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Fotos: ArcHiV, FotoLiA<br />
lEBEN | fAMIlIENGlück<br />
von Prof. Dr. Gerti Senger,<br />
Psychologin und<br />
Psychotherapeutin<br />
Natürlich kam es anders. Irene hatte von Anfang an<br />
Schwierigkeiten, die es in „normalen“ Ehen nicht gibt,<br />
sie musste um ihren Platz neben Stefan und gegen<br />
Da vids Mutter kämpfen, die ihm angeblich nicht das Kinogeld<br />
vorenthalten oder den Fernsehapparat abdrehen würde. Stefan<br />
hatte es nicht leichter: Stieftöchterchen Anna schwärmte ihm<br />
von ihrem fröhlichen Papi vor (Kunststück, er führt ja ein unbeschwertes<br />
Junggesellenleben) und ließ in ihrem Bedürfnis nach<br />
Anerkennung dem jungen Ehepaar keine freie Minute für sich.<br />
Bald gab es in Irenes und Stefans Schlafzimmer keine heißen<br />
Liebesszenen, sondern heiser geflüsterte Streitgespräche über<br />
„deinen Sohn, diesen unmöglichen Flegel“ oder „deine Tochter,<br />
dieses penetrante Geschöpf“.<br />
Irene konnte sich gar nicht erklären, wann es geschehen war,<br />
„weil wir fast nur stritten“ - auf jeden Fall war sie schwanger.<br />
In dieses Chaos noch ein Kind? Ich muss zugeben, ich war genauso<br />
baff wie alle anderen, aber der kleine Christoph brachte<br />
tatsächlich eine gewisse Ordnung in die vielschichtigen Vater-<br />
Mutter-Kind-Beziehungen. Die beiden Stiefgeschwister schlossen<br />
sich durch den Neuankömmling enger aneinander, und Irene und<br />
Stefan, nun in einer neuen Elternschaft verbunden, sahen ein,<br />
dass sie eben keine „ganz normale“ Familie sind.<br />
Damit bin ich endlich bei dem Grund, warum ich Ihnen die Geschichte<br />
von Irene und Stefan erzählt habe: Es hat keinen Sinn,<br />
mit Illusionen eine Stieffamilie zu gründen. In einer Stieffamilie<br />
30 | SHOPPING INTERN<br />
neu<br />
Erstmals sind die bewegendsten und<br />
interessantesten Fragen und die Antworten<br />
der Autorin gesammelt. Die Fragestellungen<br />
der Frauen und Männer aller Altersklassen<br />
sind auch ein Spiegel der aktuellen Probleme<br />
unseres Alltags und unserer Gesellschaft.<br />
Sorge dich nicht - liebe!<br />
Gebundene Ausgabe: 416 Seiten<br />
Verlag: Amalthea<br />
E 19,95| ISBN: 978-3850026963<br />
dein Kind, mein Kind<br />
unser Kind<br />
Als Irene Stefan heiratete, brachte sie eine Tochter<br />
und er einen Sohn in die Ehe mit. Irene und Stefan<br />
waren wild entschlossen, diesmal alles besser zu<br />
machen als bisher und endlich eine durch und durch<br />
„normale“ Familie zu werden.<br />
wird es immer andere,<br />
vielschichtigere Positionskämpfe<br />
und Beziehungskrisen<br />
geben<br />
als in der sogenannten<br />
Kernfamilie. Aber<br />
eines Tages, wenn<br />
die verschiedenen<br />
Lebensgeschichten<br />
und Ängste auf einen<br />
Nenner gebracht<br />
sind, kann sich ein familiäres Gefüge entwickeln,<br />
das an Dichte und Gefühlsintensität einer<br />
Kernfamilie um nichts nachsteht.<br />
Gemeinsam den Weg gehen - auch als<br />
Patchwork-Familie ist Familienglück möglich.<br />
Akzeptieren ist wichtig<br />
Natürlich ist es weder für das Elternpaar noch für die Kinder<br />
leicht zu akzeptieren, dass es eine Hierarchie der Liebe gibt:<br />
Erst wird der „richtige“ Papi geliebt, dann erst der zweite Papi.<br />
Erst die „richtige“ Mami, dann die zweite Mami. Das tut weh,<br />
denn jeder Mensch hat erst einmal Anspruch auf die ganze<br />
Liebe des anderen.<br />
Aber es lohnt sich, offen darüber zu reden und sich darauf einzurichten:<br />
Immerhin wird jede dritte Ehe geschieden und etwa<br />
ein Viertel der Kinder wird einen Stiefelternteil haben...<br />
Quellennachweis: „Mit Lust und Liebe“ erschienen im Ullstein Verlag