Pressestimmen22Ein SommernachtstraumKomödie von William ShakespeareInszenierung Manfred BeilharzBühne Benjamin LebretonKostüme Renate SchmitzerEs ist, als wolle die auf das Notwendigstereduzierte Bühne zeigen,wie wenig Mittel es braucht, umwirksames <strong>und</strong> durchaus suggestivesTheater <strong>zu</strong> machen. Denn diesemmehr als zweieinhalb Stun<strong>den</strong> langenSommernachtstraum folgt man mitgroßem Vergnügen. (…) Der Gestusder gesamten Inszenierung ist vonangenehmer Entspanntheit. Hiernähert sich dem tausendfach durchleuchtetenKlassiker ein Regisseur,der nichts mehr beweisen muss, dernicht jede Anspielung des Textes ausmalen<strong>und</strong> jede <strong>den</strong>kbare Assoziation<strong>zu</strong> einer Großinterpretation aufblähenmuss. Das ist sympathisch, hat viel vonAltersweisheit <strong>und</strong> ist nicht <strong>zu</strong>letztauch eine Verbeugung des schei<strong>den</strong><strong>den</strong>Intendanten vor seinem durchwegauf hohem Niveau agieren<strong>den</strong>Ensemble. Frankfurter Allgemeine ZeitungDas Spiel als Spiel im Spiel ist köstlicheKomödie <strong>und</strong> herber Kommentar<strong>zu</strong>gleich. Ein Sommernachtstraum wirdin dieser Beilharz-Inszenierung mitleichter Hand <strong>und</strong> sehr verständlichdargeboten. Wiesba<strong>den</strong>er Kurier<strong>Die</strong> Leichtigkeit des Zauberwalds, dasVerspielte, Verträumte der füreinanderschwärmen<strong>den</strong> Paare wird <strong>zu</strong>mAlptraum: <strong>Die</strong> <strong>Liebe</strong> als dunkle Gewalt,ein Sinnbild für Leid <strong>und</strong> Unruhe. (...)Insgesamt eine sehr stimmige <strong>und</strong>sehenswerte Inszenierung. STUZ<strong>Liebe</strong> verführt die poetische ElfenköniginTitania, einen monströsen Esel <strong>zu</strong>vergewaltigen; die Begier<strong>den</strong> der jungenLeute, die ihre Gefühle von Mal <strong>zu</strong>Mal für unsterblich halten, sind unabhängigvom Objekt, solange eines nurnah <strong>und</strong> greifbar ist. (…) All dies <strong>zu</strong>zeigen <strong>und</strong> bittere Erkenntnis in diebunte Oberfläche <strong>zu</strong> schmuggeln, isthier Beilharz’ altersweise Leistung.Frankfurter Neue Presse<strong>Die</strong> Jungfrauvon OrleansRomantische Tragödievon Friedrich SchillerInszenierung Tilman GerschBühne <strong>und</strong> KostümeAriane SalzbrunnWiesba<strong>den</strong> sieht die Heldin nicht mitschimmernder Rüstung in die Schlachtziehen. Gewappnet ist sie nur miteinem Tuch, ihrer Fahne. Der Schutzist dürftig <strong>und</strong> glanzlos, der zarteMädchenleib allein auf die Standhaftigkeitder Mädchenseele verwiesen.Als diese nachher für einen Feindin <strong>Liebe</strong> entflammt, muss sich dasFleisch völliger Entblößung ergeben.So wird die Nacktheit der Johanna <strong>zu</strong>rsinnhaften, auch Schiller‘schen Geisttragen<strong>den</strong> Metapher, <strong>und</strong> WeisersSpiel <strong>zu</strong>m Zentrum des all<strong>zu</strong> sehrverknappten Abends. <strong>Die</strong>ses Zentrumist ein Faszinosum, weil die Titeldarstellerindie Stärke ihrer Figur ausderen leiblicher Schutzlosigkeit aufder Bühne gewinnt. Sie trägt nicht dieNacktheit mit Stolz, sondern entwickeltKraft <strong>und</strong> Stolz trotz Nacktheit.Derart leuchtet das romantische Idealinnerer Größe heller als es glänzenderHarnisch nebst Schild <strong>und</strong> Schwert jekönnten.Mainzer RheinzeitungAuf der von Ariane Salzbrunn gestaltetenBühne geht es auch in Zeitendes Spardiktats hoch her. Eine riesigeDeckenkuppel wird bewegt, auchmal um 90 Grad aufgestellt, aus demBo<strong>den</strong> eine gläserne Wand heraufgefahren,vor der Johanna die Prüfungihrer Jungfräulichkeit ablegen muss. Eswird viel mit roter Farbe <strong>und</strong> schwarzerErde gearbeitet, der Dauphin darfauf einem weiten Podest in die Tasteneines Klaviers greifen <strong>und</strong> da<strong>zu</strong> singen.<strong>Die</strong> Schlachten wer<strong>den</strong> als Feuersbrunstauf die Rückwand produziert,auch einmal mit dunklen Schwa<strong>den</strong>.Am Ende stehen <strong>und</strong> hängen die amSpiel Beteiligten vor einer riesigen„Tatort“-Zielschreibe <strong>und</strong> erlebendas Urteil über die Johanna mit, diein ihrem Kampf am Ende dann dochuntergeht.Wiesba<strong>den</strong>er KurierEvitaGesangstexte von Tim RiceMusik von Andrew Lloyd WebberDeutsch von Michael KunzeMusikalische Leitung BenjaminSchneider, Wolfgang WengenrothInszenierung <strong>und</strong> ChoreografiePascale-Sabine ChevrotonBühne Roy SpahnKostüme Tanja <strong>Liebe</strong>rmannMilica Jovanovic spielt die Titelfigurals im Kern irritierend konstante Persönlichkeit,welche <strong>zu</strong>gleich atemberauben<strong>den</strong>Wandlungen unterworfenist. (…) Man glaubt ihr das frischeMädchen ebenso wie die <strong>zu</strong>rechtgeschminkteSchönheit einer vom TodeGezeichneten. Vokal kann sie schnellumschalten, lässt ihr sentimentaleingefärbtes Timbre bei Bedarf fallenwie eine Hülle, um mit dem stählernenGlanz ihres klaren Soprans <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stechen.Frankfurter Allgemeine Zeitung<strong>Die</strong> w<strong>und</strong>erbare ‚Eva‘ Milica Jovanivicsingt, lebt <strong>und</strong> leidet <strong>den</strong> Welthit,überwältigt von Gefühlen, <strong>zu</strong> Beginndes zweiten Aktes – aus der großenLoge im ersten Rang.Wiesba<strong>den</strong>er Kurier<strong>Die</strong> herrliche Musik mit zahlreichenHits <strong>und</strong> Kantilenen <strong>zu</strong>m Mitsummenist in der Hand von Wolfgang Wengenrothbestens aufgehoben. Mit Übersicht<strong>und</strong> klangsinnlichem Verständnisführt er seinen Klangkörper, Chor <strong>und</strong>Jugendchor des Hauses sicher durchdie Partitur. Besonders beeindruckendist die Szene nach der Pause, wennEvita ihre berühmte <strong>Liebe</strong>serklärungan ihr Volk singt: ‚Wein nicht um mich,Argentinien‘ - in Wiesba<strong>den</strong> hat mansich für die deutsche Textfassung vonMichael Kunze entschie<strong>den</strong>. Was inmanch anderen Übertragungen holprig<strong>und</strong> statisch klingt, tönt hier wieaus einem Guss. Regisseurin Chevrotonhat diese Evita so inszeniert, wieMusical sein muss: sinnlich, emotionalpackend <strong>und</strong> visuell beeindruckend.Frankfurter Neue PresseHessisches Staatsthea ter Wiesba<strong>den</strong> / Theaterblatt • November 2013
Wiederaufnahmen<strong>Die</strong> LetztenStück von Maxim GorkijInszenierung Markus <strong>Die</strong>tzBühne Mayke HeggerKostüme Henrike Bromber<strong>Die</strong>ser Gorki-Abend war die viertePremiere des Schauspiels in nur zweiWochen, mit Klassiker-Brocken wieder Jungfrau von Orleans <strong>und</strong> demSommernachtstraum – wir habenberichtet. Mit solchen Herausforderungenbeginnt man andernortseine neue Ära, in Wiesba<strong>den</strong> ist’s derAnfang vom Ende. Intendant ManfredBeilharz hört 2014 auf, verlangt seinenSchauspielern aber noch mal alles ab.Und so weiß man schon am Beginn derSpielzeit, dass man dieses hervorragendbesetzte Ensemble nächstes Jahrvermissen wird.Darmstädter EchoMichael Birnbaum als Vater Iwan istein gerade<strong>zu</strong> verstörend normalerSäufer <strong>und</strong> Schläger, ein korrupterGernegroß, der auch vor Inzest nicht<strong>zu</strong>rückschreckt (...). Ein verstörendmitreißender Theaterabend, der dasPublikum <strong>zu</strong> rhythmischem Applaushinriss.Frankfurter Allgemeine ZeitungRainer Kühn hüllt seinen nackten Körperin berührende lei<strong>den</strong>de Sanftmutein. Und seine <strong>Liebe</strong>, aber Frau desBruders, Sofja hat mit DarstellerinSusanne Bard ihre besten, nämlicherkennen<strong>den</strong> Momente in seinerNähe. (...) Franziska Werner zieht bravourösihre schiefen Füße an Krückendurch die Wasserwanne <strong>und</strong> KostümbildnerinHenrike Bromber stellt ihrenunerfüllbaren Traum von Beweglichkeitin ihrem Ballettröckchen aus. (...)Wenn die Mütter im Drama, Evelyn M.Faber als für ihren Sohn bittende, <strong>und</strong>Sofja, die all ihre fünf Kinder verlorengeben muss, ihre Szene haben, gibtes einen der wenigen leisen, anrühren<strong>den</strong>Momente. <strong>Die</strong>se Ensembleleistungwar bew<strong>und</strong>ernswürdig.Wiesba<strong>den</strong>er KurierTom SawyerNach Mark TwainInszenierung Michael GötzBühne Ditteke WaidelichKostüme Imke PaulickMichael Götz hat Tom Sawyer fürKinder ab neun Jahren für das JungeStaatstheater inszeniert <strong>und</strong> dabei einsicheres Händchen für eine ebensoeinfühlsame wie kurzweilige Umset<strong>zu</strong>ngbewiesen. (…) Es wird viel gelacht– sei es beim Schwimmnudel-Kampfoder dem Schimpfwort-Stakkato – <strong>und</strong>das ist gut so. Doch gerade die leisenSzenen bieten die stärksten Momente:etwa wenn sich der sadistische Lehrermit Stockschlägen an dem stoischverharren<strong>den</strong> Tom austobt oder dieseretwas später der angebeteten Becky(anmutig: Carolin Fre<strong>und</strong>) einen Kussabringt. (…) Geläutert ist <strong>zu</strong>m Schlusszwar niemand, doch das ist auch garnicht nötig. Viel wichtiger ist, dassalle Beteiligten ein Stück weit <strong>zu</strong>sich selbst <strong>und</strong> <strong>zu</strong>einandergefun<strong>den</strong>haben. Benjamin Hübner stellt dieWandlung vom jugendlichen Möchtegern-Haudrauf<strong>zu</strong>m charakterstarkenHel<strong>den</strong> überzeugend dar, währendIngo Paulick seinen Maulhel<strong>den</strong> Huckbehutsam demontiert, ohne ihn Sympathieneinbüßen <strong>zu</strong> lassen. LangerApplaus.Wiesba<strong>den</strong>er KurierMit leichter Hand erzählt Götz diewichtigsten <strong>und</strong> bekanntesten Stationendes Romans. Wer doch eineArt Moral sucht, der findet sie wie beiTwain nicht in einfachen Regeln oderbraver Folgsamkeit. <strong>Die</strong> Inszenierungstiftet da<strong>zu</strong> an, dem eigenen Herzen<strong>zu</strong> folgen. Dann – so ist <strong>zu</strong> sehen –kommt man mit Menschen, an <strong>den</strong>endas eigene Herz hängt, gut aus <strong>und</strong>auch bei sich selbst an.Frankfurter Neue PresseLa BohèmeOper von Giacomo PucciniMusikalische Leitung Zsolt HamarInszenierung Wolfgang QuetesPuccinis La Bohème stellt etwas Neuartiges in derOpernliteratur dar. Erstmals wird der Mensch alsPrivatperson präsentiert. <strong>Die</strong> Oper wendet sichvöllig dem alltäglichen Leben <strong>zu</strong> <strong>und</strong> die Katastropheresultiert nicht aus menschlichen oder garstaatspolitischen Konflikten, sondern ereignetsich von innen heraus, als tödliche Krankheit.Sonntag, 3. November18 Uhr, Großes HausWoyzeckStück von Georg BüchnerInszenierung Manfred BeilharzIntendant Manfred Beilharz inszeniert Woyzeckals einen Prototyp des gehetzten, ruhelosenMenschen, der, von der Gesellschaft benutzt <strong>und</strong>dressiert, keinen Platz in der Welt findet. Als seineMarie ihn betrügt, ist der letzte Ruhe- <strong>und</strong> Fluchtpunktzerstört.Montag, 4. November19.30 Uhr, Kleines Haus‚The Kraut’Ein Marlene-<strong>Die</strong>trich-Abend von Dirk HeidickeMusikalische Leitung Jens-Uwe GüntherSusanne Bard schlüpft mit verblüffender Authentizitätin die Rolle der Diva, die sich in ihrer Wohnungin Paris vor der Öffentlichkeit verbirgt <strong>und</strong>ihr Leben Revue passieren lässt: R<strong>und</strong> 60 Jahredieser einmaligen Karriere zwischen Europa <strong>und</strong>Amerika, zwischen Glanz <strong>und</strong> Absturz, wer<strong>den</strong>lebendig. Natürlich kommen die berühmten Hitsder <strong>Die</strong>trich dabei nicht <strong>zu</strong> kurz!Samstag, 9. November19.30 Uhr, Kleines HausHessisches Staatsthea ter Wiesba<strong>den</strong> / Theaterblatt • November 2013 23