19.11.2012 Aufrufe

Editorial - Aufgehorcht

Editorial - Aufgehorcht

Editorial - Aufgehorcht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

AufgeHorcht<br />

zum Beispiel die Anwendung des Dewandre Bremskraftverstärkerprinzips,<br />

war vor allem die Triebwerkskonstruktion ein<br />

technisches Novum. Ein glattflächig gestalteter Motorblock<br />

enthielt die in Reihe angeordneten 8 Zylinder, die in paarweisem<br />

Guss eine relativ kurze Baulänge ermöglichten. Das ohc-<br />

Steuerungsprinzip mit direkter Betätigung der hängenden<br />

Ventile über 2 Nockenwellen unter Wegfall von Kipphebeln<br />

und Stoßstangen sorgte für eine bemerkenswerte Laufkultur.<br />

Dies war auch in den Folgejahren ein Wahrzeichen aller<br />

Horchmotoren. Um voluminöse bzw. schnelllaufende Zündmagneten<br />

zu vermeiden, besaßen alle Modelle ab 1927<br />

Batteriezündung. Ein seitlich angebrachter Solexvergaser mit<br />

Gemischvorwärmung gewährleistete bei allen Witterungserscheinungen<br />

eine optimale Brennstoffversorgung. Die oftmals<br />

vor allem in den Sommermonaten beanstandeten<br />

Temperaturbelästigungen vermied man, indem zunächst die<br />

Auspuffabgase nach vorn abgeführt wurden. Auch was die<br />

Übertragung der Motorenkraft auf die Hinterräder anbetraf,<br />

ließ Paul Daimler neueste Erkenntnisse in seiner Konstruktion<br />

einfließen. Zur Aufnahme von Torsionskräften lief die Kardanwelle<br />

in einem Hüllrohr und war außerdem unterteilt zur<br />

Vermeidung störender Schwingungen. Von Anfang an standen<br />

2 Hochrahmenchassis mit kurzem bzw. langem Radstand für<br />

die Aufnahme verschiedener Aufbauten zur Verfügung. Bis<br />

zum Aufbau einer eigenen Karosseriefertigung wurden für die<br />

Ausführungen Pullmanlimousine, Pullmankabriolett, Roadster,<br />

Sedankabriolett, Weymannlimousine, Phaeton und Limousine<br />

namhafte Karosseriefirmen unter Vertrag genommen.<br />

In den ersten Jahren waren das vor allem die Firmen Lindner<br />

(Ammendorf), die Deutschen Werke (Spandau), Heinrich<br />

Gläser (Dresden), Gustav Hornig (Meerane), Alexis Kellner<br />

(Berlin) und Karl Baur (Stuttgart).<br />

Obwohl die Achtzylinder auf Anhieb ein Verkaufserfolg wurden,<br />

war es doch ein enormes Wagnis, das gesamte Produktionsprofil<br />

dieser Monokultur unterzuordnen, zumal die Schöpfung<br />

Paul Daimlers nicht den Kinderkrankheiten entbehrte, die jeder<br />

Neuentwicklung eigen sind. Trotz sorgfältiger und klug durchdachter<br />

Konstruktion war diese nicht von Anfang an das<br />

Nonplusultra, sondern erst nach Einarbeitung verschiedener<br />

Detailverbesserungen (Veränderung der Ventilbüchsen, Austausch<br />

von Öl- und Wasserpumpe, Verbesserung der Kühlung<br />

14 01/2005<br />

Blick in<br />

ein Horch 750<br />

Pullman Kabriolett.<br />

und des Startverhaltens) und Beseitigung fertigungstechnischer<br />

Mängel. Hierbei galt es vor allem, den Verzug der Motorenblöcke<br />

in den Griff zu bekommen, was mittels intensiver<br />

Alterung schließlich auch gelang.<br />

Mit der Beherrschung aller verfahrenstechnischer Probleme<br />

erwarben sich die Techniker aus Zwickau den Ruhm, ihr<br />

Produkt mit dem Status hervorragender Solidität und außerordentlicher<br />

Zuverlässigkeit zu versehen, zu einem Preis, den<br />

keine Firma in dieser Klasse unterbieten konnte. Dieses<br />

Ansehen genossen die Horchwerke bis zum bitteren Ende.<br />

Die Ära der Achtzylinder eröffnete der zur Berliner Ausstellung<br />

gezeigte Typ 303, dem bis zum Jahre 1939 nicht weniger<br />

als 39 weitere Modelle folgen sollten.<br />

Mit diesem Durchbruch auf dem deutschen Automarkt ließ<br />

auch der Absatz nicht auf sich warten, bereits in den ersten<br />

Produktionsjahren entfielen 25 Prozent der Zulassungen auf<br />

die Horchwerke. Im Jahre 1928 konnten bereits 2.525 Wagen<br />

geliefert werden, was etwa einem Monatsdurchschnitt von<br />

210 Wagen entsprach. Allerdings war in jenen Jahren die<br />

Automobilindustrie sehr den saisonbedingten Schwankungen<br />

unterworfen.Besonders in den Frühjahrsmonaten zeichnete<br />

sich ein Verkaufsanstieg ab, der dadurch zu erklären ist, dass<br />

die Kundschaft erst die alljährlichen Automobilausstellungen<br />

abwartete, bevor sie Ankäufe tätigte. Neben der deutschen<br />

Ausstellung in Berlin waren die Horchwerke mit ihren 3-Liter-<br />

Modellen auch international präsent in London, Barcelona,<br />

Zagreb, Genf, Stockholm, Riga, Paris und Amsterdam.<br />

Bei allen Anfangserfolgen war jedoch ein negativer Einfluss auf<br />

den Absatz infolge des Vordrängens ausländischer Hersteller<br />

nicht zu übersehen. Diese bedrohliche Entwicklung zwang<br />

auch die deutsche Kraftfahrzeugindustrie zu entscheidenden<br />

Schritten in eine neue Dimension. Markteinflüsse und technische<br />

Konsequenzen, die sich aus der ständigen Vervollkommnung<br />

des Kraftfahrzeuges ergaben, drängten früher oder später<br />

jeden Hersteller zu rationellen Fertigungsmethoden, wollte er<br />

im Wettstreit mit der Konkurrenz bestehen.<br />

Die Rationalisierung nach amerikanischem Vorbild wurde in<br />

Zwickau vor allem durch das Engagement von William<br />

Werner vorangetrieben, der als gebürtiger Amerikaner und<br />

durch längeres Studium vor Ort mit dem Know how der<br />

amerikanischen Automobilindustrie bestens vertraut war.<br />

Mit seinem Eintritt in die Horchwerke (Juli 1926) als technischer<br />

Direktor gewannen diese einen Fachmann, der als einer<br />

der bedeutendsten Fertigungsexperten in Deutschland galt<br />

und auf den Gebieten der Fahrzeugentwicklung und Karosseriegestaltung<br />

außerordentliche Begabungen aufwies.<br />

Während seiner Tätigkeit in dieser Funktion beeinflusste er<br />

maßgeblich die Rationalisierung der Fertigung. Die Vervollkommnung<br />

der schnelllaufenden Motoren ließ neue Werkstoffe<br />

aufkommen und führte zur Steigerung der Schnittgeschwindigkeiten<br />

im mechanischen Bereich. Neue Generationen<br />

von Werkzeugmaschinen und neue Verfahren<br />

(Ziehschleifen) waren die Folge.<br />

Ein Novum des Horch Motorenbaues war zweifellos die<br />

Bearbeitung der Haupt- und Steuerwellenlager auf Feinbohrwerken<br />

mit Schneiddiamanten, ein Verfahren, das geringste<br />

Fertigungstoleranzen und hohe Oberflächengüte sicherte und<br />

damit auch die erforderlichen Einfahrzeiten verringerte.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!