Frieden leben lernen - mit der Schneller-Mission? - Evangelische ...

Dokumentation: Erfahrungsberichte und Vorträge
„Mission“ war für mich für lange Zeit ein belasteter Begriff. Mission ist verbunden mit
Macht, mit der Gier europäischer Nationen, mit der Unterdrückung der je einheimischen
Menschen und ihrer Kulturen und mit Ausbeutung.
Erst mit der Zeit habe ich gelernt, dass es mindestens so viel positive Beispiele christlicher
Mission gibt wie negative: Missionare und Missionarinnen, die sich tief in die neuen Kulturen
eingefühlt haben, die den Menschen Entscheidendes gebracht haben, die auch befreit
haben aus Angst machenden Systemen des Aberglaubens, die zur Emanzipation von
Kulturen beigetragen haben, die grundlegende Forschungen über Sprachen betrieben haben.
Sprechen Sie mal mit einem Presbyterianer in Ghana über Mission. Er kann unsere
Probleme in der Regel in keiner Weise nachvollziehen.
Heute ist Mission für mich konstitutiver Bestandteil meiner christlichen Existenz. Erst
Mission macht aus Kirche mehr als nur Selbstzweck. Für wen sind wir Christen denn da?
Für uns oder für andere? Geht es um spirituelle Bereicherung meiner selbst, oder geht es
nicht vielmehr immer um die anderen? So wie „Christus der Mensch für andere ist“, sagt
Bonhoeffer, so gelte auch: „Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist.“ 3 Wenn wir
mehr sein wollen als eine kleine Gemeinde, die um ihren Kirchturm kreist, oder eine
Landeskirche, die sich in der „Gänsheide“ (Sitz des Oberkirchenrates der württembergischen
Landeskirche) erschöpft, müssen wir missionarische Kirche sein.
So weit so gut. Aber wie soll das Gestalt gewinnen? Mein erstes Bibelzitat war nicht zufällig
das Wort von Licht und Salz (Mat 5), und nicht: „Gehet hin und machet zu Jüngern
alle Völker“ aus Mat 28,19. Nicht dass ich prinzipiell etwas gegen dieses Wort hätte,
aber die herkömmliche Übersetzung steht gegen mein Verständnis von Mission. Denn
das im außerbiblischen Griechisch ausschließlich intransitiv gebrauchte Verb matetheuo
wird nur im Neuen Testament transitiv gebraucht und mit „zu Jüngern machen“ übersetzt.
Doch ist das machbar? Kann ich jemanden zum Christen oder zur Christin machen? Ist
dabei nicht immer Gott der Handelnde und nicht ich als Mensch egal was für Methoden
und Strategien ich auch anwende? Ich kenne nur eine Übersetzung, die dem bei der
Übersetzung dieses Verses gerecht wird. In der „Bibel in gerechter Sprache“ heißt es:
Macht euch auf den Weg und lasst alle Völker mitlernen!
Leider sitzt bei den meisten Menschen aber noch die herkömmlicher Übersetzung fest. In
der Missionstheologie hat sich aber seit langem die Erkenntnis durchgesetzt, dass christliche
Mission nicht zuerst das Handeln von Menschen ist, sondern das Handeln Gottes.
Man spricht daher von der missio dei, der Mission Gottes. In der theologischen Orientierung
des EMS (TO, http://www.ems-online.org/ueber-uns/theologische-orientierung),
die von allen Kirchen der internationalen Gemeinschaft des EMS verabschiedet wurde,
heißt es daher: Mission ist zuerst Gottes Zuwendung zur Welt, in der Schöpfung, in der
Geschichte mit den Menschen, in Jesus Christus und in der Kraft des Geistes. Unser
Zeugnis ist Antwort und Beteiligung an Gottes leidenschaftlich-mitleidender und verwandelnder
Liebe (TO Punkt 2).
Damit ist auch schon gesagt, was ist Movens für christl. Mission ist. Nicht das drohende
Gericht sondern Gottes einladende Liebe. Unser Zeugnis ist Antwort und Beteiligung an
Gottes leidenschaftlich-mitleidender und verwandelnder Liebe (ebenda). Wichtig ist daher
auch die Ganzheitlichkeit von Mission. Es geht nicht darum vor allem zu reden, oder
gar Menschen zu indoktrinieren, sondern die christliche Botschaft ganzheitlich erleb-
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D. Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, hrsg. v. C. Gremmels,
E. Bethge und R. Bethge in Zusammenarbeit mit I. Tödt, München 1998, S. 560.
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