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1001 Nacht Die Liebe zu den drei Orangen ... - Dinges und Frick

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Viola Pobitschka, Rajko Geith, Evelyn M. Faber, Hanns Jörg KrumpholzGesucht/Gefun<strong>den</strong>In einer Zeitung erscheint eine seltsameAnnonce: Eine Frau erwartet ein Kind, derVater desselben ist unbekannt <strong>und</strong> wirdgebeten, sich <strong>zu</strong> mel<strong>den</strong>. Was mag hiervorgefallen sein? <strong>Die</strong> unbefleckte Empfängnisje<strong>den</strong>falls, soviel ist gewiss, gehört insReich der Mythen.Wie auch immer man sich dieGeschichte <strong>zu</strong>sammenreimen möchte,eins steht fest: <strong>Die</strong> Zeitungsanzeigeverweist auf ein menschlichesSchicksal, das seinesgleichen sucht.Und es muss Gewalt im Spiel gewesensein. So schildert es je<strong>den</strong>fallsHeinrich von Kleist in seiner Novelle<strong>Die</strong> Marquise von O… – „Nach einerwahren Begebenheit, deren Schauplatzvom Nor<strong>den</strong> nach dem Sü<strong>den</strong>verlegt wor<strong>den</strong>“.Was in jener <strong>Nacht</strong> geschah, als diejunge italienische Witwe mitten imKriegsgefecht von einem russischenGrafen gerettet wurde <strong>und</strong> vor lauterSchreck in einer tiefen Ohnmachtversank, ahnen wir sehr bald. <strong>Die</strong>Marquise ahnt nichts, obwohl Kleistauch ihr genügend Fährten legt. Undso kann sie die erbitterten Anwürfeihrer Familie wahrheitsgemäß nur mitBeteuerungen ihrer Unschuld beantworten.Der strenge Vater glaubt ihrnicht <strong>und</strong> verweist sie seines Hauses.Also macht sich die Marquise auf dieSuche nach dem Missetäter – nicht,um ihn <strong>zu</strong> strafen, sondern um dieVerwandtschaft wider Willen durcheine Heirat <strong>zu</strong> legitimieren.Oft wer<strong>den</strong> Kleists Figuren von Ereignissenüberrollt, deren sie nicht Herrwer<strong>den</strong> können. Oft sind sie auchAußenseiter in einer Gesellschaft, diekeine Individuen duldet, deren oberstesGebot Anpassung <strong>und</strong> Pflichterfüllungist. Und manchmal fliehensie in eine andere Welt, eine Weltder Träume <strong>und</strong> des Unbewussten,der Ohnmacht oder auch der rohenGewalt. In Heinrich von Kleists Dramen<strong>und</strong> Erzählungen herrscht immerAusnahme<strong>zu</strong>stand, starre Ordnungen<strong>und</strong> fragwürdige Hierarchien wer<strong>den</strong>durch die Anarchie des Schicksalsins Wanken gebracht, <strong>zu</strong>weilen auchgestürzt.<strong>Die</strong> Marquise von O… erzählt vom Einbruchdes Krieges in eine scheinbarheile, bürgerliche Welt. Er hinterlässtseine Spuren bei <strong>den</strong> Menschen, dieihn kämpfen, aber auch in der zivilenWelt der Familie, die buchstäblichmit Gewalt um ihren guten Ruf, um<strong>den</strong> Erhalt ihres Wertesystems ringt.Das Opfer ist die junge Frau, die eineSchandtat erlitt <strong>und</strong> nun selbst amPranger steht. Dass sie <strong>den</strong> GrafenF…, der sich <strong>zu</strong> Unrecht ihres Leibesbemächtigte, schließlich doch <strong>zu</strong>lieben vermag, ist das mehr bittereals glückliche Ende dieser Geschichteüber die fragwürdige Moral einerautoritären Gesellschaft.<strong>Die</strong> Regisseurin <strong>und</strong> BühnenbildnerinRicarda Beilharz beschäftigt sichnach ihren Wiesba<strong>den</strong>er Inszenierungenvon Lessings Emilia Galotti<strong>und</strong> Miß Sara Sampson sowie BrechtsDer gute Mensch von Se<strong>zu</strong>an nun einweiteres Mal mit einer Heldin derWeltliteratur. Ihr <strong>zu</strong>r Seite stehtwieder die Kostümbildnerin HannaZimmermann. In dieser Spielzeitkreiert Ricarda Beilharz außerdemdas Bühnenbild für Francesco CavallisLa Calisto in der Inszenierung vonTeresa Reiber.10Hessisches Staatsthea ter Wiesba<strong>den</strong> / Theaterblatt • November 2013

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