Peter Auer Gesellschaftliche Mehrsprachigkeit in Europa Ãbersicht ...

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der beteiligten Sprachen festlegt (also eine entsprechende Sprachideologie).Oder, noch einmal mit Bourdieu formuliert: es muss ein gemeinsamer Marktkonstituiert werden, auf dem der Wert der offiziellen, legitimenMajoritätssprache und der inoffiziellen, nicht-legitimen Minoritätssprachedefiniert sind. Dieser Markt bestimmt den hohen symbolischen undökonomischen Wert der einen und den (bestenfalls) Nischenwert der anderenSprache. Aus der Erfahrung der Mechanismen dieses Markts herausunterwerfen die Sprecher selbst der Minoritätssprache ihre Sprache in outgroup-Situationen der Zensur. Eine Minoritätssprache ist deshalb Resultat der‚Minorisierung‘ von Sprechern im Diskurs (vgl. Allardt 1984 sowie Gumperz1989). Sie ist Resultat interethnischen Aushandlungsprozessen, in denen AusundAbgrenzung stattfinden. Der vereinheitlichte Markt steht nicht schon vonvorne fest (etwa als notwendiges Korrelat eines nationalökonomischen Marktsund einer staatlichen Zentralmacht), sondern konstituiert sich im Handeln derbeteiligten Personen.So betrachtet hat das Türkische zwar nicht auf dem national-deutschen, wohlaber auf alternativen Märkten jugendlicher Netzwerke und subkulturellerZusammenhänge einen Wert. Um ihn aus der Perspektive der Jugendlichen zurekonstruieren, kann man einerseits die Sprachverwendung durch türkischeJugendliche und Erwachsene in gemischtkulturellen Gruppen inSelbstdarstellung und Praxis untersuchen. Eine andere Möglichkeit bestehtdarin, die Verwendung des Türkischen durch deutsche und drittethnischeJugendliche zu analysieren. Wir haben das vor einigen Jahren in Hamburg getanund gezeigt, dass die Hegemonialisierung des sprachlichen Marktes durch dasDeutsche keineswegs vollständig und abgeschlossen ist (sondern vielmehr durchdie neuen 'Minderheiten' mehr und mehr bedroht wird). Wir haben belegt, dassin den von uns untersuchten sozialen Milieus kein unifizierter sprachlicherMarkts existiert, auf dem das (Standard-)Deutsche unangefochten die höchstenProfite erzielt, und dass die Beziehung zwischen Deutsch und Türkisch
wesentlich komplexer ist, als dies die einfache Dichotomie Minoritäts- vs.Majoritätssprache nahe legt. In unterschiedlichen situativen Kontexten gewinnenverschiedene Sprachen die Oberhand, und manchmal ist es durchaus dasTürkische, das die anderen Sprachen ‚minorisiert‘, indem es zur ‚Leitsprache‘avanciert und dann auch von deutschen und drittethnischen Jugendlichenerworben wird.‚Türkendeutsch‘ - ein umkämpfter ethnolektaler StilWie schon im letzten Beispiel beobachtet, kann das Deutsche von jungenSprechern mit Migrationshintergrund (auch in der zweiten und drittenGeneration) Merkmale aufweisen, die man im Standarddeutsch ebenso wenigfindet wie in den deutschen Dialekten. Wir wollen uns diese (poly-)ethnolektaleVarietät etwas genauer anschauen. Die folgenden Beispiele wurden in Berlinvon Margret Selting und ihrem Forschungsteam gesammelt; sie stamen vonjungen Frauen mit türkischem Migrationshintergrund (das Original steht links,eine Übertragung in nicht-ethnolektales Deutsch rechts):Beispiel (1)01 Gül guckmal früh MORgens,02 NEE;03 nach der Arbeit,04 isch geh so DINGS;= ich geh so zum DINGS05 zu a äh zum Auto; weißt du,06 (1.0)07 daNACH, da war08 v: vor meinem FENSter vor meinem FENSter
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