Standardschrift auf den Betonwänden („2. Geschoß A2.<br />
Rauchen verboten“) dienten ursprünglich der Orientierung in dem ehemaligen Luftschutzbunker.<br />
Seit 1942 steht er in Berlin Mitte in der Nähe des Deutschen Theaters<br />
und des Bahnhofs Friedrichstraße mit 180 cm dicken Außenwänden und 320 cm starker<br />
Dachplatte aus Blaubeton. Nach Plänen des Architekten Karl Bonatz, dem Nachfolger<br />
von Hans Scharoun als Berliner Stadtbaudirektor nach dem Krieg, ist er für die Reichsbahn<br />
errichtet worden. 1200 Personen bot er ursprünglich Schutz vor Bombenagriffen<br />
und Beschuß. Wie Narben zeugen die Schußlöcher in den Wänden noch heute von der<br />
Geschichte des Baus. <strong>Die</strong> Renaissance-Elemente von Fassade und Dach gehörten zur<br />
Konzeption der vorgesehenen Umgestaltung Berlins zur faschistischen Welthauptstadt.<br />
Nach dem Krieg wurde der Bunker unterschiedlich genutzt: als Kriegsgefängnis der<br />
Roten Armee, als „Bananenbunker“ zu DDR-<strong>Zeit</strong>en (Lagerung von Südfrüchten durch<br />
den VEB Obst-Gemüse-Speisekartoffeln), nach der Wende als Ort von Techno-Musik<br />
und wilden Partys. 1996 fand eine Kunstausstellung statt und 2003 kaufte Christian<br />
Boros den jahrelang nicht mehr genutzten, ruinösen Klotz. <strong>Die</strong> umfangreichen Fassaden-Arbeiten<br />
führte das Berliner Unternehmen Asta-Natursteine von Irmgard Stankat<br />
und Egbert Polanz (beide Ex-Wuppertaler) aus. Christian Boros ist Kommunikationsdesigner<br />
(Studium in den 80er Jahren bei Bazon Brock in Wuppertal). Er gründete die<br />
Boros Agentur für Kommunikation in Wuppertal (Werbeagentur bzw. inzwischen eine<br />
Gruppe von Agenturen) und sammelt zusammen mit seiner Frau Karen Lohmann seit<br />
seinem 18. Lebensjahr Kunst der Gegenwart. Den Traum vom eigenen Museum hat er<br />
sich mit dem Kauf des Bunkers 2003 und dem anschließenden Umbau erfüllt. Nach<br />
den Vorstellungen des Architekten Jens Casper wurden unter Berücksichtigung des<br />
Denkmalschutzes Anbauten entfernt, Betondecken und Innenwände mit Diamantsägen<br />
herausgesägt, Wände sandgestrahlt oder auch nur gewaschen. Der Charakter des Bunkers<br />
blieb mit Kriegsspuren, Graffi ti und im Inneren mit rostigen Türen und Telefonen<br />
aus der Kriegszeit erhalten. Selbst Spuren der Latrinen sind im Boden noch sichtbar. So<br />
entstanden aus ursprünglich 160 gleichförmigen Räumen 80 Räume unterschiedlicher<br />
Größe und unterschiedlichen Zuschnitts (bis zu 20 m hoch), in denen auf 3000 qm in<br />
5 Etagen die gesammelte Kunst ausgestellt wird. <strong>Die</strong> Besucher werden über 4 doppelläufi<br />
ge Treppenhäuser, die ursprünglich der schnellen Verteilung der Schutzsuchenden im<br />
Bunker dienten, durch das Gebäude geleitet. Also auch im Innern Renaissance-Elemente,<br />
gilt doch die doppelläufi ge Treppe als eine Erfi ndung Leonardo da Vincis. Oben auf<br />
dem Bunker entstand eine bungalowartige, ringsum verglaste Dachwohnung von 450<br />
qm Wohnfl äche, die nur über einen privaten Aufzug erreichbar ist. Der Legende nach<br />
genehmigte das phantasievolle Bauamt Berlins die Dachwohnung auf dem Bunker als<br />
unterkellertes Einfamilienhaus.<br />
Seit 2008 ist die Sammlung Boros der Öffentlichkeit zugänglich. Der Besuch ist nur<br />
nach Voranmeldung im Rahmen einer Führung möglich. 157 Kunstwerke von 21<br />
Berliner Künstlern oder Künstlern, die zeitweise in Berlin gearbeitet haben, sind ausgestellt.<br />
In der aktuellen Ausstellung fi nden sich vorwiegend Objekte und Installationen.<br />
Dabei wurden die Objekte teilweise von den Künstlern ortspezifi sch in den Räumen<br />
installiert. Gleich beim Betreten des Bunkers schlägt ernst und tonlos über dem Besucher<br />
eine Kirchenglocke aus Flandern von Kris Martin, und im Nebenraum glänzt<br />
sein silberner Schädel (tatsächlich sein eigener, computertomographisch vermessen, in<br />
Bronze gegossen und anschließend versilbert). Ein aktuelles Stilleben. Wem schlägt hier<br />
die Stunde?<br />
<strong>Die</strong> schwarz glänzende, begehbare Holzskulptur Monika Sosnowskas paßt kaum in die<br />
kleinen Räume. In der schwarzen Enge im Innern verliert man kurz die Orientierung.<br />
Bei der Berliner colour sphere von Olafur Eliasson, von dem sich 20 Werke im Bunker<br />
befi nden, werden Raum und Betrachter durch eine sich drehende Kugel aus farbigen<br />
Glasdreiecken in farbiges Licht getaucht. Eliassons an einem Kabel aufgehängter Ventilator<br />
brummt und fl iegt wie eine Hummel durch einen 20 m hohen Raum.<br />
17
18<br />
Anselm Reyle, links: „Life enigma“, 2008<br />
rechts: „ohne Titel“, 2008, Foto: Noshe<br />
<strong>Die</strong> überlebensgroße Schmerztablette von<br />
John Bock mag eher an all die Kopfschmerzen<br />
und Schwierigkeiten erinnern,<br />
die mit dem Umbau des Bunkers verbunden<br />
waren, weniger an Befi ndlichkeiten<br />
des Besuchers. Anselm Reyle transformiert<br />
banale Gegenstände mit Farbe und<br />
Licht zu Kunstwerken (z.B. Wagenrad,<br />
Heuwagen, Strohballen) und wirft so die<br />
Frage auf, was denn Kunst sei. Ist Kunst,<br />
was im Museum steht? Ist Kunst das, worüber<br />
Medien schreiben? Ist Kunst, was<br />
auf dem Kunstmarkt gehandelt wird? Aus<br />
der Beantwortung dieser Fragen ergäbe<br />
sich, wer den Kunstbegriff prägt.<br />
Für seine schräg liegenden, schwarzen<br />
Stelen hat Santiago Sierra nicht den<br />
Zutritt untersagt für: „unordentliche und<br />
stinkende Menschen, Raucher, Alkoholiker,<br />
Drogensüchtige, Witzbolde und Zyniker”<br />
(wie 2007 in London). Nein, alle<br />
sollten sich hier ansehen, unter welchen<br />
Mühen sein Kunstwerk entstand. Mit Diamantschneidern<br />
wurde die Betonmauer<br />
aufgesägt, die ausgesägten Mauerteile auf<br />
dem Boden sind als Spuren der Mühen<br />
sichtbar geblieben. Der vom Künstler<br />
beanspruchte sozialkritische Bezug<br />
seiner Arbeiten wird deutlicher durch<br />
Schwarzweißfotografi en älterer Aktionen,<br />
die jedenfalls zu Diskussionen über die<br />
Funktion der Kunst, ihren Mißbrauch<br />
und über Geschmack anregen.<br />
Das Fahrrad von Robert Kusmirowski<br />
ist als reine Kunst nur anzusehen, ein<br />
Trugbild, hergestellt aus Pappmaché, Gips<br />
und Garn und nicht zu gebrauchen. In<br />
einer Vitrine daneben sieht man „alte“<br />
Schwarzweiß-Fotos eines historischen<br />
Radfahrers auf seiner Tour zwischen Paris<br />
und Leipzig. Auch hier Täuschung, denn<br />
es handelt sich um den Künstler selbst.
Santiago Sierra, „Konstruktion und Installation von teerbeschichteten Formen“, 2002, 75 x 75 x 800 cm, angeordnet in 2 Räumen, Foto: Noshe<br />
Der Patient im Krankenhausbett, die<br />
täuschend echt erscheinende Wachsfi gur<br />
in weißer Krankenhausbettwäsche unter<br />
kaltem Neonlicht (Temporarily Placed<br />
von Elmgreen und Dragset), schaute früher<br />
aus dem Hamburger Bahnhof auf die<br />
Charité und wurde jetzt hier abgestellt.<br />
Anfangs sorgte er ehemals für Aufregung,<br />
als Gäste des gegenüberliegenden Hotels<br />
beim Blick durch das Fenster auf den im<br />
Bunker vergessenen armen Kranken Polizei<br />
und Notarztwagen gerufen hatten.<br />
Kunst des 21. Jahrhunderts in einem Riesenbunker<br />
aus dem 2. Weltkrieg, in den<br />
kein Geräusch der Großstadt hineindringt<br />
und aus dem kein Blick heraus möglich<br />
ist, dessen Pforten mit Findlingen<br />
verschlossen nicht passierbar scheinen,<br />
Architektur, die auch nach dem Umbau<br />
den Größenwahn der Nazidiktatur wi-<br />
derspiegelt, Kunst, die nur nach Voranmeldung<br />
angesehen werden kann: Ist das<br />
die aktuelle Situation der zeitgenössischen<br />
Kunst? Kann sie im Bunker gerettet<br />
werden? Kann sie nur dort überleben?<br />
Nein, solche Fragen sind falsch gestellt.<br />
Hier wird durch das Engagement und die<br />
Leidenschaft des Sammler-Ehepaares Boros<br />
ein historisches Gebäude, welches an<br />
sich einen wenig erfreulichen Aspekt der<br />
Berliner Stadtgeschichte widerspiegelt, in<br />
wunderbarer Weise für die zeitgenössische<br />
Kunst genutzt. <strong>Die</strong> historischen Hinweise<br />
auf den Bunkerwänden dienten ursprünglich<br />
zur Orientierung der durch Luftangriffe<br />
gefährdeten Berliner Bevölkerung.<br />
Zur Orientierung des Kunstfreundes in<br />
der zeitgenössischen Berliner Kunstszene<br />
erschien bei Hatje/Cantz 2009 als Begleitbuch<br />
ein opulenter Band, in welchem die<br />
Geschichte des Bunkers, seines Umbaus<br />
sowie die Sammlung Boros umfassend<br />
dargestellt werden. In informativen und<br />
authentischen Beiträgen äußern sich der<br />
Architekt Jens Caspers zu seinem Projekt<br />
und Annette Schryen zur Sammlung<br />
Boros. Mit den Fotos von Noshe und<br />
Andreas Gehrke werden Bunker und<br />
Sammlung kühl und sachlich dokumentiert.<br />
Texte in Deutsch und Englisch.<br />
<strong>Die</strong> Ausstellung soll übrigens im Laufe<br />
des Jahres 2010 wechseln.<br />
Boros Collection/Bunker Berlin -<br />
Herausgegeben von/Edited by<br />
Boros Fondation gemeinnützige GmbH<br />
© 2009Hatje/Cantz Verlag Ostfi ldern,<br />
218 S., ISBN 978-3-7757-2478-4<br />
19
20<br />
Sina Kießling (Lena)
Anna Bergmann inszeniert<br />
in Bochum Büchners<br />
„Leonce und Lena“<br />
Regie: Anna Bergmann<br />
Bühne: Matthias Werner<br />
Kostüme: Claudia Gonzalez Espindola<br />
Dramaturgie: <strong>Die</strong>tmar Böck<br />
Choreographie: Katja Uffelmann<br />
Klang-Design: Heiko Schnurpel<br />
Fotos: Birgit Hupfeld<br />
Besetzung: Bernd Rademacher<br />
(König von Popo)<br />
Ronny Miersch (Prinz Leonce, sein Sohn)<br />
Sina Kießling (Prinzessin Lena von Pipi)<br />
Sebastian Kuschmann (Valerio)<br />
Michael Lippold (<strong>Die</strong> Gouvernante)<br />
Katja Uffelmann (Rosetta)<br />
Maximilian Strestik (Zeremonienmeister,<br />
Eskimo)<br />
Manfred Böll (Präsident) - Statisterie<br />
Eine Farce mit schönen Beinen<br />
Nachmärz<br />
Nehmen wir mal an, Sie hätten noch nie Georg Büchner (1813-1837) gelesen, keines<br />
seiner Dramen auf der Bühne gesehen und schon gar nicht die intelligente, an <strong>Zeit</strong>kritik<br />
reiche Komödie „Leonce und Lena“ aus dem Jahr 1836. Nehmen wir außerdem an, dass<br />
Sie sich durchaus für Politik und Satire interessieren, sehr wohl eine geschliffene Farce von<br />
einer klamaukigen Klamotte zu unterscheiden wissen und die muffi ge Idylle der deutschen<br />
Spitzweg-Kleinstaaterei mit der ihr angemessenen ironischen Distanz sehen. Wie<br />
Büchner eben. Da hätten Sie aber im Bochumer Schauspiel bei der Premiere am 10. April<br />
einen ganz falschen Eindruck vom Vermögen des jung verewigten Vormärz-Dramatikers<br />
bekommen. Anna Bergmann machte in ihrer Inszenierung von „Leonce und Lena“, die<br />
Gestern und Heute – im Grunde ein guter Gedanke – mutig mischte, fl ache Witzchen<br />
und bemühte Gags auf Kosten der Idee.<br />
Sina Kießling (Lena), Michael Lippold (<strong>Die</strong> Gouvernante) und Ronny Miersch (Leonce)<br />
Sina Kießling (Lena) und Ronny Miersch (Leonce)<br />
21
22<br />
Katja Uffelmann (Rosetta), Ronny Miersch (Leonce) und Sebastian Kuschmann (Valerio)
Eine Farce mit schönen Beinen<br />
Nackte Hintern, Flashman und nicht Osgood Fielding III<br />
Da ist Lena der Name eines Parfums, Leonce eine Jeans-Marke und die (klein)staatliche<br />
Verwaltung fi ndet nicht statt. Büchners 1836 á jour gebrachte Anlehnung an Shakespearsche<br />
Muster der Staats- und Verwechslungskomödien ist unübersehbar. Anna Bergmann<br />
schafft es aber trotz einiger durchdachter Ansätze, Matthias Werners Bühnenbild und guten<br />
Personals nicht, den Pipi-Popo-Witz Büchners umzusetzen, wenn es auch an Popos und<br />
Penissen nicht mangelt. Wir werden wohl nie erfahren, weshalb Valerio (Sebastian Kuschmann),<br />
Vertreter des Branchentelefonbuchs Gelbe Seiten, sich urplötzlich im Wohnzimmer<br />
des Prinzen (Ronny Miersch) auszieht, dadurch des Prinzen Vertrauter wird, jener es ihm<br />
nachtut und beide (nichts gegen schöne Körper) dann nackt wie die California Dream Boys<br />
am Balkenwerk dortselbst herumklettern. Einen knackigen Hintern zeigt übrigens auch<br />
Mlle. Uffelmann, wenn sie widerwillig als Rosetta für Leonce tanzt. Gekokst wird großzügigst,<br />
und Whisky wird in ungeheuren Mengen gesoffen, ohne dass ein Koma eintritt.<br />
Nobody is perfect<br />
Auch werden wir keinen Hinweis darauf fi nden, wieso (ich greife hier weit voraus) Valerio<br />
später als „Flashman“ in der Arktis zur Melodie von „This Guy´s in Love“ einen immerhin<br />
witzigen Paarlauf mit Silver-Girl (Michael Lippold, al. Gouvernante) hinlegt, die wiederum<br />
(mein Gott!) gar keine Dame ist, sondern – welche Überraschung, wir haben es bis<br />
dahin wirklich nicht gemerkt... – ein Mann! Und als sie/er sich schließlich dem verliebten<br />
Valerio (Sebastian Kuschmann ist neben Bernd Rademacher nahezu – dazu später ein<br />
Wort – die einzige Offenbarung in dieser Inszenierung) als Penisträger offenbart, wartete<br />
das Publikum atemlos auf die letzte Plattitüde, den Schlußsatz aus „Some like it hot“ :<br />
„Nobody is perfect“. Aber den konnten sich Bergmann/Böck noch gerade so verkneifen.<br />
Polnareff und schöne Beine<br />
Was bekommen wir? Einen koksenden, cholerischen Leonce, billiger Michel Polnareff-<br />
Verschnitt und veritables Arschloch, das unbedingt (hallo Pete Townshend!) seine Gitarre<br />
zertrümmern muß, dazu eine Lena (Sina Kießling) als Paris Hilton-Kopie, kaum weniger<br />
aggressiv und ebensowenig liebenswert wie ihr künftiger Gatte. Wir haben zwei Klischee-<br />
Schwuchteln (Alexander Ritter, Sebastian Zumpe), die sich um die Garderobe des Königs<br />
kümmern, zwei lächerliche Quentin-Tarantino-Killer-Typen, einen Eskimo am Südpol<br />
(!) - oder wie erklären Sie es sich, dass im Hintergrund Pinguine über die Leinwand spazieren,<br />
während vorne ein Iglu entsteht? -, eine tanzbegabte Haushofdame Rosetta (Katja<br />
Uffelmann), Schlittenhunde, Polarlichter und Partyvolk. Womit wir beim eigentlich<br />
Erfreulichen der Inszenierung sind. Denn unter dem Strich bleibt das Fazit: Alles in allem<br />
ein Stück der schönen Beine. Mit denen wirft die Inszenierung üppig um sich, die Statisterie<br />
scheint dankenswerterweise geradezu danach ausgesucht. Und für die Beine zeichnet<br />
zum einen Prinzessin Lena, die stets - selbst in der (Ant)Arktis - kurzgeschürzt über die<br />
Bühne schreitet und gleitet, vor allem aber die bezaubernde Statisterie, die hier explizit<br />
erwähnt werden muß. Denn „<strong>Die</strong> erste von links“ und die dritte von rechts (mit dem<br />
violetten Kleidchen) waren die optischen Offenbarungen des Abends. Durch sie bekam<br />
der langatmige Abend seinen versöhnlichen Reiz.<br />
Striche dringend angeraten<br />
Nun wollen wir aber, abgesehen von den schönen Mädchenbeinen (für die Herren) und<br />
den leckeren Männer-Popos (für die Damen) nicht die ganze Inszenierung für mißlungen<br />
erklären. Bernd Rademacher lieferte als König von Popo in der Schlußsequenz, der<br />
„Automaten“-Hochzeit, eine herrliche, humorvolle Interpretation ab. Erbarmungslos das<br />
in die Länge Ziehen des Stückes, das mit 2 Stunden 20 Minuten angekündigt, nach 2<br />
Stunden 50 Minuten endete. Das ist trotz der schönen Beine um einiges zu viel. Energische<br />
Striche scheinen hier dringend angeraten. Das Premieren-Publikum verhielt sich<br />
reserviert. Auch wenn die übliche Claque anderer Meinung zu sein schien.<br />
Frank Becker<br />
Weitere Informationen unter: www.schauspielhausbochum.de<br />
23
24<br />
<strong>Die</strong> Essenz der Jahre<br />
Rainer K. Wick<br />
Fotografi sche Arbeiten 1968 - 2009<br />
Rainer K. Wick ist ein Weltreisender, der<br />
rund um den Erdball mit seiner Kamera<br />
beeindruckende, bewegende Impressionen<br />
festgehalten hat. Sein Lebens- und<br />
Berufsweg hat den Kunsthistoriker und<br />
Kunstpädagogen, der mit einer Arbeit<br />
über Happening und Fluxus promovierte,<br />
1986 an die Universität Wuppertal geführt,<br />
wo er nach Stationen in Köln und<br />
Essen als anerkannte Kapazität und beliebter<br />
Dozent den Lehrstuhl für Kunst-<br />
und Kulturpädagogik zu hoher Blüte<br />
führte. Wick: „Es ging mir immer darum,<br />
die Kunst selbst in den Mittelpunkt des<br />
künstlerischen Lehramtes zu rücken.<br />
Damit erhielten die künstlerisch-praktischen<br />
wie auch die fachwissenschaftlichen<br />
Studienanteile eine deutliche Aufwertung,<br />
ohne dass dabei die didaktischen Aspekte<br />
aus dem Blickfeld gerieten. Neben der<br />
Vermittlung grundlegender Techniken<br />
und handwerklicher Fähigkeiten muß der<br />
Prozeß künstlerischer Selbstbildung, also<br />
der Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen<br />
in seiner Begegnung mit Mensch<br />
und Welt, im Mittelpunkt des Kunststudiums<br />
stehen.“<br />
Zum Ende seiner Lehrtätigkeit war in<br />
Wuppertal die vorläufi ge Bilanz seines<br />
fotografi schen Lebensweges als offene<br />
Ausstellung zu sehen. Der am 30.10.09<br />
emeritierte Lehrer und Fotokünstler zeigte<br />
erstmalig in einer Werkschau Bilder seiner<br />
über ertragreiche Jahrzehnte intensiv<br />
betriebenen fotografi schen Studien.<br />
Rainer K. Wick erzählt mit seinen<br />
Bildern Geschichten, reizt gelegentlich<br />
zur Auseinandersetzung. <strong>Die</strong> Fotografi en<br />
Wicks überzeugen durchweg durch den<br />
ästhetischen, oft beinahe sachlichen Blick<br />
auf das Gezeigte. Prof. Dr. Rolf Sachsse,<br />
Fototheoretiker und Designhistoriker aus<br />
Saarbrücken: „Wer wie Rainer K. Wick<br />
beinahe alles über eine bedeutende Kunstschule<br />
wie das Bauhaus und dessen päd-
26<br />
agogische Konzepte weiß, und wer damit<br />
auch weiß, was die Fotografi e für diese<br />
Schule bedeutete, der kann nicht umhin,<br />
sowohl selbst zu fotografi eren als auch<br />
die dabei entstandenen Aufnahmen in<br />
den Zusammenhang seiner Forschungen<br />
und Hochschullehre zu stellen.“ Wick ist<br />
<strong>Zeit</strong>- und Kulturzeuge, ein Chronist, der<br />
Fluxus und Grenzüberschreitungen erlebt,<br />
Menschen und Ideen im Bild festgehalten<br />
hat. Wer seine Portraits von ganz normalen<br />
Menschen aus Kulturkreisen rund um<br />
die Erde sieht, seine bei mitunter Wucht<br />
dennoch zärtlichen, ästhetischen Akte<br />
und seine von der Liebe zum Augenblick<br />
erzählenden Schatten- und Konturen<br />
muß dahinter einen stillen Poeten mit der<br />
Kamera vermuten. Sicher liegt man da<br />
nicht falsch.<br />
Als Dokument dieser schwarz-weißen<br />
fotografi schen Bilanz erschien ein hohen<br />
Ansprüchen genügender Bildband, der<br />
den Bogen über mehr als 40 Jahre sensibler<br />
Arbeit mit der Kamera, vor allem<br />
aber mit dem Auge und dem Herzen<br />
zeigt. „Korrespondenzen“ ist der von Rolf<br />
Sachsse ausgewählte und im Verlag Müller<br />
+ Busmann erschienene Band betitelt,<br />
der wie die Hängung der Ausstellung<br />
logische und überraschende Gegenüber<br />
zeigt. Mal ist es wie auf dem Titel die<br />
Begegnung von ungegenständlichem<br />
Licht- und Schattenspiel mit einem strengen,<br />
doch zauberhaften Akt, dann wieder<br />
ergänzen sich Portraits von Personen der<br />
künstlerischen <strong>Zeit</strong>geschichte, Reiseimpressionen<br />
aus Asien und Südamerika<br />
und architektonische Details. <strong>Die</strong> kühle<br />
Erotik der Akte trifft auf Foto-Graphik<br />
oder Entsprechungen der Kulturgeschichte,<br />
Gestern begegnet Heute. Das Buch<br />
gehört in jede anständige Bibliothek mit<br />
Gewicht auf die zeitgenössische Fotografi<br />
e.<br />
Das „Sonntagsfoto“ aus diesem schönen<br />
Band, erscheint regelmäßig im<br />
Online-Kulturmagazin „Musenblätter“<br />
www.musenblaetter.de<br />
Frank Becker<br />
Fotos: Rainer K. Wick<br />
Rainer K. Wick - Korrespondenzen<br />
© 2009 Verlag Müller + Busmann, 160<br />
Seiten mit 144 ganzseitigen Tafelabbildungen<br />
- Format 16 x 21 cm, 19,80 Euro<br />
ISBN: 978-3-928766-92-0<br />
Es erscheint eine Vorzugsausgabe in 50<br />
Exemplaren mit zwei Originalfotos, arabisch<br />
nummeriert und signiert, zum Preis<br />
von 60,– Euro. Wick@uni-wuppertal.de
Von der Heydt-Museum<br />
Meisterwerke<br />
vom Expressionismus bis heute<br />
Franz Marc, Fuchs, 1911<br />
Öl auf Leinwand, 50 x 63 cm<br />
Retour de Paris<br />
Mit der Ausstellung „Retour de Paris“<br />
kehrt die Sammlung ins Von der Heydt-<br />
Museum zurück. Während in Wuppertal<br />
die Monet-Ausstellung im Mittelpunkt<br />
stand, fanden Meisterwerke aus der Von<br />
der Heydt-Sammlung in den zurückliegenden<br />
Monaten immer wieder als<br />
Werbemotive Verbreitung: Mit dem<br />
Fuchs von Franz Marc warb das Sprengel<br />
Museum in Hannover für seine Ausstellung<br />
„Marc, Macke und Delaunay“<br />
, Das „Selbstbildnis als Krankenpfl eger“<br />
von Max Beckmann wurde im Madrider<br />
Museum Thyssen-Bornemisza für<br />
die Ausstellung „1914. <strong>Die</strong> Avantgarde<br />
und der große Krieg“ publikumswirksam<br />
eingesetzt. Das Musée Marmottan<br />
Monet, Paris, zeigte parallel zu unserer<br />
Monet-Schau 40 expressionistische Werke<br />
unseres Museums unter dem Titel „Fauves<br />
et Expressionnistes. Chefs d’oeuvre du<br />
Musée von der Heydt“. Das „Mädchen<br />
mit Pfi ngstrosen¡ von Jawlensky war<br />
großformatig am Museumsgebäude zu<br />
sehen. Nachdem die Ausstellung unserer<br />
Meisterwerke in Paris mehr als 100.000<br />
Besucher angelockt haben, sind die<br />
Fauvisten und Expressionisten nun wieder<br />
zurück, für die das Von der Heydt-Museum<br />
berühmt ist!<br />
Seit dem 2. April ist wieder eine Auswahl<br />
hochkarätiger Werke aus eigenem<br />
Besitz zu sehen. Lag der Schwerpunkt der<br />
Sammlungspräsentation im zurückliegenden<br />
Jahr auf Werken des 19. Jahrhunderts,<br />
so erweist sich die aktuelle Neupräsentation<br />
nun für den Besucher als <strong>Zeit</strong>reise<br />
durch die Kunst des 20. Jahrhunderts.<br />
<strong>Die</strong> chronologische Hängung beginnt mit<br />
27
28<br />
Cézanne, Gaugin und van Gogh. Es folgen<br />
die Fauvisten und deutschen Expressionisten.<br />
Nicht allein die Franzosen oder<br />
der ausgezeichnete Bestand an expressionistischer<br />
Malerei und Grafi k machen aber<br />
den Ruhm der Von der Heydt-Sammlung<br />
aus. Gerade auch die Malerei, die zwischen<br />
den beiden Weltkriegen entstand, ist<br />
in einer Vielfältigkeit zu erleben, wie sie in<br />
kaum einem anderen Museum zu fi nden<br />
ist. <strong>Die</strong> Maler der Neuen Sachlichkeit<br />
gehören dazu, darunter Otto Dix, Georg<br />
Scholz oder Heinrich Maria Davringhausen,<br />
die Gemälde aus dem Künstlerkreis<br />
der Kölner Progressiven genauso wie die<br />
verschiedenen Konzepte gegenstandsloser<br />
Kunst.<br />
Im Shed-Saal wird die Malerei der fünfziger<br />
Jahre (Nay, Schumacher, Brüning)<br />
mit den vielen Variationen fi gurativer und<br />
abstrakter Malerei konfrontiert, die in der<br />
2. Jahrhunderthälfte entstand. Klapheck,<br />
Robert Indiana, Warhol und Polke gehören<br />
hier zu den illustren Namen. Und es<br />
sind natürlich viele der großen, singulären<br />
Künstlerpersönlichkeiten, die sich<br />
jeder Kategorisierung, entziehen: Max<br />
Beckmann steht für die erste Jahrhunderthälfte,<br />
Francis Bacon für die zweite, und<br />
weder auf die erste noch auf die zweite<br />
Jahrhunderthälfte lässt sich Picassos<br />
Oeuvre festlegen.<br />
Es ist auch im vergangenen Jahr gelungen,<br />
die Sammlung zu erweitern. Erstmalig<br />
wird das Gemälde von Otto Dix „Wald<br />
am Morgen“ präsentiert, entstanden 1940<br />
am Bodensee, wohin Dix, der unter den<br />
Nazis als „entarteter Künstler“ galt, sich<br />
ab 1936 zurückgezogen hatte. Das Gemälde<br />
wurde dem Museum erst kürzlich<br />
aus Privatbesitz geschenkt. Eine Auswahl<br />
von Arbeiten Otto Dix’ aus der grafi schen<br />
Sammlung erweitert den Einblick in das<br />
Schaffen dieses engagierten Künstlers.<br />
Und noch ein weiterer Schatz der grafi -<br />
schen Sammlung, der an andere Museen<br />
ausgeliehen war, ist wieder ausgestellt: die<br />
Aquarelle von Paul Klee.<br />
<strong>Die</strong> erste Dekade des 21. Jahrhunderts<br />
spiegelt sich in weiteren Neuankäufen<br />
und Dauerleihgaben. Dazu gehören<br />
Stücke aus dem bereits im vergangenen<br />
Jahr gezeigten „Klaus Rinke-Block“,<br />
sowie die Künstler Henrik Schrat, Daniel<br />
Behrendt, Daniel Lergon, Jan Albers und<br />
Tilo Baumgärtel. Bei der Heterogenität<br />
heutiger Kunst legitimiert sich das Konzept,<br />
die Sammlungserweiterung auf den<br />
bereits im Museum vertretenen Richtungen<br />
von Figuration und Abstraktion<br />
aufbauen zu lassen.<br />
Ausstellung: 2. 4.2010 - 1. 8.2010<br />
Zur Neupräsentation ist ein neuer Publikumsführer<br />
erschienen<br />
Edvard Munch<br />
Mädchen mit rotem Hut, um 1905<br />
Öl auf Holz, 58 x 46,5 cm
Verbannt in die Landschaft<br />
Otto Dix in der inneren<br />
Emigration am Bodensee<br />
Otto Dix, Wald am Morgen, 1940,<br />
Mischtechnik aus Holz, 100x75 cm<br />
© VG Bild-Kunst, Bonn 2010<br />
Mit dem Bild „An die Schönheit“ (1922)<br />
besitzt das Von der Heydt-Museum eines<br />
der bekanntesten Werke von Otto Dix. In<br />
der aktuellen Präsentation der Sammlung<br />
ist es mit zwei weiteren Gemälden zu<br />
sehen: Dem Bildnis des Elberfelder Juweliers<br />
Karl Krall (1923) und einem Bild,<br />
dass erstmalig öffentlich gezeigt wird. Der<br />
„Wald am Morgen“ von 1940 (Mischtechnik<br />
auf Holz, 100 x 75 cm) ist eine der<br />
prominentesten Neuerwerbungen für die<br />
Sammlung.<br />
Das künstlerische Lebenswerk von Otto<br />
Dix (1891 Untermhaus bei Gera – 1969<br />
Singen/Hohentwiel) ist vielseitig und durch<br />
überraschende Wandlungen gekennzeichnet.<br />
In den zwanziger Jahren entwickelte<br />
Dix, einer der Hauptvertreter der Neuen<br />
Sachlichkeit, unter dem Eindruck der<br />
sozialen Probleme der Weimarer Republik<br />
seinen veristischen Realismus. Neugierig<br />
auf das „elementare Ereignis Krieg“ hatte<br />
er sich 1914 freiwillig als Soldat gemeldet:<br />
„Der Krieg war eine scheußliche Sache,<br />
aber trotzdem etwas Gewaltiges. Das durfte<br />
ich auf keinen Fall versäumen. Man muss<br />
den Menschen in diesem entfesselten Zustand<br />
gesehen haben, um etwas über den<br />
Menschen zu wissen.“ Als Frontsoldat in<br />
Flandern, Frankreich, Polen und Russland<br />
erlebte Dix den Krieg aus nächster Nähe.<br />
Einerseits fasziniert, andererseits schockiert<br />
vom Inferno der Gewalt verarbeitete er<br />
seine Erlebnisse in Bildern wie „Der Schüt-<br />
29
30<br />
zengraben“ (1923) und in der Radiermappe<br />
„Der Krieg“ (1924).<br />
Nach den Erfahrungen der Kriegshölle<br />
war Dix desillusioniert und nicht bereit,<br />
sich ideologisch einspannen zu lassen: „Ich<br />
schloss mich keinem politischen Programm<br />
an, ertrug wahrscheinlich diese Phrasen<br />
nicht. Wenn die nur kamen und uns was<br />
erzählen wollten, war es schon aus bei mir.“<br />
Er hatte die „Untiefen des Lebens“ gesehen,<br />
das dämonische Wesen des Menschen<br />
durchschaut und war zugleich überzeugt<br />
von der Kraft der menschlichen Instinkte.<br />
Mit seiner drastischen, expressiven Schilderung<br />
der Realität setzte er den bürgerlichen<br />
Wertvorstellungen das Vitalitätsprinzip des<br />
Hässlichen entgegen.<br />
In der Konfrontation mit dem Hässlichen<br />
offenbarte Dix die Zwiespältigkeit und<br />
existenzielle Spannung des Daseins. Im<br />
Hinterhofmilieu und im Nachtleben der<br />
Großstadt fand er eine Fülle von Anregungen<br />
für gesellschaftskritische Themen, u.<br />
a. für seine Bordellbilder. Auch begegnete<br />
er im Großstadtmilieu proletarischen<br />
Typen und Vertretern der Bohème, die<br />
ihn als Modelle für Porträts interessierten.<br />
Mit seziererischem Blick durchleuchtete<br />
Dix die von gesellschaftlichen Gegensätzen<br />
geprägten Verhältnisse der „goldenen<br />
Zwanziger“ und entwickelte hierbei eine<br />
besondere Vorliebe für die Darstellung<br />
des Dekadenten und Morbiden. Für seine<br />
sorgfältige und detaillierte, sogar überdeutliche<br />
Wiedergabe der stoffl ichen Erscheinung<br />
orientierte er sich an den alten<br />
Meistern Baldung Grien, Cranach, Dürer<br />
und Grünewald. Von ihnen übernahm er<br />
um 1925 auch die bis etwa 1945 beibehaltene<br />
Kombination aus Temperamalerei<br />
und Lasurtechnik.<br />
Nach Stationen in Düsseldorf und Berlin<br />
trat Dix 1927 eine Professur an der Akademie<br />
in Dresden an. So kam er in die Stadt<br />
zurück, wo er seine künstlerische Laufbahn<br />
1910-14 zunächst als Schüler an der<br />
Kunstgewerbeschule begonnen und dann<br />
1919-22 als Student an der Kunstakademie<br />
fortgesetzt hatte. 1933 wurde Dix von der<br />
nationalsozialistischen Regierung seines<br />
Lehramtes mit der Begründung enthoben,<br />
„dass sich unter seinen Bildern solche befi nden,<br />
die das sittliche Gefühl des deutschen<br />
Volkes aufs schwerste verletzen und andere,<br />
die geeignet sind, den Wehrwillen des deutschen<br />
Volkes zu beeinträchtigen.“ 1934<br />
erhielt er Ausstellungsverbot. Ende 1933<br />
zog Dix sich zunächst auf Schloss Randegg<br />
bei Singen im Hegau zurück, bevor er sich<br />
1936 in Hemmenhofen bei Radolfzell am<br />
Bodensee niederließ. Er behielt jedoch<br />
weiterhin ein privates Atelier in Dresden,<br />
das mit den dort befi ndlichen Bildern die<br />
Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs überstand.<br />
Bei den Aktionen der „entarteten<br />
Kunst“ 1937 und 1938 wurden zahlreiche<br />
Werke von Dix beschlagnahmt, ein Teil<br />
davon wurde 1939 im Hof der Feuerwache<br />
in Berlin verbrannt. Der „Schützengraben“,<br />
1937 als „gemalte Wehrsabotage“ in der<br />
Ausstellung der „Entarteten Kunst“ in<br />
München gezeigt, war 1939 vermutlich<br />
nicht von dem Autodafé betroffen, gilt<br />
jedoch seitdem als verschollen.<br />
Als Reaktion auf den Druck der politischen<br />
Ereignisse und die Verfolgung seiner<br />
Kunst vollzog Dix einen Wandel in der<br />
Wahl seiner Themen. Neben einzelnen<br />
religiös-allegorischen Kompositionen, wie<br />
dem im Dresdner Atelier zurückgelassenen<br />
Gemälde „<strong>Die</strong> sieben Todsünden“ (1933)<br />
mit Hitler als symbolischer Figur des<br />
Neides, schuf er, angeregt durch die malerischen<br />
Stimmungen am Bodensee, auf der<br />
Höri und im Hegau, zahlreiche Landschaftsbilder.<br />
Weitere Anregungen fand er<br />
bei Reisen ins böhmische Mittelgebirge<br />
und ins Riesengebirge. <strong>Die</strong> Komposition<br />
und die Malweise seiner Landschaftsbilder<br />
zeigen wiederum enge Anlehnungen an<br />
die altdeutschen Meister, an Albrecht Altdorfer<br />
und die Donauschule, sowie auch<br />
Anspielungen auf Caspar David Friedrich<br />
und die Malerei der deutschen Romantik.<br />
<strong>Die</strong> Hinwendung zur Landschaftsmalerei<br />
war für Dix keine freiwillige Entscheidung,<br />
sondern – mangels der Gelegenheit<br />
zu „Deutungen von Menschen“, die ihn<br />
mehr interessiert hätten – der Weg in die<br />
innere Emigration. Er sei in die Landschaft<br />
„verbannt“ worden, sagte er später:<br />
„Ein schönes Paradies. Zum Kotzen schön<br />
… <strong>Die</strong> Schönheit der Natur, in die ich<br />
verbannt bin; ich gehöre doch gar nicht<br />
dahin … ich müsste in der Großstadt sein.<br />
Ich stehe vor der Landschaft wie eine Kuh.“<br />
Mit Streifzügen durch die Natur und über<br />
zeichnerische Erkundungen mit Feder und<br />
Silberstift näherte er sich der Landschaft innerlich<br />
an. In seinen Gemälden verband er<br />
reale Landschaftsmotive mit Erfi ndungen<br />
der Phantasie. Dix wollte die Landschaft<br />
nicht abbilden, sondern strebte nach Steigerung<br />
und Überhöhung der Wirklichkeit.<br />
Darüber berichtet er 1939: „Ich scheue<br />
mich heute nicht, die Ufer des Bodensees<br />
mit Felsen und Gebirgen zu versehen, die<br />
es hier gar nicht geben kann. Aber schließlich<br />
ist der künstlerische Ausdruck das<br />
wesentliche, nicht die ‚Naturwahrheit‘.“<br />
Zu unserem Bild wurde Dix wohl im Wald<br />
von Hemmenhofen inspiriert. Neben dem<br />
„Wald am Morgen“ entstand im selben<br />
Jahr auch ein Bild „Wald am Abend“. <strong>Die</strong><br />
Reihe der Waldlandschaften hat Dix noch<br />
bis 1942 fortgesetzt. Bewusst hat er hierfür<br />
„starke dunkle Farben“ gewählt und dabei<br />
„das Grün aus dem Blau (Himmel) entwickelt“.<br />
Wie durch die Lupe betrachtet, sind<br />
Wurzeln, Äste, Blätter, Gräser und Farne in<br />
ihren Einzelheiten erfasst. Mit dem „Wald<br />
am Morgen“ malte Dix eine geheimnisvolle<br />
Landschaft, die zugleich verschlossen<br />
wirkt und Unheimliches zu bergen scheint.<br />
Tatsächlich schimmern durch die Linien<br />
und Konturen von Gräben und Felsen,<br />
von Astwerk, Laub und Wurzeln entfernt<br />
Erinnerungen an die bizarren Formationen<br />
der zerfetzten Leiber von toten Soldaten<br />
und der aufgewühlten Erde auf den<br />
Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs. Mit<br />
den Landschaftsbildern wollte Dix wohl<br />
nicht nur sein inneres Refugium gestalten,<br />
sondern durch die trügerische Idylle<br />
gleichzeitig auf die aktuelle Bedrohung der<br />
Welt hinweisen. Möglicherweise sah er in<br />
die Landschaft innere Bilder hinein: die<br />
paradiesische Natur als Schauplatz einer<br />
neuen Apokalypse – ein alptraumhaftes<br />
Szenarium.<br />
Neben den Phantasielandschaften hat<br />
Dix häufi ger Ansichten der Ortschaften<br />
Randegg, Hemmenhofen, Allensbach<br />
und Reichenau sowie den Blick über<br />
den Untersee auf das gegenüberliegende<br />
Schweizer Ufer mit den Dörfern Mammern,<br />
Steckborn und Berlingen gemalt.<br />
Kennzeichnend für seine Auffassung<br />
dieser Landschaftsansichten ist ebenfalls<br />
die geradezu unwirklich-romantische<br />
Stimmungshaftigkeit der Natur.<br />
„Wald am Morgen“ wurde dem Museum<br />
Anfang 2010 geschenkt. Es befand sich<br />
seit 1940 in Privatbesitz, zunächst in Köln,<br />
dann in Wülfrath, und war in dieser <strong>Zeit</strong><br />
nie öffentlich ausgestellt.<br />
Antje Birthälmer
Leben auf dem Sprung.<br />
Hanna Lemke:<br />
„Gesichertes“.<br />
Ein überraschendes literarisches<br />
Debüt.<br />
Hanna Lemke, Foto: Markus Schädel<br />
»Was ich von Beruf bin?«, wiederholte ich. Ich wollte fast lachen, so altmodisch kam mir<br />
die Frage vor. Ich fragte eher, und wurde immer nur gefragt: »Was machst du?«, was auch<br />
nicht besser klang; die Frage eines Kindes auf der Suche nach einem anderen, das sich<br />
weniger langweilt als es selbst.<br />
Marcels Grinsen sah aus wie auf Stillstand geschaltet, als hätte er eben einen Witz erzählt<br />
und würde darauf warten, dass ich die Pointe verstand. Erst in dem Moment begriff ich,<br />
dass es ein Witz war, einer auf Franks Kosten, auf seinen Versuch, ein Gespräch zu eröffnen,<br />
und wie um den Witz weiterzuerzählen, sagte ich: »Ich bin Sekretärin.«<br />
<strong>Die</strong>ser kurze Dialog zwischen drei Menschen,<br />
die sich in einer Berliner Kneipe<br />
treffen, hätte im Wohlstandsdeutschland<br />
der 1960er und 70er Jahre auch nach noch<br />
längerem Nachsinnen niemals ein Witz<br />
sein können. Damals liefen die Stellenan-<br />
gebote jungen, gut ausgebildeten Leuten<br />
nur so hinterher, was aus heutiger Sicht fast<br />
unglaublich erscheint. <strong>Die</strong> Frage nach dem<br />
Beruf wäre kaum verfänglich gewesen und<br />
hätte bloß Interesse signalisiert. In heutigen<br />
<strong>Zeit</strong>en des massiven Stellenabbaus in<br />
31
32<br />
nahezu allen Bereichen stellt jedoch selbst<br />
die offenere, nicht allein auf den Beruf<br />
bezogene Frage nach dem, was man denn<br />
so macht, ein gefährliches Mienenfeld dar,<br />
drohen Jobverlust und Arbeitslosigkeit doch<br />
Menschen aller Schichten und Altersstufen.<br />
Mit der mangelnden fi nanziellen und<br />
gesellschaftlichen Anerkennung oder der<br />
intellektuellen Unterforderung der Tätigkeit,<br />
mit der man recht oder schlecht den<br />
Lebensunterhalt zu verdienen versucht, geht<br />
unweigerlich die Abwertung des eigenen<br />
berufl ichen Tuns durch das Allerweltswort<br />
„machen“ einher. Längst nicht mehr trifft es<br />
nur die sogenannte Generation Praktikum,<br />
die sich nach dem Abschluss des Studiums,<br />
das heute standardmäßig mit Auslandsaufenthalten<br />
und ersten Erfahrungen in der<br />
Praxis des angestrebten Berufs einhergeht,<br />
von einem unbezahlten Arbeitseinsatz zum<br />
anderen hangeln.<br />
Aus jener Generation der Endzwanziger<br />
stammen jedoch die Protagonisten des<br />
Erzählbandes „Gesichertes“ von Hanna<br />
Lemke, die in 18 kurzen Geschichten von<br />
mehr oder weniger fl üchtigen Begegnungen<br />
berichtet, wie sie etwa auf Partys, zwischen<br />
Mitbewohnern in Zweck-WGs und zufällig<br />
gemeinsam im Zug Reisenden typisch sind,<br />
deren Wege sich kreuzen und dann wieder<br />
auseinander gehen. Das Debüt der 1981 in<br />
Wuppertal geborenen Schriftstellerin trifft<br />
damit das Lebensgefühl von jungen Erwachsenen<br />
heutiger <strong>Zeit</strong> sehr genau, doch ist das<br />
Buch auch für ältere Leser spannend, die<br />
nicht gerade neugierig darauf sind, die Welt<br />
noch einmal mit den Augen jener zu sehen,<br />
welche den größten Teil des Lebens noch<br />
vor sich haben. Denn was Lemke in ihrer<br />
sehr klaren, konzentrierten Sprache wie im<br />
oben zitierten Dialog zu fassen vermag, betrifft<br />
letztlich Menschen jeden Alters: Im Fokus<br />
der teils nur wenige Seiten umfassenden<br />
„Stories“ steht die Auswirkung fehlender,<br />
unklarer oder gescheiterter Lebensentwürfe<br />
auf zwischenmenschliche Beziehungen. <strong>Die</strong><br />
Instabilität von Identitäten, Beziehungen,<br />
Arbeits- und Wohnverhältnissen ist zu Beginn<br />
der Erwachsenenlebens zwar besonders<br />
virulent – und ihrer vermeintlich größeren<br />
Freiheit wegen vielleicht auch (noch)<br />
gewollt, sie betrifft in einer sich dramatisch<br />
wandelnden Gesellschaft wie der unsrigen<br />
jedoch eine breite Leserschaft. <strong>Die</strong> Frage, ob<br />
es das jetzt gewesen ist, was man da eigent-<br />
lich macht, stellt sich nicht nur mit 25, und<br />
die Erkenntnis, dass die Designerküche mit<br />
Mann und Kind kein Garant für Glück ist,<br />
kann auch noch mit 45 kommen. Tatsächlich<br />
geht es in „Gesichertes“ um eine<br />
existenzielle Unsicherheit, die dem Leben<br />
grundsätzlich zu eigen ist, im funktionierenden<br />
Sozialstaat der letzten Jahrzehnte<br />
jedoch, zumindest in berufl icher Hinsicht,<br />
beinahe in Vergessenheit geriet.<br />
In wenigen Worten das Wesentliche zu<br />
sagen und dennoch einen starken erzählerischen<br />
Sog zu erzeugen, macht das große<br />
literarische Talent Hanna Lemkes aus.<br />
Dabei sind es die Zwischentöne, auf die sich<br />
Lemke so gut versteht, um das Verhältnis<br />
der Protagonisten zueinander präzise zu<br />
charakterisieren, ohne das Eigentliche je zu<br />
benennen. In der Tradition amerikanischer<br />
Kurzgeschichten stehend, sind die Geschichten<br />
wie beiläufi g aus dem Leben gegriffen,<br />
obwohl sie im höchsten Maße konstruiert<br />
sind. „Ich habe immer geglaubt, meine<br />
Geschichten seien nicht erzählenswert“, gibt<br />
Lemke freimütig zu, „es war anstrengend,<br />
mich dazu durchzuringen, dass sie ihre<br />
Daseinsberechtigung haben.“ Dass dem<br />
so ist, belegen allein schon ihre sorgfältig<br />
komponierten ersten Sätze, mit denen<br />
Lemke direkt ins Herz der Geschichte führt<br />
und gekonnt die Neugier ihrer Leser weckt.<br />
So lakonisch und alltäglich die im Laufe der<br />
Erzählung dicht gewebten Dialoge zwischen<br />
den Protagonisten zunächst auch wirken,<br />
handelt es sich tatsächlich um höchst<br />
kunstvolle, doch niemals künstlich wirkende<br />
Wortwechsel, deren literarische Qualität<br />
gerade in ihrer Bruchstückhaftigkeit liegt.<br />
Akribisch feilt Lemke so lange an jedem<br />
einzelnen Satz, bis nichts hinzuzufügen<br />
noch wegzunehmen ist, um das Gemeinte<br />
treffend zum Ausdruck zu bringen. Der<br />
Grad der Konzentration, den die Autorin<br />
so erreicht, vergegenwärtigt die emotionale<br />
Komplexität menschlicher Beziehungen<br />
und lässt ihre Figuren ungeachtet der Kürze<br />
der Textform außerordentlich plastisch<br />
hervortreten. Trotz aller Reduktion steht<br />
Lemke auch dem Pathos nicht abweisend<br />
gegenüber, doch tritt es in wohltuend zurückhaltendem,<br />
manchmal auch ironischem<br />
Gewand auf.<br />
In dieser schriftstellerischen Reduktion<br />
belässt Hanna Lemke viel Raum für die ei-<br />
genen Deutungen ihrer Leser. <strong>Die</strong> wenigen,<br />
eindringlichen Sätze am Ende ihrer Erzählungen<br />
lassen den Ausgang des Geschehens<br />
meist offen, sie stellen einen neuen Anfang<br />
dar, aus dem jeder und jede eigene Schlüsse<br />
zur weiteren Entwicklung der Figuren ziehen<br />
kann. Selbst das Geschlecht des erzählenden<br />
Ichs ist – wie das einer von Hanna Lemkes<br />
Figuren – nicht eindeutig festgelegt, so dass<br />
selbst männliche Leser, wie die Kritik eines<br />
Rezensenten zeigt, sich mit der Erzählstimme<br />
identifi zieren können. Zwar entsprechen<br />
die Kurzgeschichten deutlich der Erfahrungswelt<br />
der in Berlin lebenden Lemke,<br />
doch handelt es sich keineswegs um eigene<br />
Erlebnisse oder Vorbilder aus dem Freundes-<br />
und Bekanntenkreis, die sie literarisch<br />
verarbeiten würde. Alle Situationen sind<br />
ausgedacht und entspringen ihrer Vorstellungskraft,<br />
auch wenn es sich um Themen<br />
handelt, über die sie viel nachdenkt. „Ich<br />
mag das Gefühl am Schreibtisch zu haben,<br />
dass mir alles gerade einfällt“, erläutert<br />
Lemke ihre Arbeitsweise. Den Geschichten<br />
liegen zwar Situationen, Stimmungen und<br />
Gefühle aus ihrem eigenen Erleben zugrunde,<br />
die sie sensibel registriert, um sie in eine<br />
literarische Form umzuwandeln, mit deren<br />
Erzählerin sie nicht vollständig identisch ist.<br />
Doch dem autobiographischen Schreiben<br />
steht sie kritisch gegenüber, weil dafür nur<br />
die Realität als Maßstab gilt, nicht aber<br />
die literarische Qualität des Textes selbst.<br />
Neben Anregungen aus dem Hauptstadtleben<br />
orientiert sich Lemke jedoch auch<br />
an literarischen Vorbildern. So stellen die<br />
reduzierten Kurzgeschichten des Schweizers<br />
Peter Stamm einen wichtigen Impuls für ihr<br />
Schaffen dar.<br />
So ungewöhnlich gefestigt der literarische<br />
Stil Hanna Lemkes schon jetzt erscheint,<br />
verlief ihr bisheriger Lebensweg nicht immer<br />
in gesicherten Bahnen. Nach dem Abitur am<br />
Wuppertaler Gymnasium Kothen ging sie<br />
zunächst nach Siegen, um an der dortigen<br />
Universität ein literaturwissenschaftliches<br />
Studium zu beginnen. Als sie dort an einer<br />
Schreibwerkstatt teilnahm, wurde ihr<br />
klar, dass ihre Leidenschaft dem eigenen<br />
Schreiben gilt. Sie brach das Studium<br />
ab und bewarb sich am renommierten<br />
Deutschen Literaturinstitut in Leipzig.<br />
Über das mühelose <strong>Beste</strong>hen der dortigen<br />
Aufnahmeprüfung freute sie sich riesig, und<br />
auch wenn das Studium dort nur „so la la“
gewesen sei – gelernt hat sie dort trotzdem<br />
etwas: die intensive Arbeit an eigenen und<br />
fremden Texten hat ihr Lese- und Schreibkompetenz<br />
vermittelt, wovon sie für das<br />
literarische Schreiben neben ihrer Empfi ndsamkeit<br />
für Menschen und Situationen sehr<br />
profi tiert. Mit dem Diplom in der Tasche<br />
nach Wuppertal zurückzukehren, kam für<br />
Lemke allerdings nicht infrage, auch wenn<br />
sie die Stadt sehr mag und allein durch den<br />
guten Kontakt zu ihren Eltern noch mit<br />
ihr verbunden ist. „In Berlin fühle ich mich<br />
einfach besser aufgehoben, ich habe dort<br />
mittlerweile ein Netzwerk und es gibt Orte,<br />
die für mich sehr wichtig sind“, meint Lemke<br />
zu diesem Thema. Verständlich, denn<br />
nicht zuletzt gibt es noch andere Wuppertaler<br />
Schriftstellerinnen, die ihre literarische<br />
Karriere von Berlin aus begonnen haben<br />
– auch wenn Hanna Lemke mit ihrem<br />
erfrischend unkoketten Lachen ablehnen<br />
würde, sie trete in die Fußstapfen von jemandem<br />
wie Else Lasker-Schüler. Sicher ist<br />
allerdings, dass ihr verheißungsvolles Debüt<br />
auch auf das nächste Buch hoffen lässt, an<br />
dem Lemke bereits arbeitet.<br />
Susanne Buckesfeld<br />
Hanna Lemke: „Gesichertes“<br />
Antje Kunstmann Verlag, München 2010<br />
17,90 EUR<br />
Unsere Kulturförderung<br />
ist gut für die Sinne.<br />
Hanna Lemke<br />
Geboren 1981 in Wuppertal, lebt in Berlin.<br />
2002-2006 Studium am Deutschen Literaturinstitut<br />
in Leipzig.<br />
2005 Teilnahme am 13. open-mike Literaturwettbewerb<br />
der Literaturwerkstatt<br />
Berlin.<br />
2006 Stipendium in der Autorenwerkstatt<br />
des Literarischen Colloquiums Berlin.<br />
2007 Stipendiatin des Klagenfurter Literaturkreises.<br />
Veröffentlichungen (Auswahl):<br />
<strong>Die</strong> Verstecke. In: Tippgemeinschaft.<br />
Jahresanthologie der Studierenden des<br />
Deutschen Literaturinstituts 2003.<br />
Valvoline 2003.<br />
Manila. In: Tippgemeinschaft. Jahresanthologie<br />
der Studierenden des Deutschen<br />
Literaturinstituts 2004. Valvoline 2004.<br />
Kachori. In: Kanal 4. Literatur im Zug.<br />
Hessischer Rundfunk. November 2004.<br />
Gesichertes. In: 13. open mike. Internationaler<br />
Wettbewerb junger deutschsprachiger<br />
Literatur der Literaturwerkstatt<br />
Berlin. Allitera 2005.<br />
Stella. In: Sprache im technischen <strong>Zeit</strong>alter.<br />
Heft 181, 2007.<br />
Kunst und Kultur prägen die gesellschaftliche Entwicklung. <strong>Die</strong> Sparkassen-Finanzgruppe ist der größte nichtstaatliche<br />
Kulturförderer Deutschlands. Auch die Stadtsparkasse Wuppertal ist ein wichtiger Partner für Kunst<br />
und Kultur in unserer Stadt. Das ist gut für die Kultur und gut für Wuppertal. www.sparkasse-wuppertal.de<br />
Sparkasse. Gut für Wuppertal.<br />
S<br />
33
34<br />
Eingeladen<br />
aus Hanna Lemke „Gesichertes“<br />
Antje Kunstmann Verlag<br />
Als Holm versuchte, mir zu erklären,<br />
wovor er Angst hatte, erzählte er eine<br />
Filmszene nach. »Da ist also dieser<br />
Mann«, sagte er. »Er kommt nach Hause,<br />
als Zuschauer weiß man schon, er lebt<br />
allein. Der Mann zieht seine Jacke aus,<br />
geht in die Küche, öffnet die Balkontür.<br />
Es sieht ganz normal aus, als würde er das<br />
immer so machen, wenn er heimkommt.<br />
Und er setzt Wasser auf, steht vor dem<br />
Wasserkocher, wartet. Dann geht er zum<br />
Balkon. Und geht auf den Balkon und<br />
springt. Er springt runter«, sagte Holm,<br />
»er springt über die Balkonbrüstung,<br />
als wäre das eine leichte Hürde, einfach<br />
so. Einfach so.« Wir saßen im Dunkeln<br />
vor Holms Laden, und ich lauschte auf<br />
Holms heisere Stimme; wie alles, was er<br />
sagte, immer kleiner wurde, bevor es in<br />
der Nacht verschwand. Er hatte ganz von<br />
alleine angefangen zu erzählen, in einem<br />
ruhigen, schweren Tonfall. Ich hatte ihn<br />
noch nie so lange reden gehört.<br />
Im Winter hatte Holm einen Zettel<br />
in sein Ladenfenster gehängt: Aushilfe<br />
gesucht. Es war mir im Vorübergehen<br />
aufgefallen, der Zettel blieb noch tagelang<br />
hängen. Von meinem Küchenfenster<br />
aus konnte ich Holms Laden sehen, der<br />
eingerichtet war wie ein Wohnzimmer,<br />
mit zwei dunkelgrünen Sofas, Sesseln und<br />
einer altmodischen Schrankwand. Ich<br />
hatte Holm schon oft dort gesehen, wenn<br />
er abends auf einem der Sofas lag und es<br />
dunkel wurde. Im Laden war meist noch<br />
Fernseherlicht, spät erlosch auch das.<br />
Aber Holm verließ den Laden nicht.<br />
»Wofür brauchst du eine Aushilfe?«, fragte<br />
ich, als ich den Laden betrat, zum ersten<br />
Mal überhaupt. Ich hatte Holm wieder<br />
auf dem Sofa liegen gesehen, jetzt stand<br />
er auf. Er deutete um sich, in den Raum<br />
hinein.<br />
»Für den Laden«, sagte er.<br />
»Das ist ein Laden?«, fragte ich.<br />
»Es soll sogar ein Café sein«, sagte er.<br />
»Aber hier ist doch nie jemand«, sagte ich.<br />
»Doch, manchmal ist hier jemand«, sagte er.<br />
»Wer denn, du?«, fragte ich.<br />
»Ja, ich«, sagte Holm.<br />
Er schaute mich an, als wolle er, ohne zu<br />
fragen, etwas über mich herausfi nden,<br />
und ich entschloss mich, nichts mehr zu<br />
sagen, bis er was auch immer über mich<br />
entschieden hätte. Er hatte etwas an sich,<br />
das mir gefi el. Er wirkte übermüdet und<br />
überlegen, und ich wusste nicht, was es<br />
war. »Ich will, dass immer jemand hier<br />
ist«, sagte er schließlich.<br />
Er ging nach hinten, neben der Schrankwand<br />
war eine Tür, die er öffnete.<br />
»Komm«, sagte er, »ich zeige dir den<br />
Rest. Das ist nämlich meine Wohnung«,<br />
sagte er, als wir auf dem Flur hinter dem<br />
Ladenraum standen. Er klang selbst<br />
nicht ganz überzeugt davon in diesem<br />
Moment, aber dann öffnete er die Tür<br />
zu einem weiteren Raum, in dem ich ein<br />
Bett stehen sah. Holm zeigte mir auch das<br />
winzige Bad und die Küche. »Komm«,<br />
sagte er wieder, auf dem Küchentisch<br />
stand ein Monster von italienischer<br />
Kaffeemaschine, die Holm mit ruhigen<br />
Handgriffen bediente, so langsam, als<br />
solle es eine Vorführung für mich sein.<br />
»Zucker?«, fragte er und gab mir, obwohl<br />
ich den Kopf schüttelte, drei Löffel in den<br />
Kaffee.<br />
»Bist du interessiert an dem Job?«, fragte<br />
er, er dehnte das Wort, Jooob, als wolle<br />
er sich damit über irgendetwas lustig<br />
machen, und ich war mir nicht sicher,<br />
vielleicht über mich. »Wie sieht es denn<br />
aus mit dem Geld?«, fragte ich. »Wie viel<br />
brauchst du?«, fragte er. »Zehn Euro die<br />
Stunde?«, fragte ich. Ich dachte nicht,<br />
dass er Ja sagen würde. »Wann kannst du<br />
anfangen?«, fragte er noch, und schwieg,<br />
als ich sagte: »Ich weiß immer noch nicht<br />
so recht, wofür du eigentlich eine Aushilfe<br />
brauchst. Sofort«, sagte ich dann.<br />
Holm hatte kleine blaue, immer müde<br />
Augen, er sah immer leicht beunruhigt<br />
aus und angegriffen und so, als ginge er<br />
etwas nachlässig um mit sich selbst. Er<br />
war heiser oder verschnupft, fi ebrig oder<br />
hustete, er trug meistens einen Schal und<br />
saß auf dem Sofa wie einer, der sich gerade<br />
wirklich ausruhen muss. <strong>Die</strong> grauen<br />
zwischen seinen aschblonden Haaren,<br />
die Falten auf seiner Stirn waren nicht zu<br />
übersehen.<br />
Drei Abende die Woche war ich in Holms<br />
Laden; am Anfang blieb er oft für eine
halbe Stunde bei mir. Dann war es, als<br />
wäre ich sein Gast und Holm sehr besorgt<br />
um mein Wohl, er brachte mir zu trinken<br />
und Schokoladenkekse und, einmal,<br />
Sandwichs mit Avocado- und Thunfi schpaste.<br />
Im Mülleimer in der Küche sah ich<br />
später die abgeschnittenen Toastbrotränder<br />
liegen, und ich fühlte plötzliches<br />
Mitleid, als ich an Holm dachte, wie er<br />
am Küchentisch saß und die Sandwichhälften<br />
behutsam aufeinanderpresste. Er<br />
gab mir den Schlüssel zum Laden, damit<br />
ich abschließen konnte, wenn ich ging;<br />
er gab mir auch den Schlüssel zur Kasse,<br />
einer kleinen Schatulle mit Schloss, die<br />
hinter einer der Bücherreihen im Regal<br />
lag. »Nimm dir dann einfach, was du<br />
brauchst«, sagte er. Es war klar, dass er<br />
nicht weiter über Geld reden wollte, und<br />
die Kasse war immer gut gefüllt.<br />
Allein im Laden versuchte ich mir<br />
vorzustellen, dass es mein Wohnzimmer<br />
wäre, es gelang mir ganz gut, mit der <strong>Zeit</strong><br />
bestens. Weil ich keinen eigenen Apparat<br />
hatte, schaute ich bei Holm viel fern, ich<br />
hörte mich durch seine CDs, ich mochte<br />
die dunkelgrünen Sofas, in denen man<br />
schnell versank. Es lag immer eine Decke<br />
bereit für den Fall, dass ich fror, an der<br />
Kühlschranktür hing der Zettel vom<br />
Pizzaservice. Ich erzählte niemandem von<br />
Holm, von meinem Job bei ihm. Ich hätte<br />
nicht gewusst, was ich dazu hätte sagen<br />
sollen; dass ich allein fürs Herumsitzen<br />
bezahlt wurde, wäre mir in dem Moment<br />
wie etwas sehr Fragwürdiges vorgekommen.<br />
Ich hatte keine Ahnung, wo Holm<br />
seine Abende verbrachte. Niemand kam<br />
in den Laden, wenn er nicht da war, auch<br />
das Telefon klingelte nicht. »Ich will, dass<br />
immer jemand hier ist«, hatte er gesagt,<br />
und offensichtlich war das der ganze<br />
Zauber.<br />
Manchmal trafen wir uns noch, wenn er<br />
zurückkam, bevor ich ging. »Alles klar?«,<br />
fragte er mich, und ich sagte: »Klar«, ich<br />
sagte: »Alles bestens«, ich sagte: »Wie<br />
sollte es anders sein.« Holm sah erschöpft<br />
aus, mehr noch als sonst, und er winkte<br />
nur ab, wenn ich fragte: »Und bei dir?« Er<br />
ließ sich auf das Sofa fallen, er sagte mit<br />
geschlossenen Augen: »Du kannst jetzt gehen«,<br />
als würde er mich aus einer Pfl icht<br />
entlassen, dankbar, und trotzdem fühlte<br />
ich mich wie weggeschickt. Ich begann,<br />
tagsüber in den Laden zu gehen. Ich ging,<br />
wenn ich vermutete, dass Holm nicht da<br />
war, ich ging, sagte ich mir, nur um einen<br />
Kaffee zu trinken, um in der Küche nach<br />
Schokoladenkeksen zu suchen, um mich<br />
ins Schaufenster zu stellen und ein wenig<br />
auf die Straße zu schauen. Ab und an sah<br />
ich dort zwei Mädchen im Grundschulalter,<br />
sie wohnten in der Nachbarschaft<br />
und spielten auf dem Gehsteig, ihre Rufe<br />
drangen auch zu mir, wenn ich in meiner<br />
Wohnung war. Sie schauten mich an,<br />
als hätte ich mich zu ihrer Beurteilung<br />
ausgestellt, und als ich ihnen zuwinkte,<br />
lachten sie nur und rannten davon. »Du<br />
bist da?«, fragte Holm, als er mich das<br />
erste Mal außerhalb der <strong>Zeit</strong>en im Laden<br />
antraf. Er sah erstaunt aus, aber nicht so,<br />
als würde es ihn stören, und ich begann,<br />
auch abends auf ihn zu warten, bis er<br />
heimkam mitten in der Nacht. »Du musst<br />
nicht so lange bleiben«, sagte er einmal<br />
und dann nichts mehr, und ich hätte es<br />
gerne gehabt, dass es nun so war, wie er<br />
es sich beim Gedanken an eine Aushilfe<br />
in seinem Laden vorgestellt hatte, wenn<br />
wir nach seiner Heimkehr noch ein Bier<br />
miteinander tranken, stumm, und auf<br />
dem Fernsehbildschirm die Softpornos<br />
und Call-in-Shows und die uralten Filme<br />
an uns vorbeifl immerten.<br />
Holm sah bleich aus, verschwitzt, wie<br />
in Panik, als er eines nachts im Frühjahr<br />
in den Laden gestolpert kam. Etwas war<br />
nicht in Ordnung mit seinem Gesicht;<br />
es war, als würde ich ihn im Zerrspiegel<br />
sehen oder eine Fratze. Aber es war Holm,<br />
der schwankte, der ein paar ins Nichts<br />
fassende Bewegungen machte, der sagte:<br />
»Kannst du mich alleine lassen, bitte,<br />
kannst du mich bitte, bitte alleine lassen.«<br />
Er ging nach hinten, und ich hörte noch,<br />
wie er sich übergab, mühsam würgend<br />
und hustend. Von meinem Küchenfenster<br />
aus schaute ich zum Laden hinüber, es<br />
blieb dunkel dort, während die Straßenlaternen<br />
erloschen und die ersten Leute mit<br />
ihren Hunden aus den Häusern kamen.<br />
Am nächsten Tag hing ein Zettel an der<br />
Ladentür, auf den Holm sehr klein und<br />
mit krakeliger Schrift »wegen Krankheit<br />
geschlossen« geschrieben hatte, als wäre<br />
es eine private Notiz oder eine Nachricht<br />
nur für mich. Ich schloss die Tür trotzdem<br />
auf. Holm lag im hinteren Zimmer<br />
auf seinem Bett wie aufgebahrt, gerade<br />
auf dem Rücken, die Decke glatt über<br />
sich gebreitet, die Hände gefaltet, und als<br />
er mit mir sprach, hatte er immer noch<br />
denselben klagenden, anklagenden Tonfall<br />
wie in der vergangenen Nacht. »Hör<br />
zu«, sagte er, »es war nicht so gedacht,<br />
dass du hier dein Leben verbringst, also<br />
kannst du den Schlüssel einfach auf dem<br />
Küchentisch liegen lassen, ja?«<br />
Der Zettel blieb einen Monat lang an<br />
der Ladentür hängen, und ich sah Holm<br />
die ganze <strong>Zeit</strong> nicht. Dann saß er eines<br />
Abends wieder auf einem der Sofas und<br />
schaute fern. Ich ging sofort zu ihm. »Ich<br />
war bei meiner Familie«, sagte er, als ich<br />
sagte, ich hätte mir schon Sorgen um ihn<br />
gemacht. »Bei deiner Familie?«, fragte<br />
ich, und es musste geklungen haben, als<br />
hätte ich bislang angenommen, er habe<br />
gar keine Familie. Holm wiederholte,<br />
meinen erstaunten Tonfall imitierend: »Ja,<br />
bei meiner Familie.« Ich hatte mich neben<br />
ihn aufs Sofa gesetzt, und er schaltete sich<br />
mit der Fernbedienung durch die Programme,<br />
den Daumen auf dem Knopf,<br />
einen Kanal pro Sekun de, nach drei<br />
Durchläufen schaltete er den Fernseher<br />
aus. »Es läuft nichts«, sagte er, und wenn<br />
Holm jemals, dachte ich, eine klare Aussage<br />
über uns hatte treffen wollen, dann<br />
war es wohl diese.<br />
Als es Wochen später endlich wärmer<br />
wurde, fuhr Holm mit einem Sprinter<br />
vor, aus dessen Laderaum er Bistrotische<br />
und Stühle hievte. Von meinem Küchenfenster<br />
aus sah ich zu, wie er sie vor dem<br />
Laden aufstellte und sich breitbeinig und<br />
mit einem selbstzufriedenen Lächeln<br />
in die Sonne setzte, als hätte er etwas<br />
vollbracht, auf das er stolz sein könne.<br />
»Ist es nicht herrlich«, sagte er, als ich zu<br />
ihm kam. Ich nickte. Holm brachte auch<br />
eine Schiefertafel, die er drau ßen neben<br />
der Tür an das Schaufenster lehnte und<br />
auf die er »Bier und Kaffee« schrieb, mit<br />
drei Ausrufezeichen dahinter. <strong>Die</strong> beiden<br />
Nachbarschaftsmädchen kamen um die<br />
Ecke, sie fl üsterten miteinander, Holm<br />
reichte mir seine Sonnenbrille und ging in<br />
den Laden. Das kleinere der beiden Mädchen<br />
kam auf mich zu und sagte in einem<br />
35
36<br />
Tonfall, dem man das Vorherüberlegte<br />
anhörte, und so fordernd, dass es wie ein<br />
Befehl klang: »Gibt es auch noch etwas<br />
anderes als Kaffee und Bier!« »Ich schau<br />
mal«, sagte ich.<br />
Auf dem Weg zur Küche sah ich Holm in<br />
dem hinteren Zimmer auf dem Bett liegen,<br />
den Arm über das Gesicht gelegt. Im<br />
Kühlschrank fand ich kleine Flaschen mit<br />
roter Limonade, die ich den Mädchen<br />
mit Strohhalm servierte. Sie saßen ruhig<br />
auf ihren Stühlen. Es war, als würden sie<br />
so tun, als seien sie erwachsen; als würden<br />
sie es spielen, ohne es zu merken. Sie<br />
kicherten, als ich Holms Sonnenbrille<br />
aufsetzte, die viel zu groß war für mein<br />
Gesicht, und nachdem sie beide mit ihren<br />
Strohhalmen eine Weile auf den Böden<br />
der Limonadefl aschen herumgeschlürft<br />
hatten, sagte das kleinere Mädchen sehr<br />
laut: »Zahlen bitte!« »Ihr seid eingeladen«,<br />
sagte ich, und, weil ich mir nicht sicher<br />
war, ob sie wussten, was das hieß: »Ihr<br />
müsst nichts bezahlen.« Bevor sie gingen,<br />
fragte das kleinere Mädchen mich,<br />
ob sie die Flaschen behalten dürften. Ich<br />
nickte und sah ihnen hinterher, als sie,<br />
immer noch wie im Spiel, davongingen.<br />
Holm wachte seufzend auf. Er drehte sich<br />
weg von mir, zur Seite, ich legte mich<br />
neben ihn und presste mich an seinen<br />
Rücken. Es war kaum Platz und fast so,<br />
als müsse ich mich an Holm festhalten,<br />
um nicht herunterzufallen vom Bett. Ich<br />
atmete den süßlichen, dumpfen Geruch<br />
von Holms Schläfrigkeit ein, der sich vom<br />
Ansatz seiner Haare in die Kissen gelegt<br />
hatte, ich atmete tief, dann stand ich<br />
wieder auf und blieb stehen, vor seinem<br />
Bett, während Holm sich umdrehte, mich<br />
anschaute; er blieb liegen, er wusste überhaupt<br />
nicht, was er jetzt tun sollte oder<br />
sagen, das sah ich ihm an.<br />
Wir saßen weit voneinander entfernt an<br />
diesem Abend, und es war fast schon<br />
Nacht, wir saßen auf den Stühlen an den<br />
Tischen vor dem Laden. »Er springt über<br />
die Balkonbrüstung, als wäre das eine<br />
leichte Hürde«, sagte Holm. Im Laden<br />
brannte noch ein kleines Licht, ich trank<br />
rote Limonade. »Einfach so. Einfach<br />
so.« Holms Stimme war leise geworden.<br />
»Und das Schlimme daran war«, fuhr er<br />
fort, »oder vielleicht nicht das Schlimme,<br />
sondern einfach: der Punkt, dass man<br />
nicht verstanden hat, wann der Mann<br />
diese Entscheidung gefällt hat. Es war, als<br />
gäbe es diesen Moment gar nicht. Es war<br />
vielmehr so, als wäre ihm plötzlich etwas<br />
klar geworden. Wie eine Eingebung.« Er<br />
schwieg, dann sagte er noch: »Und das<br />
Schlimme, also das wirklich Schlimme an<br />
dem Film war, es war ein totaler Kitsch,<br />
am Ende schreibt der inzwischen erwachsene<br />
Sohn des Selbstmörders an seinen<br />
Adoptivvater, der übrigens der Bruder<br />
des Selbstmörders ist, eine Post karte, auf<br />
der steht: Du hattest recht, das Leben ist<br />
wirklich schön.«<br />
<strong>Die</strong> rote Limonade war bitter, sie<br />
schmeckte fast wie Campari. Im Nachhinein<br />
war ich erstaunt, dass die Nachbarschaftsmädchen<br />
sie so schnell ausgetrunken<br />
hatten. Ich meinte zu spüren,<br />
wie meine Zunge rauer wurde, bei jedem<br />
Schluck, ich meinte zu spüren, wie es<br />
Holm ging, wie er dort saß, mit seinen<br />
fettigen Haaren, seiner Müdigkeit, Holm,<br />
nie gut erholt, Holm, mit den dunklen<br />
Gedanken, und ich meinte zu wissen, was<br />
ich jetzt sagen sollte, aber er stand auf.<br />
»Du hast dir jetzt auch lang kein Geld<br />
mehr genommen «, sagte er. Er zog sein<br />
Portemonnaie aus der Hosentasche, und<br />
ich sah zu, wie er die Scheine auf den<br />
Tisch blätterte, Fünfziger, Zwanziger.<br />
»Das ist für dich«, sagte er, und als ich<br />
mich nicht bewegte, nahm er das Geld<br />
und reichte es mir. Und als ich mich immer<br />
noch nicht be wegte, kam er zu mir,<br />
packte meine Hand und drückte die<br />
Scheine hinein. »Das bekommst du«,<br />
sagte er. Er ließ meine Hand los, und wir<br />
sahen zu, wie sie ganz schlaff wurde und<br />
wie mein Arm hinuntersank und wie die<br />
Scheine zu Boden fi elen, zwischen unsere<br />
Füße, und wie sie dann, getrieben von<br />
einem leichten Wind, der ich weiß nicht<br />
woher kam, über den Bürgersteig wehten,<br />
bis auf die Höhe der Ladentür, und weiter,<br />
darüber hinaus.<br />
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Täglich neu – mit großem Archiv<br />
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Sinfonieorchester Wuppertal<br />
gestern - heute – morgen<br />
Vom Musikerstreit zur Gründung<br />
der „Elberfelder Kapelle“,<br />
der Ursprung des<br />
Sinfonieorchesters Wuppertal<br />
Sinfonieorchester Wuppertal<br />
Foto: Antje Zeis-Loi<br />
Mannigfaltig wie die Geschichte der im Jahre 1929 auf dem Wege einer kommunalen<br />
Neugliederung gebildeten „Bergischen-Metropole“ Wuppertal, ist die des professionellen<br />
orchestralen Klangkörpers dieser Stadt. Elberfeld und Barmen, von Textil- und<br />
Maschinenindustrie geprägte Städte, die mit den kleineren Nachbarstädten zur heutigen<br />
Großstadt Wuppertal zusammengeschlossen wurden, hatten zunächst kein eigenes Orchester.<br />
Erst der Spohr-Schüler Julius Langenbach gründete 1849 die nach ihm benannte<br />
Kapelle, zu einer <strong>Zeit</strong>, in der Barrikadenkämpfe das Elberfelder Stadtbild prägten und<br />
die Cholera das Tal heimsuchte. Nun konnten städtische Singvereine auf ein mehr<br />
oder minder fest organisiertes Orchester zurückgreifen, das übrigens vom Gastronom<br />
und Theateragenten Abraham Küpper organisiert und mitfi nanziert wurde. Mit Ende<br />
der Saison 1861/62 machte sich allerdings unter den Musikern der „Langenbachschen<br />
Kapelle“ fi nanzielle Unzufriedenheit breit. Achtzehn der etwa dreißig Musiker streikten<br />
und trennten sich von dem ohnehin künstlerisch inkompetenten Küpper. 1831 hatte<br />
Abraham Küpper das alte Wirtshaus auf dem Johannisberg übernommen, in dessen<br />
„Festsaal“ ca. 1.000 Personen Platz fanden. <strong>Die</strong> dort stattfi ndenden Konzertabende<br />
gelten als Grundstein der musikalischen Tradition auf dem Johannisberg.<br />
Unter der Leitung von Richard Schulz bildeten die achtzehn Instrumentalisten ein eigenes<br />
Orchester: die „Elberfelder Kapelle“, der Ursprung des heutigen Sinfonieorchesters<br />
Wuppertal. Drei Jahre leitete Schulz die „Elberfelder Kapelle“. Ihm folgte 1865 Willy<br />
Gutkind, der bis 1883 im Amt blieb und eng mit Hermann Schornstein und (seit 1879)<br />
Julis Buths vom Elberfelder Gesangverein, wie auch mit Anton Krause vom Barmer<br />
37
38<br />
Singverein zusammenarbeitete. Wobei<br />
die 1861 gegründeten „Concertgesellschaften“<br />
von Elberfeld und Barmen mit<br />
zunächst 177 Mitgliedern eine wesentliche<br />
Stütze bedeuteten.<br />
Das Niveau des jungen Orchesters wurde<br />
bewusst gesteigert durch die Verpfl ichtung<br />
von Solisten und Dirigenten<br />
wie Clara Schumann, Josef Joachim,<br />
Johannes Brahms und Max Bruch. Viele<br />
Dirigenten begannen in Wuppertal ihre<br />
musikalische Laufbahn - darunter bis<br />
heute weltbekannte Namen wie Hans<br />
Knapperbusch, Erich Kleiber, Otto<br />
Klemperer, Hermann von Schmeidel<br />
und Hans Weisbach, der besonders als<br />
Bruckner-Spezialist internationales Ansehen<br />
gewann.<br />
Toshiyuki Kamioka übernimmt das<br />
Orchester<br />
Heute ist das Sinfonieorchester Wuppertal<br />
als A-Orchester klassifi ziert und<br />
kann auf ein fast 150-jähriges <strong>Beste</strong>hen<br />
zurückblicken. <strong>Die</strong> 88 Musikerinnen<br />
und Musiker werden seit 2004/05 von<br />
Professor Toshiyuki Kamioka geleitet.<br />
Das Repertoire erstreckt sich vom Barock<br />
bis in die Moderne, immer wieder<br />
werden zeitgenössische Werke in enger<br />
Zusammenarbeit mit den Komponisten<br />
uraufgeführt.<br />
Seit über einem Jahrhundert spielt das<br />
Sinfonieorchester Wuppertal in der<br />
Historischen Stadthalle am Johannisberg.<br />
Auch heute noch bietet dieses Domizil<br />
dem Orchester eine bemerkenswerte<br />
Akustik. <strong>Die</strong> Historische Stadthalle zählt<br />
als Glanzstück des Jugendstils zu den<br />
besten Konzertsälen Europas. Hier fi nden<br />
pro Saison mit den Sinfoniekonzerten,<br />
Chorkonzerten, Kammerkonzerten und<br />
verschiedenen Sonderkonzerten über 40<br />
Konzerte des Sinfonieorchesters statt.<br />
Neben der Arbeit als Konzertorchester begleitet<br />
das Sinfonieorchester Wuppertal in<br />
der Saison zahlreiche Opernvorstellungen<br />
im frisch renovierten Wuppertaler Opernhaus.<br />
Seit vielen Jahrzehnten besteht diese<br />
traditionelle und sehr gute Zusammenarbeit<br />
zwischen den Wuppertaler Bühnen<br />
und dem Sinfonieorchester Wuppertal.<br />
Seit einigen Jahren widmen sich die engagierten<br />
Musiker des Sinfonieorchesters<br />
verstärkt der jungen Generation von Konzertbesuchern.<br />
Neben Schulkonzerten<br />
präsentieren sich die Musiker besonders<br />
in Familienkonzerten als Orchester zum<br />
Anfassen. In Lehrer-Workshops sowie bei<br />
Schulbesuchen in Kammerbesetzung werden<br />
Schüler und Lehrer auf die Konzerte<br />
vorbereitet.<br />
Antje Riewe<br />
Lichtbogen<br />
Frank Marschang e.K.<br />
Karlstraße 37<br />
42105 Wuppertal<br />
Tel. 0202.244 34 40<br />
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Farbe als Motiv<br />
Atelierbesuch bei Christian von<br />
Grumbkow von Thomas Hirsch<br />
Christian von Grumbkow in seinem<br />
Wuppertaler Atelier, 2010<br />
„Appasionata“, das neue, riesige Gemälde von Christian von Grumbkow ist grandios,<br />
überwältigend und vor allem: gelassen. Es strahlt im Foyer der Barmenia Versicherung<br />
Ruhe aus, behauptet sich in stiller Größe und zeigt noch den Prozess seiner Entstehung auf.<br />
<strong>Die</strong> fünf gleichgroßen Tafeln, die in der Summe ein deutliches Querformat ergeben, erzählen<br />
– jeweils für sich und gemeinsam, vermittelt durch die Übergänge an den Rändern<br />
– eine Geschichte der Möglichkeiten von Farbe und ihrer Präsenz. Beiläufi g geht es um<br />
die Bedeutung von Farbe als reinem Sein zwischen fakturlosem Auftrag und ausgreifendem<br />
Gestus mit dichten Partien und luzider Fläche im Zusammenspiel mit der Bildtiefe.<br />
Dominierend ist ein leuchtendes Rot, das nie ganz verloren geht, auch wenn es mit gelben<br />
und orangefarbenen Flächen wechselt, durchbrochen von dunkleren vertikal orientierten<br />
Zonen. Zumal in der „landschaftlichen“ horizontalen Ausrichtung mutet die gesamte<br />
Darstellung vielleicht wie eine Gebirgswand im refl ektierenden Licht an, aus unmittelbarer<br />
Nähe und nach allen Seiten fortsetzbar. Und doch ist sie in ihrer fetzenhaften Struktur<br />
mit dem Einschub matt glühender Pigmente völlig gegenstandsfrei und natürlich auch<br />
genau komponiert. – Und an ihrem Ort, in der Barmenia? Zu sehen ist Malerei, die sich<br />
im Realraum und mit diesem entfaltet und diesem eine vitale Gestimmtheit verleiht, wie<br />
gesagt, ohne sich aufzudrängen. Schon das, das Gemälde wirkt längst nicht so groß, wie es<br />
tatsächlich ist (2,50 x 12,50 m).<br />
Mit diesem Bild sei eine andere Temperierung in der Eingangshalle gekommen, berichtet<br />
der Mitarbeiter am Empfang der Hauptverwaltung der Barmenia, dem Neubau in Elberfeld.<br />
<strong>Die</strong> langgestreckte Theke selbst hat sich damit zugleich vom sachlichen Auf-Distanz-<br />
Halten zum strukturellen Moment gewandelt. Ihre Ausrichtung führt nun das Bild an der<br />
Wand fort und leitet in den Seitenfl ügel des Gebäudes, so dass man nahe an ihm vorbei<br />
läuft. Dabei wird deutlich, aus wie vielen Vorgängen es entstanden ist und wie viel sich<br />
doch auf der Bildfl äche ereignet, jenseits aller Benennbarkeit. Farbe wird zur intuitiven, atmosphärischen<br />
Erfahrung, und sie sieht jeden Tag – in Wechselwirkung mit den momen-<br />
39
40<br />
tanen Lichtverhältnissen – anders aus.<br />
Christian von Grumbkow erwähnt, dass er<br />
die Tafeln von rechts nach links konzipiert<br />
hat. Also gegen die Lesekonvention, aber<br />
mit der Laufrichtung des Betrachters.<br />
„Appassionata“ ist eine raumbezogene<br />
Arbeit mit Malerei über Malerei, über ihre<br />
schwelgerische Energie, über den Reichtum<br />
von Farbe und unser Wahrnehmungsvermögen.<br />
Generell, Christian von Grumbkow<br />
handelt in seiner gegenstandsfreien, fundamentalen<br />
Malerei mit den Gestimmtheiten,<br />
welche die Farben tragen, wobei<br />
er verschiedene Verfahren miteinander<br />
verknüpft. „Appassionata“ ist sein bislang<br />
größtes Bild. Natürlich haben die Dimensionen<br />
des Foyers eine wesentliche Rolle<br />
dabei gespielt; wichtig ist die Größe aber<br />
auch als körperhaftes Gegenüber: als Bild,<br />
das den Betrachter überwältigt und in dem<br />
er aufgeht. Ebenfalls großformatig und<br />
in Bezug auf Innenräume hat Christian<br />
von Grumbkow an seinem Wohnort<br />
Wuppertal vor allem bei zwei weiteren<br />
Malereien gearbeitet: „Landschaft“ (1997),<br />
seit einigen Jahren kongenial präsentiert<br />
bei der Firma pro viel GmbH, sowie<br />
beim Hochformat „Red Rain“ (5 x 2,50<br />
m) am Kopfende der Schalterhalle der<br />
Sparkasse am Loh in Unterbarmen, das<br />
noch unterstreicht, wie sehr seine Malerei<br />
mit natürlichem Licht handelt und welche<br />
Rolle die Fließbewegungen für die Farbwirkung<br />
spielen. Und wie viel schon die<br />
Entscheidung für Hoch- oder Querformat<br />
bedeutet.<br />
Im Atelier in Unterbarmen, im zweiten<br />
Stock im Hintergebäude einer Schule. <strong>Die</strong><br />
Mensa im Erdgeschoss. Zum Hof hin ist<br />
die Front von Glasscheiben durchzogen.<br />
Mehrere Räumen folgen aufeinander, keine<br />
Tür, breite Öffnungen, alles licht. Der<br />
Gang durch das Atelier ist ein Parcours<br />
mit den Malereien – ein Teil ist gerade<br />
von einer Kunstmesse zurückgekommen<br />
–, Planschränken mit den Papierarbeiten,<br />
dazwischen Stühle, Tische, die Farben.<br />
An verschiedenen Stellen lehnen kleinere<br />
Bilderstapel, als Werkgruppen bündig<br />
zusammengestellt. Grumbkow malt im<br />
hinteren Raum. Infolge der Trocknungsprozesse<br />
und weil manche Bilder eben ihre<br />
<strong>Zeit</strong> brauchen und erst nach Monaten<br />
abgeschlossen sind, arbeitet er an meh-
Appassionata, 2009, Ölfarbe, Eitempera auf Leinwand, 5-teilig, 2,50 x 12,50 m, Foyer der Barmenia Versicherung, Wuppertal<br />
41
42<br />
reren Werken gleichzeitig. <strong>Die</strong> Malerei<br />
fi ndet im Gegenüber (an der Wand, auf<br />
Staffeleien, mit der Möglichkeit, vor und<br />
zurück zu treten), aber auch auf Böcken<br />
in der Horizontalen statt: in unmittelbarer<br />
Hinwendung und um auf der planen<br />
Oberfl äche ein Verfl ießen der Farbe zu<br />
vermeiden. Von solcher immerwährenden<br />
Aktivität kündet nun das Atelier selbst, in<br />
aller funktionalen Nüchternheit. Malerei<br />
ist keine beschauliche Sache, vielmehr<br />
ein Experimentieren und konzentriertes<br />
Ausloten unter möglichst objektiven<br />
Bedingungen. Christian von Grumbow<br />
läuft durch die Räume, schaut schnell<br />
noch auf das eine Bild, das fast fertig,<br />
aber eben noch nicht ganz abgeschlossen<br />
ist. Er geht ein Stück zurück und fächert<br />
zwischen den Bildern an der Seite,<br />
selbstbewusst und aufmerksam. Natürlich,<br />
bei der Bedeutung, welche die Farben für<br />
ihn haben: Er male bei Tageslicht; aber<br />
bestimmte Schichten ließen sich auch<br />
am Abend, unter den Bedingungen des<br />
Kunstlichtes auftragen. Je nachdem, wie<br />
viel Binder er der Ölfarbe beifügt, verhält<br />
sich die Wirkung der Oberfl äche zwischen<br />
matt und glänzend. Zwar sind die Bahnen<br />
ausgreifend gezogen, aber die Malerei zeigt<br />
doch immer etwas Entschleunigtes. In<br />
der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen<br />
Ideen und Konzeptionen nimmt<br />
Grumbkow Rückgriffe auf bereits erzielte<br />
Erfahrungen vor.<br />
Wo also anfangen? Christian von Grumbkow<br />
wurde 1946 in Oberhausen geboren.<br />
Er hat an der Werkkunstschule Wuppertal<br />
sowie an der Rietveld-Academie in Amsterdam<br />
studiert – in Wuppertal bei Rudolf<br />
Schoofs, jenem wichtigen Zeichner, der<br />
noch zu einer dynamischen Landschaftsmalerei<br />
gefunden hat mit der Leinwand<br />
als kraftvoll energiegeladenem Bildfeld,<br />
um Natureindrücke zu transzendieren. Im<br />
Anschluss an sein Studium ist Grumbkow<br />
als Gitarrist und Texter Gründer der<br />
Rockband „Hölderlin“, die von Wuppertal<br />
aus bundesweite Erfolge feiert.<br />
1977 steigt er aus, um sich fortan auf<br />
seine Kunst und auf die Kunsttherapie zu<br />
konzentrieren. Seine maßgebliche Galerie,<br />
mit der er seither zusammenarbeitet, steht<br />
bald fest: die Galerie Epikur in Wuppertal.<br />
Auf seine dortige erste Ausstellung 1981<br />
folgen etliche weitere; den neuen Standort<br />
von Epikur (Friedrich-Ebert-Str. 152 a)<br />
weiht Grumbkow am 28. Mai 2010 mit<br />
aktuellen Arbeiten ein.<br />
Christian von Grumbkow holt Postkarten<br />
seiner frühen Malereien hervor, der<br />
großformatigen Aquarelle auf Bütten. Sie<br />
sind von einer lichthaltigen Transparenz<br />
bestimmt. Der Pinselstrich durchzieht die<br />
Bildfl äche, füllt diese ganz. Aber erst indem<br />
Grumbkow inmitten der Farbe stabile<br />
konkrete Formen gesetzt hat, defi niert sich<br />
der Bildraum als Landschaftsraum weiter,<br />
und die Formen selbst werden zu Architektur.<br />
Innerhalb seiner Werkgenese ist dies die<br />
Initialzündung für eine weitere Verselbständigung<br />
der Farbe. <strong>Die</strong> Werkphasen<br />
folgen rasch aufeinander. Immer geht es<br />
um Malerei, um Farbe und Farben, für<br />
die Grumbkow verschiedene Verfahren<br />
des Auftrags entwickelt hat. Eine zentrale<br />
Maßnahme ist die „Verwischung“ – so<br />
auch der Titel einzelner seiner Ausstellungen<br />
– die Grumbkow systematisch vorgenommen<br />
hat. Er arbeitet mit Unschärfen,<br />
strukturiert mit einem Rakel die horizontalen<br />
Bahnen. Dann wieder legt er vor die<br />
Horizontalen vertikal rinnende Gespinste.<br />
Oder er trägt die Farbe wieder ab, so dass<br />
nur noch krisselige Partikel stehen bleiben,<br />
erkundet so die Nuancen einer Farbe.<br />
Wieder in anderen Bildgruppen folgen<br />
die Bahnen in chromatischen Schüben<br />
aufeinander. Oder die Farbfl äche bricht<br />
– in Analogie zu den Affi chistes – wieder<br />
auf, so dass tiefere Schichten durchlugen.<br />
Mitunter suggerieren weiße Schlieren ein<br />
Licht, das aus der Tiefe kommt. Schon da<br />
schwingt die Vorstellung von Landschaft<br />
mit, auf die Grumbkow ohnehin immer<br />
wieder zurückkommt. Wesentlich geht<br />
es ihm dabei um das Auratische, um die<br />
Erfahrung spezifi scher Orte in der Natur,<br />
etwa auch als Wasserfl ächen.<br />
<strong>Die</strong> meisten der Bilder sind unbetitelt.<br />
Daneben fi nden sich Malereien, die etwa<br />
„Energy“ heißen und von Rot- oder Gelbtönen<br />
bestimmt sind. Mitunter verweisen<br />
die Titel auf bestimmte Landschaften. Ein<br />
großformatiges Bild ist „Vernebelt“ (2006)<br />
betitelt. Hier bauen sich Grün-, Blau- und<br />
Beige-Töne von unten nach oben auf, im<br />
oberen Drittel ist ein Horizont eingeschrieben.<br />
Tatsächlich bestehen die Bahnen aus<br />
feinen Fransen, ein Blau changiert amorph<br />
im Vordergrund. Alles Landschaftliche<br />
wird durch die Horizontalorientierung<br />
des Farbauftrags unterstrichen. Andere<br />
Bilder hingegen arbeiten entschieden mit<br />
der Vertikalen, als Schleier schieben sich<br />
diese nach innen, überdecken die früheren<br />
Schichten und konstituieren so einen<br />
fl irrenden Bildraum. <strong>Die</strong>s führt mitunter<br />
zu breiten Setzungen von Vertikalen, teils<br />
kontrastierend mit horizontalen Bahnen,
43<br />
Red Rain, 2008, 500 x 250 cm, Öl, Pigment auf Leinwand, Eingangshalle Stadtsparkasse Wuppertal, Zweigstelle Loh
44<br />
Vernebelt, 2006, Öl auf Leinwand, 150 x 140 cm<br />
die sich am Rand oder in der Bildmitte<br />
befi nden. Rahmungen sind seit langem ein<br />
zentrales Motiv, welches noch den Blick<br />
fokussiert und sozusagen von einem Innen<br />
nach Außen leitet. Damit ist auch hier die<br />
Idee von Landschaft angelegt, ohne weiter<br />
vorgegeben zu sein. Malerei bezeichnet in<br />
Grumbkows Bildern beides: Gegenstand<br />
und Gegenstandslosigkeit. Schon die<br />
Bahnen fasern transparent aus, geben sich<br />
als weitere Farbschicht über einem reichen<br />
Geschehen zu erkennen. Aber diese Arbeiten<br />
verdeutlichen noch ein wesentliches<br />
Prinzip, das sich durchgehend in seinem<br />
Werk fi ndet: Feste, konkrete Formen sind<br />
mit unfesten, „weichen“, verfl ießenden<br />
Flächen konfrontiert. Geradezu greifbare,<br />
dabei statische Partien sind gegen transparente,<br />
quasi immaterielle Partien gesetzt.<br />
Farbe ist Material in allen seinen Konsistenzen<br />
und sie ist Ziel, mit den Möglichkeiten,<br />
welche schiere Malerei bereit hält.<br />
Natürlich könnte man auf Traditionen<br />
verweisen, in denen sich Christian von<br />
Grumbkow bewegt, die von Turner und<br />
Monet bis hin zu Joseph Marioni oder<br />
Herbert Brandl reichen, aber Tachismus<br />
und abstrakten Expressionismus so gar<br />
nicht berühren. Christian von Grumbkow<br />
geht es nicht um den individuellen<br />
Ausdruck mit ihm als Urheber, sondern<br />
um ein allgemeines Sein, um die Transzendierung<br />
der Erfahrung von Welt, die<br />
uns verbindet, für die Farben stehen. Seine<br />
Malerei ist demokratisch und kompromisslos,<br />
lebt aus sich heraus und lässt vergessen,<br />
wer sie geschaffen hat. In dieser selbstbewussten<br />
Bescheidenheit liegt eine große<br />
Qualität dieser Arbeiten.<br />
Thomas Hirsch<br />
Fotos: Jörg Lange
Zum runden Geburtstag<br />
des HÖR ZU! - Redaktions-<br />
Maskottchens „Mecki“<br />
zeigt das Wilhelm-Busch-Museum<br />
in Hannover eine sehenswerte<br />
Ausstellung<br />
Ein Igel wird 60<br />
Er gehört zur jungen deutschen Bundesrepublik so untrennbar wie Konrad Adenauer<br />
und Theodor Heuss, Friedel Hensch & die Cyprys, der „Lurchi“ von Salamander,<br />
Rudolf Prack und Sonja Ziemann, Bully Buhlan und Otto Normalverbraucher: Mecki,<br />
das Redaktions-Maskottchen der Rundfunkzeitschrift HÖR ZU! aus dem Hamburger<br />
Axel Springer Verlag. Genau genommen ist die Geburtstagstorte ja schon gegessen, denn<br />
bereits im Oktober 1949 trat der fröhliche Igel auf den Plan, als die HÖR ZU! ihn ihren<br />
Lesern auf der Titelseite von Heft 43 vorstellte: „Das ist Mecki“.<br />
Liebling der Nation mit vielen Vätern<br />
Märchenhafte Reisen<br />
Im Handumdrehen wurde Mecki nicht nur zum Liebling<br />
des Chefredakteurs Eduard Rhein, sondern auch dem<br />
der Leser, besonders der Kinder, nachdem 1951 die<br />
Mecki-Puppe der Fa. Steiff auf den Markt gekommen<br />
war und die Cartoons sich vermehrt an Kinder<br />
wandten. Bekannt aus Puppentrickfi lmen der Gebrüder<br />
Ferdinand und Hermann <strong>Die</strong>hl, die von HÖR<br />
ZU! anfangs urheberrechtlich übergangen wurden und<br />
schließlich die Rechte an den Axel Springer Verlag verkauften,<br />
mußte die Figur für den <strong>Zeit</strong>schriften-Druck jetzt ein graphisches<br />
Gesicht bekommen. Dafür konnte der Verlag den Zeichner<br />
Reinhold Escher (1905-1994) gewinnen, der bereits erfolgreich für<br />
die Witzseite der HÖR ZU! gezeichnet hatte und nun die Grundlage<br />
für die bis heute (mit einer kleinen Unterbrechung von 1978-1985)<br />
anhaltende Erfolgsgeschichte der Cartoons und Zeichengeschichten<br />
um Meckis Abenteuer schuf. An seiner Gestaltung richteten sich die<br />
Nachfolger als Mecki-Väter im wesentlichen aus. Wilhelm Petersen ist<br />
wohl der bekannteste darunter geworden. Er arbeitete zur Unterstützung<br />
Reinhold Eschers einige Jahre gemeinsam mit ihm an den Mecki-Abenteuern.<br />
Aber auch die Namen anderer Zeichner haben guten Klang: Heinz<br />
Ludwig, Alexander Heß, Rainer Schwarz, Ully Arndt, Harald Siepermann<br />
und Peter Hörndl. Heute ist nach 20 Jahren der Regentschaft<br />
von Volker Reiche Johann Kiefersauer „amtierender“<br />
Mecki-Zeichner. Nicht nur durch die HÖR ZU!, vor<br />
allem durch die 1952-1964 in Buchform erschienenen<br />
Reiseabenteuer Meckis und seiner Freunde, zu<br />
denen Eduard Rhein die kongenialen<br />
Texte schrieb, fanden die<br />
Figuren Reinhold Eschers<br />
Eingang in das kollektive<br />
Comic-Bewußtsein der Nation:<br />
der Choleriker und große<br />
Individualist Charly Pinguin,<br />
der Schrat m it seinen erlesenen<br />
Schlafanzügen und die putzigen<br />
Goldhamsterchen, später auch Kater<br />
Murr und die Ente Watsch.<br />
Hatte Escher anfangs nur gelegentlich einen Mecki für die Leserbrief- oder die Witz-<br />
Seite, später ab 1951 in zeitlich unregelmäßigen Intervallen erste (fast) seitenfüllende<br />
Zeichengeschichten in Fortsetzungen entworfen, konnte sein Mecki ab Ende 1953<br />
endlich jede Woche mit einer ganzseitigen Folge episch lang angelegter Abenteuergeschichten<br />
erscheinen - und wurde Woche für Woche mit Spannung erwartet. <strong>Die</strong> in 13<br />
Jahrgängen erschienene Buchreihe mit dem Untertitel „Ein märchenhafter Reisebericht,<br />
45
46<br />
HÖR ZU-Titel aus den Jahren …<br />
aufgeschrieben von ihm selbst“ führte in<br />
der Tat in märchenhafte und exotische<br />
Welten. Neben Reisen in die Arktis, ins<br />
unerforschte Afrika, nach China, ins<br />
Indianerland Nordamerika und ins antike<br />
Persien besuchten Mecki und seine Freunde<br />
Märchenfi guren der Brüder Grimm,<br />
von Wilhelm Hauff, Ludwig Bechstein<br />
und aus 1001 Nacht. Zunächst im Verlag<br />
Hammerich & Lesser in Hamburg - der<br />
Verlag gehörte Axel Springers Vater - erschienen,<br />
folgten Neuaufl agen bei Melzer,<br />
Lingen, Bertelsmann, Ullstein und Cormoran.<br />
Heute gibt es Nachdrucke einiger<br />
Abenteuerreisen und zweier Jahrgangs-<br />
Sammlungen von HÖR ZU!-Seiten beim<br />
Esslinger Verlag J. F. Schreiber.<br />
Eduard Rhein<br />
Sicher ist die werbewirksame, sympathischgemütliche<br />
Figur des Mecki, der zu <strong>Zeit</strong>en,<br />
als das noch nicht verpönt war, auch gerne<br />
mal ein (Wasser-)Pfeifchen schmauchte,<br />
neben der hervorragenden Gestaltung der<br />
Programmseiten der damaligen HÖR ZU!<br />
für den anhaltenden Erfolg der Rundfunk-<br />
später auch Fernsehzeitschrift („Sieh fern mit<br />
HÖR ZU!“) mit verantwortlich. Umso härter<br />
muß es für seinen Entdecker und Texter Eduard<br />
Rhein (1900-1993) gewesen sein, als er<br />
1965 vom Axel Springer Verlag überraschend<br />
die Kündigung erhielt. Sein Name allerdings<br />
wird untrennbar mit dem abenteuerlustigen<br />
Igel verbunden bleiben. Gleichzeitig<br />
mit seiner Autorenschaft für Mecki schrieb<br />
Eduard Rhein u. a. unter dem Pseudonym<br />
Hans Ulrich Horster diverse erfolgreiche<br />
Romane, die z. Z. in der HÖR ZU! in Fortsetzungen<br />
veröffentlicht und später verfi lmt<br />
wurden: „Ein Herz spielt falsch (1950)“, „Der<br />
Engel mit dem Flammenschwert (1953)“,<br />
„Suchkind 312 (1955)“, „Herz ohne Gnade<br />
(1957)“, „Ein Student ging vorbei (1959)“,<br />
„Eheinstitut Aurora (1961)“.<br />
<strong>Die</strong> Ausstellung in Hannover, die noch bis<br />
zum 11. April zu besichtigen ist, zeigt mehr<br />
als 200 Original-Zeichnungen von allen an<br />
der Entwicklung der populären Figur beteiligten<br />
Zeichnern, dazu auch Unveröffentlichtes,<br />
darunter erstmals die letzte Mecki-Geschichte<br />
von Reinhold Escher aus dem Jahr 1970. Im<br />
Museumsshop ist eine Auswahl von Mecki-<br />
Büchern erhältlich.
Mecki-Bücher / Fotos Frank Becker<br />
Ein Igel wird 60<br />
Wilhelm-Busch-Museum – Georgengarten – 30167 Hannover<br />
Das Museum ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.<br />
Weitere Informationen unter: www. wilhelm-busch-museum.de<br />
Literatur:<br />
Eckart Sackmann - „Mecki - Einer für alle“, 1994 comicplus+, Verlag Sackmann u. Hörndl<br />
Moritz v. Uslar - „Er läuft und läuft und läuft...“, in: Süddt. <strong>Zeit</strong>ung Magazin 16/1998<br />
Werner Hoof - „Mecki und seine Freunde“, in: <strong>Die</strong> Sprechblase <strong>Nr</strong>. 20/1979<br />
Maurice Horn - „The World Encyclopedia of Comics“<br />
diverse Hefte HÖR ZU! - Axel Springer Verlag, 1951-1964<br />
Mecki-Bücher:<br />
1. Mecki im Schlaraffenland 1952<br />
2. Mecki bei den 7 Zwergen 1953<br />
3. Mecki bei den Eskimos 1954<br />
4. Mecki bei den Chinesen 1955<br />
5. Mecki bei den Indianern 1956<br />
6. Mecki bei den Negerlein 1957<br />
7. Mecki bei Prinz Aladin 1958<br />
8. Mecki auf dem Mond 1959<br />
9. Mecki und die 40 Räuber 1960<br />
10. Mecki bei Harun al Raschid 1961<br />
11. Mecki bei Sindbad 1962<br />
12. Mecki bei Zwerg Nase 1963<br />
13. Mecki bei Frau Holle 1964<br />
14. Mecki bei Aschenputtel -<br />
14. angekündigt für 1965, jedoch nicht<br />
14. erschienen<br />
Sechzig<br />
Jahre<br />
Comic-<br />
Abenteuer<br />
17. Januar bis 11. April 2010<br />
<strong>Die</strong>nstag bis Sonntag<br />
und an Feiertagen 11 bis 18 Uhr<br />
Wilhelm-Busch-Museum Hannover<br />
Deutsches Museum<br />
für Karikatur und kritische Grafik<br />
Georgengarten<br />
30167 Hannover<br />
www.wilhelm-busch-museum.de<br />
Reinhold Escher/Wilhelm Petersen -<br />
„Mecki - Gesammelte Abenteuer“,<br />
© 2009/2010 Esslinger Verlag<br />
J. F. Schreiber, zwei Bände<br />
(1958 und 1959), je 14,95 Euro<br />
Weitere Informationen im Internet unter:<br />
www.musenblaetter.de, www.meckiseite.<br />
de, www.meckifan und www.hoffmannworld.de<br />
Frank Becker<br />
Das Wilhelm-Busch-Museum<br />
Hannover/ Deutsches Museum<br />
für Karikatur und kritische Grafik<br />
wird institutionell gefördert<br />
durch das Kulturbüro<br />
der Landeshauptstadt Hannover.<br />
Plakat zur<br />
Ausstellung /<br />
Fotos: NN<br />
47
48<br />
Neue Kunstbücher<br />
vorgestellt von Thomas Hirsch<br />
Von innen nach außen<br />
Tadao Ando, Hg. Y. Nussaume, 192 S.<br />
mit ca. 180 Farbabb., geb., 24 x 21,5 cm,<br />
Birkhäuser, 39,90 Euro<br />
<strong>Die</strong> Stillsten zuerst. Längst ist der Ruf des<br />
1941 in Osaka geborenen Architekten<br />
Tadao Ando in Mitteleuropa angekommen.<br />
Von ihm stammt beispielsweise<br />
das Museum der Langen Foundation bei<br />
Neuss. Unter ausschließlicher Verwendung<br />
von Beton und Glas vermitteln seine<br />
Bauten Weite und Größe bei gleichzeitiger<br />
Nüchternheit. Geradlinige Passagen ermöglichen<br />
den Blick vom einen Ende des<br />
Gebäudes zum anderen, wobei mehrere<br />
Ebenen verschränkt sind. Es muss also<br />
nicht verwundern, dass für Ando Piranesi<br />
wie auch Josef Albers wichtig waren. Aber<br />
Ando handelt stets auch mit dem Außenraum<br />
– im Sinne einer Korrespondenz<br />
mit Landschaft, Natur, Himmel, Wasser<br />
und natürlich Licht, ja, er entwirft mit der<br />
Umgebung und klärt diese dadurch. Erst<br />
recht vor dem fernöstlichen Hintergrund<br />
geht dies mit meditativer Erfahrung einher.<br />
– Es ist also nicht einfach, das Werk<br />
von Tadao Ando in einem Buch angemessen<br />
zu beleuchten. Als Hardcover im eher<br />
moderaten Format ist nun bei Birkhäuser<br />
eine Gesamtübersicht erschienen, die etwas<br />
Handfestes, Praktisches hat und dabei<br />
eine Ahnung von der Wirkung der Bauten<br />
aufkommen lässt. Und das, obwohl der<br />
ausführliche, an der Biographie orientierte<br />
Text leider nur in Englisch vorliegt.<br />
Vieles von dem, was auf Tadao Ando<br />
zutrifft, wäre auch für den Schweizer Peter<br />
Zumthor zu konstatieren. Auch er arbeitet<br />
mit Passagen und Lichtschächten. Er nutzt<br />
die volle Höhe aus und wendet sich damit<br />
gegen baulichen Funktionalismus. Auch bei<br />
ihm geht es um Erfahrungen wie Stille, Größe<br />
und Bescheidenheit. Mithin baue er von<br />
innen, so schreibt Philip Ursprung im nun<br />
vorliegenden Buch des Verlags Scheidegger<br />
& Spiess; die Fassade zeichnet sich durch<br />
große Schmucklosigkeit und Betonung<br />
der (genau gewählten) Materialität aus.<br />
1943 geboren, gehört Zumthor seit seiner<br />
Realisation der Therme Vals zu den großen<br />
europäischen Baumeistern. Und auch von<br />
ihm gibt es in der weiteren Region Bauten:<br />
in Köln das „Kolumba“ als Museum der<br />
Erzdiözese Köln, und in der Eifel die Feldkapelle<br />
in Wachendorf. Man kommt dem<br />
Denken und Handeln von Peter Zumthor<br />
sehr nahe in dem nun erschienenen Buch<br />
bei Scheidegger & Spiess, welches sich von<br />
den üblichen monographischen Darstellungen<br />
abhebt. Es ist mehr eine Kladde, in<br />
Schwarz-weiß und mit vielen leeren Seiten,<br />
auf dickem Papier. Vorgestellt werden nicht<br />
die Gebäude als solche, sondern vielmehr eigenständige<br />
Fotografi en, die sich, schon vor<br />
Jahren aufgenommen, den Details von drei<br />
Architekturprojekten Zumthors zuwenden.<br />
Der Fotograf ist Hans Danuser, der von<br />
Zumthor ohne Vorgaben dazu eingeladen<br />
wurde. Danuser wirft implizit die Frage<br />
nach der Vermittlung von Architektur durch<br />
die Fotografi e auf – weswegen er direkt<br />
nach dem Wesen der Architektur strebt und,<br />
wie er sagt, deren Körperhaftigkeit zum<br />
Ausdruck bringen will. Wie ein zufälliges<br />
Schweifen ereignet sich seine Fotografi e,<br />
dabei ist sie ausgesprochen aussagekräftig<br />
und für sich: große Kunst. <strong>Die</strong>ser grandiose<br />
Spezialfall bestätigt die Rolle der (meist<br />
anonymen) Architekturfotografi e bei der<br />
Etablierung der Architektur als Kunstform.<br />
Auch auf diesem Feld also übernimmt die<br />
Fotografi e Funktionen, die einstens der<br />
Malerei zukamen. Wobei die Malerei selbst<br />
ihr Verhältnis zur Architektur immer wieder<br />
neu ausgelotet hat und sich dieser doch<br />
mehr von Innen als von Außen zugewendet<br />
Zumthor sehen. Bilder von Hans Danuser,<br />
88 S. mit 24 Triplex-Abb., Hardcover mit<br />
Schutzumschlag, 31,5 x 24 cm, Edition<br />
Hochparterre bei Scheidegger & Spiess,<br />
35,- Euro<br />
hat. In der Geschichte der Malerei gibt<br />
es hinreichend Beispiele für die unterschiedlichen<br />
Konnotationen des Interieurs<br />
zwischen Autonomie, eigener Aussage und<br />
unterschwelliger Unterstützung des Gehalts.<br />
<strong>Die</strong> Architektur wurde Staffage oder besaß<br />
doch immerhin repräsentativen Charakter<br />
oder referentielle Bezüge. Auf der einen<br />
Seite sind da die riesigen Kathedralen mit<br />
den winzigen Menschlein, die bei Saenredam<br />
die Größe der Bauten sinnbildlich vor<br />
Augen führen, auf der anderen Seite gibt<br />
es die Prachtinterieurs bei Velasquez, die<br />
sich mit den Bewohnern zu umfassenden<br />
gesellschaftlichen Porträts verdichten. Oder<br />
die Fensterblicke der deutschen Romantik,<br />
die zwischen metaphysischem Außen und<br />
Innen vermitteln ... Eine Auswahl aus den<br />
unterschiedlichen Bereichen innerhalb der<br />
Kunstgeschichte versammelt nun das kluge<br />
und vorbildliche Buch Das Interieur in der<br />
Malerei des Hirmer-Verlages. Konzentrieren<br />
wir uns nur auf die (gut kommentierten)<br />
Bilder – dann erfahren wir genug, übrigens<br />
auch zum Verlauf der Kunstgeschichte mit<br />
ihren Stilen. Und darüber, wie Räume in<br />
ihrer <strong>Zeit</strong> aussehen.
Karl Schütz: Das Interieur in der Kunst,<br />
383 S. mit 240 Farbabb., geb. mit Schutzumschlag<br />
im Schuber, 34 x 28,5 cm, Hirmer,<br />
138,- Euro<br />
Frank Lloyd Wright, Moderne Häuser, Hg.<br />
A. Hess, A. Weintraub, 336 S. mit 500<br />
Farbabb., geb. mit Schutzumschlag, 25,5 x<br />
25,5 cm, DVA, 69,95 Euro<br />
Dafür lohnt sich aber wieder der Blick<br />
zurück zum einzelnen Architekten im 20.<br />
Jahrhundert, mit den Mitteln der Fotografi<br />
e also. Frank Lloyd Wright gilt als einer<br />
der Meister des modernen Wohnhauses.<br />
Freilich, aus der Ferne Europas, unterstützt<br />
noch durch die Prominenz des Bauwerks,<br />
wird sein Schaffen wesentlich auf das<br />
Solomon R. Guggenheim-Museum und<br />
dessen Formensprache reduziert: auf seine<br />
spiralige, raumhaltige Anlage, welche die<br />
Bewegung des Betrachters bei gleichzeitiger<br />
Transparenz bedenkt, und zwar im öffentlichen<br />
Raum, der überhaupt als Domäne<br />
Wright’s gilt. Schon das erste Bauwerk,<br />
das er konzipiert hat, fällt hierunter: eine<br />
Kapelle für die Familie. Etliche weitere teils<br />
prominente öffentliche Bauten folgten, die<br />
per se auf ein repräsentatives und funktionales<br />
Zusammenspiel von Außen und<br />
Innen konzipiert werden mussten, in einem<br />
Vokabular, dem Wright <strong>Zeit</strong> seines Lebens<br />
treu blieb und das er auch, als er sich<br />
50jährig verstärkt dem privaten Wohnhaus<br />
zuwandte, verwandte. Aber was gemeinhin<br />
als konservativ galt, bekam nun, im freien<br />
Umgang mit den Formen und im privaten<br />
Bereich eine andere Wertung und Bedeutung.<br />
Auch da baut Wright im Einklang<br />
mit der Gesellschaft<br />
und in vorsichtiger Reaktion auf die<br />
natürliche Umwelt. Aber er entwirft nun<br />
„sinnfreie“ komplexe artifi zielle Systeme<br />
der Verschachtelung, des Geschwungenen,<br />
die visionäre Züge tragen und aus<br />
den Wohnhäusern temperierte Zonen des<br />
Rückzugs schaffen. Als Hauptwerk gilt<br />
Haus Fallingwater in Pennsylvania, erbaut<br />
1935. <strong>Die</strong>ses Wohnhaus bildet den Auftakt<br />
zu einer Vielzahl bemerkenswerter Bauten,<br />
die jeweils für sich im Überblick und im<br />
Detail, aber mit zu wenig Grundrissen, vorgestellt<br />
werden. <strong>Die</strong> Innenaufnahmen sind<br />
zu stimmungsvoll, aber vielleicht, wenn es<br />
um die Wahrnehmung der Bewohner geht,<br />
authentisch.<br />
Schon vor knapp einem Jahr ist, in gleich<br />
gelungener Aufmachung, bei DVA der<br />
Überblick über die öffentlichen Bauten<br />
erschienen – somit ordnet sich nach dem<br />
50. Jahrestag des Guggenheim-Museums<br />
und dem 50. Todestag von Frank Lloyd<br />
Wright 2009 das Werk dieses großen amerikanischen<br />
Architekten. Schade ist nur, dass<br />
die frühen privaten Wohnhäuser inmitten<br />
dieser zweibändigen, fotografi sch hervorragend<br />
dokumentierten Übersicht vollständig<br />
vergessen wurden. – Aber auch hier: <strong>Die</strong><br />
Rolle der Fotografi e für die Vermittlung der<br />
Architektur ist eminent und sie ist in ihren<br />
guten Beispielen sachlicher, freilich auch<br />
ausschließlicher als es der Sinn hervor-<br />
ragender Malerei war. Und da wir nicht<br />
einfach durch Japan oder Amerika oder<br />
zu den großen Museen zwischen diesen<br />
Ländern reisen können, sind die genannten<br />
Monografi en nicht nur hilfreich, sondern<br />
ein Segen.<br />
Frank Lloyd Wright, Bauten für die Öffentlichkeit,<br />
Hg. A. Hess, A. Weintraub, 312 S.<br />
m. 400 Farbabb., geb. m. Schutzumschlag,<br />
27,9 x 27,9 cm, DVA, 79,95 Euro<br />
<strong>Die</strong> Anwendung<br />
von Intelligenz ist<br />
nicht so qualvoll,<br />
wie allgemein<br />
vermutetet wird.<br />
(Werner Schneyder)<br />
49
50<br />
Der Abend kommt als Kubist<br />
Eine zeitgenössische<br />
Italienische Reise<br />
Hörstück für vier Sprechstimmen,<br />
Saxophon, Perkussion, Akkordeon<br />
und Improvisationsmalerei<br />
Gastspiel an den Wuppertaler Bühnen<br />
(Kleines Haus) in Kooperation mit Jazz-Age<br />
Wuppertal, gefördert durch die Stadtsparkasse<br />
Wuppertal<br />
Samstag, 3. Juli, Beginn:20.00 Uhr<br />
Schauspielhaus (Kleines Haus)<br />
Ein Mann, eine Frau. Eine Frau, ein Mann.<br />
<strong>Die</strong> älteste Geschichte der Welt. Zuweilen<br />
die schönste. Öfter die traurigste. Noch<br />
häufi ger die schönste und die traurigste zugleich.<br />
Hier wird sie eingetaucht in das Licht<br />
Liguriens. <strong>Die</strong> italienischen Riviera und ihr<br />
hügeliges Hinterland bilden die Kulisse für<br />
eine abenteuerliche Reise in das je eigene<br />
und wahre Ich der beiden Protagonisten.<br />
Wirklichkeit und Einbildungskraft verschwimmen:<br />
Reiseimpressionen werden zu<br />
imaginierten Experimentalfi lmen verdichtet,<br />
Personen erfunden, die uns so vertraut und<br />
bekannt vorkommen, als würden wir sie<br />
schon immer kennen: wie Enzo, den Kranführer,<br />
der seine Familie mit seinem kleinen<br />
Gehalt mühsam über Wasser hält, eine<br />
heimliche Geliebte hat und unheimliche<br />
Gedichte schreibt. Oder Joey, der Griot und<br />
Geschichtenerzähler aus dem Kongo, der das<br />
Kunststück fertig bringt, mitten im ligurischen<br />
Sommer Regenschirme (!) ohne Zahl<br />
an die Badegäste am Meer zu verkaufen.<br />
senden. In dem Monolog des „Geistes der<br />
Erzählung“ und in der Musik – Saxophon,<br />
großes Schlagwerk, afrikanische Trommeln<br />
und Akkordeon – wird die Landschaft<br />
Liguriens als „inneres Bühnenbild“ und<br />
Erfahrungsraum der Protagonisten lebendig.<br />
Text und Musik werden zu einem Sinn- und<br />
Klangraum verwoben, den die Jazz- und<br />
Improvisationsmusiker <strong>Die</strong>trich Rauschtenberger<br />
(Saxophon, Schlagwerk, Perkussion),<br />
Ute Völker (Akkordeon) sowie der Trommler<br />
Maik Bash-shiti füllen.<br />
<strong>Die</strong> Wuppertaler Malerin und Bildhauerin<br />
Ulle Hees hat während der Proben, die in<br />
ihrem Atelier stattfanden, Bildsequenzen<br />
zu den Stationen der Reise entworfen, die<br />
während des Hörstücks als Bühnenbild(er)<br />
projiziert werden. Dabei addieren sich die<br />
von Hees entworfenen Glasaquarelle – jedes<br />
einzelne für sich ein autonomes Kunstwerk -<br />
durch Projektion und Übereinanderlagerung<br />
zu einer Collage. Das letzte Bild schließt<br />
gleichnishaft – ähnlich wie das Leben selbst<br />
– die vorhergehenden Bilder als Schichten<br />
unserer Existenz mit ein.<br />
So werden im Dialog der Schauspieler, im<br />
Klang der Musik und im Kunstraum der<br />
Glasaquarelle die Landschaft Italiens als<br />
Spiegelbild der Seele präsent: <strong>Die</strong> <strong>Zeit</strong> wird<br />
fl üssig, wenn die Sonne hinter die Hügel<br />
sinkt. Dann beginnt sich die sphärische Perspektive<br />
aufzulösen, die Landschaft wird zur<br />
Fläche. <strong>Die</strong> ineinander gewürfelten Häuser<br />
am Hang scheinen in diesem späten Licht<br />
ineinander zu fl ießen: „Der Abend kommt<br />
als Kubist.“<br />
Idee, Text und Konzeption:<br />
Heiner Bontrup<br />
Regie: Hans Richter<br />
Sprecher: Hans Richter, Sabine Pass,<br />
<strong>Die</strong>trich Rauschtenberger, Claudio Li Mura,<br />
Heiner Bontrup<br />
Musik:<br />
<strong>Die</strong>trich Rauschtenberger (Saxophon,<br />
Schlagwerk, Perkussion),<br />
Ute Völker (Akkordeon)<br />
Maik Bash-shiti (afrikanische Trommeln)<br />
Bühnenbild: Ulle Hees<br />
Der „Kubist“ ist nach „German Song“ (mit<br />
Wolfgang Schmidtke) und „Jazz unterm<br />
Hakenkreuz – die Ernst Höllerhagen-Story“<br />
das dritte Hörstück des Wuppertaler Autors<br />
Heiner Bontrup. Im September 2009 wurde<br />
das Hörstück in Catania (Sizilien) im Rahmen<br />
des XVI. Else-Lasker-Schüler-Forums unter<br />
großem Beifall des Publikums im ältesten<br />
und schönsten Benedektiner-Kloster Europas<br />
(heute ist dort die Universität von Catania)<br />
uraufgeführt.<br />
Im Anschluss an die Inszenierung wird<br />
das gleichnamige Buch vorgestellt, das im<br />
Nordpark-Verlag erschienen ist.<br />
Redaktion<br />
Zufällig am Wegesrand Beobachtetes wird<br />
zum Ausgangsmaterial für Gedichte und<br />
Refl exionen. <strong>Die</strong> zeitgenössische italienische<br />
Reise ist „Kino-im-Kopf“, ein literarischmusikalisches<br />
Roadmovie, das Atmosphäre<br />
und Stimmung Liguriens einfängt. Musik,<br />
Poesie und Philosophie verdichten sich zu<br />
einer Meditation über das Wesen von <strong>Zeit</strong><br />
und Erinnerung: „Wir müssen im Dunkel<br />
unserer Vergessenheit die Geisterschiffe<br />
aufspüren, auf denen wir einst segelten. Nur<br />
wenn wir in die Vergangenheit schauen,<br />
können wir den Horizont unserer Zukunft<br />
erkennen.“<br />
In dem Textkonzert schlüpfen Hans Richter<br />
(langjähriges Mitglied der Wuppertaler Bühnen)<br />
und die Kölner Schauspielerin Sabine<br />
Paas in die Rollen der modernen Italienrei- Ulle Hees: Der Kubist, 2009, Hinterglasmalerei
Kulturnotizen<br />
Erster gemeinsamer Sammlungsführer<br />
der Ruhr Kunst Museen<br />
Der Band stellt 20 Museen der „Metropole<br />
Ruhr“ vor<br />
Unter dem Titel „RuhrKunstMuseen.<br />
<strong>Die</strong> Sammlung“ ist zum Kulturhauptstadtjahr<br />
RUHR.2010 der erste gemeinsame<br />
Sammlungsführer der 20 großen<br />
Kunstmuseen des Ruhrgebiets erschienen.<br />
Er ist Ausdruck der Gesamtidee eines<br />
neuen Netzwerks, mit dem die vielseitige<br />
Kunstlandschaft in der Summe der<br />
Sammlungen moderner Kunst sichtbar<br />
gemacht werden soll.<br />
Einem einführenden Essay von Georg<br />
Imdahl über die „Bilder des Ruhrgebiets“<br />
folgt ein 150-seitiger, gerade durch seine<br />
Unkommentiertheit beeindruckender<br />
farbiger Tafelteil mit Abbildungen ausgewählter<br />
Exponate der Museen: Kunstmuseum<br />
Bochum, Kunstsammlungen der<br />
Ruhruniversität Bochum, Josef Albers<br />
Museum Quadrat Bottrop, Museum<br />
Ostwall Dortmund, Museum DKM<br />
Duisburg, Museum Küppersmühle Duisburg,<br />
Museum Folkwang Essen, Kunstmuseum<br />
Gelsenkirchen, Emil Schumacher<br />
Museum Hagen, Osthaus Museum<br />
Hagen, Gustav-Lübcke-Museum Hamm,<br />
Flottmann-Hallen Herne, Städt. Galerie<br />
Emschertal-Museum Herne, Skulpturenmuseum<br />
Glaskasten Marl, Kunstmuseum<br />
Mülheim Ruhr, Ludwiggalerie Schloß<br />
Oberhausen, Kunsthalle Recklinghausen,<br />
Zentrum für Lichtkunst Unna, Märkisches<br />
Museum Witten.<br />
Glanzstücke<br />
Impressionistische Glanzstücke wie u.a.<br />
Max Liebermanns Selbstbildnis mit<br />
Küchenstilleben, Auguste Renoirs „Lise<br />
mit dem Sonnenschirm“, Auguste Rodins<br />
Portrait-Plastik „Rose Beuret“ und Henri<br />
Matisses Stilleben mit Affodillen eröffnen<br />
den Reigen mit Werken von Lehmbruck,<br />
Marc, Macke, Kirchner sowie Albers,<br />
Nolde, Richter, Stella, Schumacher, Höfer,<br />
Tinguely, Turrell, Picasso, Albers, Grieshaber,<br />
Klein, Piene, Giacometti, Kiefer,<br />
Seliger, Richter, Vostell, Long, Grützke,<br />
Maholy-Nagy, Uecker, Stella und vielen<br />
anderen mehr. Hinzu kommen Stücke der<br />
Antike, Kunst aus Ozeanien und Asiatica.<br />
Illustrierte Beschreibungen - wenn man so<br />
will Selbstportraits der beteiligten Museen<br />
- mit straffen Texten und Bildbeispielen<br />
aus Architektur und Sammlungen<br />
schließen sich an. So stellt z.B. Ursula<br />
Sinnreich das „Zentrum für Internationale<br />
Lichtkunst Unna“ vor, ein ungemein<br />
reizvolles und spannendes Haus, das ohne<br />
die Aufnahme in dieses Sammelwerk vielleicht<br />
nur wenigen Spezialisten bekannt<br />
geblieben wäre. Auch das Gustav-Lübcke-<br />
Museum in Hamm mit seinen vielfältigen<br />
Sammlungen (allein die Design-Abteilung<br />
ist eine Perle), verdient einen Blick mehr.<br />
Ellen Schwinzer und Diana Lenz-Weber<br />
stellen die Sammlungen vor. Den ungeheuren<br />
Schatz des Duisburger Wilhelm<br />
Lehmbruck Museums mit seinem<br />
Skulpturenpark lernt man mit Christoph<br />
Brockhaus kennen und das über 100 Jahre<br />
alte, gediegene Geschmacksproben<br />
<strong>Die</strong> „Geschmacksproben“ des kompakten,<br />
handlichen Museumsführeres machen Appetit<br />
auf die intensive eigene Erforschung<br />
der vorgestellten Sammlungen. Zwar sind<br />
die Adressen artig angegeben, man fi ndet<br />
also hin, doch wurde leider versäumt, die<br />
Internet-Seiten der Museen in die Texte<br />
einzufügen. Das sollte heute schon Standard<br />
sein. Dennoch: ein sehr empfehlenswerter<br />
Einstieg in die Museumswelt des<br />
Ruhrgebiets.<br />
Ruhr Kunst Museen - <strong>Die</strong> Sammlung<br />
© 2010 Hatje Cantz, 272 Seiten, 190<br />
farbige Abbildungen mit alphabetischem<br />
Verzeichnis, Format: 22,5 x 16,5 cm,<br />
19,- Euro. ISBN 978-3-7757-2617-7.<br />
Informationen unter: www.hatjecantz.de<br />
Frank Becker<br />
Peter Krämer<br />
WP/StB<br />
Andreas Niemeyer<br />
WP/StB<br />
Thomas Pintzke<br />
StB<br />
Katrin Schoenian<br />
WP/StB<br />
Dr. Jörg Steckhan<br />
RA/WP/StB<br />
Peter Temmert<br />
WP/StB<br />
Susanne Schäfer<br />
StB<br />
Stephan Schmacks<br />
StB<br />
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51
52<br />
Kulturnotizen<br />
Einstürzende Gedankengänge<br />
Eifel/Island-Krimi mit Rezepten von<br />
Ulrich Land<br />
Kripo Trier. Hauptkommissar Dollinger<br />
hat Probleme mit seinem Kopf. Ihn<br />
plagen nicht nur starke Schmerzen,<br />
immer öfter muss er feststellen, dass sein<br />
Gedächtnis ihn im Stich lässt.<br />
Während Dollinger hartnäckige Tagträume<br />
immer wieder nach Island zurückversetzen,<br />
wo er mit seiner Tochter alles<br />
andere als erfolgreich versuchte, den<br />
größten Gletscher zu bezwingen, kann<br />
er sich auf wichtige Details der jüngsten<br />
Vergangenheit beim besten Willen keinen<br />
Reim machen. Dafür schießen ihm jetzt<br />
neuerdings auch noch quälende Erinne-<br />
285 Seiten, 14 Euro<br />
ISBN 978-3-938568-42-2<br />
Oktober Verlag in der Reihe<br />
„Mord und Nachschlag“<br />
Neuerscheinung:<br />
25. März 2010.<br />
rungen aus seiner Kindheit messerscharf<br />
durchs Hirn. Eigentlich hat er also reichlich<br />
mit sich selbst zu tun, als ihm der<br />
Tod eines Kindes in die Quere kommt,<br />
das eingesperrt in einen Wohnhauskeller<br />
mitten in Trier jämmerlich verhungertist.<br />
Als kurz darauf die Mutter des Jungen<br />
brutal ermordet aufgefunden wird und<br />
sämtliche Indizien Dollinger selber<br />
zum Verdächtigen machen, da weiß er<br />
sich keinen anderen Rat mehr, als die<br />
Polizeipsychologin aufzusuchen. <strong>Die</strong> aber<br />
kann auch nicht verhindern, dass er vom<br />
<strong>Die</strong>nst suspendiert wird. Was Dollinger<br />
jedoch keineswegs davon abbringt, auf<br />
eigene Faust weiter zu recherchieren.<br />
Schließlich will er auch den geringsten<br />
Zweifel an seiner Unschuld aus der Welt<br />
schaffen – und vor allem seine Selbstzweifel.<br />
<strong>Die</strong> Polizeipsychologin allerdings<br />
erweist sich dabei als wenig hilfreich.<br />
Ulrich Land, geboren 1956 in Köln, lebt<br />
und schreibt in Hattingen. Sein Romandebüt<br />
»Der Letzte macht das Licht aus«<br />
erschien 2008 im Oktober Verlag. Er<br />
ist Verfasser von Lyrik, Prosa, Essays, 40<br />
Hörspielen und über 60 Radiofeatures.<br />
Außerdem war er langjähriger Moderator<br />
der WDR EinsLive-Hörspiele.<br />
Mit Vorliebe lotet er die Ränder des<br />
süßen Grauens aus. Krisen und Katastrophen,<br />
Süchte und Sehnsüchte: das ist der<br />
Stoff, aus dem seine Tinte ist.<br />
Ruth Eising<br />
Konzerte im Landhotel Jammertal<br />
Im Rahmen der Kulturhauptstadt<br />
Ruhr.2010 hat das Landhotel Jammertal<br />
in Datteln das Kulturangebot deutlich erweitert<br />
– auch auf internationaler Ebene.<br />
Von Jazz und Swing, von Flamenco und<br />
Klassik bis hin zur Lesungen bietet die<br />
Wellness-Oase mitten im Grünen allen<br />
Freunden der gehobenen Unterhaltung<br />
ganz besondere Leckerbissen an.<br />
Donnerstag, 20. Mai 2010, 20.00 Uhr<br />
Swing | Michael Friedmann & Peter Berlau<br />
Mittwoch, 02. Juni 2010, 20.00 Uhr<br />
Literarischer Abend | Michael van Ahlen<br />
& Peter Nickel<br />
Donnerstag, 03. Juni 2010, 20.00 Uhr<br />
Gesangsabend | Claudia Duschner &<br />
Juriko Akimoto<br />
Donnerstag, 17. Juni 2010, 20.00 Uhr<br />
Jazz | Spirit of Louis Armstrong Trio<br />
Landhotel Jammertal<br />
Familie Schnieder · Naturpark Haard<br />
Redder Straße 421 · 45711 Datteln - Ahsen<br />
Tel.0 23 63 - 3 77 0 · Fax 377 100<br />
info@jammertal.de · www.jammertal.de
Klangart im<br />
Skulpturenpark Waldfrieden<br />
Den Liebhaber dieser Musikreihe ein<br />
wohl temperiert zusammengestelltes<br />
Programm im Spannungsfeld von zeitgenössischen<br />
Jazz, frei improvisierter Musik<br />
und Weltmusik auf internationalem<br />
Niveau:<br />
Sonntag, 30. Mai 2010, 18 Uhr<br />
Limpe Fuchs & Zoro Babel<br />
Samstag, 19. Juni 2010, 19 Uhr<br />
Savina Yannatou & Primavera en Salonico<br />
Sonntag, 20. Juni 2010, 18 Uhr<br />
TRIBUT TO CHARLIE MARIANO<br />
Bobby Stern, Philip Catherine,<br />
Jasper van’t Hof, <strong>Die</strong>ter Ilg, Aldo Romano<br />
Sonntag, 4. Juli 2010, 18 Uhr<br />
DEVIL QUARTET<br />
Paolo Fresu, Bebo Ferra,<br />
Paolino Dalla Porta, Stefano Bagnoli<br />
Klangart im Skulpturenpark Waldfrieden<br />
Hirschstraße 12, 42285 Wuppertal<br />
Telefon 0202-3172989<br />
www.skulpturenpark-waldfrieden.de<br />
Litheraturhaus Wuppertal e.V.<br />
Ein Fest für die Dichtung:<br />
Leselust von früh bis spät<br />
Das Literaturhaus Wuppertal feiert seine<br />
zehnjährige Präsenz am Haspel<br />
Eine lebendige Literaturszene in der<br />
Stadt – dafür macht sich das Literaturhaus<br />
Wuppertal stark. Der Verein organisiert<br />
Lesungen, Themenabende, Konzerte<br />
mit Literatur und vieles mehr. Seit April<br />
2000 ist das Literaturhaus in einem der<br />
Haspel-Häuser an der Friedrich-Engels-<br />
Allee 83 zu Hause. Ein solches Jubiläum<br />
ist ein Grund zu feiern. Am 5. und 6.<br />
Juni heißt es daher „Leselust von früh bis<br />
spät“. Das Literaturhaus lädt in Kooperation<br />
mit den Wuppertaler Bühnen<br />
zu einem vielfältigen Programm mit<br />
Dichtung und Musik am Haspel und im<br />
Schauspielhaus ein.<br />
Am Samstag, 5. Juni, spielt sich alles am<br />
Haspel ab. In den Räumen des Literaturhauses<br />
und im Hof steigt ein Lesemarathon<br />
bis spät in die Sommernacht. Auch<br />
für Speisen und Getränke ist natürlich<br />
gesorgt. Los geht’s um 14 Uhr mit dem<br />
Kinderprogramm. Der bekannte Illustrator<br />
Wolf Erlbruch zeichnet, Hermann<br />
Schulz und andere Autoren lesen. Ab 16<br />
Uhr tragen Wuppertaler Schriftsteller<br />
Lyrik und Prosa vor, u.a. sind Karl Otto<br />
Mühl und Michael Zeller dabei. Für Musik<br />
sorgen Künstlerinnen der GEDOK.<br />
Ab 21.30 Uhr folgt ein Poetry Slam,<br />
anschließend tritt Wortakrobat Mitch<br />
Heinrich auf.<br />
Wolf Erlbruch<br />
Ingeborg Wolff<br />
Am Sonntag, 6. Juni, geht es von 11 bis<br />
etwa 14 Uhr im Schauspielhaus weiter.<br />
Wer möchte, kann mit einem Frühstück<br />
dort beginnen. Bekannte Schauspieler wie<br />
Ingeborg Wolff, Barbara Nüsse und Edgar<br />
M. Böhlke lesen Theatertexte. Studentinnen<br />
der Musikhochschule Wuppertal<br />
gestalten die Musik dazu.<br />
Literaturhaus Wuppertal e.V.<br />
Friedrich-Engels-Allee 83<br />
42285 Wuppertal<br />
Telefon: +49 (0) 202 8 02 32<br />
Telefax: +49 (0) 202 8 992 76<br />
E-Mail: info@literaturhaus-wuppertal.de<br />
www.literaturhaus-wuppertal.de<br />
Neuer Kunstverein Wuppertal<br />
„Wir laden ein...“ heisst die erste Ausstellung<br />
des neuen Kunstvereins Wuppertal<br />
und insgesamt 350 Besucherinnen und<br />
Besucher füllten über Stunden den Raum<br />
im Kolkmannhaus in der Hofaue um die<br />
Taufe zu feiern. <strong>Die</strong> Mitglieder haben<br />
hierzu Künstler aus Deutschland, Österreich,<br />
Belgien und Frankreich eingeladen<br />
und zeigen zum Auftakt ein vielfältiges<br />
Bild zeitgenössischer Kunst. Dazu gehören<br />
Armin Bremicker, Ralf Edelmann,<br />
Johannes Jensen, Katharina Kern, Peter<br />
Mönnig, Virginie Mossé, Laurent Tchedry<br />
und Uwe Wölcke. Das Spektrum ist<br />
weit gefasst und reicht von dokumentarischen<br />
Fortografi en über Malerei und<br />
Skulptur bis hin zur Installation. Zudem<br />
wurde das Eröffnungsprogramm durch<br />
Ralf Landfermann, Daniel Schmitt und<br />
die Mitglieder begleitet.<br />
Insofern ist die erste Ausstellung auch ein<br />
spannender Aufschlag für die zukünftige<br />
Entwicklung. Ziel des Vereins ist es ein<br />
Forum zu schaffen, Diskussionen zu<br />
ermöglichen, und damit dem kulturellen<br />
Leben in der Stadt neue Impulse zu geben,<br />
auch um Wuppertal als interessanten<br />
Kunststandort überregional bekannt zu<br />
machen. Geplant sind unterschiedlichste<br />
Themen- und Gruppenausstellungen<br />
sowie ein umfangreiches Veranstaltungsangebot.<br />
<strong>Die</strong> aktuelle Show ist noch bis 13.6. zu<br />
sehen, Ende Juni folgt dann eine Einzelausstellung<br />
des Berliner Videokünstlers<br />
Ralf Küster.<br />
„Wir laden ein...“, bis 13.6.2010, Neuer<br />
Kunstverein Wuppertal, Hofaue 51<br />
(Kolkmannhaus), 42103 Wuppertal,<br />
Öffz.: Mi-Fr 17-20, Sa+So 15-18 Uhr,<br />
Informationen unter: info@neuer-kunstverein-wuppertal.de<br />
oder 0202/2954076<br />
(E. Schönenberg)<br />
53
54<br />
Kulturnotizen<br />
„Vorwärts, und nicht vergessen…“<br />
Fluchtpunkt Solidarität<br />
„Auf ihr Völker dieser Erde, einigt euch in<br />
diesem Sinn: daß sie jetzt die eure werde<br />
und die große Nährerin. Vorwärts, und<br />
nicht vergessen...“<br />
Das Solidaritätslied entstand 1931 vor der<br />
Errichtung der faschistischen Hitlerdiktatur.<br />
Text: Bert Brecht, vertont von Hanns<br />
Eisler<br />
Heine-Kunst-Kiosk 01.05. – 30.06.2010<br />
Wuppertal, Wichlinghauser Straße 29a<br />
Barbara Held – Tel 0202-475098<br />
Boris Meißner – Tel 02191-73162<br />
Erweiterungsgebäude KUBUS in<br />
der Ruine von Haus Weitmar (Red.)<br />
Kubus: Foto © Heide von Berswordt-Wallrabe<br />
Bochum. Situation Kunst ist ein museales<br />
Ensemble im Park von Haus Weitmar in<br />
Bochum und Teil der Kunstsammlungen<br />
der Ruhr-Universität Bochum. <strong>Die</strong><br />
Sammlungen umfassen Werke der internationalen<br />
Gegenwartskunst sowie alte<br />
afrikanische und asiatische Kunst; sie dienen<br />
zum einen verschiedenen Fakultäten<br />
der Ruhr-Universität als Lehrsammlungen<br />
und sind zum anderen der Öffentlichkeit<br />
an mindestens zwanzig Stunden pro<br />
Woche unentgeltlich zugänglich.<br />
<strong>Die</strong> Stiftung Situation Kunst hat aktuell<br />
ein multifunktionales Erweiterungsgebäude<br />
„Kubus“ nach den Plänen der<br />
Architekten Pfeiffer, Ellermann und<br />
Preckel aus Münster in der Ruine des im<br />
Zerschossener Wald bei Verdun 1916<br />
© Adolf Erbslöh / VG Bild-Kunst, Bonn 2010<br />
Zweiten Weltkrieg zerstörten Haus Weitmar<br />
errichtet. Der Kubus bietet auf einer<br />
Fläche von etwa 1.200 m2 (verteilt auf<br />
vier Geschosse) u.a. Raum für Wechselausstellungen.<br />
Anläßlich der Eröffnung zeigt die Stiftung<br />
Situation Kunst dort bis November 2010<br />
die zweiteilige Ausstellung Weltsichten.<br />
Landschaft in der Kunst seit dem 17.<br />
Jahrhundert.<br />
Stiftung Situation Kunst<br />
Nevelstr. 29c/Schloßstr. 13<br />
D-44795 Bochum<br />
www.situation-kunst.de<br />
Osthaus Museum Hagen zeigt<br />
Ausstellung über Istanbul<br />
<strong>Die</strong> Sammlung Huma Kabakci ist im<br />
Rahmen des Kulturhauptstadtprogramms<br />
Ruhr.2010 bis zum 25. Juli zu<br />
sehen<br />
Hagen - „Istanbul. Sammlung Huma<br />
Kabakci“ ist der Titel einer Ausstellung<br />
im Hagener Museum Osthaus im<br />
Rahmen des Kulturhauptstadtprogramms<br />
Ruhr.2010. In Istanbul - ebenfalls<br />
Kulturhauptstadt Europas im laufenden<br />
Jahr - hat sich eine junge Kunstszene<br />
etabliert, die ebenso aufregend ist<br />
wie Paris, Berlin oder New York. 60<br />
Jahre Kunst in Istanbul - nicht nur als<br />
Rückblick, sondern auch mit besonderem<br />
Augenmerk auf zeitgenössische Kunst<br />
präsentiert das Osthaus Museum als erstes<br />
Museum in Europa. Insgesamt sind 195<br />
Werke der Malerei und Bildhauerei von<br />
1950 bis heute aus der Sammlung Huma<br />
Kabakci zu sehen.<br />
<strong>Die</strong> bedeutende Sammlung umfaßt<br />
zudem ein großes Konvolut von<br />
Fotografi en des international hoch<br />
geachteten türkisch-armenischen<br />
Magnum-Fotografen Ara Güler. In Hagen<br />
zeigt eine Auswahl seiner Stadtansichten<br />
Momente alltäglicher Schönheit zwischen<br />
Dynamik und Wehmut. Ein Katalog zur<br />
Ausstellung mit allen gezeigten Werken<br />
wird in der Edition Braus erscheinen.<br />
<strong>Die</strong> Ausstellung ist dienstags bis freitags<br />
von 10 bis 17 Uhr sowie samstags und<br />
sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.<br />
Internet: www.osthausmuseum.de<br />
Alexej von Jawlensky und Josef<br />
Albers: Farbe. Abstraktion. Serie<br />
Alexej von Jawlensky -<br />
Abstrakter Kopf Schicksal - © VG Bild-Kunst<br />
Josef Albers Museum Bottrop<br />
16. Mai – 29. August 2010<br />
<strong>Die</strong> Ausstellung Alexej von Jawlensky und<br />
Josef Albers Farbe. Abstraktion. Serie ist<br />
ein seltenes Gipfeltreffen, bei dem sich<br />
zwei weithin bekannte Künstler begegnen,<br />
deren Gemeinsamkeiten bisher noch<br />
nicht wirklich entdeckt worden sind.<br />
Obwohl es in den Arbeiten von Josef<br />
Albers keinerlei Verweis auf Gegenständliches<br />
gibt, setzt die Farbe in ihrer eigenen<br />
Dynamik die gemeinsame Klammer zu<br />
Alexej von Jawlensky. Erstmals werden
Josef Albers - Variant Adobe 1976 - © The Josef<br />
and Anni Albert Foundation/VG Bild-Kunst<br />
diese beiden Künstler gemeinsam im Josef<br />
Albers Museum in Bottrop gezeigt. Dabei<br />
werden etwa 50 Werke von Josef Albers<br />
mit ebenso vielen Gemälden von Alexej<br />
von Jawlensky präsentiert.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.bottrop.de<br />
Fotoausstellung mit „Bildern der<br />
Arbeit“ in Dortmund<br />
„Bilder der Arbeit - Fotografi en aus<br />
Europa“ lautet der Titel einer Präsentation<br />
in der Deutschen Ar beits schutzausstellung<br />
(DASA) in Dort mund, die ab dem 13.<br />
Juni zu sehen sein wird. Fotobegeisterte<br />
aus ganz Europa hatten sich im<br />
vergangenen Jahr an einem Wettbewerb<br />
der Europäischen Agentur für Sicherheit<br />
und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz<br />
beteiligt und ihre Bilder eingesandt, hieß es<br />
in einer Ankündigung.<br />
Aus den insgesamt 1.700 eingesandten<br />
Arbeiten zum Motto „Wie sieht Ar beitsschutz<br />
für Dich aus?“ zeigt die bis zum 26.<br />
September laufende Ausstellung die besten<br />
50 Einsendungen. Sie vermitteln nach<br />
Angaben der Veranstalter einen Eindruck<br />
vom Verständnis des „Normal-Bürgers“<br />
zu den vermeintlich trockenen Themen<br />
Sicherheit und Unfallverhütung. <strong>Die</strong><br />
Bilder zeigen Humor, Einfachheit und<br />
Unschuld, manchmal begleitet von einem<br />
Hauch Spannung oder sogar Provokation.<br />
Internet: www.dasa-dortmund.de<br />
In eigener Sache<br />
Das vierte Heft des noch jungen Magazins „<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong>“<br />
liegt nun vor denen unter unseren Lesern, die von Anfang an<br />
dabei waren und macht jene hoffentlich neugierig, die erst jetzt<br />
auf unser Magazin für Lebensart aufmerksam werden. Dass wir<br />
es bis hierher geschafft haben und von Heft zu Heft den Standard<br />
halten und verbessern konnten, den wir Ihnen regelmäßig<br />
anbieten möchten – auf lange Sicht ist ein Rhythmus von fünf<br />
bis sechs Heften pro Jahr ins Auge gefasst – verdanken wir<br />
dem Engagement Vieler. Autoren, Fotografen und Künstler<br />
unterstützen uns mit ihren Arbeiten, Fachleute haben guten<br />
Rat gegeben, Leser mit ihren Anregungen wertvolle Beiträge<br />
geleistet. Dafür sind wir sehr dankbar.<br />
Nachdem wir „<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong>“ während der Einführungsphase<br />
und derzeit noch zum Kennenlernen an Fixpunkten der<br />
regionalen Kultur kostenlos auslegen – auch hierfür sind wir<br />
den sehr aufgeschlossenen Partnern verpfl ichtet – dürfen wir<br />
nicht die Wirtschaftlichkeit unserer Idee aus den Augen verlieren.<br />
„<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong>“ soll, sobald das Vertriebssystem installiert<br />
ist, an vielen Verkaufsstellen zum erschwinglichen Preis von<br />
3,50 Euro zu haben sein. Um diesen Preis halten zu können,<br />
brauchen wir zum einen Abonnenten, also Sie, liebe Leser. Das<br />
Magazin könnte regelmäßig in Ihrem Briefkasten liegen. Dafür<br />
sorgen wir. Zum anderen sind wir zur Finanzierung des Projekts<br />
auf Partner angewiesen, die uns mit Ihren Inseraten unterstützen.<br />
In einer so schönen Umgebung, wie sie „<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong><br />
<strong>Zeit</strong>“ mit ihren Berichten aus Kunst und Musik, Literatur und<br />
Lebensart, Theater und Tanz (und vielem mehr) bietet, ist jede<br />
Annonce gut aufgehoben und erreicht genau die Kunden, die<br />
Sie als Inserenten ansprechen möchten.<br />
Seien Sie bei „<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong>“ mit am Puls der Kultur: als Leserin<br />
und Leser, als Abonnent, Anzeigenkunde und Partner. Wir<br />
arbeiten für Sie und freuen uns, wenn Sie dabei sind.<br />
HansPeter <strong>Nacke</strong> & Frank Becker<br />
<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong> – Das Magazin für Lebensart<br />
<strong>Druckservice</strong> <strong>HP</strong> <strong>Nacke</strong> <strong>KG</strong><br />
Mediapartner - Druck - Verlag<br />
Friedrich-Engels-Allee 122<br />
D-42285 Wuppertal<br />
Telefon 02 02 - 28 10 40<br />
Fax 02 02 - 8 31 67<br />
www.diebestezeit.net<br />
verlag@hpnackekg.de<br />
Abonieren Sie „<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong>“ unter: www.diebestezeit.net - Abonnement<br />
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unterwegs, rund um die Uhr und in der 1. Klasse.<br />
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Tel.: 0202 569-5200<br />
www.wsw-online.de · wsw@wsw-online.de