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April / Mai 2008 - Evang.-Luth. Kirchengemeinde Leerstetten

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Bildungsreise<br />

Begegnungen in Israel -<br />

Direkter Austausch mit den Menschen<br />

ist entscheidend<br />

Kann man in ein Land reisen, in dem<br />

die Sprache der Gewalt vorzuherrschen<br />

scheint ? Soll man ein Land besuchen, das<br />

Mauern zwischen Menschen neu errichtet,<br />

während wir uns dankbar erinnern, dass in<br />

unserem Land die Mauer endlich weg ist?<br />

Diese Fragen haben wir uns bei unserer<br />

Reise nach Israel, dem Heilige Land, auch<br />

gestellt. Antworten darauf kann man wohl<br />

nur in der direkten Begegnung mit diesem<br />

Land, mit seinen Einwohnern – Palästinensern<br />

wie Israelis – finden. Um die Menschen<br />

dort zu verstehen, muss man ihn begegnen,<br />

sich mit ihnen<br />

austauschen, ihre<br />

geschichtlichen<br />

Erfahrungen und<br />

ihre heutigen alltäglichenErlebnisse<br />

kennen, um<br />

sich dann – vielleicht!<br />

– ein Urteil<br />

bilden zu können.<br />

Meine Erfahrungen<br />

einer Reise<br />

nach Israel sind wesentlich durch zwei<br />

solcher Begegnungen geprägt und zeigen<br />

mir letztlich: damit das Heilige Land zum<br />

Frieden findet, braucht es viele Menschen,<br />

die den Weg zum Frieden suchen und ihn<br />

gemeinsam gehen – dort und hier bei uns.<br />

Gerti Urmann ist so etwas wie die deutschsprechende<br />

Grande Dame im Kibbuz<br />

Lavi, in dem wir die ersten beiden Nächte<br />

untergebracht sind. Sie soll uns die Kibbuz-<br />

Bewegung etwas nahe bringen, das<br />

miteinander Leben und Arbeiten in einer<br />

Genossenschaft, in der es keinen privaten<br />

Besitz mehr gibt. War der erste Tag in Galiläa<br />

zwar gefüllt mit zahlreichen Erlebnissen<br />

auf den Spuren Jesu – vertreibt die Begegnung<br />

mit dieser kleinen, aber kraftvollen<br />

Persönlichkeit selbst zur Feierabendzeit<br />

jegliche Müdigkeit. Geboren in Wien, als<br />

Kind von sechs Jahren allein deportiert<br />

nach Wales/Großbritannien, schließlich mit<br />

14<br />

21 Jahren nach Israel ausgewandert, um<br />

dort in einem religiös geprägten Kibbuz der<br />

Kibbuz-Bewegung zum Durchbruch zu verhelfen.<br />

Sie erzählt<br />

vom Dritten<br />

Reich: „Mein<br />

Trauma war nicht,<br />

dass ich (bei Beschlagnahmung<br />

durch die SS)<br />

mein geliebtes<br />

Klavier verlor.<br />

Mein Trauma<br />

war, dass mein<br />

Vater da stand<br />

und nichts sagte! Zu Hause war mein Vater<br />

nämlich eine Macht – und hier schwieg<br />

er!“ Und später dann: „Meine Mutter war<br />

eine große Pessimistin;<br />

aber nach<br />

dem Krieg fand<br />

ich sie wieder.<br />

Mein Vater war<br />

ein großer Optimist,<br />

dekorierter<br />

Soldat im 1. Weltkrieg;<br />

ihn aber hat<br />

man in Auschwitz<br />

umgebracht.“ In<br />

wenigen Worten<br />

breitet sie den Bilderbogen ihrer Kindheit im<br />

Dritten Reich aus – und plötzlich begreife<br />

ich, welche Folgen das Auslöschen und der<br />

Weggang der meisten jüdischen Menschen<br />

aus Deutschland für unser Land bedeutet.<br />

Hannelore Shihadeh, deutsche Pfarrersfrau<br />

in der evangelischen <strong>Kirchengemeinde</strong> von<br />

Beit Jala bei Bethlehem, Mutter von vier<br />

Kindern, hat ihren Mann, Pfarrer Jadallah<br />

Shihadeh bei dessen Studium in Tübingen<br />

kennen gelernt. Nun, am drittletzten Tag<br />

unserer Reise, berichtet sie uns vom Leben<br />

als „Einheimische“ im Palästinensergebiet,<br />

das durch eine durchgehende acht Meter<br />

hohe Mauer vom israelischen Siedlungsgebiet<br />

getrennt ist. Israelischen Bürgern ist<br />

der Zugang dorthin verwehrt, also musste<br />

uns ein palästinensischer Busfahrer und<br />

Bus die wenigen Kilometer von Jerusalem<br />

nach Beit Jala bringen. Aber keine Bitterkeit,<br />

keine Resignation ist bei ihr zu spüren.<br />

Voller Engagement erzählt sie von ihrem<br />

Blick aus dem Hotel Kibbuz Lavi, Galiläa<br />

Gespräch mit Pfarrfau Hannelore Shihadeh<br />

in Beit Jala<br />

Musik-Projekt, das sie mit Beginn der zweiten<br />

Intifada 2001 startete, um den Kindern,<br />

deren Leben unter Ausgangssperren und<br />

militärischen Auseinandersetzungen<br />

litt, neue Wege<br />

zu öffnen. Sie begann mit<br />

ihnen zu musizieren – inzwischen<br />

sind es über 50<br />

Menschen, Kinder und Erwachsene,<br />

die die heilsame<br />

Kraft der Musik entdecken<br />

und das Gottesdienstleben<br />

der Gemeinde bereichern.<br />

Und mit Stolz berichtet sie<br />

von dem Jungen-Internat,<br />

in dem 53 Jungen von 8 bis 18 Jahren aus<br />

meist schwierigen Verhältnissen untergerbacht<br />

sind. Abrahams Herberge, das Gästehaus/Hotel<br />

ist ein weiterer Baustein der<br />

Friedensarbeit der <strong>Kirchengemeinde</strong> Beit<br />

Jala. Doch die Touristen aus Deutschland,<br />

zweitgrößte und -wichtigste Reisenation<br />

für das Heilige Land, sind seit der zweiten<br />

Intifada ausgeblieben – mit katastrophalen<br />

Folgen vor allem für die palästinischen<br />

Gebiete und auch für Abrahams Herberge.<br />

Eindringlich wirbt Hannelore Shihadeh<br />

deshalb um unser Kommen – im Interesse<br />

der ganzen Friedensarbeit von Beit Jala.<br />

Zwei Begegnungen ganz unterschiedlicher<br />

Art - ich möchte sie nicht missen. Denn<br />

sie haben mir die Situation im Heiligen<br />

Land ein Stück weit nahe gebracht – ganz<br />

anders und viel eindrücklicher, als es die<br />

Nachrichten der Medien jemals könnten.<br />

Informationsabend zur Israelreise:<br />

22. <strong>April</strong>, 19.30 Uhr im ev. Gemeindehaus<br />

<strong>Leerstetten</strong><br />

(G. S. / W. V.)<br />

Relief Abrahams Herberge<br />

Gemeindebrief Nr 3

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