Peter Auer Gesellschaftliche Mehrsprachigkeit in Europa Ãbersicht ...

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sprachlichen Notstand, ist aber falsch. Richtig dürfte allerdings sein, dass dieschriftsprachlichen Kompetenzen (im Sinne einer „konzeptionellenSchriftlichkeit“) in vielen Immigrantenmilieus, besonders den türkischen, sehrschlecht ausgeprägt sind - und dies gilt sowohl für das Deutsche wie auch fürdas Türkische - und das deutsche Schulsystem auch nicht in der Lage ist, dieseDefizite abzufangen.Im Wortschatz gehen die Autoren von Untersuchungen zum türkisch-deutschen‚Sprachstand‘ oft der ‚zweifach monolingualen‘ Interpretation in die Falle; siescheinen von der Annahme auszugehen, dass ein ‚normaler‘ Bilingualer seinVokabular so weit ‚doppelt‘, dass er in jeder Lebenssituation jede der beidenSprachen gleich gut verwenden könnte. Erst auf diesem Hintergrund ist daswiederholt gefundene Ergebnis einschlägiger Wortschatzuntersuchungen (z.B.Hepsöyler und Liebe-Harkort 1988, für die Niederlande auch Schaufeli 1991)verwunderlich - oder gar besorgniserregend - , dass die untersuchten türkischenSchüler in Deutschland einen „geringeren Wortschatz als die Vergleichsgruppein Nicht-Migrationssituationen“ hätten (Hepsöyler und Liebe-Hartkort 1988:189). Diese Vorstellung ist aber nur für wenige Bilinguale auf der Weltrealistisch; in der Regel ergänzen sich der Wortschatz in der einen und der in deranderen Sprache. Es macht also wenig Sinn, Untersuchungen zurWortschatzentwicklung nach den beiden Sprachen getrennt durchzuführen.Realistischer erscheint hier, von den konkreten Lebensbedingungen vonMigrantenkindern auszugehen („lebensweltliche Mehrsprachigkeit“, Gogolin1988), also davon, dass ein bilinguales Kind die Sprachen so erwirbt, wie sie inseiner Umwelt vorkommen und wie sie für den Alltag notwendig sind. Hier wirdnicht eine externe Norm als Maßstab für die Beurteilung vonSprachkompetenzen herangezogen, sondern der tatsächliche ‚Bedarf‘ ansprachlichen Ausdrucksmitteln. Der mag es zum Beispiel nahe legen, dass
estimmte Wortschatzfelder in der einen Sprache nur rudimentär vertreten sind,während sie in der anderen funktional angemessen ausgebaut werden.Anstelle des monolingualen Türkisch: code-switching und codemixingProblematisch sind viele Untersuchungen aber auch, weil sie die monolingualenKompetenzen messen, während die Sprecher der zweiten und dritten Gernationsich oft entweder monolingual deutsch oder bilingual verhalten. Ein Beispiel:(Keim, IDS Mannheim)((Situation: Hatice und ihre Schwester GL streiten sichdarüber, wer mit der kleinen Schwester Şükrüye zum Arzt gehenmuss))GL: Hatce? (-) gitçenmi şükrüyeyle oraya. (--)Hatice? (-) gehst du mit Şükrüye dahin. (--)HA: ne[den?warum?GL:[die heult fastHA: nee: (-)GL: dedi ki. (--) saat üçte yola çıkçakmışınız.sie hat gesagt (--) um drei Uhr geht ihr los.HA: ÜÇte:?um drei?GL:ah ja?HA: isch weiß nisch mal wo des arzt isGL: hasan amcanınkine gitçeksie geht zu dem von Onkel HasanHA: üç buçukta dedi. (2.0)sie hat um halb vier gesagt.isch KANN nisch isch muss HAUSaufgabn machen.üç buçuk dedi.um halb vier hat sie gesagt.
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