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Die Beste Zeit Nr 4.indd - Druckservice HP Nacke KG

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DIE BESTE ZEIT<br />

Das Magazin für Lebensart<br />

Wuppertal und Bergisches Land Juni/Juli 2010 - 3,50 Euro<br />

Film Tanzträume<br />

Anne Linsel, Berlinale 2010<br />

Franz Kafka - Der Prozess<br />

Opernhaus Wuppertal<br />

Retour de Paris<br />

Von der Heydt-Museum Wuppertal<br />

Otto Dix - Wald am Morgen<br />

Neuerwerbung<br />

Boros Collection<br />

Wuppertaler Kunstmäzen in Berlin<br />

Neue Kunstbücher<br />

vorgestellt von Thomas Hirsch<br />

Leonce und Lena<br />

Schauspielhaus Bochum<br />

Hanna Lemke<br />

Leben auf dem Sprung<br />

Eingeladen<br />

aus Hanna Lemke „Gesichertes“<br />

Rainer K. Wick<br />

<strong>Die</strong> Essenz der Jahre<br />

HÖR ZU - Ein Igel wird 60<br />

Zum runden Geburtstag<br />

Farbe als Motiv<br />

Atelierbesuch bei Chr. v. Grumbkow<br />

1


Keine Angst vor Berührung<br />

Barbara Neusel-Munkenbeck und die Urne “moi“<br />

seit 1813<br />

Alles hat seine <strong>Zeit</strong>.<br />

Berliner Straße 49 + 52-54 · 42275 Wuppertal · www.neusel-bestattungen.de Tag und Nacht 66 36 74


Editorial<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

seit der Mensch die Schrift erfunden hat, denkt und schreibt er. Eine der Spätfolgen davon ist,<br />

dass ich hier sitze und das erste Editorial meines Lebens schreibe. Als Professioneller würde ich<br />

mir nun ein Thema suchen, das die Leute heranlockt, oder sonst eines auswählen, das mich<br />

besonders bedrängt; aber diese Art von Orientierung ist eigentlich nichts für mich.<br />

Für mich ist einfacher, an mir herunterzublicken und zu sehen, wo ich stehe: Da ist heute<br />

dieses junge, ambitionierte Magazin hier, das Kultur und Region zusammenführen will zu etwas<br />

Lesenswertem, und das hoffentlich weiterhin Leser anzieht, wenn es ihm gelingt, in ihnen<br />

das Gefühl zu erwecken, sich selbst hier wiederzufi nden und vielleicht neu oder intensiver zu<br />

sehen. Wird das so sein?<br />

Wenn ich den Blick wieder hebe, versuche ich zu sehen, an wen ich mich hier eigentlich wende.<br />

Sind das lauter Einzelne um mich oder eine Gruppe; so etwas wie eine Gemeinschaft?<br />

Ein Mensch, der aufs Rednerpodium steigt, wünscht sich bestimmt beides.<br />

Aber mit der Gemeinschaft tun wir uns heute oder immer schwer. Wir sind aus vielen Gründen,<br />

die leicht zu beschreiben wären, lauter eigensinnige Individualisten geworden, sodass<br />

eigentlich jeder seine eigene Partei, seine eigene Kirche, seinen eigenen Verein und seine eigene<br />

Gewerkschaft haben müsste. Aufrufe und an die Brust schlagen nützen da nichts, es gibt –<br />

zum Glück – auch keine Heils-Vision, die es schleunigst zu verwirklichen gälte und einen<br />

schönen Endzustand gibt es sowieso nicht, es sei denn, ein Verblichener könnte uns davon<br />

berichten. Besser war es wahrscheinlich nie, denn da haben wahrscheinlich nur Not und<br />

Herrschaft die ersehnte Gemeinschaft erzwungen; wer wünschte sich das schon zurück?<br />

Und nun marschiert die Kargheit, die Austerity auch noch wie eine graue Armee auf uns zu.<br />

Ob uns das enger zusammenführt? Denn die Wahrheit und die Kunst wollen zu Gemeinsamem<br />

verbinden – gibt es die überhaupt, die das wollen? Und Kunst und Wahrnehmung, die<br />

gehören doch zusammen, darauf setzt auch dieses Magazin?<br />

<strong>Die</strong> Wirklichkeit hat ihre eigene Sprache. Sie tritt unseren Fragen unschuldig lächelnd entgegen,<br />

zum Beispiel mit dem Inhalt dieses Hefts.<br />

Es will den kulturell Interessierten Menschen unserer Region begegnen und nahe sein, aber<br />

gleichzeitig den Blick nach außen richten. Da ist der vielgerühmte Pina-Bausch Film „Tanzträume“<br />

von Anne Linsel und Rainer Hoffmann; in dem sich dokumentierte menschliche<br />

Nähe mit künstlerischer Form verschwistert; ein Blick in die Kunstsammlung Boros; ein Report<br />

über den Ausfl ug expressionistischer Gemälde aus Wuppertaler Museumsbesitz nach Paris<br />

(und ihre Rückkehr); die Begegnung mit neuen Büchern von Autoren wie Hanna Lemke und<br />

Ulrich Land – und vieles andere,<br />

<strong>Die</strong>s alles hat einen Zusammenhang. Und dieses Magazin, das sich der Kunst unserer <strong>Zeit</strong><br />

verpfl ichtet fühlt, möchte gebraucht werden, um der Kunst und dem Gemeinsamen zu dienen<br />

– solange der Markt es duldet.<br />

Und so hat eben vieles mehr mit einander zu tun, als man denkt – und jetzt hebt noch etwas<br />

den Kopf, nämlich das Herzerwärmende. Wenn denn die Leute sich dem Wahren, dem Schönen,<br />

dem Guten und einander zuwenden (und davon soll man hier lesen können), die Kunst<br />

blühend und kühn erfreut, dann fühlen wir uns wohl miteinander und für eine Weile gut<br />

aufgehoben in unserer Welt.<br />

Ihr Karl Otto Mühl<br />

3


4<br />

Impressum<br />

„<strong>Die</strong> beste <strong>Zeit</strong>“ erscheint in Wuppertal und im<br />

Bergischen Land<br />

Aufl age 4.000 Exemplare<br />

Erscheinungsweise: 5 mal pro Jahr<br />

Verlag <strong>HP</strong> <strong>Nacke</strong> <strong>KG</strong> - <strong>Die</strong> beste <strong>Zeit</strong><br />

Friedrich-Engels-Allee 122, 42285 Wuppertal<br />

Telefon 02 02 - 28 10 40<br />

E-Mail: verlag@hpnackekg.de<br />

V. i. S. d. P.: HansPeter <strong>Nacke</strong> und Frank Becker<br />

Erfüllungsort und Gerichtsstand Wuppertal<br />

Bildnachweise/Textquellen sind unter den<br />

Beiträgen vermerkt.<br />

Gastbeiträge durch Autoren spiegeln nicht<br />

immer die Meinung des Verlages und der Herausgeber<br />

wider. Für den Inhalt dieser Beiträge<br />

zeichnen die jeweiligen Autoren verantwortlich.<br />

Kürzungen bzw Textänderungen, sofern nicht<br />

sinnentstellend, liegen im Ermessen der<br />

Redaktion. Für unverlangt eingesandte Beiträge<br />

kann keine Gewähr übernommen werden.<br />

Nachdruck – auch auszugsweise – von Beiträgen<br />

innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist nur mit der<br />

ausdrücklichen Genehmigung des Verlages.<br />

Trotz journalistischer Sorgfalt wird für Verzögerung,<br />

Irrtümer oder Unterlassungen keine<br />

Haftung übernommen.<br />

„<strong>Die</strong> Kunst kann den Menschen nicht retten,<br />

aber mit den Mitteln der Kunst wird ein Dialog möglich,<br />

welcher zu einem Menschen bewahrenden Handeln aufruft.“<br />

[Günther Uecker 1983]


Heft 4 Juni/Juli 2010<br />

Inhalt<br />

Film Tanzträume<br />

Berlinale 2010<br />

Jugendliche tanzen „Kontakthof“<br />

von Johannes Vesper Seite 6<br />

<strong>Die</strong> Lüge wird zur Weltordnung<br />

Herbert Neubeckers Bühnenbearbeitung<br />

von Franz Kafkas Roman „Der Prozess“<br />

Opernhaus Wuppertal Seite 13<br />

Boros Collection<br />

Wuppertaler Kunstmäzen und<br />

Sammler in Berlin<br />

von Johannes Vesper Seite 16<br />

Eine Farce mit schönen Beinen<br />

Anna Bergmann inszeniert<br />

in Bochum Büchners<br />

„Leonce und Lena“ Seite 20<br />

<strong>Die</strong> Essenz der Jahre<br />

Rainer K. Wick<br />

Fotografi sche Arbeiten 1968 - 2009 Seite 24<br />

Retour de Paris<br />

Von der Heydt-Museum Wuppertal<br />

Meisterwerke vom Expressionismus<br />

bis heute Seite 27<br />

Otto Dix - Wald am Morgen<br />

Eine Neuerwerbung im<br />

Von der Heydt-Museum Wuppertal<br />

von Antje Birthälmer Seite 29<br />

Leben auf dem Sprung.<br />

Hanna Lemke: „Gesichertes“.<br />

Ein überraschendes literarisches<br />

Debüt. Seite 31<br />

er<br />

Eingeladen<br />

aus Hanna Lemke „Gesichertes“<br />

Antje Kunstmann Verlag<br />

Sifonieorchester Wuppertal<br />

Seite 34<br />

gestern - heute – morgen<br />

Vom Musikerstreit zur Gründung der<br />

„Elberfelder Kapelle“, der Ursprung des<br />

Sinfonieorchesters Wuppertal Seite 37<br />

Farbe als Motiv<br />

Christian von Grumbkow<br />

Atelierbesuch von Thomas Hirsch Seite 39<br />

Ein Igel wird 60<br />

Zum runden Geburtstag des HÖR ZU! -<br />

Redaktions- Maskottchens „Mecki“ Seite 45<br />

Neue Kunstbücher<br />

vorgestellt von Thomas Hirsch Seite 48<br />

„Der Abend kommt als Kubist“<br />

Eine zeitgenössische Italienische Reise<br />

Hörstück für vier Sprechstimmen, Seite 50<br />

Kulturnotizen Seite 51


6<br />

Tanzträume<br />

Jugendliche tanzen „Kontakthof“ von Pina Bausch<br />

Ein Film von Anne Linsel und Rainer Hoffmann<br />

Am 14. 2. 2010 hatte der Film auf der Berlinale Premiere. 1.600 Besucher sahen ihn im<br />

vollbesetzten Friedrichstadt-Palast. Am 7. 3. 2010 fand die Voraufführung des Films vor<br />

ca. 1.000 Fans im Wuppertaler Cinemax statt, und seit dem 18. 3. 2010 läuft er in den<br />

Kinos, der Film über „Kontakthof“ von Pina Bausch, mit Jugendlichen in Szene gesetzt.<br />

1978, also vor 32 Jahren war Premiere des Tanztheaterstücks in Wuppertal, 2000 kam<br />

„Kontakthof mit Damen und Herren ab 65“ (Laiendarstellern) auf die Bühne und 2008<br />

mit Jugendlichen ab 14 Jahren. „Kontakthof“ ist das einzige der über 40 Stücke von Pina<br />

Bausch, welches sie auch mit Laien gespielt hat. Alle Gefühle zwischen Himmel und<br />

Erde, zwischen Mann und Frau zeige dieses Stück, meint Anne Linsel im Gespräch. Und<br />

offensichtlich ist jedermann Tänzer, wird er nur geeigneter Weise gefördert und gefordert.<br />

Liebe und Sex, Enttäuschung, Hoffnung, Aggression und vor allem Zärtlichkeit sind<br />

Themen für jeden und jede und für alle Altersklassen. Wahrscheinlich erkennt sich das<br />

Publikum mit eigenen Problemen und Emotionen in diesem Stück eher selbst wieder als<br />

in anderen Stücken Pina Bauschs.<br />

Wie Pina Bauschs „Jedermann“ mit den Jugendlichen erarbeitet, eingeübt und schließlich<br />

bühnenreif gemacht wurde, haben Anne Linsel (Regie) und Rainer Hoffmann (Kamera)<br />

von März bis November 2008 fi lmisch dokumentiert. Dabei ist Anne Linsel offensichtlich<br />

den jungen Tänzerinnen und Tänzern so vertraut geworden und nahe gekommen,<br />

dass diese durch die Filmaufnahmen nicht gehemmt wurden, sondern freimütig und<br />

offen über ihre Liebes- und Lebenserfahrungen vor laufender Kamera berichtet haben. 43<br />

Mädchen und Jungen verschiedener Nationalitäten im Alter ab 14 Jahren waren von Pina<br />

Bausch aus verschiedenen Wuppertaler Schulen aller Schulformen ausgewählt worden.<br />

An jedem Samstag wurde unter Jo Ann Endicott und Benedicte Billiet geprobt. Vom<br />

ersten Kontakt der Jugendlichen mit der großen Pina Bausch, die sie teilweise zuvor auch<br />

dem Namen nach nicht kannten, von ihren ersten Schritten auf der Probebühne bis hin<br />

zur gefeierten Premiere im November 2008 wurde das Projekt mit der Kamera sensibel<br />

eingefangen. So entstand ein anrührender und bewegender Kinofi lm über Pina Bausch,<br />

über ihre Arbeitsweise, über das alltägliche Theater - niemand greift wie Pina Bausch in<br />

ihren Stücken Alltagssituationen so eindrücklich auf und setzt sie in Bewegung um - und<br />

über Jugendliche, die quer durch das gegliederte Schulsystem und unabhängig von ihrer<br />

Herkunft ein solches Stück auf die Bühne stellen. „Das Wichtigste, was die Jugendlichen<br />

von Pina gelernt haben, ist meiner Meinung nach, dass man mit seinem ganzen Körper<br />

Gefühle ausdrücken kann, dass man Traurigkeit zum Beispiel durch Weinen ausdrücken<br />

kann aber auch mit Armen und Beinen. Dadurch haben sie eine Sensibilität für Kunst<br />

entwickelt und verstehen gelernt, dass Kunst etwas mit dem Leben zu tun hat und nichts<br />

Abgehobenes ist“ sagt die Regisseurin. Umgekehrt fasziniert den Zuschauer des Films, wie<br />

durch Einübung von Bewegung und Bewegungsabläufen Gefühle und Seelenleben der<br />

jungen Tänzerinnen und Tänzer gegenläufi g beeinfl usst werden. Natürlich ist Bewegung<br />

beim Tanzen Ausdruck der Psyche. Das wichtige Ergebnis dieses Projektes für den<br />

Zuschauer aber ist, dass umgekehrt durch Einübung tänzerischer Bewegung die Psyche<br />

verändert und kultiviert werden kann. <strong>Die</strong> Wechselbeziehung zwischen Bewegung und<br />

Psyche ist Thema dieses Films. Tanzträume sind es und traumhaft ist es, was dieses junge<br />

Ensemble und wie es sich bewegt, wie intensiv die Jugendlichen das Stück proben und<br />

wieder proben, sich Kritik gefallen lassen, gelobt und ernst genommen werden. Und in<br />

der Darstellung von Zärtlichkeit und Aggression, von Hoffnung und Enttäuschung, von<br />

Scham, Unsicherheit und Vertrauen merken die Jungendlichen, dass sie im Grunde ihr<br />

eigenes Leben tanzen. Dazu macht das Ganze den jugendlichen Darstellern offensichtlich<br />

Spaß. Dabei verschwinden die Vorurteile der Hauptschüler gegenüber den Gymnasiasten<br />

und umgekehrt, die Vorurteile gegenüber den ausländischen Mitschülern und umgekehrt,<br />

natürlich auch die Vorurteile dem anderen Geschlecht gegenüber. So gelingt Integration.<br />

Szene aus der Generalprobe 7. Kontakthof 11.08


8<br />

Szene aus der<br />

Generalprobe 7. Kontakthof 11.08<br />

rechte Seite:<br />

Präsentation auf der Berlinale 2010<br />

Anne Linsel kennt Pina Bausch seit Wüstenhofers <strong>Zeit</strong>en, ist also seit nahezu 40<br />

Jahren mit ihr und ihrer Arbeit vertraut. Dadurch entsteht die Authentizität des Films<br />

und die seltene Möglichkeit, die Probenarbeit bei Pina Bausch einzufangen. Pina<br />

Bausch sah diesen Film noch wenige Tage vor ihrem Tod und war nach Angaben von<br />

Anne Linsel damit zufrieden. Im Film fi nden sich wunderbare Großporträts von ihr<br />

und im Film äußert sie sich auch zum letzten Mal vor laufender Kamera. Sie wollte<br />

nicht, dass ihre Tränen in den Augen gefi lmt wurden, als sie den Jugendlichen vor der<br />

Premiere für ihr Engagement dankte und auch dafür, dass sie ihr Stück weitertragen.<br />

<strong>Die</strong> tanzenden Teenager hatten soviel Vertrauen zum Kameramann und zur Regisseurin,<br />

dass sie sich nicht scheuten, auch persönliche, schlimme Lebenserfahrungen zu<br />

erzählen. Eine der Hauptdarstellerinnen ist traurig, dass ihr Vater gestorben ist, als sie<br />

15 Jahre alt war. Wie stolz wäre er, wenn er sie heute auf der Bühne erleben könnte.<br />

Eine andere Darstellerin bewahrt ihre Familiengeschichte über die Generationen und<br />

erzählt, wie ihr Opa, als sie noch klein war, während des Balkankrieges verbrannte.<br />

Nur der Zuschauer des Films erfährt solche Hintergründe und sieht im Film das Stück<br />

also ganz anders als der Besucher einer Aufführung im Theater. Für all die jungen<br />

Tänzerinnen und Tänzer ist dieses Projekt persönlich eine Riesenchance geworden<br />

und hat ihr Leben verändert. <strong>Die</strong>s wird im Film sehr deutlich.<br />

Der Film zeigt auch das Werktags-Wuppertal, wenn junge Tänzer neben der Wupper<br />

Basketball spielen, wenn die Schwebebahn samstags die jungen Tänzerinnen zur Lichtburg<br />

bringt, dem ehemaligen Kino am Alten Markt, welches vom Tanztheater seit Jahren<br />

als Probebühne benutzt wird. Faszinierend die Bilder des Films für den Zuschauer,<br />

der Wuppertal nicht kennt: die quietschende Schwebebahn über der Wupper und das<br />

weiße Schauspielhaus unter blauem Nachthimmel mit Mond (Nichts ist bekanntlich<br />

so schön wie der Mond!).<br />

Zur Erstaufführung des Films auf der Berlinale im Friedrichstadtpalast konnte das gesamte<br />

jugendliche Ensemble dank einer Spende nach Berlin reisen. Inzwischen wurde<br />

der Film auch auf dem 21. Filmfestival von Istanbul mit großem Erfolg gezeigt.


10<br />

Szene aus der Kontakthof-Generalprobe


<strong>Die</strong> Regisseurin und Autorin Anne Linsel<br />

Tanzträume<br />

1. Nachbemerkung:<br />

Das Schauspielhaus<br />

Wuppertal wurde 1967 mit „Nathan<br />

der Weise“ eröffnet. Der Architekt des<br />

weißen, eleganten Hauses im Wupperbogen<br />

an der Kluse war Gerhard Moritz<br />

Graubner (1899-1970), der zahlreiche<br />

Theater in Deutschland gebaut hat u.a.<br />

auch das Bochumer Schauspielhaus. Im<br />

Wuppertaler Schauspielhaus begann<br />

bekanntlich die Geschichte des Tanztheaters<br />

Pina Bausch. Auf die bedeutende<br />

Geschichte des Wuppertaler Schauspiels<br />

kann hier nur hingewiesen werden. Jetzt<br />

fi elen Beschlüsse, das Wuppertaler Schauspielhaus<br />

zu schließen. Wer kann die<br />

Verantwortung dafür tragen? In Deutschland<br />

wurden Milliarden für die Rettung<br />

von Banken ausgegeben und die Deutsche<br />

Industrie muß im Ausland mehr als<br />

100 Mill. Strafe wegen <strong>Beste</strong>chung und<br />

Korruption zahlen. Theater soll und kann<br />

nicht Gewinn steigernd oder Gewinn<br />

maximierend funktionieren, könnte<br />

aber unter Umständen als im modernen<br />

Schillerschen Sinne moralische Anstalt die<br />

Zukunft der Gesellschaft und damit unser<br />

aller Zukunft sichern helfen. Das war in<br />

Anne Linsels „Tanzträumen“ über Pina<br />

Bauschs „Kontakthof mit Jugendlichen ab<br />

14“ zu erleben.<br />

2. Nachbemerkung:<br />

Notizen über Anne Linsel.<br />

Anne Linsel lebt und arbeitet als Kulturjournalistin<br />

und Publizistin in Wuppertal.<br />

Sie hat zwei erwachsene Kinder.<br />

Von 1984-1989 moderierte sie das ZDF-<br />

Kulturmagazin „Aspekte“, nach 1989<br />

führte sie die „Sonntagsgespräche“ im<br />

ZDF mit Cornelia Froboess, Rolf Liebermann,<br />

Jürgen Flimm, Claus Peymann,<br />

Bernhard Minetti, Daniel Barenboim u. a..<br />

Von 1989 -2004 war sie Gastgeberin der<br />

ZDF-Reihe „Zeugen des Jahrhunderts“<br />

(mit Hilde Spiel, Werner Tübke, Carola<br />

Stern, Ernst H. Gombroich, Rolf Boysen<br />

u. a.). Für Arte moderierte und konzipierte<br />

sie Themenabende u.a. über Joseph<br />

Beuys, Pina Bausch und Max Ernst)<br />

Sie arbeitet regelmäßig für den Hörfunk<br />

(WDR, NDR, DLF) und schreibt<br />

Literatur-, Theater-, und Kunstkritik für<br />

verschieden <strong>Zeit</strong>ungen und <strong>Zeit</strong>schriften<br />

u. a. für die Süddeutsche <strong>Zeit</strong>ung.<br />

Zahlreiche Filme entstanden unter ihrer<br />

Regie, u. a. über Peter Kowald, Barbara<br />

Nüsse, Hanna Jordan, Pina Bausch („Nelken<br />

in Indien“, Pina-Bausch-Dokumentation<br />

von 2006), Hanna Marron,<br />

Pablo Picasso, Tony Cragg.<br />

Sie schrieb Bücher - Hilde Spiel: „<strong>Die</strong><br />

Grande Dame“ (1992), „Weltentwürfe-<br />

die Bühnenbildnerin Hanna Jordan“<br />

(2006) - und gab zusammen mit Peter<br />

von Matt einen Sammelband über Else<br />

Lasker-Schüler („Deine Sehnsucht war<br />

die Schlange“- ein Else-Lasker-Schüler<br />

Almanach) heraus.<br />

Jetzt kam sie gerade zurück von der Aufführung<br />

der „Tanzträume“ auf dem 21.<br />

Filmfestival Istanbul. Ob sie der Einladung<br />

nach Los Angeles folgen wird, wo<br />

die „Tanzträume“ demnächst auch gezeigt<br />

werden, weiß sie noch nicht.<br />

Tanzträume –Jugendliche tanzen „Kontakthof“<br />

von Pina Bausch<br />

Buch und Regie: Anne Linsel<br />

Kamera: Rainer Hoffmann bvk<br />

Originalton: Uwe Dresch, Thomas Keller,<br />

Tobias Linsel, Paul Oberle, Tim Dohnke<br />

Schnitt: Mike Schlömer<br />

Produktionsleitung: Cornelia Kellers<br />

Redaktion: Sabine Rollberg<br />

Produzent: Gerd Haag<br />

Eine TAG/TRAUM Filmproduktion in<br />

Co-Produktion mit dem WDR und in<br />

Zusammenarbeit mit Arte<br />

Deutschland 2009, 89 Min., Kinostart<br />

18. 3. 2010<br />

Gefördert von Filmstiftung NRW, DFFF<br />

Deutscher Filmförderfonds, Der Ministerpräsident<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen,<br />

Dr.-Werner-Jackstädt-Stiftung<br />

Johannes Vesper<br />

Fotos: K.-H. Krauskopf<br />

11


12<br />

Tanzträume – oben: Szene aus der Kontakthof-Generalprobe – unten: Premiere im Cinemaxx Wuppertal


16. 4. 2010 //// Opernhaus Wuppertal<br />

Fotos: Joachim Dette<br />

Juliane Pempelfort, Gregor Henze<br />

<strong>Die</strong> Lüge wird zur Weltordnung<br />

Herbert Neubeckers Bühnenbearbeitung<br />

von Franz Kafkas Roman<br />

„Der Prozess“ in einer fesselnden<br />

Inszenierung von Sybille Fabian<br />

„Das Verfahren geht ganz allmählich ins<br />

Urteil über“<br />

– Inszenierung: Sybille Fabian<br />

– Bühne: Herbert Neubecker<br />

– Kostüme: Michael Sieberock-<br />

Serafi mowitsch/Sybille Fabian<br />

– Dramaturgie: Sven Kleine<br />

– Besetzung:<br />

Gregor Henze (Josef K.)<br />

Sophie Basse (Frau Grubach, Onkel Karl)<br />

Juliane Pempelfort (Frl. Bürstner, Das<br />

bucklige Mädchen, Leni)<br />

Anne-Catherine Studer (Wächter Franz,<br />

Frau des Gerichtsdieners, Das Mädchen)<br />

Thomas Braus (Wächter Willem, Gerichtsdiener,<br />

Der Geistliche)<br />

Andreas Möckel (Aufseher, Direktor-<br />

Stellvertreter, Untersuchungsrichter)<br />

Daniel Breitfelder (Kaminer, Student<br />

Bertold, Maler Titoreli)<br />

Lutz Wessel (Neffe Lanz, Hauptmann,<br />

Auskunftgeber, Prügler) Andreas Ramstein<br />

(Rabensteiner, Advokat Huld,<br />

Grauhaariger Angeklagter)<br />

Statisterie<br />

Eine ominöse Macht fasst zu<br />

Der Bankbeamte Josef K. (Gregor Henze),<br />

30 Jahre alt, ledig, Untermieter bei<br />

Frau Grubach (Sophie Basse), wird aus<br />

dem Schlaf heraus ohne Anschuldigung,<br />

ohne Legitimation, doch auch ohne<br />

physische Gewalt von zwei erschreckend<br />

martialischen „Wächtern“ (Anne-Catherine<br />

Studer, Thomas Braus) verhaftet.<br />

Sein selbstbewußter Protest verpufft vor<br />

der Autorität des noch martialischeren,<br />

zugleich süffi santen Aufsehers (Andreas<br />

Möckel), der deutlich macht, trotz seiner<br />

Befugnisse untergeordnet zu sein. Wie<br />

enorm muß also die „Macht“ darüber<br />

sein? <strong>Die</strong>ses Monströse des Apparats, der<br />

hier wirkt, wird unentwegt unterstrichen,<br />

ob durch den Vize-Direktor (Andreas<br />

Möckel), der K. unter Druck setzt, weil er<br />

13


14<br />

Sophie Basse, Andreas Möckel, Juliane Pempelfort


selber der Kontrolle unterliegt, durch den<br />

Maler Titorelli (Daniel Breitfelder), der<br />

sich anscheinend arrangiert hat oder wen<br />

auch immer. Alle sind subaltern. Josef K.<br />

muß sich, ohne inhaftiert zu werden, einer<br />

ominösen Gewalt unterwerfen, einem<br />

rätselhaften Gerichtsverfahren stellen, das<br />

nichts anderes als seine Schuld festzustellen<br />

hat. Denn dass er eine Schuld trägt,<br />

die Schuld, scheint völlig außer Frage zu<br />

stehen.<br />

Gültige Bühnenbearbeitung von<br />

Kafkas Roman<br />

Franz Kafkas genialischer, die Schlünde<br />

aller Abgründe der Angst vor willkürlicher<br />

staatlicher Autorität aufreißender<br />

Roman hat schon vor, besonders aber<br />

seit der prominent besetzten Verfi lmung<br />

durch Orson Welles aus dem Jahr 1962<br />

diverse Film-, Opern- und Bühnenbearbeitungen<br />

erlebt, schreit jedoch<br />

immer noch nach einer über die <strong>Zeit</strong><br />

gültigen Fassung für die Bühne, denn<br />

die Eindringlichkeit des beängstigenden<br />

Sujets ist geradezu wie für das Theater<br />

gemacht. Oder verlangt jede neue <strong>Zeit</strong><br />

nach einer neuen Interpretation? Herbert<br />

Neubecker hat mit seiner Bearbeitung<br />

einen Weg in das Unheimliche der<br />

von Ängsten, Pressionen und heimlichen<br />

Mächten beherrschten Welt des<br />

Josef K. gefunden, der in Auslegung,<br />

Personifi zierung und direktem Bezug<br />

auf die Romanvorlage gültig und zeitlos<br />

erscheint, zugleich jeden Zuschauer<br />

mit dem eigenen Zwiespalt zwischen<br />

Aufbegehren und Unterwerfung, Lust<br />

und Schuld, Glauben und Atheismus<br />

konfrontiert.<br />

Eine (fast) schwarz-weiße Welt<br />

Am 9. April hatte Sybille Fabians<br />

Inszenierung für die Wuppertaler<br />

Bühnen in Zusammenarbeit mit dem<br />

Teo Otto Theater in Remscheid dort<br />

ihre wenn auch nicht ausverkaufte,<br />

jedoch sehr gut besuchte und mit allem<br />

Recht gefeierte Premiere. Man kann<br />

von einem grandiosen Gesamterfolg<br />

sprechen, denn sowohl Neubeckers<br />

Fassung als auch die von ihm gestaltete<br />

schwarz-weiße schräge Bühne, Fabians<br />

überwiegend schwarz-weiße Kostüme,<br />

die dramatischen Klang-Einspielungen,<br />

die Choreographie und jede Einzelleistung<br />

der außer Gregor Henze mehrfach<br />

besetzten Mitwirkenden muß als Perle<br />

bezeichnet werden. Farbe kommt durch<br />

die brillanten Akteure ins Spiel und<br />

blitzt gezielt nur gelegentlich in Form<br />

eines (zerquetschten) Apfels und der<br />

kommentierten Ausgabe von Schönfelders<br />

„Deutsche Gesetze“ auf. Wo<br />

alles gepanzert, verborgen, verschlossen<br />

ist, überraschen als Andeutung des<br />

harmlos Schönen und Begehrenswerten<br />

in dieser häßlichen Welt die kaum<br />

verhüllten göttlichen Brüste von Josef<br />

K.s Zimmernachbarin Frl. Bürstner<br />

(Juliane Pempelfort), der er über seine<br />

Verhaftung berichtet. Dialog: „Wie war<br />

es denn?“ – „Schrecklich!“ – „Das ist zu<br />

allgemein.“<br />

Expressionismus und Silly Walks<br />

Zug um Zug läßt sich K. bei abnehmendem<br />

Aufbegehren in den Sog des<br />

mysteriösen Verfahrens ziehen, das immer<br />

deutlicher sein Leben bedroht. Der<br />

Alptraum der Wehrlosigkeit lähmt ihn,<br />

lähmt selbst den Zuschauer, der immer<br />

wieder von der Bühne aus als Teilnehmer<br />

an dem grausigen Tribunal, dann<br />

wieder als Mitangeklagter identifi ziert<br />

wird. Unbehaglich. Neubecker und Fabian<br />

haben den literarischen Expressionismus<br />

und bekannte expressionistische<br />

Filmbilder aus z.B. „Metropolis“, „Das<br />

Cabinet des Dr. Caligari“ hervorragend<br />

umgesetzt, dabei aber auch nicht mit<br />

listigen Anleihen bei Monty Python<br />

gespart. Maschinengeräusche und<br />

Choreographien erinnern an Fritz Lang,<br />

<strong>Zeit</strong>lupen des Schreitens an „The Ministry<br />

of Silly Walks“. Das Danton´sche<br />

Tribunal unter dem brüllenden Untersuchungsrichter<br />

(Andreas Möckel)<br />

drückt auch den Zuschauer tiefer in den<br />

Sitz. Man ahnt: hier gibt es kaum ein<br />

Entkommen. Ein Geniestreich.<br />

Erbarmungslos<br />

Josef K. erlebt entsetzt die Erbarmungslosigkeit<br />

des geheimnisvollen Systems<br />

an der gnadelosen Exekution seiner<br />

Wächter, an der Gewalt gegen die Frau<br />

des Gerichtsdieners (Anne-Catherine<br />

Studer). Sein Fragen nach dem Ende<br />

der Qual wird ihm vom Auskunftgeber<br />

(Lutz Wessel) zynisch beantwortet:<br />

„Nur was nicht aufhört weh zu tun,<br />

bleibt im Gedächtnis“. Nicht einmal<br />

der Geistliche (Thomas Braus), der<br />

durch den Glockenschlag der Kathedrale<br />

auf den Plan gerufen wird, ist bereit,<br />

ihm eine hoffnungsvolle Perspektive<br />

zu eröffnen, macht ihm im Gegenteil<br />

vor dem Hintergrund einer riesigen<br />

Thora-Rolle mit der Türhüter-Parabel<br />

das Unvermeidliche klar. Josef K. ringt<br />

bis zum letzten dramatischen Moment,<br />

auch mit der verzweifelten Suche nach<br />

der eigenen Identität („Wer bin ich<br />

denn? Wissen Sie, wer ich bin?“) –Das<br />

Schlussbild zeigt als Symbol der alles<br />

verschlingenden Macht eine riesige<br />

Tresortür.<br />

„<strong>Die</strong> Lüge wird zur Weltordnung gemacht“.<br />

Schmerzhafte Lehre - aber allzu<br />

wahr. Kafkas deprimierende Einsicht ist<br />

bis auf den Tag gültig. Eine hervorragende,<br />

unbedingt sehenswerte Inszenierung.<br />

Am 16. April feierte das Stück<br />

in Wuppertal seine zweite Premiere.<br />

Im Juni und Juli gibt es noch Aufführungstermine<br />

im Opernhaus. Nicht<br />

versäumen!<br />

Frank Becker<br />

Fotos: Joachim Dette<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.wuppertaler-buehnen.de<br />

15


Wuppertaler Kunstmäzen und<br />

Sammler in Berlin -<br />

von Johannes Vesper<br />

Boros Collection<br />

<strong>Die</strong> Hinweise in schwarzer Standardschrift auf den Betonwänden („2. Geschoß A2.<br />

Rauchen verboten“) dienten ursprünglich der Orientierung in dem ehemaligen Luftschutzbunker.<br />

Seit 1942 steht er in Berlin Mitte in der Nähe des Deutschen Theaters<br />

und des Bahnhofs Friedrichstraße mit 180 cm dicken Außenwänden und 320 cm starker<br />

Dachplatte aus Blaubeton. Nach Plänen des Architekten Karl Bonatz, dem Nachfolger<br />

von Hans Scharoun als Berliner Stadtbaudirektor nach dem Krieg, ist er für die Reichsbahn<br />

errichtet worden. 1200 Personen bot er ursprünglich Schutz vor Bombenagriffen<br />

und Beschuß. Wie Narben zeugen die Schußlöcher in den Wänden noch heute von der<br />

Geschichte des Baus. <strong>Die</strong> Renaissance-Elemente von Fassade und Dach gehörten zur<br />

Konzeption der vorgesehenen Umgestaltung Berlins zur faschistischen Welthauptstadt.<br />

Nach dem Krieg wurde der Bunker unterschiedlich genutzt: als Kriegsgefängnis der<br />

Roten Armee, als „Bananenbunker“ zu DDR-<strong>Zeit</strong>en (Lagerung von Südfrüchten durch<br />

den VEB Obst-Gemüse-Speisekartoffeln), nach der Wende als Ort von Techno-Musik<br />

und wilden Partys. 1996 fand eine Kunstausstellung statt und 2003 kaufte Christian<br />

Boros den jahrelang nicht mehr genutzten, ruinösen Klotz. <strong>Die</strong> umfangreichen Fassaden-Arbeiten<br />

führte das Berliner Unternehmen Asta-Natursteine von Irmgard Stankat<br />

und Egbert Polanz (beide Ex-Wuppertaler) aus. Christian Boros ist Kommunikationsdesigner<br />

(Studium in den 80er Jahren bei Bazon Brock in Wuppertal). Er gründete die<br />

Boros Agentur für Kommunikation in Wuppertal (Werbeagentur bzw. inzwischen eine<br />

Gruppe von Agenturen) und sammelt zusammen mit seiner Frau Karen Lohmann seit<br />

seinem 18. Lebensjahr Kunst der Gegenwart. Den Traum vom eigenen Museum hat er<br />

sich mit dem Kauf des Bunkers 2003 und dem anschließenden Umbau erfüllt. Nach<br />

den Vorstellungen des Architekten Jens Casper wurden unter Berücksichtigung des<br />

Denkmalschutzes Anbauten entfernt, Betondecken und Innenwände mit Diamantsägen<br />

herausgesägt, Wände sandgestrahlt oder auch nur gewaschen. Der Charakter des Bunkers<br />

blieb mit Kriegsspuren, Graffi ti und im Inneren mit rostigen Türen und Telefonen<br />

aus der Kriegszeit erhalten. Selbst Spuren der Latrinen sind im Boden noch sichtbar. So<br />

entstanden aus ursprünglich 160 gleichförmigen Räumen 80 Räume unterschiedlicher<br />

Größe und unterschiedlichen Zuschnitts (bis zu 20 m hoch), in denen auf 3000 qm in<br />

5 Etagen die gesammelte Kunst ausgestellt wird. <strong>Die</strong> Besucher werden über 4 doppelläufi<br />

ge Treppenhäuser, die ursprünglich der schnellen Verteilung der Schutzsuchenden im<br />

Bunker dienten, durch das Gebäude geleitet. Also auch im Innern Renaissance-Elemente,<br />

gilt doch die doppelläufi ge Treppe als eine Erfi ndung Leonardo da Vincis. Oben auf<br />

dem Bunker entstand eine bungalowartige, ringsum verglaste Dachwohnung von 450<br />

qm Wohnfl äche, die nur über einen privaten Aufzug erreichbar ist. Der Legende nach<br />

genehmigte das phantasievolle Bauamt Berlins die Dachwohnung auf dem Bunker als<br />

unterkellertes Einfamilienhaus.<br />

Seit 2008 ist die Sammlung Boros der Öffentlichkeit zugänglich. Der Besuch ist nur<br />

nach Voranmeldung im Rahmen einer Führung möglich. 157 Kunstwerke von 21<br />

Berliner Künstlern oder Künstlern, die zeitweise in Berlin gearbeitet haben, sind ausgestellt.<br />

In der aktuellen Ausstellung fi nden sich vorwiegend Objekte und Installationen.<br />

Dabei wurden die Objekte teilweise von den Künstlern ortspezifi sch in den Räumen<br />

installiert. Gleich beim Betreten des Bunkers schlägt ernst und tonlos über dem Besucher<br />

eine Kirchenglocke aus Flandern von Kris Martin, und im Nebenraum glänzt<br />

sein silberner Schädel (tatsächlich sein eigener, computertomographisch vermessen, in<br />

Bronze gegossen und anschließend versilbert). Ein aktuelles Stilleben. Wem schlägt hier<br />

die Stunde?<br />

<strong>Die</strong> schwarz glänzende, begehbare Holzskulptur Monika Sosnowskas paßt kaum in die<br />

kleinen Räume. In der schwarzen Enge im Innern verliert man kurz die Orientierung.<br />

Bei der Berliner colour sphere von Olafur Eliasson, von dem sich 20 Werke im Bunker<br />

befi nden, werden Raum und Betrachter durch eine sich drehende Kugel aus farbigen<br />

Glasdreiecken in farbiges Licht getaucht. Eliassons an einem Kabel aufgehängter Ventilator<br />

brummt und fl iegt wie eine Hummel durch einen 20 m hohen Raum.<br />

17


18<br />

Anselm Reyle, links: „Life enigma“, 2008<br />

rechts: „ohne Titel“, 2008, Foto: Noshe<br />

<strong>Die</strong> überlebensgroße Schmerztablette von<br />

John Bock mag eher an all die Kopfschmerzen<br />

und Schwierigkeiten erinnern,<br />

die mit dem Umbau des Bunkers verbunden<br />

waren, weniger an Befi ndlichkeiten<br />

des Besuchers. Anselm Reyle transformiert<br />

banale Gegenstände mit Farbe und<br />

Licht zu Kunstwerken (z.B. Wagenrad,<br />

Heuwagen, Strohballen) und wirft so die<br />

Frage auf, was denn Kunst sei. Ist Kunst,<br />

was im Museum steht? Ist Kunst das, worüber<br />

Medien schreiben? Ist Kunst, was<br />

auf dem Kunstmarkt gehandelt wird? Aus<br />

der Beantwortung dieser Fragen ergäbe<br />

sich, wer den Kunstbegriff prägt.<br />

Für seine schräg liegenden, schwarzen<br />

Stelen hat Santiago Sierra nicht den<br />

Zutritt untersagt für: „unordentliche und<br />

stinkende Menschen, Raucher, Alkoholiker,<br />

Drogensüchtige, Witzbolde und Zyniker”<br />

(wie 2007 in London). Nein, alle<br />

sollten sich hier ansehen, unter welchen<br />

Mühen sein Kunstwerk entstand. Mit Diamantschneidern<br />

wurde die Betonmauer<br />

aufgesägt, die ausgesägten Mauerteile auf<br />

dem Boden sind als Spuren der Mühen<br />

sichtbar geblieben. Der vom Künstler<br />

beanspruchte sozialkritische Bezug<br />

seiner Arbeiten wird deutlicher durch<br />

Schwarzweißfotografi en älterer Aktionen,<br />

die jedenfalls zu Diskussionen über die<br />

Funktion der Kunst, ihren Mißbrauch<br />

und über Geschmack anregen.<br />

Das Fahrrad von Robert Kusmirowski<br />

ist als reine Kunst nur anzusehen, ein<br />

Trugbild, hergestellt aus Pappmaché, Gips<br />

und Garn und nicht zu gebrauchen. In<br />

einer Vitrine daneben sieht man „alte“<br />

Schwarzweiß-Fotos eines historischen<br />

Radfahrers auf seiner Tour zwischen Paris<br />

und Leipzig. Auch hier Täuschung, denn<br />

es handelt sich um den Künstler selbst.


Santiago Sierra, „Konstruktion und Installation von teerbeschichteten Formen“, 2002, 75 x 75 x 800 cm, angeordnet in 2 Räumen, Foto: Noshe<br />

Der Patient im Krankenhausbett, die<br />

täuschend echt erscheinende Wachsfi gur<br />

in weißer Krankenhausbettwäsche unter<br />

kaltem Neonlicht (Temporarily Placed<br />

von Elmgreen und Dragset), schaute früher<br />

aus dem Hamburger Bahnhof auf die<br />

Charité und wurde jetzt hier abgestellt.<br />

Anfangs sorgte er ehemals für Aufregung,<br />

als Gäste des gegenüberliegenden Hotels<br />

beim Blick durch das Fenster auf den im<br />

Bunker vergessenen armen Kranken Polizei<br />

und Notarztwagen gerufen hatten.<br />

Kunst des 21. Jahrhunderts in einem Riesenbunker<br />

aus dem 2. Weltkrieg, in den<br />

kein Geräusch der Großstadt hineindringt<br />

und aus dem kein Blick heraus möglich<br />

ist, dessen Pforten mit Findlingen<br />

verschlossen nicht passierbar scheinen,<br />

Architektur, die auch nach dem Umbau<br />

den Größenwahn der Nazidiktatur wi-<br />

derspiegelt, Kunst, die nur nach Voranmeldung<br />

angesehen werden kann: Ist das<br />

die aktuelle Situation der zeitgenössischen<br />

Kunst? Kann sie im Bunker gerettet<br />

werden? Kann sie nur dort überleben?<br />

Nein, solche Fragen sind falsch gestellt.<br />

Hier wird durch das Engagement und die<br />

Leidenschaft des Sammler-Ehepaares Boros<br />

ein historisches Gebäude, welches an<br />

sich einen wenig erfreulichen Aspekt der<br />

Berliner Stadtgeschichte widerspiegelt, in<br />

wunderbarer Weise für die zeitgenössische<br />

Kunst genutzt. <strong>Die</strong> historischen Hinweise<br />

auf den Bunkerwänden dienten ursprünglich<br />

zur Orientierung der durch Luftangriffe<br />

gefährdeten Berliner Bevölkerung.<br />

Zur Orientierung des Kunstfreundes in<br />

der zeitgenössischen Berliner Kunstszene<br />

erschien bei Hatje/Cantz 2009 als Begleitbuch<br />

ein opulenter Band, in welchem die<br />

Geschichte des Bunkers, seines Umbaus<br />

sowie die Sammlung Boros umfassend<br />

dargestellt werden. In informativen und<br />

authentischen Beiträgen äußern sich der<br />

Architekt Jens Caspers zu seinem Projekt<br />

und Annette Schryen zur Sammlung<br />

Boros. Mit den Fotos von Noshe und<br />

Andreas Gehrke werden Bunker und<br />

Sammlung kühl und sachlich dokumentiert.<br />

Texte in Deutsch und Englisch.<br />

<strong>Die</strong> Ausstellung soll übrigens im Laufe<br />

des Jahres 2010 wechseln.<br />

Boros Collection/Bunker Berlin -<br />

Herausgegeben von/Edited by<br />

Boros Fondation gemeinnützige GmbH<br />

© 2009Hatje/Cantz Verlag Ostfi ldern,<br />

218 S., ISBN 978-3-7757-2478-4<br />

19


20<br />

Sina Kießling (Lena)


Anna Bergmann inszeniert<br />

in Bochum Büchners<br />

„Leonce und Lena“<br />

Regie: Anna Bergmann<br />

Bühne: Matthias Werner<br />

Kostüme: Claudia Gonzalez Espindola<br />

Dramaturgie: <strong>Die</strong>tmar Böck<br />

Choreographie: Katja Uffelmann<br />

Klang-Design: Heiko Schnurpel<br />

Fotos: Birgit Hupfeld<br />

Besetzung: Bernd Rademacher<br />

(König von Popo)<br />

Ronny Miersch (Prinz Leonce, sein Sohn)<br />

Sina Kießling (Prinzessin Lena von Pipi)<br />

Sebastian Kuschmann (Valerio)<br />

Michael Lippold (<strong>Die</strong> Gouvernante)<br />

Katja Uffelmann (Rosetta)<br />

Maximilian Strestik (Zeremonienmeister,<br />

Eskimo)<br />

Manfred Böll (Präsident) - Statisterie<br />

Eine Farce mit schönen Beinen<br />

Nachmärz<br />

Nehmen wir mal an, Sie hätten noch nie Georg Büchner (1813-1837) gelesen, keines<br />

seiner Dramen auf der Bühne gesehen und schon gar nicht die intelligente, an <strong>Zeit</strong>kritik<br />

reiche Komödie „Leonce und Lena“ aus dem Jahr 1836. Nehmen wir außerdem an, dass<br />

Sie sich durchaus für Politik und Satire interessieren, sehr wohl eine geschliffene Farce von<br />

einer klamaukigen Klamotte zu unterscheiden wissen und die muffi ge Idylle der deutschen<br />

Spitzweg-Kleinstaaterei mit der ihr angemessenen ironischen Distanz sehen. Wie<br />

Büchner eben. Da hätten Sie aber im Bochumer Schauspiel bei der Premiere am 10. April<br />

einen ganz falschen Eindruck vom Vermögen des jung verewigten Vormärz-Dramatikers<br />

bekommen. Anna Bergmann machte in ihrer Inszenierung von „Leonce und Lena“, die<br />

Gestern und Heute – im Grunde ein guter Gedanke – mutig mischte, fl ache Witzchen<br />

und bemühte Gags auf Kosten der Idee.<br />

Sina Kießling (Lena), Michael Lippold (<strong>Die</strong> Gouvernante) und Ronny Miersch (Leonce)<br />

Sina Kießling (Lena) und Ronny Miersch (Leonce)<br />

21


22<br />

Katja Uffelmann (Rosetta), Ronny Miersch (Leonce) und Sebastian Kuschmann (Valerio)


Eine Farce mit schönen Beinen<br />

Nackte Hintern, Flashman und nicht Osgood Fielding III<br />

Da ist Lena der Name eines Parfums, Leonce eine Jeans-Marke und die (klein)staatliche<br />

Verwaltung fi ndet nicht statt. Büchners 1836 á jour gebrachte Anlehnung an Shakespearsche<br />

Muster der Staats- und Verwechslungskomödien ist unübersehbar. Anna Bergmann<br />

schafft es aber trotz einiger durchdachter Ansätze, Matthias Werners Bühnenbild und guten<br />

Personals nicht, den Pipi-Popo-Witz Büchners umzusetzen, wenn es auch an Popos und<br />

Penissen nicht mangelt. Wir werden wohl nie erfahren, weshalb Valerio (Sebastian Kuschmann),<br />

Vertreter des Branchentelefonbuchs Gelbe Seiten, sich urplötzlich im Wohnzimmer<br />

des Prinzen (Ronny Miersch) auszieht, dadurch des Prinzen Vertrauter wird, jener es ihm<br />

nachtut und beide (nichts gegen schöne Körper) dann nackt wie die California Dream Boys<br />

am Balkenwerk dortselbst herumklettern. Einen knackigen Hintern zeigt übrigens auch<br />

Mlle. Uffelmann, wenn sie widerwillig als Rosetta für Leonce tanzt. Gekokst wird großzügigst,<br />

und Whisky wird in ungeheuren Mengen gesoffen, ohne dass ein Koma eintritt.<br />

Nobody is perfect<br />

Auch werden wir keinen Hinweis darauf fi nden, wieso (ich greife hier weit voraus) Valerio<br />

später als „Flashman“ in der Arktis zur Melodie von „This Guy´s in Love“ einen immerhin<br />

witzigen Paarlauf mit Silver-Girl (Michael Lippold, al. Gouvernante) hinlegt, die wiederum<br />

(mein Gott!) gar keine Dame ist, sondern – welche Überraschung, wir haben es bis<br />

dahin wirklich nicht gemerkt... – ein Mann! Und als sie/er sich schließlich dem verliebten<br />

Valerio (Sebastian Kuschmann ist neben Bernd Rademacher nahezu – dazu später ein<br />

Wort – die einzige Offenbarung in dieser Inszenierung) als Penisträger offenbart, wartete<br />

das Publikum atemlos auf die letzte Plattitüde, den Schlußsatz aus „Some like it hot“ :<br />

„Nobody is perfect“. Aber den konnten sich Bergmann/Böck noch gerade so verkneifen.<br />

Polnareff und schöne Beine<br />

Was bekommen wir? Einen koksenden, cholerischen Leonce, billiger Michel Polnareff-<br />

Verschnitt und veritables Arschloch, das unbedingt (hallo Pete Townshend!) seine Gitarre<br />

zertrümmern muß, dazu eine Lena (Sina Kießling) als Paris Hilton-Kopie, kaum weniger<br />

aggressiv und ebensowenig liebenswert wie ihr künftiger Gatte. Wir haben zwei Klischee-<br />

Schwuchteln (Alexander Ritter, Sebastian Zumpe), die sich um die Garderobe des Königs<br />

kümmern, zwei lächerliche Quentin-Tarantino-Killer-Typen, einen Eskimo am Südpol<br />

(!) - oder wie erklären Sie es sich, dass im Hintergrund Pinguine über die Leinwand spazieren,<br />

während vorne ein Iglu entsteht? -, eine tanzbegabte Haushofdame Rosetta (Katja<br />

Uffelmann), Schlittenhunde, Polarlichter und Partyvolk. Womit wir beim eigentlich<br />

Erfreulichen der Inszenierung sind. Denn unter dem Strich bleibt das Fazit: Alles in allem<br />

ein Stück der schönen Beine. Mit denen wirft die Inszenierung üppig um sich, die Statisterie<br />

scheint dankenswerterweise geradezu danach ausgesucht. Und für die Beine zeichnet<br />

zum einen Prinzessin Lena, die stets - selbst in der (Ant)Arktis - kurzgeschürzt über die<br />

Bühne schreitet und gleitet, vor allem aber die bezaubernde Statisterie, die hier explizit<br />

erwähnt werden muß. Denn „<strong>Die</strong> erste von links“ und die dritte von rechts (mit dem<br />

violetten Kleidchen) waren die optischen Offenbarungen des Abends. Durch sie bekam<br />

der langatmige Abend seinen versöhnlichen Reiz.<br />

Striche dringend angeraten<br />

Nun wollen wir aber, abgesehen von den schönen Mädchenbeinen (für die Herren) und<br />

den leckeren Männer-Popos (für die Damen) nicht die ganze Inszenierung für mißlungen<br />

erklären. Bernd Rademacher lieferte als König von Popo in der Schlußsequenz, der<br />

„Automaten“-Hochzeit, eine herrliche, humorvolle Interpretation ab. Erbarmungslos das<br />

in die Länge Ziehen des Stückes, das mit 2 Stunden 20 Minuten angekündigt, nach 2<br />

Stunden 50 Minuten endete. Das ist trotz der schönen Beine um einiges zu viel. Energische<br />

Striche scheinen hier dringend angeraten. Das Premieren-Publikum verhielt sich<br />

reserviert. Auch wenn die übliche Claque anderer Meinung zu sein schien.<br />

Frank Becker<br />

Weitere Informationen unter: www.schauspielhausbochum.de<br />

23


24<br />

<strong>Die</strong> Essenz der Jahre<br />

Rainer K. Wick<br />

Fotografi sche Arbeiten 1968 - 2009<br />

Rainer K. Wick ist ein Weltreisender, der<br />

rund um den Erdball mit seiner Kamera<br />

beeindruckende, bewegende Impressionen<br />

festgehalten hat. Sein Lebens- und<br />

Berufsweg hat den Kunsthistoriker und<br />

Kunstpädagogen, der mit einer Arbeit<br />

über Happening und Fluxus promovierte,<br />

1986 an die Universität Wuppertal geführt,<br />

wo er nach Stationen in Köln und<br />

Essen als anerkannte Kapazität und beliebter<br />

Dozent den Lehrstuhl für Kunst-<br />

und Kulturpädagogik zu hoher Blüte<br />

führte. Wick: „Es ging mir immer darum,<br />

die Kunst selbst in den Mittelpunkt des<br />

künstlerischen Lehramtes zu rücken.<br />

Damit erhielten die künstlerisch-praktischen<br />

wie auch die fachwissenschaftlichen<br />

Studienanteile eine deutliche Aufwertung,<br />

ohne dass dabei die didaktischen Aspekte<br />

aus dem Blickfeld gerieten. Neben der<br />

Vermittlung grundlegender Techniken<br />

und handwerklicher Fähigkeiten muß der<br />

Prozeß künstlerischer Selbstbildung, also<br />

der Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen<br />

in seiner Begegnung mit Mensch<br />

und Welt, im Mittelpunkt des Kunststudiums<br />

stehen.“<br />

Zum Ende seiner Lehrtätigkeit war in<br />

Wuppertal die vorläufi ge Bilanz seines<br />

fotografi schen Lebensweges als offene<br />

Ausstellung zu sehen. Der am 30.10.09<br />

emeritierte Lehrer und Fotokünstler zeigte<br />

erstmalig in einer Werkschau Bilder seiner<br />

über ertragreiche Jahrzehnte intensiv<br />

betriebenen fotografi schen Studien.<br />

Rainer K. Wick erzählt mit seinen<br />

Bildern Geschichten, reizt gelegentlich<br />

zur Auseinandersetzung. <strong>Die</strong> Fotografi en<br />

Wicks überzeugen durchweg durch den<br />

ästhetischen, oft beinahe sachlichen Blick<br />

auf das Gezeigte. Prof. Dr. Rolf Sachsse,<br />

Fototheoretiker und Designhistoriker aus<br />

Saarbrücken: „Wer wie Rainer K. Wick<br />

beinahe alles über eine bedeutende Kunstschule<br />

wie das Bauhaus und dessen päd-


26<br />

agogische Konzepte weiß, und wer damit<br />

auch weiß, was die Fotografi e für diese<br />

Schule bedeutete, der kann nicht umhin,<br />

sowohl selbst zu fotografi eren als auch<br />

die dabei entstandenen Aufnahmen in<br />

den Zusammenhang seiner Forschungen<br />

und Hochschullehre zu stellen.“ Wick ist<br />

<strong>Zeit</strong>- und Kulturzeuge, ein Chronist, der<br />

Fluxus und Grenzüberschreitungen erlebt,<br />

Menschen und Ideen im Bild festgehalten<br />

hat. Wer seine Portraits von ganz normalen<br />

Menschen aus Kulturkreisen rund um<br />

die Erde sieht, seine bei mitunter Wucht<br />

dennoch zärtlichen, ästhetischen Akte<br />

und seine von der Liebe zum Augenblick<br />

erzählenden Schatten- und Konturen<br />

muß dahinter einen stillen Poeten mit der<br />

Kamera vermuten. Sicher liegt man da<br />

nicht falsch.<br />

Als Dokument dieser schwarz-weißen<br />

fotografi schen Bilanz erschien ein hohen<br />

Ansprüchen genügender Bildband, der<br />

den Bogen über mehr als 40 Jahre sensibler<br />

Arbeit mit der Kamera, vor allem<br />

aber mit dem Auge und dem Herzen<br />

zeigt. „Korrespondenzen“ ist der von Rolf<br />

Sachsse ausgewählte und im Verlag Müller<br />

+ Busmann erschienene Band betitelt,<br />

der wie die Hängung der Ausstellung<br />

logische und überraschende Gegenüber<br />

zeigt. Mal ist es wie auf dem Titel die<br />

Begegnung von ungegenständlichem<br />

Licht- und Schattenspiel mit einem strengen,<br />

doch zauberhaften Akt, dann wieder<br />

ergänzen sich Portraits von Personen der<br />

künstlerischen <strong>Zeit</strong>geschichte, Reiseimpressionen<br />

aus Asien und Südamerika<br />

und architektonische Details. <strong>Die</strong> kühle<br />

Erotik der Akte trifft auf Foto-Graphik<br />

oder Entsprechungen der Kulturgeschichte,<br />

Gestern begegnet Heute. Das Buch<br />

gehört in jede anständige Bibliothek mit<br />

Gewicht auf die zeitgenössische Fotografi<br />

e.<br />

Das „Sonntagsfoto“ aus diesem schönen<br />

Band, erscheint regelmäßig im<br />

Online-Kulturmagazin „Musenblätter“<br />

www.musenblaetter.de<br />

Frank Becker<br />

Fotos: Rainer K. Wick<br />

Rainer K. Wick - Korrespondenzen<br />

© 2009 Verlag Müller + Busmann, 160<br />

Seiten mit 144 ganzseitigen Tafelabbildungen<br />

- Format 16 x 21 cm, 19,80 Euro<br />

ISBN: 978-3-928766-92-0<br />

Es erscheint eine Vorzugsausgabe in 50<br />

Exemplaren mit zwei Originalfotos, arabisch<br />

nummeriert und signiert, zum Preis<br />

von 60,– Euro. Wick@uni-wuppertal.de


Von der Heydt-Museum<br />

Meisterwerke<br />

vom Expressionismus bis heute<br />

Franz Marc, Fuchs, 1911<br />

Öl auf Leinwand, 50 x 63 cm<br />

Retour de Paris<br />

Mit der Ausstellung „Retour de Paris“<br />

kehrt die Sammlung ins Von der Heydt-<br />

Museum zurück. Während in Wuppertal<br />

die Monet-Ausstellung im Mittelpunkt<br />

stand, fanden Meisterwerke aus der Von<br />

der Heydt-Sammlung in den zurückliegenden<br />

Monaten immer wieder als<br />

Werbemotive Verbreitung: Mit dem<br />

Fuchs von Franz Marc warb das Sprengel<br />

Museum in Hannover für seine Ausstellung<br />

„Marc, Macke und Delaunay“<br />

, Das „Selbstbildnis als Krankenpfl eger“<br />

von Max Beckmann wurde im Madrider<br />

Museum Thyssen-Bornemisza für<br />

die Ausstellung „1914. <strong>Die</strong> Avantgarde<br />

und der große Krieg“ publikumswirksam<br />

eingesetzt. Das Musée Marmottan<br />

Monet, Paris, zeigte parallel zu unserer<br />

Monet-Schau 40 expressionistische Werke<br />

unseres Museums unter dem Titel „Fauves<br />

et Expressionnistes. Chefs d’oeuvre du<br />

Musée von der Heydt“. Das „Mädchen<br />

mit Pfi ngstrosen¡ von Jawlensky war<br />

großformatig am Museumsgebäude zu<br />

sehen. Nachdem die Ausstellung unserer<br />

Meisterwerke in Paris mehr als 100.000<br />

Besucher angelockt haben, sind die<br />

Fauvisten und Expressionisten nun wieder<br />

zurück, für die das Von der Heydt-Museum<br />

berühmt ist!<br />

Seit dem 2. April ist wieder eine Auswahl<br />

hochkarätiger Werke aus eigenem<br />

Besitz zu sehen. Lag der Schwerpunkt der<br />

Sammlungspräsentation im zurückliegenden<br />

Jahr auf Werken des 19. Jahrhunderts,<br />

so erweist sich die aktuelle Neupräsentation<br />

nun für den Besucher als <strong>Zeit</strong>reise<br />

durch die Kunst des 20. Jahrhunderts.<br />

<strong>Die</strong> chronologische Hängung beginnt mit<br />

27


28<br />

Cézanne, Gaugin und van Gogh. Es folgen<br />

die Fauvisten und deutschen Expressionisten.<br />

Nicht allein die Franzosen oder<br />

der ausgezeichnete Bestand an expressionistischer<br />

Malerei und Grafi k machen aber<br />

den Ruhm der Von der Heydt-Sammlung<br />

aus. Gerade auch die Malerei, die zwischen<br />

den beiden Weltkriegen entstand, ist<br />

in einer Vielfältigkeit zu erleben, wie sie in<br />

kaum einem anderen Museum zu fi nden<br />

ist. <strong>Die</strong> Maler der Neuen Sachlichkeit<br />

gehören dazu, darunter Otto Dix, Georg<br />

Scholz oder Heinrich Maria Davringhausen,<br />

die Gemälde aus dem Künstlerkreis<br />

der Kölner Progressiven genauso wie die<br />

verschiedenen Konzepte gegenstandsloser<br />

Kunst.<br />

Im Shed-Saal wird die Malerei der fünfziger<br />

Jahre (Nay, Schumacher, Brüning)<br />

mit den vielen Variationen fi gurativer und<br />

abstrakter Malerei konfrontiert, die in der<br />

2. Jahrhunderthälfte entstand. Klapheck,<br />

Robert Indiana, Warhol und Polke gehören<br />

hier zu den illustren Namen. Und es<br />

sind natürlich viele der großen, singulären<br />

Künstlerpersönlichkeiten, die sich<br />

jeder Kategorisierung, entziehen: Max<br />

Beckmann steht für die erste Jahrhunderthälfte,<br />

Francis Bacon für die zweite, und<br />

weder auf die erste noch auf die zweite<br />

Jahrhunderthälfte lässt sich Picassos<br />

Oeuvre festlegen.<br />

Es ist auch im vergangenen Jahr gelungen,<br />

die Sammlung zu erweitern. Erstmalig<br />

wird das Gemälde von Otto Dix „Wald<br />

am Morgen“ präsentiert, entstanden 1940<br />

am Bodensee, wohin Dix, der unter den<br />

Nazis als „entarteter Künstler“ galt, sich<br />

ab 1936 zurückgezogen hatte. Das Gemälde<br />

wurde dem Museum erst kürzlich<br />

aus Privatbesitz geschenkt. Eine Auswahl<br />

von Arbeiten Otto Dix’ aus der grafi schen<br />

Sammlung erweitert den Einblick in das<br />

Schaffen dieses engagierten Künstlers.<br />

Und noch ein weiterer Schatz der grafi -<br />

schen Sammlung, der an andere Museen<br />

ausgeliehen war, ist wieder ausgestellt: die<br />

Aquarelle von Paul Klee.<br />

<strong>Die</strong> erste Dekade des 21. Jahrhunderts<br />

spiegelt sich in weiteren Neuankäufen<br />

und Dauerleihgaben. Dazu gehören<br />

Stücke aus dem bereits im vergangenen<br />

Jahr gezeigten „Klaus Rinke-Block“,<br />

sowie die Künstler Henrik Schrat, Daniel<br />

Behrendt, Daniel Lergon, Jan Albers und<br />

Tilo Baumgärtel. Bei der Heterogenität<br />

heutiger Kunst legitimiert sich das Konzept,<br />

die Sammlungserweiterung auf den<br />

bereits im Museum vertretenen Richtungen<br />

von Figuration und Abstraktion<br />

aufbauen zu lassen.<br />

Ausstellung: 2. 4.2010 - 1. 8.2010<br />

Zur Neupräsentation ist ein neuer Publikumsführer<br />

erschienen<br />

Edvard Munch<br />

Mädchen mit rotem Hut, um 1905<br />

Öl auf Holz, 58 x 46,5 cm


Verbannt in die Landschaft<br />

Otto Dix in der inneren<br />

Emigration am Bodensee<br />

Otto Dix, Wald am Morgen, 1940,<br />

Mischtechnik aus Holz, 100x75 cm<br />

© VG Bild-Kunst, Bonn 2010<br />

Mit dem Bild „An die Schönheit“ (1922)<br />

besitzt das Von der Heydt-Museum eines<br />

der bekanntesten Werke von Otto Dix. In<br />

der aktuellen Präsentation der Sammlung<br />

ist es mit zwei weiteren Gemälden zu<br />

sehen: Dem Bildnis des Elberfelder Juweliers<br />

Karl Krall (1923) und einem Bild,<br />

dass erstmalig öffentlich gezeigt wird. Der<br />

„Wald am Morgen“ von 1940 (Mischtechnik<br />

auf Holz, 100 x 75 cm) ist eine der<br />

prominentesten Neuerwerbungen für die<br />

Sammlung.<br />

Das künstlerische Lebenswerk von Otto<br />

Dix (1891 Untermhaus bei Gera – 1969<br />

Singen/Hohentwiel) ist vielseitig und durch<br />

überraschende Wandlungen gekennzeichnet.<br />

In den zwanziger Jahren entwickelte<br />

Dix, einer der Hauptvertreter der Neuen<br />

Sachlichkeit, unter dem Eindruck der<br />

sozialen Probleme der Weimarer Republik<br />

seinen veristischen Realismus. Neugierig<br />

auf das „elementare Ereignis Krieg“ hatte<br />

er sich 1914 freiwillig als Soldat gemeldet:<br />

„Der Krieg war eine scheußliche Sache,<br />

aber trotzdem etwas Gewaltiges. Das durfte<br />

ich auf keinen Fall versäumen. Man muss<br />

den Menschen in diesem entfesselten Zustand<br />

gesehen haben, um etwas über den<br />

Menschen zu wissen.“ Als Frontsoldat in<br />

Flandern, Frankreich, Polen und Russland<br />

erlebte Dix den Krieg aus nächster Nähe.<br />

Einerseits fasziniert, andererseits schockiert<br />

vom Inferno der Gewalt verarbeitete er<br />

seine Erlebnisse in Bildern wie „Der Schüt-<br />

29


30<br />

zengraben“ (1923) und in der Radiermappe<br />

„Der Krieg“ (1924).<br />

Nach den Erfahrungen der Kriegshölle<br />

war Dix desillusioniert und nicht bereit,<br />

sich ideologisch einspannen zu lassen: „Ich<br />

schloss mich keinem politischen Programm<br />

an, ertrug wahrscheinlich diese Phrasen<br />

nicht. Wenn die nur kamen und uns was<br />

erzählen wollten, war es schon aus bei mir.“<br />

Er hatte die „Untiefen des Lebens“ gesehen,<br />

das dämonische Wesen des Menschen<br />

durchschaut und war zugleich überzeugt<br />

von der Kraft der menschlichen Instinkte.<br />

Mit seiner drastischen, expressiven Schilderung<br />

der Realität setzte er den bürgerlichen<br />

Wertvorstellungen das Vitalitätsprinzip des<br />

Hässlichen entgegen.<br />

In der Konfrontation mit dem Hässlichen<br />

offenbarte Dix die Zwiespältigkeit und<br />

existenzielle Spannung des Daseins. Im<br />

Hinterhofmilieu und im Nachtleben der<br />

Großstadt fand er eine Fülle von Anregungen<br />

für gesellschaftskritische Themen, u.<br />

a. für seine Bordellbilder. Auch begegnete<br />

er im Großstadtmilieu proletarischen<br />

Typen und Vertretern der Bohème, die<br />

ihn als Modelle für Porträts interessierten.<br />

Mit seziererischem Blick durchleuchtete<br />

Dix die von gesellschaftlichen Gegensätzen<br />

geprägten Verhältnisse der „goldenen<br />

Zwanziger“ und entwickelte hierbei eine<br />

besondere Vorliebe für die Darstellung<br />

des Dekadenten und Morbiden. Für seine<br />

sorgfältige und detaillierte, sogar überdeutliche<br />

Wiedergabe der stoffl ichen Erscheinung<br />

orientierte er sich an den alten<br />

Meistern Baldung Grien, Cranach, Dürer<br />

und Grünewald. Von ihnen übernahm er<br />

um 1925 auch die bis etwa 1945 beibehaltene<br />

Kombination aus Temperamalerei<br />

und Lasurtechnik.<br />

Nach Stationen in Düsseldorf und Berlin<br />

trat Dix 1927 eine Professur an der Akademie<br />

in Dresden an. So kam er in die Stadt<br />

zurück, wo er seine künstlerische Laufbahn<br />

1910-14 zunächst als Schüler an der<br />

Kunstgewerbeschule begonnen und dann<br />

1919-22 als Student an der Kunstakademie<br />

fortgesetzt hatte. 1933 wurde Dix von der<br />

nationalsozialistischen Regierung seines<br />

Lehramtes mit der Begründung enthoben,<br />

„dass sich unter seinen Bildern solche befi nden,<br />

die das sittliche Gefühl des deutschen<br />

Volkes aufs schwerste verletzen und andere,<br />

die geeignet sind, den Wehrwillen des deutschen<br />

Volkes zu beeinträchtigen.“ 1934<br />

erhielt er Ausstellungsverbot. Ende 1933<br />

zog Dix sich zunächst auf Schloss Randegg<br />

bei Singen im Hegau zurück, bevor er sich<br />

1936 in Hemmenhofen bei Radolfzell am<br />

Bodensee niederließ. Er behielt jedoch<br />

weiterhin ein privates Atelier in Dresden,<br />

das mit den dort befi ndlichen Bildern die<br />

Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs überstand.<br />

Bei den Aktionen der „entarteten<br />

Kunst“ 1937 und 1938 wurden zahlreiche<br />

Werke von Dix beschlagnahmt, ein Teil<br />

davon wurde 1939 im Hof der Feuerwache<br />

in Berlin verbrannt. Der „Schützengraben“,<br />

1937 als „gemalte Wehrsabotage“ in der<br />

Ausstellung der „Entarteten Kunst“ in<br />

München gezeigt, war 1939 vermutlich<br />

nicht von dem Autodafé betroffen, gilt<br />

jedoch seitdem als verschollen.<br />

Als Reaktion auf den Druck der politischen<br />

Ereignisse und die Verfolgung seiner<br />

Kunst vollzog Dix einen Wandel in der<br />

Wahl seiner Themen. Neben einzelnen<br />

religiös-allegorischen Kompositionen, wie<br />

dem im Dresdner Atelier zurückgelassenen<br />

Gemälde „<strong>Die</strong> sieben Todsünden“ (1933)<br />

mit Hitler als symbolischer Figur des<br />

Neides, schuf er, angeregt durch die malerischen<br />

Stimmungen am Bodensee, auf der<br />

Höri und im Hegau, zahlreiche Landschaftsbilder.<br />

Weitere Anregungen fand er<br />

bei Reisen ins böhmische Mittelgebirge<br />

und ins Riesengebirge. <strong>Die</strong> Komposition<br />

und die Malweise seiner Landschaftsbilder<br />

zeigen wiederum enge Anlehnungen an<br />

die altdeutschen Meister, an Albrecht Altdorfer<br />

und die Donauschule, sowie auch<br />

Anspielungen auf Caspar David Friedrich<br />

und die Malerei der deutschen Romantik.<br />

<strong>Die</strong> Hinwendung zur Landschaftsmalerei<br />

war für Dix keine freiwillige Entscheidung,<br />

sondern – mangels der Gelegenheit<br />

zu „Deutungen von Menschen“, die ihn<br />

mehr interessiert hätten – der Weg in die<br />

innere Emigration. Er sei in die Landschaft<br />

„verbannt“ worden, sagte er später:<br />

„Ein schönes Paradies. Zum Kotzen schön<br />

… <strong>Die</strong> Schönheit der Natur, in die ich<br />

verbannt bin; ich gehöre doch gar nicht<br />

dahin … ich müsste in der Großstadt sein.<br />

Ich stehe vor der Landschaft wie eine Kuh.“<br />

Mit Streifzügen durch die Natur und über<br />

zeichnerische Erkundungen mit Feder und<br />

Silberstift näherte er sich der Landschaft innerlich<br />

an. In seinen Gemälden verband er<br />

reale Landschaftsmotive mit Erfi ndungen<br />

der Phantasie. Dix wollte die Landschaft<br />

nicht abbilden, sondern strebte nach Steigerung<br />

und Überhöhung der Wirklichkeit.<br />

Darüber berichtet er 1939: „Ich scheue<br />

mich heute nicht, die Ufer des Bodensees<br />

mit Felsen und Gebirgen zu versehen, die<br />

es hier gar nicht geben kann. Aber schließlich<br />

ist der künstlerische Ausdruck das<br />

wesentliche, nicht die ‚Naturwahrheit‘.“<br />

Zu unserem Bild wurde Dix wohl im Wald<br />

von Hemmenhofen inspiriert. Neben dem<br />

„Wald am Morgen“ entstand im selben<br />

Jahr auch ein Bild „Wald am Abend“. <strong>Die</strong><br />

Reihe der Waldlandschaften hat Dix noch<br />

bis 1942 fortgesetzt. Bewusst hat er hierfür<br />

„starke dunkle Farben“ gewählt und dabei<br />

„das Grün aus dem Blau (Himmel) entwickelt“.<br />

Wie durch die Lupe betrachtet, sind<br />

Wurzeln, Äste, Blätter, Gräser und Farne in<br />

ihren Einzelheiten erfasst. Mit dem „Wald<br />

am Morgen“ malte Dix eine geheimnisvolle<br />

Landschaft, die zugleich verschlossen<br />

wirkt und Unheimliches zu bergen scheint.<br />

Tatsächlich schimmern durch die Linien<br />

und Konturen von Gräben und Felsen,<br />

von Astwerk, Laub und Wurzeln entfernt<br />

Erinnerungen an die bizarren Formationen<br />

der zerfetzten Leiber von toten Soldaten<br />

und der aufgewühlten Erde auf den<br />

Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs. Mit<br />

den Landschaftsbildern wollte Dix wohl<br />

nicht nur sein inneres Refugium gestalten,<br />

sondern durch die trügerische Idylle<br />

gleichzeitig auf die aktuelle Bedrohung der<br />

Welt hinweisen. Möglicherweise sah er in<br />

die Landschaft innere Bilder hinein: die<br />

paradiesische Natur als Schauplatz einer<br />

neuen Apokalypse – ein alptraumhaftes<br />

Szenarium.<br />

Neben den Phantasielandschaften hat<br />

Dix häufi ger Ansichten der Ortschaften<br />

Randegg, Hemmenhofen, Allensbach<br />

und Reichenau sowie den Blick über<br />

den Untersee auf das gegenüberliegende<br />

Schweizer Ufer mit den Dörfern Mammern,<br />

Steckborn und Berlingen gemalt.<br />

Kennzeichnend für seine Auffassung<br />

dieser Landschaftsansichten ist ebenfalls<br />

die geradezu unwirklich-romantische<br />

Stimmungshaftigkeit der Natur.<br />

„Wald am Morgen“ wurde dem Museum<br />

Anfang 2010 geschenkt. Es befand sich<br />

seit 1940 in Privatbesitz, zunächst in Köln,<br />

dann in Wülfrath, und war in dieser <strong>Zeit</strong><br />

nie öffentlich ausgestellt.<br />

Antje Birthälmer


Leben auf dem Sprung.<br />

Hanna Lemke:<br />

„Gesichertes“.<br />

Ein überraschendes literarisches<br />

Debüt.<br />

Hanna Lemke, Foto: Markus Schädel<br />

»Was ich von Beruf bin?«, wiederholte ich. Ich wollte fast lachen, so altmodisch kam mir<br />

die Frage vor. Ich fragte eher, und wurde immer nur gefragt: »Was machst du?«, was auch<br />

nicht besser klang; die Frage eines Kindes auf der Suche nach einem anderen, das sich<br />

weniger langweilt als es selbst.<br />

Marcels Grinsen sah aus wie auf Stillstand geschaltet, als hätte er eben einen Witz erzählt<br />

und würde darauf warten, dass ich die Pointe verstand. Erst in dem Moment begriff ich,<br />

dass es ein Witz war, einer auf Franks Kosten, auf seinen Versuch, ein Gespräch zu eröffnen,<br />

und wie um den Witz weiterzuerzählen, sagte ich: »Ich bin Sekretärin.«<br />

<strong>Die</strong>ser kurze Dialog zwischen drei Menschen,<br />

die sich in einer Berliner Kneipe<br />

treffen, hätte im Wohlstandsdeutschland<br />

der 1960er und 70er Jahre auch nach noch<br />

längerem Nachsinnen niemals ein Witz<br />

sein können. Damals liefen die Stellenan-<br />

gebote jungen, gut ausgebildeten Leuten<br />

nur so hinterher, was aus heutiger Sicht fast<br />

unglaublich erscheint. <strong>Die</strong> Frage nach dem<br />

Beruf wäre kaum verfänglich gewesen und<br />

hätte bloß Interesse signalisiert. In heutigen<br />

<strong>Zeit</strong>en des massiven Stellenabbaus in<br />

31


32<br />

nahezu allen Bereichen stellt jedoch selbst<br />

die offenere, nicht allein auf den Beruf<br />

bezogene Frage nach dem, was man denn<br />

so macht, ein gefährliches Mienenfeld dar,<br />

drohen Jobverlust und Arbeitslosigkeit doch<br />

Menschen aller Schichten und Altersstufen.<br />

Mit der mangelnden fi nanziellen und<br />

gesellschaftlichen Anerkennung oder der<br />

intellektuellen Unterforderung der Tätigkeit,<br />

mit der man recht oder schlecht den<br />

Lebensunterhalt zu verdienen versucht, geht<br />

unweigerlich die Abwertung des eigenen<br />

berufl ichen Tuns durch das Allerweltswort<br />

„machen“ einher. Längst nicht mehr trifft es<br />

nur die sogenannte Generation Praktikum,<br />

die sich nach dem Abschluss des Studiums,<br />

das heute standardmäßig mit Auslandsaufenthalten<br />

und ersten Erfahrungen in der<br />

Praxis des angestrebten Berufs einhergeht,<br />

von einem unbezahlten Arbeitseinsatz zum<br />

anderen hangeln.<br />

Aus jener Generation der Endzwanziger<br />

stammen jedoch die Protagonisten des<br />

Erzählbandes „Gesichertes“ von Hanna<br />

Lemke, die in 18 kurzen Geschichten von<br />

mehr oder weniger fl üchtigen Begegnungen<br />

berichtet, wie sie etwa auf Partys, zwischen<br />

Mitbewohnern in Zweck-WGs und zufällig<br />

gemeinsam im Zug Reisenden typisch sind,<br />

deren Wege sich kreuzen und dann wieder<br />

auseinander gehen. Das Debüt der 1981 in<br />

Wuppertal geborenen Schriftstellerin trifft<br />

damit das Lebensgefühl von jungen Erwachsenen<br />

heutiger <strong>Zeit</strong> sehr genau, doch ist das<br />

Buch auch für ältere Leser spannend, die<br />

nicht gerade neugierig darauf sind, die Welt<br />

noch einmal mit den Augen jener zu sehen,<br />

welche den größten Teil des Lebens noch<br />

vor sich haben. Denn was Lemke in ihrer<br />

sehr klaren, konzentrierten Sprache wie im<br />

oben zitierten Dialog zu fassen vermag, betrifft<br />

letztlich Menschen jeden Alters: Im Fokus<br />

der teils nur wenige Seiten umfassenden<br />

„Stories“ steht die Auswirkung fehlender,<br />

unklarer oder gescheiterter Lebensentwürfe<br />

auf zwischenmenschliche Beziehungen. <strong>Die</strong><br />

Instabilität von Identitäten, Beziehungen,<br />

Arbeits- und Wohnverhältnissen ist zu Beginn<br />

der Erwachsenenlebens zwar besonders<br />

virulent – und ihrer vermeintlich größeren<br />

Freiheit wegen vielleicht auch (noch)<br />

gewollt, sie betrifft in einer sich dramatisch<br />

wandelnden Gesellschaft wie der unsrigen<br />

jedoch eine breite Leserschaft. <strong>Die</strong> Frage, ob<br />

es das jetzt gewesen ist, was man da eigent-<br />

lich macht, stellt sich nicht nur mit 25, und<br />

die Erkenntnis, dass die Designerküche mit<br />

Mann und Kind kein Garant für Glück ist,<br />

kann auch noch mit 45 kommen. Tatsächlich<br />

geht es in „Gesichertes“ um eine<br />

existenzielle Unsicherheit, die dem Leben<br />

grundsätzlich zu eigen ist, im funktionierenden<br />

Sozialstaat der letzten Jahrzehnte<br />

jedoch, zumindest in berufl icher Hinsicht,<br />

beinahe in Vergessenheit geriet.<br />

In wenigen Worten das Wesentliche zu<br />

sagen und dennoch einen starken erzählerischen<br />

Sog zu erzeugen, macht das große<br />

literarische Talent Hanna Lemkes aus.<br />

Dabei sind es die Zwischentöne, auf die sich<br />

Lemke so gut versteht, um das Verhältnis<br />

der Protagonisten zueinander präzise zu<br />

charakterisieren, ohne das Eigentliche je zu<br />

benennen. In der Tradition amerikanischer<br />

Kurzgeschichten stehend, sind die Geschichten<br />

wie beiläufi g aus dem Leben gegriffen,<br />

obwohl sie im höchsten Maße konstruiert<br />

sind. „Ich habe immer geglaubt, meine<br />

Geschichten seien nicht erzählenswert“, gibt<br />

Lemke freimütig zu, „es war anstrengend,<br />

mich dazu durchzuringen, dass sie ihre<br />

Daseinsberechtigung haben.“ Dass dem<br />

so ist, belegen allein schon ihre sorgfältig<br />

komponierten ersten Sätze, mit denen<br />

Lemke direkt ins Herz der Geschichte führt<br />

und gekonnt die Neugier ihrer Leser weckt.<br />

So lakonisch und alltäglich die im Laufe der<br />

Erzählung dicht gewebten Dialoge zwischen<br />

den Protagonisten zunächst auch wirken,<br />

handelt es sich tatsächlich um höchst<br />

kunstvolle, doch niemals künstlich wirkende<br />

Wortwechsel, deren literarische Qualität<br />

gerade in ihrer Bruchstückhaftigkeit liegt.<br />

Akribisch feilt Lemke so lange an jedem<br />

einzelnen Satz, bis nichts hinzuzufügen<br />

noch wegzunehmen ist, um das Gemeinte<br />

treffend zum Ausdruck zu bringen. Der<br />

Grad der Konzentration, den die Autorin<br />

so erreicht, vergegenwärtigt die emotionale<br />

Komplexität menschlicher Beziehungen<br />

und lässt ihre Figuren ungeachtet der Kürze<br />

der Textform außerordentlich plastisch<br />

hervortreten. Trotz aller Reduktion steht<br />

Lemke auch dem Pathos nicht abweisend<br />

gegenüber, doch tritt es in wohltuend zurückhaltendem,<br />

manchmal auch ironischem<br />

Gewand auf.<br />

In dieser schriftstellerischen Reduktion<br />

belässt Hanna Lemke viel Raum für die ei-<br />

genen Deutungen ihrer Leser. <strong>Die</strong> wenigen,<br />

eindringlichen Sätze am Ende ihrer Erzählungen<br />

lassen den Ausgang des Geschehens<br />

meist offen, sie stellen einen neuen Anfang<br />

dar, aus dem jeder und jede eigene Schlüsse<br />

zur weiteren Entwicklung der Figuren ziehen<br />

kann. Selbst das Geschlecht des erzählenden<br />

Ichs ist – wie das einer von Hanna Lemkes<br />

Figuren – nicht eindeutig festgelegt, so dass<br />

selbst männliche Leser, wie die Kritik eines<br />

Rezensenten zeigt, sich mit der Erzählstimme<br />

identifi zieren können. Zwar entsprechen<br />

die Kurzgeschichten deutlich der Erfahrungswelt<br />

der in Berlin lebenden Lemke,<br />

doch handelt es sich keineswegs um eigene<br />

Erlebnisse oder Vorbilder aus dem Freundes-<br />

und Bekanntenkreis, die sie literarisch<br />

verarbeiten würde. Alle Situationen sind<br />

ausgedacht und entspringen ihrer Vorstellungskraft,<br />

auch wenn es sich um Themen<br />

handelt, über die sie viel nachdenkt. „Ich<br />

mag das Gefühl am Schreibtisch zu haben,<br />

dass mir alles gerade einfällt“, erläutert<br />

Lemke ihre Arbeitsweise. Den Geschichten<br />

liegen zwar Situationen, Stimmungen und<br />

Gefühle aus ihrem eigenen Erleben zugrunde,<br />

die sie sensibel registriert, um sie in eine<br />

literarische Form umzuwandeln, mit deren<br />

Erzählerin sie nicht vollständig identisch ist.<br />

Doch dem autobiographischen Schreiben<br />

steht sie kritisch gegenüber, weil dafür nur<br />

die Realität als Maßstab gilt, nicht aber<br />

die literarische Qualität des Textes selbst.<br />

Neben Anregungen aus dem Hauptstadtleben<br />

orientiert sich Lemke jedoch auch<br />

an literarischen Vorbildern. So stellen die<br />

reduzierten Kurzgeschichten des Schweizers<br />

Peter Stamm einen wichtigen Impuls für ihr<br />

Schaffen dar.<br />

So ungewöhnlich gefestigt der literarische<br />

Stil Hanna Lemkes schon jetzt erscheint,<br />

verlief ihr bisheriger Lebensweg nicht immer<br />

in gesicherten Bahnen. Nach dem Abitur am<br />

Wuppertaler Gymnasium Kothen ging sie<br />

zunächst nach Siegen, um an der dortigen<br />

Universität ein literaturwissenschaftliches<br />

Studium zu beginnen. Als sie dort an einer<br />

Schreibwerkstatt teilnahm, wurde ihr<br />

klar, dass ihre Leidenschaft dem eigenen<br />

Schreiben gilt. Sie brach das Studium<br />

ab und bewarb sich am renommierten<br />

Deutschen Literaturinstitut in Leipzig.<br />

Über das mühelose <strong>Beste</strong>hen der dortigen<br />

Aufnahmeprüfung freute sie sich riesig, und<br />

auch wenn das Studium dort nur „so la la“


gewesen sei – gelernt hat sie dort trotzdem<br />

etwas: die intensive Arbeit an eigenen und<br />

fremden Texten hat ihr Lese- und Schreibkompetenz<br />

vermittelt, wovon sie für das<br />

literarische Schreiben neben ihrer Empfi ndsamkeit<br />

für Menschen und Situationen sehr<br />

profi tiert. Mit dem Diplom in der Tasche<br />

nach Wuppertal zurückzukehren, kam für<br />

Lemke allerdings nicht infrage, auch wenn<br />

sie die Stadt sehr mag und allein durch den<br />

guten Kontakt zu ihren Eltern noch mit<br />

ihr verbunden ist. „In Berlin fühle ich mich<br />

einfach besser aufgehoben, ich habe dort<br />

mittlerweile ein Netzwerk und es gibt Orte,<br />

die für mich sehr wichtig sind“, meint Lemke<br />

zu diesem Thema. Verständlich, denn<br />

nicht zuletzt gibt es noch andere Wuppertaler<br />

Schriftstellerinnen, die ihre literarische<br />

Karriere von Berlin aus begonnen haben<br />

– auch wenn Hanna Lemke mit ihrem<br />

erfrischend unkoketten Lachen ablehnen<br />

würde, sie trete in die Fußstapfen von jemandem<br />

wie Else Lasker-Schüler. Sicher ist<br />

allerdings, dass ihr verheißungsvolles Debüt<br />

auch auf das nächste Buch hoffen lässt, an<br />

dem Lemke bereits arbeitet.<br />

Susanne Buckesfeld<br />

Hanna Lemke: „Gesichertes“<br />

Antje Kunstmann Verlag, München 2010<br />

17,90 EUR<br />

Unsere Kulturförderung<br />

ist gut für die Sinne.<br />

Hanna Lemke<br />

Geboren 1981 in Wuppertal, lebt in Berlin.<br />

2002-2006 Studium am Deutschen Literaturinstitut<br />

in Leipzig.<br />

2005 Teilnahme am 13. open-mike Literaturwettbewerb<br />

der Literaturwerkstatt<br />

Berlin.<br />

2006 Stipendium in der Autorenwerkstatt<br />

des Literarischen Colloquiums Berlin.<br />

2007 Stipendiatin des Klagenfurter Literaturkreises.<br />

Veröffentlichungen (Auswahl):<br />

<strong>Die</strong> Verstecke. In: Tippgemeinschaft.<br />

Jahresanthologie der Studierenden des<br />

Deutschen Literaturinstituts 2003.<br />

Valvoline 2003.<br />

Manila. In: Tippgemeinschaft. Jahresanthologie<br />

der Studierenden des Deutschen<br />

Literaturinstituts 2004. Valvoline 2004.<br />

Kachori. In: Kanal 4. Literatur im Zug.<br />

Hessischer Rundfunk. November 2004.<br />

Gesichertes. In: 13. open mike. Internationaler<br />

Wettbewerb junger deutschsprachiger<br />

Literatur der Literaturwerkstatt<br />

Berlin. Allitera 2005.<br />

Stella. In: Sprache im technischen <strong>Zeit</strong>alter.<br />

Heft 181, 2007.<br />

Kunst und Kultur prägen die gesellschaftliche Entwicklung. <strong>Die</strong> Sparkassen-Finanzgruppe ist der größte nichtstaatliche<br />

Kulturförderer Deutschlands. Auch die Stadtsparkasse Wuppertal ist ein wichtiger Partner für Kunst<br />

und Kultur in unserer Stadt. Das ist gut für die Kultur und gut für Wuppertal. www.sparkasse-wuppertal.de<br />

Sparkasse. Gut für Wuppertal.<br />

S<br />

33


34<br />

Eingeladen<br />

aus Hanna Lemke „Gesichertes“<br />

Antje Kunstmann Verlag<br />

Als Holm versuchte, mir zu erklären,<br />

wovor er Angst hatte, erzählte er eine<br />

Filmszene nach. »Da ist also dieser<br />

Mann«, sagte er. »Er kommt nach Hause,<br />

als Zuschauer weiß man schon, er lebt<br />

allein. Der Mann zieht seine Jacke aus,<br />

geht in die Küche, öffnet die Balkontür.<br />

Es sieht ganz normal aus, als würde er das<br />

immer so machen, wenn er heimkommt.<br />

Und er setzt Wasser auf, steht vor dem<br />

Wasserkocher, wartet. Dann geht er zum<br />

Balkon. Und geht auf den Balkon und<br />

springt. Er springt runter«, sagte Holm,<br />

»er springt über die Balkonbrüstung,<br />

als wäre das eine leichte Hürde, einfach<br />

so. Einfach so.« Wir saßen im Dunkeln<br />

vor Holms Laden, und ich lauschte auf<br />

Holms heisere Stimme; wie alles, was er<br />

sagte, immer kleiner wurde, bevor es in<br />

der Nacht verschwand. Er hatte ganz von<br />

alleine angefangen zu erzählen, in einem<br />

ruhigen, schweren Tonfall. Ich hatte ihn<br />

noch nie so lange reden gehört.<br />

Im Winter hatte Holm einen Zettel<br />

in sein Ladenfenster gehängt: Aushilfe<br />

gesucht. Es war mir im Vorübergehen<br />

aufgefallen, der Zettel blieb noch tagelang<br />

hängen. Von meinem Küchenfenster<br />

aus konnte ich Holms Laden sehen, der<br />

eingerichtet war wie ein Wohnzimmer,<br />

mit zwei dunkelgrünen Sofas, Sesseln und<br />

einer altmodischen Schrankwand. Ich<br />

hatte Holm schon oft dort gesehen, wenn<br />

er abends auf einem der Sofas lag und es<br />

dunkel wurde. Im Laden war meist noch<br />

Fernseherlicht, spät erlosch auch das.<br />

Aber Holm verließ den Laden nicht.<br />

»Wofür brauchst du eine Aushilfe?«, fragte<br />

ich, als ich den Laden betrat, zum ersten<br />

Mal überhaupt. Ich hatte Holm wieder<br />

auf dem Sofa liegen gesehen, jetzt stand<br />

er auf. Er deutete um sich, in den Raum<br />

hinein.<br />

»Für den Laden«, sagte er.<br />

»Das ist ein Laden?«, fragte ich.<br />

»Es soll sogar ein Café sein«, sagte er.<br />

»Aber hier ist doch nie jemand«, sagte ich.<br />

»Doch, manchmal ist hier jemand«, sagte er.<br />

»Wer denn, du?«, fragte ich.<br />

»Ja, ich«, sagte Holm.<br />

Er schaute mich an, als wolle er, ohne zu<br />

fragen, etwas über mich herausfi nden,<br />

und ich entschloss mich, nichts mehr zu<br />

sagen, bis er was auch immer über mich<br />

entschieden hätte. Er hatte etwas an sich,<br />

das mir gefi el. Er wirkte übermüdet und<br />

überlegen, und ich wusste nicht, was es<br />

war. »Ich will, dass immer jemand hier<br />

ist«, sagte er schließlich.<br />

Er ging nach hinten, neben der Schrankwand<br />

war eine Tür, die er öffnete.<br />

»Komm«, sagte er, »ich zeige dir den<br />

Rest. Das ist nämlich meine Wohnung«,<br />

sagte er, als wir auf dem Flur hinter dem<br />

Ladenraum standen. Er klang selbst<br />

nicht ganz überzeugt davon in diesem<br />

Moment, aber dann öffnete er die Tür<br />

zu einem weiteren Raum, in dem ich ein<br />

Bett stehen sah. Holm zeigte mir auch das<br />

winzige Bad und die Küche. »Komm«,<br />

sagte er wieder, auf dem Küchentisch<br />

stand ein Monster von italienischer<br />

Kaffeemaschine, die Holm mit ruhigen<br />

Handgriffen bediente, so langsam, als<br />

solle es eine Vorführung für mich sein.<br />

»Zucker?«, fragte er und gab mir, obwohl<br />

ich den Kopf schüttelte, drei Löffel in den<br />

Kaffee.<br />

»Bist du interessiert an dem Job?«, fragte<br />

er, er dehnte das Wort, Jooob, als wolle<br />

er sich damit über irgendetwas lustig<br />

machen, und ich war mir nicht sicher,<br />

vielleicht über mich. »Wie sieht es denn<br />

aus mit dem Geld?«, fragte ich. »Wie viel<br />

brauchst du?«, fragte er. »Zehn Euro die<br />

Stunde?«, fragte ich. Ich dachte nicht,<br />

dass er Ja sagen würde. »Wann kannst du<br />

anfangen?«, fragte er noch, und schwieg,<br />

als ich sagte: »Ich weiß immer noch nicht<br />

so recht, wofür du eigentlich eine Aushilfe<br />

brauchst. Sofort«, sagte ich dann.<br />

Holm hatte kleine blaue, immer müde<br />

Augen, er sah immer leicht beunruhigt<br />

aus und angegriffen und so, als ginge er<br />

etwas nachlässig um mit sich selbst. Er<br />

war heiser oder verschnupft, fi ebrig oder<br />

hustete, er trug meistens einen Schal und<br />

saß auf dem Sofa wie einer, der sich gerade<br />

wirklich ausruhen muss. <strong>Die</strong> grauen<br />

zwischen seinen aschblonden Haaren,<br />

die Falten auf seiner Stirn waren nicht zu<br />

übersehen.<br />

Drei Abende die Woche war ich in Holms<br />

Laden; am Anfang blieb er oft für eine


halbe Stunde bei mir. Dann war es, als<br />

wäre ich sein Gast und Holm sehr besorgt<br />

um mein Wohl, er brachte mir zu trinken<br />

und Schokoladenkekse und, einmal,<br />

Sandwichs mit Avocado- und Thunfi schpaste.<br />

Im Mülleimer in der Küche sah ich<br />

später die abgeschnittenen Toastbrotränder<br />

liegen, und ich fühlte plötzliches<br />

Mitleid, als ich an Holm dachte, wie er<br />

am Küchentisch saß und die Sandwichhälften<br />

behutsam aufeinanderpresste. Er<br />

gab mir den Schlüssel zum Laden, damit<br />

ich abschließen konnte, wenn ich ging;<br />

er gab mir auch den Schlüssel zur Kasse,<br />

einer kleinen Schatulle mit Schloss, die<br />

hinter einer der Bücherreihen im Regal<br />

lag. »Nimm dir dann einfach, was du<br />

brauchst«, sagte er. Es war klar, dass er<br />

nicht weiter über Geld reden wollte, und<br />

die Kasse war immer gut gefüllt.<br />

Allein im Laden versuchte ich mir<br />

vorzustellen, dass es mein Wohnzimmer<br />

wäre, es gelang mir ganz gut, mit der <strong>Zeit</strong><br />

bestens. Weil ich keinen eigenen Apparat<br />

hatte, schaute ich bei Holm viel fern, ich<br />

hörte mich durch seine CDs, ich mochte<br />

die dunkelgrünen Sofas, in denen man<br />

schnell versank. Es lag immer eine Decke<br />

bereit für den Fall, dass ich fror, an der<br />

Kühlschranktür hing der Zettel vom<br />

Pizzaservice. Ich erzählte niemandem von<br />

Holm, von meinem Job bei ihm. Ich hätte<br />

nicht gewusst, was ich dazu hätte sagen<br />

sollen; dass ich allein fürs Herumsitzen<br />

bezahlt wurde, wäre mir in dem Moment<br />

wie etwas sehr Fragwürdiges vorgekommen.<br />

Ich hatte keine Ahnung, wo Holm<br />

seine Abende verbrachte. Niemand kam<br />

in den Laden, wenn er nicht da war, auch<br />

das Telefon klingelte nicht. »Ich will, dass<br />

immer jemand hier ist«, hatte er gesagt,<br />

und offensichtlich war das der ganze<br />

Zauber.<br />

Manchmal trafen wir uns noch, wenn er<br />

zurückkam, bevor ich ging. »Alles klar?«,<br />

fragte er mich, und ich sagte: »Klar«, ich<br />

sagte: »Alles bestens«, ich sagte: »Wie<br />

sollte es anders sein.« Holm sah erschöpft<br />

aus, mehr noch als sonst, und er winkte<br />

nur ab, wenn ich fragte: »Und bei dir?« Er<br />

ließ sich auf das Sofa fallen, er sagte mit<br />

geschlossenen Augen: »Du kannst jetzt gehen«,<br />

als würde er mich aus einer Pfl icht<br />

entlassen, dankbar, und trotzdem fühlte<br />

ich mich wie weggeschickt. Ich begann,<br />

tagsüber in den Laden zu gehen. Ich ging,<br />

wenn ich vermutete, dass Holm nicht da<br />

war, ich ging, sagte ich mir, nur um einen<br />

Kaffee zu trinken, um in der Küche nach<br />

Schokoladenkeksen zu suchen, um mich<br />

ins Schaufenster zu stellen und ein wenig<br />

auf die Straße zu schauen. Ab und an sah<br />

ich dort zwei Mädchen im Grundschulalter,<br />

sie wohnten in der Nachbarschaft<br />

und spielten auf dem Gehsteig, ihre Rufe<br />

drangen auch zu mir, wenn ich in meiner<br />

Wohnung war. Sie schauten mich an,<br />

als hätte ich mich zu ihrer Beurteilung<br />

ausgestellt, und als ich ihnen zuwinkte,<br />

lachten sie nur und rannten davon. »Du<br />

bist da?«, fragte Holm, als er mich das<br />

erste Mal außerhalb der <strong>Zeit</strong>en im Laden<br />

antraf. Er sah erstaunt aus, aber nicht so,<br />

als würde es ihn stören, und ich begann,<br />

auch abends auf ihn zu warten, bis er<br />

heimkam mitten in der Nacht. »Du musst<br />

nicht so lange bleiben«, sagte er einmal<br />

und dann nichts mehr, und ich hätte es<br />

gerne gehabt, dass es nun so war, wie er<br />

es sich beim Gedanken an eine Aushilfe<br />

in seinem Laden vorgestellt hatte, wenn<br />

wir nach seiner Heimkehr noch ein Bier<br />

miteinander tranken, stumm, und auf<br />

dem Fernsehbildschirm die Softpornos<br />

und Call-in-Shows und die uralten Filme<br />

an uns vorbeifl immerten.<br />

Holm sah bleich aus, verschwitzt, wie<br />

in Panik, als er eines nachts im Frühjahr<br />

in den Laden gestolpert kam. Etwas war<br />

nicht in Ordnung mit seinem Gesicht;<br />

es war, als würde ich ihn im Zerrspiegel<br />

sehen oder eine Fratze. Aber es war Holm,<br />

der schwankte, der ein paar ins Nichts<br />

fassende Bewegungen machte, der sagte:<br />

»Kannst du mich alleine lassen, bitte,<br />

kannst du mich bitte, bitte alleine lassen.«<br />

Er ging nach hinten, und ich hörte noch,<br />

wie er sich übergab, mühsam würgend<br />

und hustend. Von meinem Küchenfenster<br />

aus schaute ich zum Laden hinüber, es<br />

blieb dunkel dort, während die Straßenlaternen<br />

erloschen und die ersten Leute mit<br />

ihren Hunden aus den Häusern kamen.<br />

Am nächsten Tag hing ein Zettel an der<br />

Ladentür, auf den Holm sehr klein und<br />

mit krakeliger Schrift »wegen Krankheit<br />

geschlossen« geschrieben hatte, als wäre<br />

es eine private Notiz oder eine Nachricht<br />

nur für mich. Ich schloss die Tür trotzdem<br />

auf. Holm lag im hinteren Zimmer<br />

auf seinem Bett wie aufgebahrt, gerade<br />

auf dem Rücken, die Decke glatt über<br />

sich gebreitet, die Hände gefaltet, und als<br />

er mit mir sprach, hatte er immer noch<br />

denselben klagenden, anklagenden Tonfall<br />

wie in der vergangenen Nacht. »Hör<br />

zu«, sagte er, »es war nicht so gedacht,<br />

dass du hier dein Leben verbringst, also<br />

kannst du den Schlüssel einfach auf dem<br />

Küchentisch liegen lassen, ja?«<br />

Der Zettel blieb einen Monat lang an<br />

der Ladentür hängen, und ich sah Holm<br />

die ganze <strong>Zeit</strong> nicht. Dann saß er eines<br />

Abends wieder auf einem der Sofas und<br />

schaute fern. Ich ging sofort zu ihm. »Ich<br />

war bei meiner Familie«, sagte er, als ich<br />

sagte, ich hätte mir schon Sorgen um ihn<br />

gemacht. »Bei deiner Familie?«, fragte<br />

ich, und es musste geklungen haben, als<br />

hätte ich bislang angenommen, er habe<br />

gar keine Familie. Holm wiederholte,<br />

meinen erstaunten Tonfall imitierend: »Ja,<br />

bei meiner Familie.« Ich hatte mich neben<br />

ihn aufs Sofa gesetzt, und er schaltete sich<br />

mit der Fernbedienung durch die Programme,<br />

den Daumen auf dem Knopf,<br />

einen Kanal pro Sekun de, nach drei<br />

Durchläufen schaltete er den Fernseher<br />

aus. »Es läuft nichts«, sagte er, und wenn<br />

Holm jemals, dachte ich, eine klare Aussage<br />

über uns hatte treffen wollen, dann<br />

war es wohl diese.<br />

Als es Wochen später endlich wärmer<br />

wurde, fuhr Holm mit einem Sprinter<br />

vor, aus dessen Laderaum er Bistrotische<br />

und Stühle hievte. Von meinem Küchenfenster<br />

aus sah ich zu, wie er sie vor dem<br />

Laden aufstellte und sich breitbeinig und<br />

mit einem selbstzufriedenen Lächeln<br />

in die Sonne setzte, als hätte er etwas<br />

vollbracht, auf das er stolz sein könne.<br />

»Ist es nicht herrlich«, sagte er, als ich zu<br />

ihm kam. Ich nickte. Holm brachte auch<br />

eine Schiefertafel, die er drau ßen neben<br />

der Tür an das Schaufenster lehnte und<br />

auf die er »Bier und Kaffee« schrieb, mit<br />

drei Ausrufezeichen dahinter. <strong>Die</strong> beiden<br />

Nachbarschaftsmädchen kamen um die<br />

Ecke, sie fl üsterten miteinander, Holm<br />

reichte mir seine Sonnenbrille und ging in<br />

den Laden. Das kleinere der beiden Mädchen<br />

kam auf mich zu und sagte in einem<br />

35


36<br />

Tonfall, dem man das Vorherüberlegte<br />

anhörte, und so fordernd, dass es wie ein<br />

Befehl klang: »Gibt es auch noch etwas<br />

anderes als Kaffee und Bier!« »Ich schau<br />

mal«, sagte ich.<br />

Auf dem Weg zur Küche sah ich Holm in<br />

dem hinteren Zimmer auf dem Bett liegen,<br />

den Arm über das Gesicht gelegt. Im<br />

Kühlschrank fand ich kleine Flaschen mit<br />

roter Limonade, die ich den Mädchen<br />

mit Strohhalm servierte. Sie saßen ruhig<br />

auf ihren Stühlen. Es war, als würden sie<br />

so tun, als seien sie erwachsen; als würden<br />

sie es spielen, ohne es zu merken. Sie<br />

kicherten, als ich Holms Sonnenbrille<br />

aufsetzte, die viel zu groß war für mein<br />

Gesicht, und nachdem sie beide mit ihren<br />

Strohhalmen eine Weile auf den Böden<br />

der Limonadefl aschen herumgeschlürft<br />

hatten, sagte das kleinere Mädchen sehr<br />

laut: »Zahlen bitte!« »Ihr seid eingeladen«,<br />

sagte ich, und, weil ich mir nicht sicher<br />

war, ob sie wussten, was das hieß: »Ihr<br />

müsst nichts bezahlen.« Bevor sie gingen,<br />

fragte das kleinere Mädchen mich,<br />

ob sie die Flaschen behalten dürften. Ich<br />

nickte und sah ihnen hinterher, als sie,<br />

immer noch wie im Spiel, davongingen.<br />

Holm wachte seufzend auf. Er drehte sich<br />

weg von mir, zur Seite, ich legte mich<br />

neben ihn und presste mich an seinen<br />

Rücken. Es war kaum Platz und fast so,<br />

als müsse ich mich an Holm festhalten,<br />

um nicht herunterzufallen vom Bett. Ich<br />

atmete den süßlichen, dumpfen Geruch<br />

von Holms Schläfrigkeit ein, der sich vom<br />

Ansatz seiner Haare in die Kissen gelegt<br />

hatte, ich atmete tief, dann stand ich<br />

wieder auf und blieb stehen, vor seinem<br />

Bett, während Holm sich umdrehte, mich<br />

anschaute; er blieb liegen, er wusste überhaupt<br />

nicht, was er jetzt tun sollte oder<br />

sagen, das sah ich ihm an.<br />

Wir saßen weit voneinander entfernt an<br />

diesem Abend, und es war fast schon<br />

Nacht, wir saßen auf den Stühlen an den<br />

Tischen vor dem Laden. »Er springt über<br />

die Balkonbrüstung, als wäre das eine<br />

leichte Hürde«, sagte Holm. Im Laden<br />

brannte noch ein kleines Licht, ich trank<br />

rote Limonade. »Einfach so. Einfach<br />

so.« Holms Stimme war leise geworden.<br />

»Und das Schlimme daran war«, fuhr er<br />

fort, »oder vielleicht nicht das Schlimme,<br />

sondern einfach: der Punkt, dass man<br />

nicht verstanden hat, wann der Mann<br />

diese Entscheidung gefällt hat. Es war, als<br />

gäbe es diesen Moment gar nicht. Es war<br />

vielmehr so, als wäre ihm plötzlich etwas<br />

klar geworden. Wie eine Eingebung.« Er<br />

schwieg, dann sagte er noch: »Und das<br />

Schlimme, also das wirklich Schlimme an<br />

dem Film war, es war ein totaler Kitsch,<br />

am Ende schreibt der inzwischen erwachsene<br />

Sohn des Selbstmörders an seinen<br />

Adoptivvater, der übrigens der Bruder<br />

des Selbstmörders ist, eine Post karte, auf<br />

der steht: Du hattest recht, das Leben ist<br />

wirklich schön.«<br />

<strong>Die</strong> rote Limonade war bitter, sie<br />

schmeckte fast wie Campari. Im Nachhinein<br />

war ich erstaunt, dass die Nachbarschaftsmädchen<br />

sie so schnell ausgetrunken<br />

hatten. Ich meinte zu spüren,<br />

wie meine Zunge rauer wurde, bei jedem<br />

Schluck, ich meinte zu spüren, wie es<br />

Holm ging, wie er dort saß, mit seinen<br />

fettigen Haaren, seiner Müdigkeit, Holm,<br />

nie gut erholt, Holm, mit den dunklen<br />

Gedanken, und ich meinte zu wissen, was<br />

ich jetzt sagen sollte, aber er stand auf.<br />

»Du hast dir jetzt auch lang kein Geld<br />

mehr genommen «, sagte er. Er zog sein<br />

Portemonnaie aus der Hosentasche, und<br />

ich sah zu, wie er die Scheine auf den<br />

Tisch blätterte, Fünfziger, Zwanziger.<br />

»Das ist für dich«, sagte er, und als ich<br />

mich nicht bewegte, nahm er das Geld<br />

und reichte es mir. Und als ich mich immer<br />

noch nicht be wegte, kam er zu mir,<br />

packte meine Hand und drückte die<br />

Scheine hinein. »Das bekommst du«,<br />

sagte er. Er ließ meine Hand los, und wir<br />

sahen zu, wie sie ganz schlaff wurde und<br />

wie mein Arm hinuntersank und wie die<br />

Scheine zu Boden fi elen, zwischen unsere<br />

Füße, und wie sie dann, getrieben von<br />

einem leichten Wind, der ich weiß nicht<br />

woher kam, über den Bürgersteig wehten,<br />

bis auf die Höhe der Ladentür, und weiter,<br />

darüber hinaus.<br />

Kultur, Information und Unterhaltung im Internet<br />

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Sinfonieorchester Wuppertal<br />

gestern - heute – morgen<br />

Vom Musikerstreit zur Gründung<br />

der „Elberfelder Kapelle“,<br />

der Ursprung des<br />

Sinfonieorchesters Wuppertal<br />

Sinfonieorchester Wuppertal<br />

Foto: Antje Zeis-Loi<br />

Mannigfaltig wie die Geschichte der im Jahre 1929 auf dem Wege einer kommunalen<br />

Neugliederung gebildeten „Bergischen-Metropole“ Wuppertal, ist die des professionellen<br />

orchestralen Klangkörpers dieser Stadt. Elberfeld und Barmen, von Textil- und<br />

Maschinenindustrie geprägte Städte, die mit den kleineren Nachbarstädten zur heutigen<br />

Großstadt Wuppertal zusammengeschlossen wurden, hatten zunächst kein eigenes Orchester.<br />

Erst der Spohr-Schüler Julius Langenbach gründete 1849 die nach ihm benannte<br />

Kapelle, zu einer <strong>Zeit</strong>, in der Barrikadenkämpfe das Elberfelder Stadtbild prägten und<br />

die Cholera das Tal heimsuchte. Nun konnten städtische Singvereine auf ein mehr<br />

oder minder fest organisiertes Orchester zurückgreifen, das übrigens vom Gastronom<br />

und Theateragenten Abraham Küpper organisiert und mitfi nanziert wurde. Mit Ende<br />

der Saison 1861/62 machte sich allerdings unter den Musikern der „Langenbachschen<br />

Kapelle“ fi nanzielle Unzufriedenheit breit. Achtzehn der etwa dreißig Musiker streikten<br />

und trennten sich von dem ohnehin künstlerisch inkompetenten Küpper. 1831 hatte<br />

Abraham Küpper das alte Wirtshaus auf dem Johannisberg übernommen, in dessen<br />

„Festsaal“ ca. 1.000 Personen Platz fanden. <strong>Die</strong> dort stattfi ndenden Konzertabende<br />

gelten als Grundstein der musikalischen Tradition auf dem Johannisberg.<br />

Unter der Leitung von Richard Schulz bildeten die achtzehn Instrumentalisten ein eigenes<br />

Orchester: die „Elberfelder Kapelle“, der Ursprung des heutigen Sinfonieorchesters<br />

Wuppertal. Drei Jahre leitete Schulz die „Elberfelder Kapelle“. Ihm folgte 1865 Willy<br />

Gutkind, der bis 1883 im Amt blieb und eng mit Hermann Schornstein und (seit 1879)<br />

Julis Buths vom Elberfelder Gesangverein, wie auch mit Anton Krause vom Barmer<br />

37


38<br />

Singverein zusammenarbeitete. Wobei<br />

die 1861 gegründeten „Concertgesellschaften“<br />

von Elberfeld und Barmen mit<br />

zunächst 177 Mitgliedern eine wesentliche<br />

Stütze bedeuteten.<br />

Das Niveau des jungen Orchesters wurde<br />

bewusst gesteigert durch die Verpfl ichtung<br />

von Solisten und Dirigenten<br />

wie Clara Schumann, Josef Joachim,<br />

Johannes Brahms und Max Bruch. Viele<br />

Dirigenten begannen in Wuppertal ihre<br />

musikalische Laufbahn - darunter bis<br />

heute weltbekannte Namen wie Hans<br />

Knapperbusch, Erich Kleiber, Otto<br />

Klemperer, Hermann von Schmeidel<br />

und Hans Weisbach, der besonders als<br />

Bruckner-Spezialist internationales Ansehen<br />

gewann.<br />

Toshiyuki Kamioka übernimmt das<br />

Orchester<br />

Heute ist das Sinfonieorchester Wuppertal<br />

als A-Orchester klassifi ziert und<br />

kann auf ein fast 150-jähriges <strong>Beste</strong>hen<br />

zurückblicken. <strong>Die</strong> 88 Musikerinnen<br />

und Musiker werden seit 2004/05 von<br />

Professor Toshiyuki Kamioka geleitet.<br />

Das Repertoire erstreckt sich vom Barock<br />

bis in die Moderne, immer wieder<br />

werden zeitgenössische Werke in enger<br />

Zusammenarbeit mit den Komponisten<br />

uraufgeführt.<br />

Seit über einem Jahrhundert spielt das<br />

Sinfonieorchester Wuppertal in der<br />

Historischen Stadthalle am Johannisberg.<br />

Auch heute noch bietet dieses Domizil<br />

dem Orchester eine bemerkenswerte<br />

Akustik. <strong>Die</strong> Historische Stadthalle zählt<br />

als Glanzstück des Jugendstils zu den<br />

besten Konzertsälen Europas. Hier fi nden<br />

pro Saison mit den Sinfoniekonzerten,<br />

Chorkonzerten, Kammerkonzerten und<br />

verschiedenen Sonderkonzerten über 40<br />

Konzerte des Sinfonieorchesters statt.<br />

Neben der Arbeit als Konzertorchester begleitet<br />

das Sinfonieorchester Wuppertal in<br />

der Saison zahlreiche Opernvorstellungen<br />

im frisch renovierten Wuppertaler Opernhaus.<br />

Seit vielen Jahrzehnten besteht diese<br />

traditionelle und sehr gute Zusammenarbeit<br />

zwischen den Wuppertaler Bühnen<br />

und dem Sinfonieorchester Wuppertal.<br />

Seit einigen Jahren widmen sich die engagierten<br />

Musiker des Sinfonieorchesters<br />

verstärkt der jungen Generation von Konzertbesuchern.<br />

Neben Schulkonzerten<br />

präsentieren sich die Musiker besonders<br />

in Familienkonzerten als Orchester zum<br />

Anfassen. In Lehrer-Workshops sowie bei<br />

Schulbesuchen in Kammerbesetzung werden<br />

Schüler und Lehrer auf die Konzerte<br />

vorbereitet.<br />

Antje Riewe<br />

Lichtbogen<br />

Frank Marschang e.K.<br />

Karlstraße 37<br />

42105 Wuppertal<br />

Tel. 0202.244 34 40<br />

Fax 0202.244 34 39<br />

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Farbe als Motiv<br />

Atelierbesuch bei Christian von<br />

Grumbkow von Thomas Hirsch<br />

Christian von Grumbkow in seinem<br />

Wuppertaler Atelier, 2010<br />

„Appasionata“, das neue, riesige Gemälde von Christian von Grumbkow ist grandios,<br />

überwältigend und vor allem: gelassen. Es strahlt im Foyer der Barmenia Versicherung<br />

Ruhe aus, behauptet sich in stiller Größe und zeigt noch den Prozess seiner Entstehung auf.<br />

<strong>Die</strong> fünf gleichgroßen Tafeln, die in der Summe ein deutliches Querformat ergeben, erzählen<br />

– jeweils für sich und gemeinsam, vermittelt durch die Übergänge an den Rändern<br />

– eine Geschichte der Möglichkeiten von Farbe und ihrer Präsenz. Beiläufi g geht es um<br />

die Bedeutung von Farbe als reinem Sein zwischen fakturlosem Auftrag und ausgreifendem<br />

Gestus mit dichten Partien und luzider Fläche im Zusammenspiel mit der Bildtiefe.<br />

Dominierend ist ein leuchtendes Rot, das nie ganz verloren geht, auch wenn es mit gelben<br />

und orangefarbenen Flächen wechselt, durchbrochen von dunkleren vertikal orientierten<br />

Zonen. Zumal in der „landschaftlichen“ horizontalen Ausrichtung mutet die gesamte<br />

Darstellung vielleicht wie eine Gebirgswand im refl ektierenden Licht an, aus unmittelbarer<br />

Nähe und nach allen Seiten fortsetzbar. Und doch ist sie in ihrer fetzenhaften Struktur<br />

mit dem Einschub matt glühender Pigmente völlig gegenstandsfrei und natürlich auch<br />

genau komponiert. – Und an ihrem Ort, in der Barmenia? Zu sehen ist Malerei, die sich<br />

im Realraum und mit diesem entfaltet und diesem eine vitale Gestimmtheit verleiht, wie<br />

gesagt, ohne sich aufzudrängen. Schon das, das Gemälde wirkt längst nicht so groß, wie es<br />

tatsächlich ist (2,50 x 12,50 m).<br />

Mit diesem Bild sei eine andere Temperierung in der Eingangshalle gekommen, berichtet<br />

der Mitarbeiter am Empfang der Hauptverwaltung der Barmenia, dem Neubau in Elberfeld.<br />

<strong>Die</strong> langgestreckte Theke selbst hat sich damit zugleich vom sachlichen Auf-Distanz-<br />

Halten zum strukturellen Moment gewandelt. Ihre Ausrichtung führt nun das Bild an der<br />

Wand fort und leitet in den Seitenfl ügel des Gebäudes, so dass man nahe an ihm vorbei<br />

läuft. Dabei wird deutlich, aus wie vielen Vorgängen es entstanden ist und wie viel sich<br />

doch auf der Bildfl äche ereignet, jenseits aller Benennbarkeit. Farbe wird zur intuitiven, atmosphärischen<br />

Erfahrung, und sie sieht jeden Tag – in Wechselwirkung mit den momen-<br />

39


40<br />

tanen Lichtverhältnissen – anders aus.<br />

Christian von Grumbkow erwähnt, dass er<br />

die Tafeln von rechts nach links konzipiert<br />

hat. Also gegen die Lesekonvention, aber<br />

mit der Laufrichtung des Betrachters.<br />

„Appassionata“ ist eine raumbezogene<br />

Arbeit mit Malerei über Malerei, über ihre<br />

schwelgerische Energie, über den Reichtum<br />

von Farbe und unser Wahrnehmungsvermögen.<br />

Generell, Christian von Grumbkow<br />

handelt in seiner gegenstandsfreien, fundamentalen<br />

Malerei mit den Gestimmtheiten,<br />

welche die Farben tragen, wobei<br />

er verschiedene Verfahren miteinander<br />

verknüpft. „Appassionata“ ist sein bislang<br />

größtes Bild. Natürlich haben die Dimensionen<br />

des Foyers eine wesentliche Rolle<br />

dabei gespielt; wichtig ist die Größe aber<br />

auch als körperhaftes Gegenüber: als Bild,<br />

das den Betrachter überwältigt und in dem<br />

er aufgeht. Ebenfalls großformatig und<br />

in Bezug auf Innenräume hat Christian<br />

von Grumbkow an seinem Wohnort<br />

Wuppertal vor allem bei zwei weiteren<br />

Malereien gearbeitet: „Landschaft“ (1997),<br />

seit einigen Jahren kongenial präsentiert<br />

bei der Firma pro viel GmbH, sowie<br />

beim Hochformat „Red Rain“ (5 x 2,50<br />

m) am Kopfende der Schalterhalle der<br />

Sparkasse am Loh in Unterbarmen, das<br />

noch unterstreicht, wie sehr seine Malerei<br />

mit natürlichem Licht handelt und welche<br />

Rolle die Fließbewegungen für die Farbwirkung<br />

spielen. Und wie viel schon die<br />

Entscheidung für Hoch- oder Querformat<br />

bedeutet.<br />

Im Atelier in Unterbarmen, im zweiten<br />

Stock im Hintergebäude einer Schule. <strong>Die</strong><br />

Mensa im Erdgeschoss. Zum Hof hin ist<br />

die Front von Glasscheiben durchzogen.<br />

Mehrere Räumen folgen aufeinander, keine<br />

Tür, breite Öffnungen, alles licht. Der<br />

Gang durch das Atelier ist ein Parcours<br />

mit den Malereien – ein Teil ist gerade<br />

von einer Kunstmesse zurückgekommen<br />

–, Planschränken mit den Papierarbeiten,<br />

dazwischen Stühle, Tische, die Farben.<br />

An verschiedenen Stellen lehnen kleinere<br />

Bilderstapel, als Werkgruppen bündig<br />

zusammengestellt. Grumbkow malt im<br />

hinteren Raum. Infolge der Trocknungsprozesse<br />

und weil manche Bilder eben ihre<br />

<strong>Zeit</strong> brauchen und erst nach Monaten<br />

abgeschlossen sind, arbeitet er an meh-


Appassionata, 2009, Ölfarbe, Eitempera auf Leinwand, 5-teilig, 2,50 x 12,50 m, Foyer der Barmenia Versicherung, Wuppertal<br />

41


42<br />

reren Werken gleichzeitig. <strong>Die</strong> Malerei<br />

fi ndet im Gegenüber (an der Wand, auf<br />

Staffeleien, mit der Möglichkeit, vor und<br />

zurück zu treten), aber auch auf Böcken<br />

in der Horizontalen statt: in unmittelbarer<br />

Hinwendung und um auf der planen<br />

Oberfl äche ein Verfl ießen der Farbe zu<br />

vermeiden. Von solcher immerwährenden<br />

Aktivität kündet nun das Atelier selbst, in<br />

aller funktionalen Nüchternheit. Malerei<br />

ist keine beschauliche Sache, vielmehr<br />

ein Experimentieren und konzentriertes<br />

Ausloten unter möglichst objektiven<br />

Bedingungen. Christian von Grumbow<br />

läuft durch die Räume, schaut schnell<br />

noch auf das eine Bild, das fast fertig,<br />

aber eben noch nicht ganz abgeschlossen<br />

ist. Er geht ein Stück zurück und fächert<br />

zwischen den Bildern an der Seite,<br />

selbstbewusst und aufmerksam. Natürlich,<br />

bei der Bedeutung, welche die Farben für<br />

ihn haben: Er male bei Tageslicht; aber<br />

bestimmte Schichten ließen sich auch<br />

am Abend, unter den Bedingungen des<br />

Kunstlichtes auftragen. Je nachdem, wie<br />

viel Binder er der Ölfarbe beifügt, verhält<br />

sich die Wirkung der Oberfl äche zwischen<br />

matt und glänzend. Zwar sind die Bahnen<br />

ausgreifend gezogen, aber die Malerei zeigt<br />

doch immer etwas Entschleunigtes. In<br />

der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen<br />

Ideen und Konzeptionen nimmt<br />

Grumbkow Rückgriffe auf bereits erzielte<br />

Erfahrungen vor.<br />

Wo also anfangen? Christian von Grumbkow<br />

wurde 1946 in Oberhausen geboren.<br />

Er hat an der Werkkunstschule Wuppertal<br />

sowie an der Rietveld-Academie in Amsterdam<br />

studiert – in Wuppertal bei Rudolf<br />

Schoofs, jenem wichtigen Zeichner, der<br />

noch zu einer dynamischen Landschaftsmalerei<br />

gefunden hat mit der Leinwand<br />

als kraftvoll energiegeladenem Bildfeld,<br />

um Natureindrücke zu transzendieren. Im<br />

Anschluss an sein Studium ist Grumbkow<br />

als Gitarrist und Texter Gründer der<br />

Rockband „Hölderlin“, die von Wuppertal<br />

aus bundesweite Erfolge feiert.<br />

1977 steigt er aus, um sich fortan auf<br />

seine Kunst und auf die Kunsttherapie zu<br />

konzentrieren. Seine maßgebliche Galerie,<br />

mit der er seither zusammenarbeitet, steht<br />

bald fest: die Galerie Epikur in Wuppertal.<br />

Auf seine dortige erste Ausstellung 1981<br />

folgen etliche weitere; den neuen Standort<br />

von Epikur (Friedrich-Ebert-Str. 152 a)<br />

weiht Grumbkow am 28. Mai 2010 mit<br />

aktuellen Arbeiten ein.<br />

Christian von Grumbkow holt Postkarten<br />

seiner frühen Malereien hervor, der<br />

großformatigen Aquarelle auf Bütten. Sie<br />

sind von einer lichthaltigen Transparenz<br />

bestimmt. Der Pinselstrich durchzieht die<br />

Bildfl äche, füllt diese ganz. Aber erst indem<br />

Grumbkow inmitten der Farbe stabile<br />

konkrete Formen gesetzt hat, defi niert sich<br />

der Bildraum als Landschaftsraum weiter,<br />

und die Formen selbst werden zu Architektur.<br />

Innerhalb seiner Werkgenese ist dies die<br />

Initialzündung für eine weitere Verselbständigung<br />

der Farbe. <strong>Die</strong> Werkphasen<br />

folgen rasch aufeinander. Immer geht es<br />

um Malerei, um Farbe und Farben, für<br />

die Grumbkow verschiedene Verfahren<br />

des Auftrags entwickelt hat. Eine zentrale<br />

Maßnahme ist die „Verwischung“ – so<br />

auch der Titel einzelner seiner Ausstellungen<br />

– die Grumbkow systematisch vorgenommen<br />

hat. Er arbeitet mit Unschärfen,<br />

strukturiert mit einem Rakel die horizontalen<br />

Bahnen. Dann wieder legt er vor die<br />

Horizontalen vertikal rinnende Gespinste.<br />

Oder er trägt die Farbe wieder ab, so dass<br />

nur noch krisselige Partikel stehen bleiben,<br />

erkundet so die Nuancen einer Farbe.<br />

Wieder in anderen Bildgruppen folgen<br />

die Bahnen in chromatischen Schüben<br />

aufeinander. Oder die Farbfl äche bricht<br />

– in Analogie zu den Affi chistes – wieder<br />

auf, so dass tiefere Schichten durchlugen.<br />

Mitunter suggerieren weiße Schlieren ein<br />

Licht, das aus der Tiefe kommt. Schon da<br />

schwingt die Vorstellung von Landschaft<br />

mit, auf die Grumbkow ohnehin immer<br />

wieder zurückkommt. Wesentlich geht<br />

es ihm dabei um das Auratische, um die<br />

Erfahrung spezifi scher Orte in der Natur,<br />

etwa auch als Wasserfl ächen.<br />

<strong>Die</strong> meisten der Bilder sind unbetitelt.<br />

Daneben fi nden sich Malereien, die etwa<br />

„Energy“ heißen und von Rot- oder Gelbtönen<br />

bestimmt sind. Mitunter verweisen<br />

die Titel auf bestimmte Landschaften. Ein<br />

großformatiges Bild ist „Vernebelt“ (2006)<br />

betitelt. Hier bauen sich Grün-, Blau- und<br />

Beige-Töne von unten nach oben auf, im<br />

oberen Drittel ist ein Horizont eingeschrieben.<br />

Tatsächlich bestehen die Bahnen aus<br />

feinen Fransen, ein Blau changiert amorph<br />

im Vordergrund. Alles Landschaftliche<br />

wird durch die Horizontalorientierung<br />

des Farbauftrags unterstrichen. Andere<br />

Bilder hingegen arbeiten entschieden mit<br />

der Vertikalen, als Schleier schieben sich<br />

diese nach innen, überdecken die früheren<br />

Schichten und konstituieren so einen<br />

fl irrenden Bildraum. <strong>Die</strong>s führt mitunter<br />

zu breiten Setzungen von Vertikalen, teils<br />

kontrastierend mit horizontalen Bahnen,


43<br />

Red Rain, 2008, 500 x 250 cm, Öl, Pigment auf Leinwand, Eingangshalle Stadtsparkasse Wuppertal, Zweigstelle Loh


44<br />

Vernebelt, 2006, Öl auf Leinwand, 150 x 140 cm<br />

die sich am Rand oder in der Bildmitte<br />

befi nden. Rahmungen sind seit langem ein<br />

zentrales Motiv, welches noch den Blick<br />

fokussiert und sozusagen von einem Innen<br />

nach Außen leitet. Damit ist auch hier die<br />

Idee von Landschaft angelegt, ohne weiter<br />

vorgegeben zu sein. Malerei bezeichnet in<br />

Grumbkows Bildern beides: Gegenstand<br />

und Gegenstandslosigkeit. Schon die<br />

Bahnen fasern transparent aus, geben sich<br />

als weitere Farbschicht über einem reichen<br />

Geschehen zu erkennen. Aber diese Arbeiten<br />

verdeutlichen noch ein wesentliches<br />

Prinzip, das sich durchgehend in seinem<br />

Werk fi ndet: Feste, konkrete Formen sind<br />

mit unfesten, „weichen“, verfl ießenden<br />

Flächen konfrontiert. Geradezu greifbare,<br />

dabei statische Partien sind gegen transparente,<br />

quasi immaterielle Partien gesetzt.<br />

Farbe ist Material in allen seinen Konsistenzen<br />

und sie ist Ziel, mit den Möglichkeiten,<br />

welche schiere Malerei bereit hält.<br />

Natürlich könnte man auf Traditionen<br />

verweisen, in denen sich Christian von<br />

Grumbkow bewegt, die von Turner und<br />

Monet bis hin zu Joseph Marioni oder<br />

Herbert Brandl reichen, aber Tachismus<br />

und abstrakten Expressionismus so gar<br />

nicht berühren. Christian von Grumbkow<br />

geht es nicht um den individuellen<br />

Ausdruck mit ihm als Urheber, sondern<br />

um ein allgemeines Sein, um die Transzendierung<br />

der Erfahrung von Welt, die<br />

uns verbindet, für die Farben stehen. Seine<br />

Malerei ist demokratisch und kompromisslos,<br />

lebt aus sich heraus und lässt vergessen,<br />

wer sie geschaffen hat. In dieser selbstbewussten<br />

Bescheidenheit liegt eine große<br />

Qualität dieser Arbeiten.<br />

Thomas Hirsch<br />

Fotos: Jörg Lange


Zum runden Geburtstag<br />

des HÖR ZU! - Redaktions-<br />

Maskottchens „Mecki“<br />

zeigt das Wilhelm-Busch-Museum<br />

in Hannover eine sehenswerte<br />

Ausstellung<br />

Ein Igel wird 60<br />

Er gehört zur jungen deutschen Bundesrepublik so untrennbar wie Konrad Adenauer<br />

und Theodor Heuss, Friedel Hensch & die Cyprys, der „Lurchi“ von Salamander,<br />

Rudolf Prack und Sonja Ziemann, Bully Buhlan und Otto Normalverbraucher: Mecki,<br />

das Redaktions-Maskottchen der Rundfunkzeitschrift HÖR ZU! aus dem Hamburger<br />

Axel Springer Verlag. Genau genommen ist die Geburtstagstorte ja schon gegessen, denn<br />

bereits im Oktober 1949 trat der fröhliche Igel auf den Plan, als die HÖR ZU! ihn ihren<br />

Lesern auf der Titelseite von Heft 43 vorstellte: „Das ist Mecki“.<br />

Liebling der Nation mit vielen Vätern<br />

Märchenhafte Reisen<br />

Im Handumdrehen wurde Mecki nicht nur zum Liebling<br />

des Chefredakteurs Eduard Rhein, sondern auch dem<br />

der Leser, besonders der Kinder, nachdem 1951 die<br />

Mecki-Puppe der Fa. Steiff auf den Markt gekommen<br />

war und die Cartoons sich vermehrt an Kinder<br />

wandten. Bekannt aus Puppentrickfi lmen der Gebrüder<br />

Ferdinand und Hermann <strong>Die</strong>hl, die von HÖR<br />

ZU! anfangs urheberrechtlich übergangen wurden und<br />

schließlich die Rechte an den Axel Springer Verlag verkauften,<br />

mußte die Figur für den <strong>Zeit</strong>schriften-Druck jetzt ein graphisches<br />

Gesicht bekommen. Dafür konnte der Verlag den Zeichner<br />

Reinhold Escher (1905-1994) gewinnen, der bereits erfolgreich für<br />

die Witzseite der HÖR ZU! gezeichnet hatte und nun die Grundlage<br />

für die bis heute (mit einer kleinen Unterbrechung von 1978-1985)<br />

anhaltende Erfolgsgeschichte der Cartoons und Zeichengeschichten<br />

um Meckis Abenteuer schuf. An seiner Gestaltung richteten sich die<br />

Nachfolger als Mecki-Väter im wesentlichen aus. Wilhelm Petersen ist<br />

wohl der bekannteste darunter geworden. Er arbeitete zur Unterstützung<br />

Reinhold Eschers einige Jahre gemeinsam mit ihm an den Mecki-Abenteuern.<br />

Aber auch die Namen anderer Zeichner haben guten Klang: Heinz<br />

Ludwig, Alexander Heß, Rainer Schwarz, Ully Arndt, Harald Siepermann<br />

und Peter Hörndl. Heute ist nach 20 Jahren der Regentschaft<br />

von Volker Reiche Johann Kiefersauer „amtierender“<br />

Mecki-Zeichner. Nicht nur durch die HÖR ZU!, vor<br />

allem durch die 1952-1964 in Buchform erschienenen<br />

Reiseabenteuer Meckis und seiner Freunde, zu<br />

denen Eduard Rhein die kongenialen<br />

Texte schrieb, fanden die<br />

Figuren Reinhold Eschers<br />

Eingang in das kollektive<br />

Comic-Bewußtsein der Nation:<br />

der Choleriker und große<br />

Individualist Charly Pinguin,<br />

der Schrat m it seinen erlesenen<br />

Schlafanzügen und die putzigen<br />

Goldhamsterchen, später auch Kater<br />

Murr und die Ente Watsch.<br />

Hatte Escher anfangs nur gelegentlich einen Mecki für die Leserbrief- oder die Witz-<br />

Seite, später ab 1951 in zeitlich unregelmäßigen Intervallen erste (fast) seitenfüllende<br />

Zeichengeschichten in Fortsetzungen entworfen, konnte sein Mecki ab Ende 1953<br />

endlich jede Woche mit einer ganzseitigen Folge episch lang angelegter Abenteuergeschichten<br />

erscheinen - und wurde Woche für Woche mit Spannung erwartet. <strong>Die</strong> in 13<br />

Jahrgängen erschienene Buchreihe mit dem Untertitel „Ein märchenhafter Reisebericht,<br />

45


46<br />

HÖR ZU-Titel aus den Jahren …<br />

aufgeschrieben von ihm selbst“ führte in<br />

der Tat in märchenhafte und exotische<br />

Welten. Neben Reisen in die Arktis, ins<br />

unerforschte Afrika, nach China, ins<br />

Indianerland Nordamerika und ins antike<br />

Persien besuchten Mecki und seine Freunde<br />

Märchenfi guren der Brüder Grimm,<br />

von Wilhelm Hauff, Ludwig Bechstein<br />

und aus 1001 Nacht. Zunächst im Verlag<br />

Hammerich & Lesser in Hamburg - der<br />

Verlag gehörte Axel Springers Vater - erschienen,<br />

folgten Neuaufl agen bei Melzer,<br />

Lingen, Bertelsmann, Ullstein und Cormoran.<br />

Heute gibt es Nachdrucke einiger<br />

Abenteuerreisen und zweier Jahrgangs-<br />

Sammlungen von HÖR ZU!-Seiten beim<br />

Esslinger Verlag J. F. Schreiber.<br />

Eduard Rhein<br />

Sicher ist die werbewirksame, sympathischgemütliche<br />

Figur des Mecki, der zu <strong>Zeit</strong>en,<br />

als das noch nicht verpönt war, auch gerne<br />

mal ein (Wasser-)Pfeifchen schmauchte,<br />

neben der hervorragenden Gestaltung der<br />

Programmseiten der damaligen HÖR ZU!<br />

für den anhaltenden Erfolg der Rundfunk-<br />

später auch Fernsehzeitschrift („Sieh fern mit<br />

HÖR ZU!“) mit verantwortlich. Umso härter<br />

muß es für seinen Entdecker und Texter Eduard<br />

Rhein (1900-1993) gewesen sein, als er<br />

1965 vom Axel Springer Verlag überraschend<br />

die Kündigung erhielt. Sein Name allerdings<br />

wird untrennbar mit dem abenteuerlustigen<br />

Igel verbunden bleiben. Gleichzeitig<br />

mit seiner Autorenschaft für Mecki schrieb<br />

Eduard Rhein u. a. unter dem Pseudonym<br />

Hans Ulrich Horster diverse erfolgreiche<br />

Romane, die z. Z. in der HÖR ZU! in Fortsetzungen<br />

veröffentlicht und später verfi lmt<br />

wurden: „Ein Herz spielt falsch (1950)“, „Der<br />

Engel mit dem Flammenschwert (1953)“,<br />

„Suchkind 312 (1955)“, „Herz ohne Gnade<br />

(1957)“, „Ein Student ging vorbei (1959)“,<br />

„Eheinstitut Aurora (1961)“.<br />

<strong>Die</strong> Ausstellung in Hannover, die noch bis<br />

zum 11. April zu besichtigen ist, zeigt mehr<br />

als 200 Original-Zeichnungen von allen an<br />

der Entwicklung der populären Figur beteiligten<br />

Zeichnern, dazu auch Unveröffentlichtes,<br />

darunter erstmals die letzte Mecki-Geschichte<br />

von Reinhold Escher aus dem Jahr 1970. Im<br />

Museumsshop ist eine Auswahl von Mecki-<br />

Büchern erhältlich.


Mecki-Bücher / Fotos Frank Becker<br />

Ein Igel wird 60<br />

Wilhelm-Busch-Museum – Georgengarten – 30167 Hannover<br />

Das Museum ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.<br />

Weitere Informationen unter: www. wilhelm-busch-museum.de<br />

Literatur:<br />

Eckart Sackmann - „Mecki - Einer für alle“, 1994 comicplus+, Verlag Sackmann u. Hörndl<br />

Moritz v. Uslar - „Er läuft und läuft und läuft...“, in: Süddt. <strong>Zeit</strong>ung Magazin 16/1998<br />

Werner Hoof - „Mecki und seine Freunde“, in: <strong>Die</strong> Sprechblase <strong>Nr</strong>. 20/1979<br />

Maurice Horn - „The World Encyclopedia of Comics“<br />

diverse Hefte HÖR ZU! - Axel Springer Verlag, 1951-1964<br />

Mecki-Bücher:<br />

1. Mecki im Schlaraffenland 1952<br />

2. Mecki bei den 7 Zwergen 1953<br />

3. Mecki bei den Eskimos 1954<br />

4. Mecki bei den Chinesen 1955<br />

5. Mecki bei den Indianern 1956<br />

6. Mecki bei den Negerlein 1957<br />

7. Mecki bei Prinz Aladin 1958<br />

8. Mecki auf dem Mond 1959<br />

9. Mecki und die 40 Räuber 1960<br />

10. Mecki bei Harun al Raschid 1961<br />

11. Mecki bei Sindbad 1962<br />

12. Mecki bei Zwerg Nase 1963<br />

13. Mecki bei Frau Holle 1964<br />

14. Mecki bei Aschenputtel -<br />

14. angekündigt für 1965, jedoch nicht<br />

14. erschienen<br />

Sechzig<br />

Jahre<br />

Comic-<br />

Abenteuer<br />

17. Januar bis 11. April 2010<br />

<strong>Die</strong>nstag bis Sonntag<br />

und an Feiertagen 11 bis 18 Uhr<br />

Wilhelm-Busch-Museum Hannover<br />

Deutsches Museum<br />

für Karikatur und kritische Grafik<br />

Georgengarten<br />

30167 Hannover<br />

www.wilhelm-busch-museum.de<br />

Reinhold Escher/Wilhelm Petersen -<br />

„Mecki - Gesammelte Abenteuer“,<br />

© 2009/2010 Esslinger Verlag<br />

J. F. Schreiber, zwei Bände<br />

(1958 und 1959), je 14,95 Euro<br />

Weitere Informationen im Internet unter:<br />

www.musenblaetter.de, www.meckiseite.<br />

de, www.meckifan und www.hoffmannworld.de<br />

Frank Becker<br />

Das Wilhelm-Busch-Museum<br />

Hannover/ Deutsches Museum<br />

für Karikatur und kritische Grafik<br />

wird institutionell gefördert<br />

durch das Kulturbüro<br />

der Landeshauptstadt Hannover.<br />

Plakat zur<br />

Ausstellung /<br />

Fotos: NN<br />

47


48<br />

Neue Kunstbücher<br />

vorgestellt von Thomas Hirsch<br />

Von innen nach außen<br />

Tadao Ando, Hg. Y. Nussaume, 192 S.<br />

mit ca. 180 Farbabb., geb., 24 x 21,5 cm,<br />

Birkhäuser, 39,90 Euro<br />

<strong>Die</strong> Stillsten zuerst. Längst ist der Ruf des<br />

1941 in Osaka geborenen Architekten<br />

Tadao Ando in Mitteleuropa angekommen.<br />

Von ihm stammt beispielsweise<br />

das Museum der Langen Foundation bei<br />

Neuss. Unter ausschließlicher Verwendung<br />

von Beton und Glas vermitteln seine<br />

Bauten Weite und Größe bei gleichzeitiger<br />

Nüchternheit. Geradlinige Passagen ermöglichen<br />

den Blick vom einen Ende des<br />

Gebäudes zum anderen, wobei mehrere<br />

Ebenen verschränkt sind. Es muss also<br />

nicht verwundern, dass für Ando Piranesi<br />

wie auch Josef Albers wichtig waren. Aber<br />

Ando handelt stets auch mit dem Außenraum<br />

– im Sinne einer Korrespondenz<br />

mit Landschaft, Natur, Himmel, Wasser<br />

und natürlich Licht, ja, er entwirft mit der<br />

Umgebung und klärt diese dadurch. Erst<br />

recht vor dem fernöstlichen Hintergrund<br />

geht dies mit meditativer Erfahrung einher.<br />

– Es ist also nicht einfach, das Werk<br />

von Tadao Ando in einem Buch angemessen<br />

zu beleuchten. Als Hardcover im eher<br />

moderaten Format ist nun bei Birkhäuser<br />

eine Gesamtübersicht erschienen, die etwas<br />

Handfestes, Praktisches hat und dabei<br />

eine Ahnung von der Wirkung der Bauten<br />

aufkommen lässt. Und das, obwohl der<br />

ausführliche, an der Biographie orientierte<br />

Text leider nur in Englisch vorliegt.<br />

Vieles von dem, was auf Tadao Ando<br />

zutrifft, wäre auch für den Schweizer Peter<br />

Zumthor zu konstatieren. Auch er arbeitet<br />

mit Passagen und Lichtschächten. Er nutzt<br />

die volle Höhe aus und wendet sich damit<br />

gegen baulichen Funktionalismus. Auch bei<br />

ihm geht es um Erfahrungen wie Stille, Größe<br />

und Bescheidenheit. Mithin baue er von<br />

innen, so schreibt Philip Ursprung im nun<br />

vorliegenden Buch des Verlags Scheidegger<br />

& Spiess; die Fassade zeichnet sich durch<br />

große Schmucklosigkeit und Betonung<br />

der (genau gewählten) Materialität aus.<br />

1943 geboren, gehört Zumthor seit seiner<br />

Realisation der Therme Vals zu den großen<br />

europäischen Baumeistern. Und auch von<br />

ihm gibt es in der weiteren Region Bauten:<br />

in Köln das „Kolumba“ als Museum der<br />

Erzdiözese Köln, und in der Eifel die Feldkapelle<br />

in Wachendorf. Man kommt dem<br />

Denken und Handeln von Peter Zumthor<br />

sehr nahe in dem nun erschienenen Buch<br />

bei Scheidegger & Spiess, welches sich von<br />

den üblichen monographischen Darstellungen<br />

abhebt. Es ist mehr eine Kladde, in<br />

Schwarz-weiß und mit vielen leeren Seiten,<br />

auf dickem Papier. Vorgestellt werden nicht<br />

die Gebäude als solche, sondern vielmehr eigenständige<br />

Fotografi en, die sich, schon vor<br />

Jahren aufgenommen, den Details von drei<br />

Architekturprojekten Zumthors zuwenden.<br />

Der Fotograf ist Hans Danuser, der von<br />

Zumthor ohne Vorgaben dazu eingeladen<br />

wurde. Danuser wirft implizit die Frage<br />

nach der Vermittlung von Architektur durch<br />

die Fotografi e auf – weswegen er direkt<br />

nach dem Wesen der Architektur strebt und,<br />

wie er sagt, deren Körperhaftigkeit zum<br />

Ausdruck bringen will. Wie ein zufälliges<br />

Schweifen ereignet sich seine Fotografi e,<br />

dabei ist sie ausgesprochen aussagekräftig<br />

und für sich: große Kunst. <strong>Die</strong>ser grandiose<br />

Spezialfall bestätigt die Rolle der (meist<br />

anonymen) Architekturfotografi e bei der<br />

Etablierung der Architektur als Kunstform.<br />

Auch auf diesem Feld also übernimmt die<br />

Fotografi e Funktionen, die einstens der<br />

Malerei zukamen. Wobei die Malerei selbst<br />

ihr Verhältnis zur Architektur immer wieder<br />

neu ausgelotet hat und sich dieser doch<br />

mehr von Innen als von Außen zugewendet<br />

Zumthor sehen. Bilder von Hans Danuser,<br />

88 S. mit 24 Triplex-Abb., Hardcover mit<br />

Schutzumschlag, 31,5 x 24 cm, Edition<br />

Hochparterre bei Scheidegger & Spiess,<br />

35,- Euro<br />

hat. In der Geschichte der Malerei gibt<br />

es hinreichend Beispiele für die unterschiedlichen<br />

Konnotationen des Interieurs<br />

zwischen Autonomie, eigener Aussage und<br />

unterschwelliger Unterstützung des Gehalts.<br />

<strong>Die</strong> Architektur wurde Staffage oder besaß<br />

doch immerhin repräsentativen Charakter<br />

oder referentielle Bezüge. Auf der einen<br />

Seite sind da die riesigen Kathedralen mit<br />

den winzigen Menschlein, die bei Saenredam<br />

die Größe der Bauten sinnbildlich vor<br />

Augen führen, auf der anderen Seite gibt<br />

es die Prachtinterieurs bei Velasquez, die<br />

sich mit den Bewohnern zu umfassenden<br />

gesellschaftlichen Porträts verdichten. Oder<br />

die Fensterblicke der deutschen Romantik,<br />

die zwischen metaphysischem Außen und<br />

Innen vermitteln ... Eine Auswahl aus den<br />

unterschiedlichen Bereichen innerhalb der<br />

Kunstgeschichte versammelt nun das kluge<br />

und vorbildliche Buch Das Interieur in der<br />

Malerei des Hirmer-Verlages. Konzentrieren<br />

wir uns nur auf die (gut kommentierten)<br />

Bilder – dann erfahren wir genug, übrigens<br />

auch zum Verlauf der Kunstgeschichte mit<br />

ihren Stilen. Und darüber, wie Räume in<br />

ihrer <strong>Zeit</strong> aussehen.


Karl Schütz: Das Interieur in der Kunst,<br />

383 S. mit 240 Farbabb., geb. mit Schutzumschlag<br />

im Schuber, 34 x 28,5 cm, Hirmer,<br />

138,- Euro<br />

Frank Lloyd Wright, Moderne Häuser, Hg.<br />

A. Hess, A. Weintraub, 336 S. mit 500<br />

Farbabb., geb. mit Schutzumschlag, 25,5 x<br />

25,5 cm, DVA, 69,95 Euro<br />

Dafür lohnt sich aber wieder der Blick<br />

zurück zum einzelnen Architekten im 20.<br />

Jahrhundert, mit den Mitteln der Fotografi<br />

e also. Frank Lloyd Wright gilt als einer<br />

der Meister des modernen Wohnhauses.<br />

Freilich, aus der Ferne Europas, unterstützt<br />

noch durch die Prominenz des Bauwerks,<br />

wird sein Schaffen wesentlich auf das<br />

Solomon R. Guggenheim-Museum und<br />

dessen Formensprache reduziert: auf seine<br />

spiralige, raumhaltige Anlage, welche die<br />

Bewegung des Betrachters bei gleichzeitiger<br />

Transparenz bedenkt, und zwar im öffentlichen<br />

Raum, der überhaupt als Domäne<br />

Wright’s gilt. Schon das erste Bauwerk,<br />

das er konzipiert hat, fällt hierunter: eine<br />

Kapelle für die Familie. Etliche weitere teils<br />

prominente öffentliche Bauten folgten, die<br />

per se auf ein repräsentatives und funktionales<br />

Zusammenspiel von Außen und<br />

Innen konzipiert werden mussten, in einem<br />

Vokabular, dem Wright <strong>Zeit</strong> seines Lebens<br />

treu blieb und das er auch, als er sich<br />

50jährig verstärkt dem privaten Wohnhaus<br />

zuwandte, verwandte. Aber was gemeinhin<br />

als konservativ galt, bekam nun, im freien<br />

Umgang mit den Formen und im privaten<br />

Bereich eine andere Wertung und Bedeutung.<br />

Auch da baut Wright im Einklang<br />

mit der Gesellschaft<br />

und in vorsichtiger Reaktion auf die<br />

natürliche Umwelt. Aber er entwirft nun<br />

„sinnfreie“ komplexe artifi zielle Systeme<br />

der Verschachtelung, des Geschwungenen,<br />

die visionäre Züge tragen und aus<br />

den Wohnhäusern temperierte Zonen des<br />

Rückzugs schaffen. Als Hauptwerk gilt<br />

Haus Fallingwater in Pennsylvania, erbaut<br />

1935. <strong>Die</strong>ses Wohnhaus bildet den Auftakt<br />

zu einer Vielzahl bemerkenswerter Bauten,<br />

die jeweils für sich im Überblick und im<br />

Detail, aber mit zu wenig Grundrissen, vorgestellt<br />

werden. <strong>Die</strong> Innenaufnahmen sind<br />

zu stimmungsvoll, aber vielleicht, wenn es<br />

um die Wahrnehmung der Bewohner geht,<br />

authentisch.<br />

Schon vor knapp einem Jahr ist, in gleich<br />

gelungener Aufmachung, bei DVA der<br />

Überblick über die öffentlichen Bauten<br />

erschienen – somit ordnet sich nach dem<br />

50. Jahrestag des Guggenheim-Museums<br />

und dem 50. Todestag von Frank Lloyd<br />

Wright 2009 das Werk dieses großen amerikanischen<br />

Architekten. Schade ist nur, dass<br />

die frühen privaten Wohnhäuser inmitten<br />

dieser zweibändigen, fotografi sch hervorragend<br />

dokumentierten Übersicht vollständig<br />

vergessen wurden. – Aber auch hier: <strong>Die</strong><br />

Rolle der Fotografi e für die Vermittlung der<br />

Architektur ist eminent und sie ist in ihren<br />

guten Beispielen sachlicher, freilich auch<br />

ausschließlicher als es der Sinn hervor-<br />

ragender Malerei war. Und da wir nicht<br />

einfach durch Japan oder Amerika oder<br />

zu den großen Museen zwischen diesen<br />

Ländern reisen können, sind die genannten<br />

Monografi en nicht nur hilfreich, sondern<br />

ein Segen.<br />

Frank Lloyd Wright, Bauten für die Öffentlichkeit,<br />

Hg. A. Hess, A. Weintraub, 312 S.<br />

m. 400 Farbabb., geb. m. Schutzumschlag,<br />

27,9 x 27,9 cm, DVA, 79,95 Euro<br />

<strong>Die</strong> Anwendung<br />

von Intelligenz ist<br />

nicht so qualvoll,<br />

wie allgemein<br />

vermutetet wird.<br />

(Werner Schneyder)<br />

49


50<br />

Der Abend kommt als Kubist<br />

Eine zeitgenössische<br />

Italienische Reise<br />

Hörstück für vier Sprechstimmen,<br />

Saxophon, Perkussion, Akkordeon<br />

und Improvisationsmalerei<br />

Gastspiel an den Wuppertaler Bühnen<br />

(Kleines Haus) in Kooperation mit Jazz-Age<br />

Wuppertal, gefördert durch die Stadtsparkasse<br />

Wuppertal<br />

Samstag, 3. Juli, Beginn:20.00 Uhr<br />

Schauspielhaus (Kleines Haus)<br />

Ein Mann, eine Frau. Eine Frau, ein Mann.<br />

<strong>Die</strong> älteste Geschichte der Welt. Zuweilen<br />

die schönste. Öfter die traurigste. Noch<br />

häufi ger die schönste und die traurigste zugleich.<br />

Hier wird sie eingetaucht in das Licht<br />

Liguriens. <strong>Die</strong> italienischen Riviera und ihr<br />

hügeliges Hinterland bilden die Kulisse für<br />

eine abenteuerliche Reise in das je eigene<br />

und wahre Ich der beiden Protagonisten.<br />

Wirklichkeit und Einbildungskraft verschwimmen:<br />

Reiseimpressionen werden zu<br />

imaginierten Experimentalfi lmen verdichtet,<br />

Personen erfunden, die uns so vertraut und<br />

bekannt vorkommen, als würden wir sie<br />

schon immer kennen: wie Enzo, den Kranführer,<br />

der seine Familie mit seinem kleinen<br />

Gehalt mühsam über Wasser hält, eine<br />

heimliche Geliebte hat und unheimliche<br />

Gedichte schreibt. Oder Joey, der Griot und<br />

Geschichtenerzähler aus dem Kongo, der das<br />

Kunststück fertig bringt, mitten im ligurischen<br />

Sommer Regenschirme (!) ohne Zahl<br />

an die Badegäste am Meer zu verkaufen.<br />

senden. In dem Monolog des „Geistes der<br />

Erzählung“ und in der Musik – Saxophon,<br />

großes Schlagwerk, afrikanische Trommeln<br />

und Akkordeon – wird die Landschaft<br />

Liguriens als „inneres Bühnenbild“ und<br />

Erfahrungsraum der Protagonisten lebendig.<br />

Text und Musik werden zu einem Sinn- und<br />

Klangraum verwoben, den die Jazz- und<br />

Improvisationsmusiker <strong>Die</strong>trich Rauschtenberger<br />

(Saxophon, Schlagwerk, Perkussion),<br />

Ute Völker (Akkordeon) sowie der Trommler<br />

Maik Bash-shiti füllen.<br />

<strong>Die</strong> Wuppertaler Malerin und Bildhauerin<br />

Ulle Hees hat während der Proben, die in<br />

ihrem Atelier stattfanden, Bildsequenzen<br />

zu den Stationen der Reise entworfen, die<br />

während des Hörstücks als Bühnenbild(er)<br />

projiziert werden. Dabei addieren sich die<br />

von Hees entworfenen Glasaquarelle – jedes<br />

einzelne für sich ein autonomes Kunstwerk -<br />

durch Projektion und Übereinanderlagerung<br />

zu einer Collage. Das letzte Bild schließt<br />

gleichnishaft – ähnlich wie das Leben selbst<br />

– die vorhergehenden Bilder als Schichten<br />

unserer Existenz mit ein.<br />

So werden im Dialog der Schauspieler, im<br />

Klang der Musik und im Kunstraum der<br />

Glasaquarelle die Landschaft Italiens als<br />

Spiegelbild der Seele präsent: <strong>Die</strong> <strong>Zeit</strong> wird<br />

fl üssig, wenn die Sonne hinter die Hügel<br />

sinkt. Dann beginnt sich die sphärische Perspektive<br />

aufzulösen, die Landschaft wird zur<br />

Fläche. <strong>Die</strong> ineinander gewürfelten Häuser<br />

am Hang scheinen in diesem späten Licht<br />

ineinander zu fl ießen: „Der Abend kommt<br />

als Kubist.“<br />

Idee, Text und Konzeption:<br />

Heiner Bontrup<br />

Regie: Hans Richter<br />

Sprecher: Hans Richter, Sabine Pass,<br />

<strong>Die</strong>trich Rauschtenberger, Claudio Li Mura,<br />

Heiner Bontrup<br />

Musik:<br />

<strong>Die</strong>trich Rauschtenberger (Saxophon,<br />

Schlagwerk, Perkussion),<br />

Ute Völker (Akkordeon)<br />

Maik Bash-shiti (afrikanische Trommeln)<br />

Bühnenbild: Ulle Hees<br />

Der „Kubist“ ist nach „German Song“ (mit<br />

Wolfgang Schmidtke) und „Jazz unterm<br />

Hakenkreuz – die Ernst Höllerhagen-Story“<br />

das dritte Hörstück des Wuppertaler Autors<br />

Heiner Bontrup. Im September 2009 wurde<br />

das Hörstück in Catania (Sizilien) im Rahmen<br />

des XVI. Else-Lasker-Schüler-Forums unter<br />

großem Beifall des Publikums im ältesten<br />

und schönsten Benedektiner-Kloster Europas<br />

(heute ist dort die Universität von Catania)<br />

uraufgeführt.<br />

Im Anschluss an die Inszenierung wird<br />

das gleichnamige Buch vorgestellt, das im<br />

Nordpark-Verlag erschienen ist.<br />

Redaktion<br />

Zufällig am Wegesrand Beobachtetes wird<br />

zum Ausgangsmaterial für Gedichte und<br />

Refl exionen. <strong>Die</strong> zeitgenössische italienische<br />

Reise ist „Kino-im-Kopf“, ein literarischmusikalisches<br />

Roadmovie, das Atmosphäre<br />

und Stimmung Liguriens einfängt. Musik,<br />

Poesie und Philosophie verdichten sich zu<br />

einer Meditation über das Wesen von <strong>Zeit</strong><br />

und Erinnerung: „Wir müssen im Dunkel<br />

unserer Vergessenheit die Geisterschiffe<br />

aufspüren, auf denen wir einst segelten. Nur<br />

wenn wir in die Vergangenheit schauen,<br />

können wir den Horizont unserer Zukunft<br />

erkennen.“<br />

In dem Textkonzert schlüpfen Hans Richter<br />

(langjähriges Mitglied der Wuppertaler Bühnen)<br />

und die Kölner Schauspielerin Sabine<br />

Paas in die Rollen der modernen Italienrei- Ulle Hees: Der Kubist, 2009, Hinterglasmalerei


Kulturnotizen<br />

Erster gemeinsamer Sammlungsführer<br />

der Ruhr Kunst Museen<br />

Der Band stellt 20 Museen der „Metropole<br />

Ruhr“ vor<br />

Unter dem Titel „RuhrKunstMuseen.<br />

<strong>Die</strong> Sammlung“ ist zum Kulturhauptstadtjahr<br />

RUHR.2010 der erste gemeinsame<br />

Sammlungsführer der 20 großen<br />

Kunstmuseen des Ruhrgebiets erschienen.<br />

Er ist Ausdruck der Gesamtidee eines<br />

neuen Netzwerks, mit dem die vielseitige<br />

Kunstlandschaft in der Summe der<br />

Sammlungen moderner Kunst sichtbar<br />

gemacht werden soll.<br />

Einem einführenden Essay von Georg<br />

Imdahl über die „Bilder des Ruhrgebiets“<br />

folgt ein 150-seitiger, gerade durch seine<br />

Unkommentiertheit beeindruckender<br />

farbiger Tafelteil mit Abbildungen ausgewählter<br />

Exponate der Museen: Kunstmuseum<br />

Bochum, Kunstsammlungen der<br />

Ruhruniversität Bochum, Josef Albers<br />

Museum Quadrat Bottrop, Museum<br />

Ostwall Dortmund, Museum DKM<br />

Duisburg, Museum Küppersmühle Duisburg,<br />

Museum Folkwang Essen, Kunstmuseum<br />

Gelsenkirchen, Emil Schumacher<br />

Museum Hagen, Osthaus Museum<br />

Hagen, Gustav-Lübcke-Museum Hamm,<br />

Flottmann-Hallen Herne, Städt. Galerie<br />

Emschertal-Museum Herne, Skulpturenmuseum<br />

Glaskasten Marl, Kunstmuseum<br />

Mülheim Ruhr, Ludwiggalerie Schloß<br />

Oberhausen, Kunsthalle Recklinghausen,<br />

Zentrum für Lichtkunst Unna, Märkisches<br />

Museum Witten.<br />

Glanzstücke<br />

Impressionistische Glanzstücke wie u.a.<br />

Max Liebermanns Selbstbildnis mit<br />

Küchenstilleben, Auguste Renoirs „Lise<br />

mit dem Sonnenschirm“, Auguste Rodins<br />

Portrait-Plastik „Rose Beuret“ und Henri<br />

Matisses Stilleben mit Affodillen eröffnen<br />

den Reigen mit Werken von Lehmbruck,<br />

Marc, Macke, Kirchner sowie Albers,<br />

Nolde, Richter, Stella, Schumacher, Höfer,<br />

Tinguely, Turrell, Picasso, Albers, Grieshaber,<br />

Klein, Piene, Giacometti, Kiefer,<br />

Seliger, Richter, Vostell, Long, Grützke,<br />

Maholy-Nagy, Uecker, Stella und vielen<br />

anderen mehr. Hinzu kommen Stücke der<br />

Antike, Kunst aus Ozeanien und Asiatica.<br />

Illustrierte Beschreibungen - wenn man so<br />

will Selbstportraits der beteiligten Museen<br />

- mit straffen Texten und Bildbeispielen<br />

aus Architektur und Sammlungen<br />

schließen sich an. So stellt z.B. Ursula<br />

Sinnreich das „Zentrum für Internationale<br />

Lichtkunst Unna“ vor, ein ungemein<br />

reizvolles und spannendes Haus, das ohne<br />

die Aufnahme in dieses Sammelwerk vielleicht<br />

nur wenigen Spezialisten bekannt<br />

geblieben wäre. Auch das Gustav-Lübcke-<br />

Museum in Hamm mit seinen vielfältigen<br />

Sammlungen (allein die Design-Abteilung<br />

ist eine Perle), verdient einen Blick mehr.<br />

Ellen Schwinzer und Diana Lenz-Weber<br />

stellen die Sammlungen vor. Den ungeheuren<br />

Schatz des Duisburger Wilhelm<br />

Lehmbruck Museums mit seinem<br />

Skulpturenpark lernt man mit Christoph<br />

Brockhaus kennen und das über 100 Jahre<br />

alte, gediegene Geschmacksproben<br />

<strong>Die</strong> „Geschmacksproben“ des kompakten,<br />

handlichen Museumsführeres machen Appetit<br />

auf die intensive eigene Erforschung<br />

der vorgestellten Sammlungen. Zwar sind<br />

die Adressen artig angegeben, man fi ndet<br />

also hin, doch wurde leider versäumt, die<br />

Internet-Seiten der Museen in die Texte<br />

einzufügen. Das sollte heute schon Standard<br />

sein. Dennoch: ein sehr empfehlenswerter<br />

Einstieg in die Museumswelt des<br />

Ruhrgebiets.<br />

Ruhr Kunst Museen - <strong>Die</strong> Sammlung<br />

© 2010 Hatje Cantz, 272 Seiten, 190<br />

farbige Abbildungen mit alphabetischem<br />

Verzeichnis, Format: 22,5 x 16,5 cm,<br />

19,- Euro. ISBN 978-3-7757-2617-7.<br />

Informationen unter: www.hatjecantz.de<br />

Frank Becker<br />

Peter Krämer<br />

WP/StB<br />

Andreas Niemeyer<br />

WP/StB<br />

Thomas Pintzke<br />

StB<br />

Katrin Schoenian<br />

WP/StB<br />

Dr. Jörg Steckhan<br />

RA/WP/StB<br />

Peter Temmert<br />

WP/StB<br />

Susanne Schäfer<br />

StB<br />

Stephan Schmacks<br />

StB<br />

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51


52<br />

Kulturnotizen<br />

Einstürzende Gedankengänge<br />

Eifel/Island-Krimi mit Rezepten von<br />

Ulrich Land<br />

Kripo Trier. Hauptkommissar Dollinger<br />

hat Probleme mit seinem Kopf. Ihn<br />

plagen nicht nur starke Schmerzen,<br />

immer öfter muss er feststellen, dass sein<br />

Gedächtnis ihn im Stich lässt.<br />

Während Dollinger hartnäckige Tagträume<br />

immer wieder nach Island zurückversetzen,<br />

wo er mit seiner Tochter alles<br />

andere als erfolgreich versuchte, den<br />

größten Gletscher zu bezwingen, kann<br />

er sich auf wichtige Details der jüngsten<br />

Vergangenheit beim besten Willen keinen<br />

Reim machen. Dafür schießen ihm jetzt<br />

neuerdings auch noch quälende Erinne-<br />

285 Seiten, 14 Euro<br />

ISBN 978-3-938568-42-2<br />

Oktober Verlag in der Reihe<br />

„Mord und Nachschlag“<br />

Neuerscheinung:<br />

25. März 2010.<br />

rungen aus seiner Kindheit messerscharf<br />

durchs Hirn. Eigentlich hat er also reichlich<br />

mit sich selbst zu tun, als ihm der<br />

Tod eines Kindes in die Quere kommt,<br />

das eingesperrt in einen Wohnhauskeller<br />

mitten in Trier jämmerlich verhungertist.<br />

Als kurz darauf die Mutter des Jungen<br />

brutal ermordet aufgefunden wird und<br />

sämtliche Indizien Dollinger selber<br />

zum Verdächtigen machen, da weiß er<br />

sich keinen anderen Rat mehr, als die<br />

Polizeipsychologin aufzusuchen. <strong>Die</strong> aber<br />

kann auch nicht verhindern, dass er vom<br />

<strong>Die</strong>nst suspendiert wird. Was Dollinger<br />

jedoch keineswegs davon abbringt, auf<br />

eigene Faust weiter zu recherchieren.<br />

Schließlich will er auch den geringsten<br />

Zweifel an seiner Unschuld aus der Welt<br />

schaffen – und vor allem seine Selbstzweifel.<br />

<strong>Die</strong> Polizeipsychologin allerdings<br />

erweist sich dabei als wenig hilfreich.<br />

Ulrich Land, geboren 1956 in Köln, lebt<br />

und schreibt in Hattingen. Sein Romandebüt<br />

»Der Letzte macht das Licht aus«<br />

erschien 2008 im Oktober Verlag. Er<br />

ist Verfasser von Lyrik, Prosa, Essays, 40<br />

Hörspielen und über 60 Radiofeatures.<br />

Außerdem war er langjähriger Moderator<br />

der WDR EinsLive-Hörspiele.<br />

Mit Vorliebe lotet er die Ränder des<br />

süßen Grauens aus. Krisen und Katastrophen,<br />

Süchte und Sehnsüchte: das ist der<br />

Stoff, aus dem seine Tinte ist.<br />

Ruth Eising<br />

Konzerte im Landhotel Jammertal<br />

Im Rahmen der Kulturhauptstadt<br />

Ruhr.2010 hat das Landhotel Jammertal<br />

in Datteln das Kulturangebot deutlich erweitert<br />

– auch auf internationaler Ebene.<br />

Von Jazz und Swing, von Flamenco und<br />

Klassik bis hin zur Lesungen bietet die<br />

Wellness-Oase mitten im Grünen allen<br />

Freunden der gehobenen Unterhaltung<br />

ganz besondere Leckerbissen an.<br />

Donnerstag, 20. Mai 2010, 20.00 Uhr<br />

Swing | Michael Friedmann & Peter Berlau<br />

Mittwoch, 02. Juni 2010, 20.00 Uhr<br />

Literarischer Abend | Michael van Ahlen<br />

& Peter Nickel<br />

Donnerstag, 03. Juni 2010, 20.00 Uhr<br />

Gesangsabend | Claudia Duschner &<br />

Juriko Akimoto<br />

Donnerstag, 17. Juni 2010, 20.00 Uhr<br />

Jazz | Spirit of Louis Armstrong Trio<br />

Landhotel Jammertal<br />

Familie Schnieder · Naturpark Haard<br />

Redder Straße 421 · 45711 Datteln - Ahsen<br />

Tel.0 23 63 - 3 77 0 · Fax 377 100<br />

info@jammertal.de · www.jammertal.de


Klangart im<br />

Skulpturenpark Waldfrieden<br />

Den Liebhaber dieser Musikreihe ein<br />

wohl temperiert zusammengestelltes<br />

Programm im Spannungsfeld von zeitgenössischen<br />

Jazz, frei improvisierter Musik<br />

und Weltmusik auf internationalem<br />

Niveau:<br />

Sonntag, 30. Mai 2010, 18 Uhr<br />

Limpe Fuchs & Zoro Babel<br />

Samstag, 19. Juni 2010, 19 Uhr<br />

Savina Yannatou & Primavera en Salonico<br />

Sonntag, 20. Juni 2010, 18 Uhr<br />

TRIBUT TO CHARLIE MARIANO<br />

Bobby Stern, Philip Catherine,<br />

Jasper van’t Hof, <strong>Die</strong>ter Ilg, Aldo Romano<br />

Sonntag, 4. Juli 2010, 18 Uhr<br />

DEVIL QUARTET<br />

Paolo Fresu, Bebo Ferra,<br />

Paolino Dalla Porta, Stefano Bagnoli<br />

Klangart im Skulpturenpark Waldfrieden<br />

Hirschstraße 12, 42285 Wuppertal<br />

Telefon 0202-3172989<br />

www.skulpturenpark-waldfrieden.de<br />

Litheraturhaus Wuppertal e.V.<br />

Ein Fest für die Dichtung:<br />

Leselust von früh bis spät<br />

Das Literaturhaus Wuppertal feiert seine<br />

zehnjährige Präsenz am Haspel<br />

Eine lebendige Literaturszene in der<br />

Stadt – dafür macht sich das Literaturhaus<br />

Wuppertal stark. Der Verein organisiert<br />

Lesungen, Themenabende, Konzerte<br />

mit Literatur und vieles mehr. Seit April<br />

2000 ist das Literaturhaus in einem der<br />

Haspel-Häuser an der Friedrich-Engels-<br />

Allee 83 zu Hause. Ein solches Jubiläum<br />

ist ein Grund zu feiern. Am 5. und 6.<br />

Juni heißt es daher „Leselust von früh bis<br />

spät“. Das Literaturhaus lädt in Kooperation<br />

mit den Wuppertaler Bühnen<br />

zu einem vielfältigen Programm mit<br />

Dichtung und Musik am Haspel und im<br />

Schauspielhaus ein.<br />

Am Samstag, 5. Juni, spielt sich alles am<br />

Haspel ab. In den Räumen des Literaturhauses<br />

und im Hof steigt ein Lesemarathon<br />

bis spät in die Sommernacht. Auch<br />

für Speisen und Getränke ist natürlich<br />

gesorgt. Los geht’s um 14 Uhr mit dem<br />

Kinderprogramm. Der bekannte Illustrator<br />

Wolf Erlbruch zeichnet, Hermann<br />

Schulz und andere Autoren lesen. Ab 16<br />

Uhr tragen Wuppertaler Schriftsteller<br />

Lyrik und Prosa vor, u.a. sind Karl Otto<br />

Mühl und Michael Zeller dabei. Für Musik<br />

sorgen Künstlerinnen der GEDOK.<br />

Ab 21.30 Uhr folgt ein Poetry Slam,<br />

anschließend tritt Wortakrobat Mitch<br />

Heinrich auf.<br />

Wolf Erlbruch<br />

Ingeborg Wolff<br />

Am Sonntag, 6. Juni, geht es von 11 bis<br />

etwa 14 Uhr im Schauspielhaus weiter.<br />

Wer möchte, kann mit einem Frühstück<br />

dort beginnen. Bekannte Schauspieler wie<br />

Ingeborg Wolff, Barbara Nüsse und Edgar<br />

M. Böhlke lesen Theatertexte. Studentinnen<br />

der Musikhochschule Wuppertal<br />

gestalten die Musik dazu.<br />

Literaturhaus Wuppertal e.V.<br />

Friedrich-Engels-Allee 83<br />

42285 Wuppertal<br />

Telefon: +49 (0) 202 8 02 32<br />

Telefax: +49 (0) 202 8 992 76<br />

E-Mail: info@literaturhaus-wuppertal.de<br />

www.literaturhaus-wuppertal.de<br />

Neuer Kunstverein Wuppertal<br />

„Wir laden ein...“ heisst die erste Ausstellung<br />

des neuen Kunstvereins Wuppertal<br />

und insgesamt 350 Besucherinnen und<br />

Besucher füllten über Stunden den Raum<br />

im Kolkmannhaus in der Hofaue um die<br />

Taufe zu feiern. <strong>Die</strong> Mitglieder haben<br />

hierzu Künstler aus Deutschland, Österreich,<br />

Belgien und Frankreich eingeladen<br />

und zeigen zum Auftakt ein vielfältiges<br />

Bild zeitgenössischer Kunst. Dazu gehören<br />

Armin Bremicker, Ralf Edelmann,<br />

Johannes Jensen, Katharina Kern, Peter<br />

Mönnig, Virginie Mossé, Laurent Tchedry<br />

und Uwe Wölcke. Das Spektrum ist<br />

weit gefasst und reicht von dokumentarischen<br />

Fortografi en über Malerei und<br />

Skulptur bis hin zur Installation. Zudem<br />

wurde das Eröffnungsprogramm durch<br />

Ralf Landfermann, Daniel Schmitt und<br />

die Mitglieder begleitet.<br />

Insofern ist die erste Ausstellung auch ein<br />

spannender Aufschlag für die zukünftige<br />

Entwicklung. Ziel des Vereins ist es ein<br />

Forum zu schaffen, Diskussionen zu<br />

ermöglichen, und damit dem kulturellen<br />

Leben in der Stadt neue Impulse zu geben,<br />

auch um Wuppertal als interessanten<br />

Kunststandort überregional bekannt zu<br />

machen. Geplant sind unterschiedlichste<br />

Themen- und Gruppenausstellungen<br />

sowie ein umfangreiches Veranstaltungsangebot.<br />

<strong>Die</strong> aktuelle Show ist noch bis 13.6. zu<br />

sehen, Ende Juni folgt dann eine Einzelausstellung<br />

des Berliner Videokünstlers<br />

Ralf Küster.<br />

„Wir laden ein...“, bis 13.6.2010, Neuer<br />

Kunstverein Wuppertal, Hofaue 51<br />

(Kolkmannhaus), 42103 Wuppertal,<br />

Öffz.: Mi-Fr 17-20, Sa+So 15-18 Uhr,<br />

Informationen unter: info@neuer-kunstverein-wuppertal.de<br />

oder 0202/2954076<br />

(E. Schönenberg)<br />

53


54<br />

Kulturnotizen<br />

„Vorwärts, und nicht vergessen…“<br />

Fluchtpunkt Solidarität<br />

„Auf ihr Völker dieser Erde, einigt euch in<br />

diesem Sinn: daß sie jetzt die eure werde<br />

und die große Nährerin. Vorwärts, und<br />

nicht vergessen...“<br />

Das Solidaritätslied entstand 1931 vor der<br />

Errichtung der faschistischen Hitlerdiktatur.<br />

Text: Bert Brecht, vertont von Hanns<br />

Eisler<br />

Heine-Kunst-Kiosk 01.05. – 30.06.2010<br />

Wuppertal, Wichlinghauser Straße 29a<br />

Barbara Held – Tel 0202-475098<br />

Boris Meißner – Tel 02191-73162<br />

Erweiterungsgebäude KUBUS in<br />

der Ruine von Haus Weitmar (Red.)<br />

Kubus: Foto © Heide von Berswordt-Wallrabe<br />

Bochum. Situation Kunst ist ein museales<br />

Ensemble im Park von Haus Weitmar in<br />

Bochum und Teil der Kunstsammlungen<br />

der Ruhr-Universität Bochum. <strong>Die</strong><br />

Sammlungen umfassen Werke der internationalen<br />

Gegenwartskunst sowie alte<br />

afrikanische und asiatische Kunst; sie dienen<br />

zum einen verschiedenen Fakultäten<br />

der Ruhr-Universität als Lehrsammlungen<br />

und sind zum anderen der Öffentlichkeit<br />

an mindestens zwanzig Stunden pro<br />

Woche unentgeltlich zugänglich.<br />

<strong>Die</strong> Stiftung Situation Kunst hat aktuell<br />

ein multifunktionales Erweiterungsgebäude<br />

„Kubus“ nach den Plänen der<br />

Architekten Pfeiffer, Ellermann und<br />

Preckel aus Münster in der Ruine des im<br />

Zerschossener Wald bei Verdun 1916<br />

© Adolf Erbslöh / VG Bild-Kunst, Bonn 2010<br />

Zweiten Weltkrieg zerstörten Haus Weitmar<br />

errichtet. Der Kubus bietet auf einer<br />

Fläche von etwa 1.200 m2 (verteilt auf<br />

vier Geschosse) u.a. Raum für Wechselausstellungen.<br />

Anläßlich der Eröffnung zeigt die Stiftung<br />

Situation Kunst dort bis November 2010<br />

die zweiteilige Ausstellung Weltsichten.<br />

Landschaft in der Kunst seit dem 17.<br />

Jahrhundert.<br />

Stiftung Situation Kunst<br />

Nevelstr. 29c/Schloßstr. 13<br />

D-44795 Bochum<br />

www.situation-kunst.de<br />

Osthaus Museum Hagen zeigt<br />

Ausstellung über Istanbul<br />

<strong>Die</strong> Sammlung Huma Kabakci ist im<br />

Rahmen des Kulturhauptstadtprogramms<br />

Ruhr.2010 bis zum 25. Juli zu<br />

sehen<br />

Hagen - „Istanbul. Sammlung Huma<br />

Kabakci“ ist der Titel einer Ausstellung<br />

im Hagener Museum Osthaus im<br />

Rahmen des Kulturhauptstadtprogramms<br />

Ruhr.2010. In Istanbul - ebenfalls<br />

Kulturhauptstadt Europas im laufenden<br />

Jahr - hat sich eine junge Kunstszene<br />

etabliert, die ebenso aufregend ist<br />

wie Paris, Berlin oder New York. 60<br />

Jahre Kunst in Istanbul - nicht nur als<br />

Rückblick, sondern auch mit besonderem<br />

Augenmerk auf zeitgenössische Kunst<br />

präsentiert das Osthaus Museum als erstes<br />

Museum in Europa. Insgesamt sind 195<br />

Werke der Malerei und Bildhauerei von<br />

1950 bis heute aus der Sammlung Huma<br />

Kabakci zu sehen.<br />

<strong>Die</strong> bedeutende Sammlung umfaßt<br />

zudem ein großes Konvolut von<br />

Fotografi en des international hoch<br />

geachteten türkisch-armenischen<br />

Magnum-Fotografen Ara Güler. In Hagen<br />

zeigt eine Auswahl seiner Stadtansichten<br />

Momente alltäglicher Schönheit zwischen<br />

Dynamik und Wehmut. Ein Katalog zur<br />

Ausstellung mit allen gezeigten Werken<br />

wird in der Edition Braus erscheinen.<br />

<strong>Die</strong> Ausstellung ist dienstags bis freitags<br />

von 10 bis 17 Uhr sowie samstags und<br />

sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.<br />

Internet: www.osthausmuseum.de<br />

Alexej von Jawlensky und Josef<br />

Albers: Farbe. Abstraktion. Serie<br />

Alexej von Jawlensky -<br />

Abstrakter Kopf Schicksal - © VG Bild-Kunst<br />

Josef Albers Museum Bottrop<br />

16. Mai – 29. August 2010<br />

<strong>Die</strong> Ausstellung Alexej von Jawlensky und<br />

Josef Albers Farbe. Abstraktion. Serie ist<br />

ein seltenes Gipfeltreffen, bei dem sich<br />

zwei weithin bekannte Künstler begegnen,<br />

deren Gemeinsamkeiten bisher noch<br />

nicht wirklich entdeckt worden sind.<br />

Obwohl es in den Arbeiten von Josef<br />

Albers keinerlei Verweis auf Gegenständliches<br />

gibt, setzt die Farbe in ihrer eigenen<br />

Dynamik die gemeinsame Klammer zu<br />

Alexej von Jawlensky. Erstmals werden


Josef Albers - Variant Adobe 1976 - © The Josef<br />

and Anni Albert Foundation/VG Bild-Kunst<br />

diese beiden Künstler gemeinsam im Josef<br />

Albers Museum in Bottrop gezeigt. Dabei<br />

werden etwa 50 Werke von Josef Albers<br />

mit ebenso vielen Gemälden von Alexej<br />

von Jawlensky präsentiert.<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.bottrop.de<br />

Fotoausstellung mit „Bildern der<br />

Arbeit“ in Dortmund<br />

„Bilder der Arbeit - Fotografi en aus<br />

Europa“ lautet der Titel einer Präsentation<br />

in der Deutschen Ar beits schutzausstellung<br />

(DASA) in Dort mund, die ab dem 13.<br />

Juni zu sehen sein wird. Fotobegeisterte<br />

aus ganz Europa hatten sich im<br />

vergangenen Jahr an einem Wettbewerb<br />

der Europäischen Agentur für Sicherheit<br />

und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz<br />

beteiligt und ihre Bilder eingesandt, hieß es<br />

in einer Ankündigung.<br />

Aus den insgesamt 1.700 eingesandten<br />

Arbeiten zum Motto „Wie sieht Ar beitsschutz<br />

für Dich aus?“ zeigt die bis zum 26.<br />

September laufende Ausstellung die besten<br />

50 Einsendungen. Sie vermitteln nach<br />

Angaben der Veranstalter einen Eindruck<br />

vom Verständnis des „Normal-Bürgers“<br />

zu den vermeintlich trockenen Themen<br />

Sicherheit und Unfallverhütung. <strong>Die</strong><br />

Bilder zeigen Humor, Einfachheit und<br />

Unschuld, manchmal begleitet von einem<br />

Hauch Spannung oder sogar Provokation.<br />

Internet: www.dasa-dortmund.de<br />

In eigener Sache<br />

Das vierte Heft des noch jungen Magazins „<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong>“<br />

liegt nun vor denen unter unseren Lesern, die von Anfang an<br />

dabei waren und macht jene hoffentlich neugierig, die erst jetzt<br />

auf unser Magazin für Lebensart aufmerksam werden. Dass wir<br />

es bis hierher geschafft haben und von Heft zu Heft den Standard<br />

halten und verbessern konnten, den wir Ihnen regelmäßig<br />

anbieten möchten – auf lange Sicht ist ein Rhythmus von fünf<br />

bis sechs Heften pro Jahr ins Auge gefasst – verdanken wir<br />

dem Engagement Vieler. Autoren, Fotografen und Künstler<br />

unterstützen uns mit ihren Arbeiten, Fachleute haben guten<br />

Rat gegeben, Leser mit ihren Anregungen wertvolle Beiträge<br />

geleistet. Dafür sind wir sehr dankbar.<br />

Nachdem wir „<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong>“ während der Einführungsphase<br />

und derzeit noch zum Kennenlernen an Fixpunkten der<br />

regionalen Kultur kostenlos auslegen – auch hierfür sind wir<br />

den sehr aufgeschlossenen Partnern verpfl ichtet – dürfen wir<br />

nicht die Wirtschaftlichkeit unserer Idee aus den Augen verlieren.<br />

„<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong>“ soll, sobald das Vertriebssystem installiert<br />

ist, an vielen Verkaufsstellen zum erschwinglichen Preis von<br />

3,50 Euro zu haben sein. Um diesen Preis halten zu können,<br />

brauchen wir zum einen Abonnenten, also Sie, liebe Leser. Das<br />

Magazin könnte regelmäßig in Ihrem Briefkasten liegen. Dafür<br />

sorgen wir. Zum anderen sind wir zur Finanzierung des Projekts<br />

auf Partner angewiesen, die uns mit Ihren Inseraten unterstützen.<br />

In einer so schönen Umgebung, wie sie „<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong><br />

<strong>Zeit</strong>“ mit ihren Berichten aus Kunst und Musik, Literatur und<br />

Lebensart, Theater und Tanz (und vielem mehr) bietet, ist jede<br />

Annonce gut aufgehoben und erreicht genau die Kunden, die<br />

Sie als Inserenten ansprechen möchten.<br />

Seien Sie bei „<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong>“ mit am Puls der Kultur: als Leserin<br />

und Leser, als Abonnent, Anzeigenkunde und Partner. Wir<br />

arbeiten für Sie und freuen uns, wenn Sie dabei sind.<br />

HansPeter <strong>Nacke</strong> & Frank Becker<br />

<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong> – Das Magazin für Lebensart<br />

<strong>Druckservice</strong> <strong>HP</strong> <strong>Nacke</strong> <strong>KG</strong><br />

Mediapartner - Druck - Verlag<br />

Friedrich-Engels-Allee 122<br />

D-42285 Wuppertal<br />

Telefon 02 02 - 28 10 40<br />

Fax 02 02 - 8 31 67<br />

www.diebestezeit.net<br />

verlag@hpnackekg.de<br />

Abonieren Sie „<strong>Die</strong> <strong>Beste</strong> <strong>Zeit</strong>“ unter: www.diebestezeit.net - Abonnement<br />

55


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