Juli 2012 - Falkenseer Stadtjournal
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Ausflüge<br />
Kloster Chorin:<br />
Das Herz märkischer<br />
Backsteingotik<br />
Chorin – das ist mehr als eine beeindruckende Klosteranlage der<br />
Zisterzienser und eines der großartigsten Bauwerke der norddeutschen<br />
Backsteingotik. Das Kloster Chorin ist märkischer Urgrund.<br />
Es entstand in der Frühzeit der Mark Brandenburg um das Jahr<br />
1270, gelegen noch im Grenzland zu den slawischen Gebieten. Wie<br />
zuvor schon in Lehnin waren auch hier die Zisterzienser - rund 80<br />
Priestermönche und 400 Arbeitsmönche lebten im Kloster - Pioniere<br />
bei der Kultivierung des Landes und machten Chorin zu einem<br />
Zentrum der Baukunst und der Landwirtschaft.<br />
Es war im September 1273, als sich die<br />
drei Markgrafenbrüder Johann, Otto<br />
und Konrad sowie etliche Zeugen wie<br />
Ritter Günther Graf zu Ruppin oder Johann<br />
von Wustrow auf der Burg Werbellin<br />
versammelten, um die Verlegung<br />
des Zisterzienserklosters Mariensee zu<br />
beurkunden. Die Markgrafen entsprachen<br />
der Bitte dreier Äbte, das auf einer<br />
Insel im Parsteiner See gegründete Kloster<br />
wegen der dortigen Unbequemlichkeiten<br />
an einen geeigneteren Ort zu<br />
verlegen. – Dieser Ort war Chorin und<br />
das Kloster erhielt den gleichen Namen.<br />
Das Kloster entstand als ein einheitliches<br />
hochgotisches Gebäudeensemble,<br />
in dem die Architektur der zisterziensischen<br />
Romanik noch nachwirkte. Die<br />
Klosterkirche ist eine dreischiffige Basilika<br />
mit Querschiff, in dem allerdings<br />
diese Bauform der Lehniner Basilika in<br />
die Gotik übersetzt wurde.<br />
Zwar verboten die Bauvorschriften der<br />
Zisterzienser auch hier Skulpturen, Malereien<br />
oder Glockentürme, doch bei aller<br />
gebotenen Schlichtheit hatte der<br />
Bau auch den Herrschaftsanspruch seiner<br />
Auftraggeber widerzuspiegeln.<br />
Schließlich war Chorin nach einer Teilung<br />
der Mark Brandenburg das Hauskloster<br />
und die Grablege der johanneischen<br />
Linie der Askanier. So wurden<br />
das Chorpolygon, vor allem aber die<br />
Westfassade repräsentativ gestaltet<br />
und ausgeschmückt. Mit ihrer aufwändigen<br />
Gliederung mit Treppentürmen,<br />
Fialen, Giebeln, Strebepfeilern und drei<br />
großen Spitzbogenfenstern ist sie einer<br />
der am reichsten gestalteten aller backsteingotischen<br />
Kirchenfassaden. Die<br />
Bauten zeugen von der Kunstfertigkeit<br />
der Mönche, denen es gelang, gotisch<br />
ornamental zu bauen und trotzdem<br />
nicht gegen die spartanischen Grundsätze<br />
der Ordensarchitektur zu verstoßen.<br />
Der Choriner Stil wurde richtungsweisend<br />
für die Baukunst Norddeutschlands.<br />
Rund 350 Jahre währte die große Zeit<br />
des Klosters Chorin, bis es 1542, nur<br />
drei Jahre nach der Einführung der Re-<br />
22 FALKENSEER STADT - JOURNAL 07/2011<br />
Kloster<br />
Chorin<br />
Kloster Chorin: Kreuzgang und Außenansicht.<br />
Fotos (3): TMB-Fotoarchiv<br />
Kloster Chorin: Die Westfassade im Sonnenuntergang<br />
formation in Brandenburg, aufgelöst<br />
wurde. Die Gründe waren weniger religiös<br />
denn handfest, da der Hohenzoller<br />
Joachim II. vor allem seine Finanzen mit<br />
dem enteigneten Klostergut zu sanieren<br />
trachtete. Was folgte, war ein Jahrhunderte<br />
langer Verfall, bei dem die Anlage<br />
Amtssitz und Domäne war und schließlich<br />
verpachtet und als Viehstall genutzt<br />
wurde.<br />
Erst dem preußischen Baumeister Carl<br />
Friedrich Schinkel war die Erkenntnis zu<br />
verdanken, dass „die Ruine ein herausragendes<br />
Baudenkmal und kostbares<br />
Zeugnis mittelalterlicher Geschichte“ ist<br />
und schließlich beklagte 1821 auch der<br />
preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm<br />
nach einem Besuch in Chorin, „dass die<br />
Kirche den Schweinen preisgegeben<br />
sei“. Auch hatte der Zeitgeist der Romantik<br />
eine Schwärmerei für Ruinen im<br />
Zusammenspiel mit Kunst und Gartenbau<br />
entwickelt. So kam es, dass im frühen<br />
19. Jahrhundert unter der Leitung<br />
von Schinkel mit der Sicherung und teilweisen<br />
Rekonstruktion der Ruine begonnen<br />
und so eines der großartigsten<br />
baulichen Zeugnisse der märkischen<br />
Geschichte vor dem endgültigen Verfall<br />
gerettet wurde.<br />
Heute ist das Kloster Chorin vor allem<br />
Denkmal, Tourismusmagnet und Kulturstätte,<br />
die auch durch die Sommerkonzerte<br />
weithin bekannt wurde. Die<br />
Klosteranlage ist grandios, beeindrukkend<br />
und liegt in einer landschaftlich<br />
reizvollen Gegend am Amtssee im Biosphärenreservat<br />
Schorfheide-Chorin.<br />
Das Kloster Chorin ist ganzjährig geöffnet<br />
und auf der Anlage befinden sich<br />
verschiedene Ausstellungen, die über<br />
die Geschichte des Klosters und den Zisterzienserorden<br />
berichten. Die wichtigsten<br />
Exponate sind aber die Klostergebäude<br />
selbst mit ihrer schlichten Schönheit<br />
und den meisterlich ausgeführten<br />
baukeramischen Schmuckelementen<br />
sowie mit der wunderbaren Atmosphäre<br />
und den immensen Proportionen der<br />
hohen gotischen Klosterkirche.<br />
UG