Wandern entlang der Landesgrenze - Metzerlen-Mariastein
Wandern entlang der Landesgrenze - Metzerlen-Mariastein
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Sein Vater war Chnächt und nach <strong>der</strong> Pensionierung Muuser. Er arbeitete fast rund um<br />
die Uhr bei den Bauern und war so wenig daheim. Als Viehknecht war er sehr geschätzt:<br />
Man holte ihn bei den komplizierten Geburten und man sagte von ihm, er hätte mit den<br />
Tieren reden können. Selbst die gefürchtetsten Stiere liefen ihm nach wie Hündchen!<br />
Seine Mutter war eine fröhliche Natur. Sie und seine Geschwister hatten alle schöne<br />
Stimmen und Vater erzählte, wie sie fast jeden Sonntagnachmittag, aber auch bei <strong>der</strong><br />
Arbeit, viel gesungen hätten. Das habe sie oft über Wasser gehalten, wenn etwa <strong>der</strong><br />
Magen knurrte o<strong>der</strong> es sonst Schweres durchzustehen gab.<br />
Eine schwere Zeit waren für ihn die letzten Schuljahre! Er ging gern zur Schule und als<br />
guter Schüler hätte er in die Sekundarschule gehen sollen. Nur eben! Schon <strong>der</strong><br />
Schulweg nach Düdingen war weit; aber Tafers war ohne Velo viel zu weit weg! Geld war<br />
keines da, auch nicht für ein Occasionvelo und niemand, <strong>der</strong> ihm eines geliehen hätte. So<br />
schickte ihn <strong>der</strong> Lehrer jeweils gegen Mittag in die Küche, um zu helfen, was ihm<br />
immerhin zu einer Erbsensuppe verhalf. Ich erwähne diese Geschichte, weil sie ihn das<br />
ganze Leben hindurch begleitete. Seine Familie gehörte eben zum Hüttlivolk, was bedeutete,<br />
Verachtung und Ausgeschlossensein zu erfahren.<br />
Nach dem Schulabschluss begleitete ihn seine Mutter – noch am gleichen Tag – s' Köfferli<br />
im Leiterwägeli den Wald hinab zum Bahnhof, wo er den Zug nach St-Martin (FR) nahm.<br />
Mit dem ersten Lohn kaufte er sich ein Handörgeli, damit er an Hochzeiten und Festen ein<br />
wenig zusätzliches Geld verdienen konnte, das er heim schickte. Sein grosses Glück war,<br />
dass seine Meistersleute in St-Martin gute und echte Christenmenschen waren, wie er<br />
immer wie<strong>der</strong> erzählte, die ihn wie ihre eigenen Buben behandelten. Er habe dort auch<br />
verstanden, wie wichtig das Gebet und <strong>der</strong> regelmässige Sakramentenempfang sei.<br />
Daneben hatte er auch sehr gut Französisch gelernt und er antwortete mir noch einige<br />
Tage vor seinem Sterben korrekt in dieser Sprache.<br />
Später hatte er ein weiteres Glück: Er bekam eine Stelle bei Albin Schwaller in Lustorf<br />
(FR), <strong>der</strong> auch <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Schule in Baden vorstand. Dieser Mann erkannte<br />
seine Fähigkeiten und dank ihm gehörte er zu den ersten Freiburgern, die die eidgenössische<br />
Meisterprüfung als Landwirt absolvierten. Dieser Titel verhalf ihm zur Stelle auf<br />
dem Schlosshof in Pfeffingen. Lei<strong>der</strong> kam es dann anfangs <strong>der</strong> 70er Jahre zur Auflösung<br />
des Geigy-Versuchsguts, in <strong>der</strong>en Folge er – mit grossem Bangen – einen Arbeitsplatz in<br />
<strong>der</strong> Ciba-Geigy, in Basel, antreten musste. Dabei sollten sich die rund 15 Jahre im<br />
Schoren bald als eine äusserst glückliche Zeit erweisen, die ihm Einblick und Zugang in<br />
eine an<strong>der</strong>e – nicht bessere, aber beeindruckende – Welt verschaffte und ihn enorm<br />
bereicherte.<br />
Nach <strong>der</strong> Pensionierung übernahm er mit Freude den Sakristanendienst in Pfeffingen. In<br />
dieser Zeit erkrankte auch seine Frau, unsere Mutter. Das Jahr ihrer Krankheit war nicht<br />
nur eine schwere, son<strong>der</strong>n auch eine gnadenvolle Zeit für uns alle. Wir trugen sie in <strong>der</strong><br />
Adventszeit zu Grabe.<br />
Dann zügelte er in ein Zimmer bei den Schwestern im Kurhaus Kreuz in <strong>Mariastein</strong>, wo er<br />
sich vor allem dem Park, den Gebüschen und den Bäumen annahm. Auch diese Zeit war<br />
für ihn mit viel Schönem verbunden: Unzähligen Besuchen von nah und fern. Und ich<br />
erinnere mich, wie wir bei unseren Besuchen in <strong>Mariastein</strong> kaum 10 Schritte machen<br />
konnten, ohne dass jemand rief: „Sali, Hoi, Salut, Ciao… Felix!“ Doch vor allem konnte er<br />
in <strong>Mariastein</strong> aktiv am liturgischen Leben teilnehmen, was für ihn ein unermessliches<br />
Geschenk war!<br />
Am Mittwoch, dem 16. März haben wir nun Abschied von ihm genommen nach einem<br />
guten, erfüllten und langen Leben. Nach einer kurzen Krise ging dieses im Pflegeheim<br />
Blumenrain zu Ende. Nur wenige Wochen zuvor war er vom Heim in Flüh, wo er 5 Jahre<br />
zu Hause gewesen war - sozusagen in dessen Mutterhaus - nach Therwil verlegt worden.<br />
Seiner fortschreitenden Demenz konnte dort, seiner nachts in zunehmendem Mass<br />
einsetzenden Unruhe, besser entsprochen werden.<br />
Natürlich war es einerseits traurig die typischen Erscheinungen dieser Krankheit<br />
mitzuerleben, die seine Erinnerung zwar nicht ganz zerstörte, aber dennoch stark<br />
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