Interkulturelle Kompetenzen für das Auslandspraktikum
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Fit <strong>für</strong> Europa: <strong>Interkulturelle</strong> <strong>Kompetenzen</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Auslandspraktikum</strong><br />
5. <strong>Interkulturelle</strong> Aspekte des <strong>Auslandspraktikum</strong><br />
Der Schlüssel, weswegen die angeführten Beispiele echte Erfolgsstorys sind, ist, <strong>das</strong>s<br />
die Akteure (Praktikantin/ Praktikant und Betriebsangehörige) die Beziehungsebene,<br />
<strong>das</strong> Menschliche wahrnehmen, betonen und pflegen wollen und können. Anscheinend<br />
fühlen sich alle wohl in der sogenannten Kulturdimension „Personenorientierung“, die<br />
in Polen bedeutsam ist.<br />
Die Praktikantin und der Praktikant fühlen sich wohl aufgenommen in die soziale<br />
Gruppe. Es wirkt familiär, und es wird sich um einen gekümmert.<br />
Dies kann aber auch mit der Situation zusammenhängen, <strong>das</strong>s dieser Umgang<br />
miteinander nicht als belastet empfunden wird, da man im Gastland neu ist und der<br />
Aufenthalt insgesamt „nur“ zwei Wochen betragen wird.<br />
Außerdem befindet man sich in der Orientierungsphase und alles ist neu, interessant<br />
und die Energie <strong>für</strong> Neugierde ist in ausreichendem Maße vorhanden. Man ist in einer<br />
Art Euphorie („Honeymoon“): aufgeregt und aufmerksam.<br />
Hierzu aus dem Bericht einer Praktikantin, die in Lettland vier Wochen gearbeitet<br />
hatte: „Vieles sah ganz anders aus und war auch ganz anders: gelbe Straßenschilder,<br />
kleine Omis mit Kopftüchern und laut spielende Kinder, bei denen ich kein einziges<br />
Wort verstehen konnte. Mir wurde langsam bewusst, <strong>das</strong>s ich weit und <strong>für</strong> längere<br />
Zeit von zu Hause weg war. Ich war sehr aufgeregt und freute mich riesig auf den<br />
ersten Schultag!“<br />
Jedoch in einer anderen Phase des Auslandsaufenthalts kann es zu belastenden<br />
Situationen kommen. Schwierigkeiten mit Sprache, Werten, Symbolen und Riten<br />
treten nun deutlicher hervor. Auch <strong>für</strong> die Mitmenschen tritt Alltag ein und die<br />
Rücksichtnahme auf den „Ausländer“ wird geringer. Das Tempo des Lebens wird auf<br />
„normal“ gestellt.<br />
In dieser Phase können viele kleine Sachen zusammenkommen, die zu Ärger,<br />
Frustration und Selbstzweifel führen können: der penetrante Kohlegeruch in der Stadt,<br />
<strong>das</strong> zu enge Zusammenwohnen, <strong>das</strong> andauernde Shoppen gehen, Einkaufszentrum<br />
zum 20’sten Mal, <strong>das</strong> Essen, der väterliche Chef usw.<br />
Ein Praktikant, der sein Praktikum in einer sibirischen Stadt gemacht hat, beschrieb<br />
folgende Eindrücke und Erlebnisse: „Die ersten Leute, denen ich in Russland<br />
begegnet bin, sind mir sehr negativ aufgefallen, weil sie unfreundlich waren und kein<br />
Verständnis <strong>für</strong> andere gezeigt haben. [...] Die Polizisten muss man erleben: zuerst<br />
waren sie sehr arrogant und haben versucht mir Geld aus der Tasche zu ziehen. [...]<br />
Abends ist es sowieso viel zu gefährlich alleine oder zu zweit hinaus zu gehen, weil<br />
die Kriminalitätsrate sehr hoch ist.“<br />
Im Ausland fallen mehr Eindrücke bewusster auf einen ein als in der gewohnten<br />
heimatlichen Umgebung. Die Summe dieser vielen Eindrücke und Erlebnisse kann zu<br />
einem sogenannten Kulturschock führen.<br />
„Als höchste Stufe der Irritationen entsteht ein Kulturschock, der Aggressivität,<br />
Anspannung, Verwirrung oder Apathie als Folge haben kann. Die vertrauten und<br />
bekannten psychologischen Erklärungsmuster, die dem Individuum helfen, in der<br />
Gesellschaft zu funktionieren, werden plötzlich entzogen und durch fremde<br />
unverständliche ersetzt.“ (A. Podsiadlowski, S. 30)<br />
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