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Institut für Strömungsmechanik und Umweltphysik im Bauwesen

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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong><strong>Strömungsmechanik</strong> <strong>und</strong><strong>Umweltphysik</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong>Prof. Dr. rer. nat. Insa NeuweilerVorlesungsskript, Teil IAusgabe 10/2009überarbeitet von Dipl.-Ing. R. Ratke


VorwortDieses Skriptum enthält Teile der Skripte ”<strong>Strömungsmechanik</strong> <strong>für</strong> Bauingenieure“, Teil I <strong>und</strong> zueinem geringen Anteil auch Teil II, Ausgabe 1990. Die Neuzusammenstellung <strong>und</strong> erste TEX-Fassung(2004) übernahm Dipl.-Ing. R. Ratke.Vorwort zur ersten Auflage (1981)Dieses Skriptum enthält den Stoff, der in der Vorlesung “<strong>Strömungsmechanik</strong> I <strong>für</strong> Bauingenieure“<strong>im</strong> dritten Semester gelehrt wird. Es handelt sich dabei nicht um ein Lehrbuch <strong>und</strong> sollte nur alseine Ergänzung zu Vorlesungen <strong>und</strong> Übungen verstanden werden. Eine selbständige Erarbeitung desStoffes aus dem Skriptum ist schon deshalb schwierig, weil auf Berechnungsbeispiele verzichtet wurde.Die erste Version dieses Skriptums ist von Herrn Dr. Gärtner auf der Basis meiner handschriftlichenUnterlagen erstellt worden. An wesentlichen Ergänzungen waren die Herren Theunert <strong>und</strong> Urban sowieKröhn <strong>und</strong> Ratke beteiligt. Herr F. Brehm erstellte die attraktive äußere Form.Ihnen <strong>und</strong> allen anderen Mitarbeitern, die Verbesserungsvorschläge gemacht haben, danke ich <strong>für</strong> ihreMitarbeit.W. Zielke- i -


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InhaltsverzeichnisF.5.3 Bernoulli-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64F.5.4 Folgerungen aus der Bernoulli-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65F.6 Zusammenhang zwischen Impulssatz <strong>und</strong> Bernoulli-Gleichung . . . . . . . . . . . . 66G Strömungswiderstand 69G.1 Schubspannungen infolge Viskosität (Zähigkeit)<strong>und</strong> Scheinviskosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70G.2 Beziehung zwischen Wandschubspannung<strong>und</strong> Verlust an Strömungsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73G.2.1 Rohrleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73G.2.2 Offenes Gerinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75G.3 Fließarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76G.4 Wandreibung <strong>und</strong> Geschwindigkeitsverteilungbei laminarer Rohrströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79G.5 Wandreibung <strong>und</strong> Geschwindigkeitsverteilungbei turbulenter Rohrströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81G.6 Wandreibung bei Gerinneströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87G.7 Grenzschichten <strong>und</strong> Ablösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90G.8 Konzentrierte Fließverluste in Rohren <strong>und</strong> Gerinnen, ζ-Werte . . . . . . . . . . . . . . 92G.8.1 Ein- <strong>und</strong> Auslaufverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93G.8.2 Umlenkverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93G.8.3 Verzweigungsverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93G.8.4 Querschnittsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94G.8.5 Verschlußorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94H Elementare stationäre Rohrströmungen 95H.1 Gr<strong>und</strong>sätzliche Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96H.2 Venturi-Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98H.3 Pumpe, Turbine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99H.4 Rohrsystem mit Pumpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100I Elementare stationäre Gerinneströmungen 103I.1 Normalabfluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104I.2 Wellengeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107I.3 Strömen <strong>und</strong> Schießen, Grenzbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108I.3.1 Betrachtungen bei vorgegebenem konstanten q . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109- v -


BezeichnungenGriechische Buchstabenα [-] Energiebeiwert zur Berücksichtigungder Geschwindigkeitsverteilungα [-] Verlustbeiwert <strong>für</strong> Ausfluß <strong>und</strong> Öffnungen {J}β [-] Impulsbeiwert zur Berücksichtigungder Geschwindigkeitsverteilungβ p [m 2 /N] Wärmeausdehnungskoeffizient <strong>für</strong> konstanten Druck β p = 1 ∂ρρ ∂Tβ T [m 2 /N] Kompressibilitätskoeffizient <strong>für</strong> konstante Temperatur β T = 1 ∂ρρ ∂pζ [-] Verlustbeiwert <strong>für</strong> örtlich konzentrierte Energieverluste h v = ζ v 2 /2gη [kg/(ms) = Pa s] dynamische Zähigkeit η = ρ νη [m] zu y parallele Schwerachse {C}η [-] Eigenschaft {F}η M [-] Wirkungsgrad des Motorsη P [-] Wirkungsgrad der Pumpeθ [-] Neigungswinkelλ [-] Reibungsbeiwert h v = λ l v 2D h 2gµ [-] Ausflußbeiwert {J}ν [m 2 /s] kinematische Zähigkeit ν = η/ρξ [m] zu x parallele Schwerachseπ [-] Ludolfsche Zahl π = 3, 14159 . . .ρ [kg/m 3 ] Fluiddichteσ [N/m 2 ] Normalspannungσ [N/m] Oberflächenspannungτ [N/m 2 ] Schubspannungτ 0 [N/m 2 ] Wandschubspannungω [1/s] Kreisfrequenz- x -


BezeichnungenIndizes⎫x ⎪⎬y⎪⎭zKRKFSDηξKartesische (rechtwinklige) KoordinatenKontrollraumKontrollflächeSchwerpunktDruckmittelpunktzu y parallele Schwerachsezu x parallele SchwerachseSonstige Zeichengrad Gradient eines Skalarfelds grad =d∂ddt⃗totales Differentialpartielles Differentialtotale Ableitung nach der ZeitKennzeichnung eines Vektors( )∂∂x , ∂∂y , ∂∂z- xi -


frei <strong>für</strong> Notizen


Kapitel AEinführungDie <strong>Strömungsmechanik</strong> behandelt die Gesetzmäßigkeiten der Bewegung von Flüssigkeiten <strong>und</strong> Gasen<strong>und</strong> die dabei wirkenden Kräfte. Strömungen treten in der Natur <strong>und</strong> in der Technik in vielfältigenErscheinungsformen auf <strong>und</strong> fordern das strömungsmechanische Verständnis des Naturwissenschaftlers<strong>und</strong> des Ingenieurs.Die traditionellen Arbeitsgebiete des Bauingenieurs betreffen die Standsicherheit <strong>und</strong> Funktion vonBauwerken. Hier findet die <strong>Strömungsmechanik</strong> ihre Anwendung, wenn Bauwerksbelastungen durchStrömungen zu ermitteln <strong>und</strong> Bauwerke konkret mit dem Ziel der Nutzung des Wassers oder demSchutz vor dem Wasser zu bauen sind.Zu einem neueren Arbeitsgebiet haben sich der Umweltschutz <strong>und</strong> die Umwelttechnik entwickelt. DerSchadstofftransport in Flüssen <strong>und</strong> Seen, <strong>im</strong> Meer, <strong>im</strong> Gr<strong>und</strong>wasser <strong>und</strong> in der Athmosphäre geschiehtdurch Strömungen, was die Bedeutung der <strong>Strömungsmechanik</strong> <strong>für</strong> diese Arbeitsrichtung unterstreicht.Einen großen Anwendungsbereich bilden Abflußvorgänge in Rohren <strong>und</strong> Gerinnen. Verwiesen sei aufdie Berechnung der Durchflüsse <strong>und</strong> Wasserstände in Flüssen <strong>und</strong> Kanälen <strong>und</strong> deren Veränderungendurch Baumaßnahmen. In der Wasserversorgung spielt der Transport des Wassers durch Fernleitungen<strong>und</strong> die Verteilung über Rohrnetze eine wichtige Rolle, in der Stadtentwässerung die Fortleitung desAbwassers durch Kanalisationsnetze.Wasserkraftanlagen, Talsperren <strong>und</strong> Wehre sind faszinierende Ingenieurbauweke. Sie werden zur Beherrschung<strong>und</strong> Nutzung des Wassers gebaut, was prof<strong>und</strong>e Kenntnisse der <strong>Strömungsmechanik</strong> voraussetzt.In den Entwicklungsländern werden solche Bauwerke zusammen mit Bewässerungssystemenbei den Investitionen auch weiterhin mit an vorderster Stelle stehen <strong>und</strong> somit auch deutschen Ingenieurbürosdie Möglichkeiten internationalen Wirkens bieten.Die zunehmende Zahl <strong>und</strong> Größe thermischer Kraftwerke, <strong>und</strong> zwar fossiler wie auch nuklearer, haben<strong>für</strong> den Bauingenieur neue <strong>und</strong> schwierige Probleme aufgeworfen. Er war vom Wasserkraftbau durchausdie Beherrschung großer Wassermengen gewohnt, wie sie jetzt als Kühlwasser in noch größerenMengen den Flüssen <strong>und</strong> Seen entnommen <strong>und</strong> durch die Kraftwerke gepumpt werden. Zum erstenMal ist er jetzt aber auch mit thermischen Fragen der Einleitung erwärmten Wassers in stehende <strong>und</strong>strömende Gewässer konfrontiert <strong>und</strong> mit den thermodynamischen Prozessen in Zusammenhang mitihrem Wärmehaushalt.1


Kapitel A. EinführungBewegungsvorgänge <strong>im</strong> Gr<strong>und</strong>wasser sowie deren Veränderungen als Folge der Wasserentnahme stellenein Arbeitsgebiet dar, das den Bauingenieur schon lange an die Seite des Gr<strong>und</strong>wassergeologen gestellthat. Aber auch die Umströmung von Bauwerken durch Gr<strong>und</strong>wasser, die Durchsickerung von Deichen<strong>und</strong> Dämmen <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Sicherheitsuntersuchungen erfordern f<strong>und</strong>ierte Kenntnisseüber die Strömung in ”porösen Medien“.Die Universität Hannover hat schon <strong>im</strong>mer einen besonderen Bezug zum Küsteningenieurwesen gehabt;gerade in ihm sind die Strömungsprobleme besonders vielfältig. Schlagwortartig seien genannt: dieTidedynamik in Küstenähe <strong>und</strong> Tideflüssen, Mischungsprozesse von Salz- <strong>und</strong> Süßwasser, großräumigeSandumlagerungen durch Tidebewegung <strong>und</strong> Wellenwirkung, Wellenkräfte auf Deiche, Ka<strong>im</strong>auern <strong>und</strong>Bohrinseln.Wind- <strong>und</strong> Wellenkräfte auf Bauwerke <strong>und</strong> windinduzierte Schwingungen sind typische Fragestellungenan den konstruktiv orientierten Bauingenieur. Sie sind aber nur ein Beispiel, denn letztlich ist eineVielzahl von Hoch- <strong>und</strong> Tiefbaukonstruktionen dem Strömungsangriff von Wasser <strong>und</strong> Luft ausgesetzt,<strong>und</strong> die schwierigsten dieser Konstuktionen, wie Bohrinseln, Türme, Brücken, sind es in einem ganzbesonderen Maße.Angesichts dieser eindrucksvollen Liste dürfte die Motivation der Bauingenieurstudenten, sich mitdem Gr<strong>und</strong>lagenfach <strong>Strömungsmechanik</strong> zu befassen, nicht fehlen. Dabei muß allerdings vorerstdas Erkennen prinzipieller Gesetzmäßigkeiten <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehen, sodaß die Anwendungen oftnur angedeutet werden können <strong>und</strong> den stärker anwendungsorientierten Fächern vorbehalten bleiben.Dementsprechend rankt sich der gesamte Vorlesungsstoff um die drei Prinzipien des Transports vonMasse, Impuls <strong>und</strong> Energie durch strömende Medien. Hinzu kommt allerdings die <strong>für</strong> dieses Fach sotypische Empirie, die oft geringschätzig mit dem Begriff ”Koeffizientenhydraulik“ beschrieben wird,durch die aber stärker als in anderen Teilgebieten der Mechanik die Grenzen unseres Verständnissesvon den ablaufenden Prozessen belegt werden.- 2 -


Kapitel BEigenschaften der Fluide- 3 -


KAPITEL B - Eigenschaften der FluideB.1 MaßeinheitenBasis- <strong>und</strong> abgeleitete Größen mit den Einheiten verschiedener Einheitensysteme(eingerahmte Einheiten: Gesetz über Einheiten <strong>im</strong> Meßwesen, 1969)Größenart D<strong>im</strong>. Einheit UmrechnungLänge L Meter, m 1 m = 10 2 cm = 10 3 mminch, infoot, ft1 in = 2,5400 cm1 ft = 0,3048 mMasse M Kilogramm, kg 1 t = 10 3 kg = 1 MgBasisgrößenpo<strong>und</strong>-mass, lbmslug, sl1 lbm = 0,4536 kg1 sl = 14,5939 kgZeit T Sek<strong>und</strong>e, s 1 min = 60 s, 1 h = 3600 sTemperaturΘKelvin, KCelsius, o Ct C = t K − 273, 15 ∗Fahrenheit, o F t C = 5 9 (t F − 32)Rankine, o Rt R = 9 5 t KAbgeleitete GrößenKraftSpannungDruckF = MLT 2 Newton, N 1 N = 1 kg m/s 2 = 10 5 dyn †Kilopond, kp 1 kp = 9,80665 NFL 2po<strong>und</strong>-force, lbfPascal, PaBar, barm Wassersäuletechn. Atmosphärephys. AtmosphäreTorr1 lbf = 4,4482 N1 Pa = 1 N/m 2 = 1 kg/(m s 2 ) †1 bar = 10 5 Pa = 10 N/cm 21 mWS = 9,80665 kPa1 at = 1 kp/cm = 0,980665 bar1 atm = 1,01325 bar1 Torr = 1/760 atmArbeit FL Joule, J = Ws 1 J = 1 Nm = 1 kg m 2 /s 2 = 10 7 ergEnergie Kalorie, cal 1 cal = 4,1868 JWärme Brit. thermal unit 1 Btu = 1,0551 kJLeistung FL/T Watt, W 1 W = 1 J/s = 1 kg m 2 /s 3Pferdestärke, PShorse-power, hp1 PS = 75 kp m/s = 0,7355 kW1 hp = 0,7457 kW∗ t C, t F , t R, t K sind Zahlenwerte der Temperatur in o C, o F, o R bzw. K† Die Gr<strong>und</strong>einheiten N bzw. Pa sind <strong>für</strong> technische Zwecke sehr klein! Ratsam ist das Rechnen in kN bzw. kPa, mWSoder bar.- 4 -


B.2. FluidB.2 FluidDie Erscheinungsformen der Materie(Phasen) sind:• feste Körper• Flüssigkeiten• Gase <strong>und</strong> Dämpfe}FluideAbhängigkeit der Aggregatzuständeeines Stoffes von Temperatur <strong>und</strong> DruckUnterschied zwischen festen Körpern <strong>und</strong> Fluiden:Ein Fluid ist durch leichte Verformbarkeit gekennzeichnet. Dazu genügen <strong>im</strong> Gegensatzzum festen Körper sehr kleine Kräfte <strong>und</strong> Arbeiten, wenn die Formänderung nur hinreichendlangsam erfolgt. Sie hängt von den angreifenden Normalkräften (Druckkräfte) <strong>und</strong>Tangentialkräften (reibungsbedingte Schubspannungen) ab.Ein fester Körper, der einer Schubspannung ausgesetzt wird, erfährt eine Deformation, dieproportional zur Schubspannung ist.Unterschied zwischen Flüssigkeiten <strong>und</strong> Gasen bzw. Dämpfen:Ein Gas füllt den zur Verfügung stehenden Raum aus, eine Flüssigkeit bildet eine freieOberfläche.Unterschied zwischen Gasen <strong>und</strong> Dämpfen:Dämpfe sind Gase in der Nähe ihrer Verflüssigung. Man spricht von gesättigten Dämpfen,wenn bereits durch eine sehr geringe Temperaturerniedrigung oder Druckerhöhungeine Verflüssigung eintritt. Sonst spricht man von überhitzten Dämpfen; Gase sind starküberhitzte Dämpfe.Kontinuum:Als Modellvorstellung <strong>für</strong> ein Fluid dient das Kontinuum. Alle Fluideigenschaften wieDichte, Viskosität, Temperatur sind stetig verteilt. Dies schließt nicht aus, daß an definiertenFlächen auch sprunghafte Änderungen der Eigenschaften auftreten können (Diskontinuitätsflächen).Das Modell ist zulässig, solange die Abstände in den betrachteten Anwendungsfällen großsind <strong>im</strong> Vergleich zu den Abständen der Moleküle.- 5 -


KAPITEL B - Eigenschaften der FluideB.3 Dichteρ [kg/m 3 , t/m 3 ]Dichte ist die auf das Volumen bezogene Masse. Sie wird als stetige Eigenschaft jedem Punkt desKontinuums zugeordnet.Als Größenordnungen merke manWasser ∼ 1000 kg/m 3 = 1 t/m 3Meerwasser (Nordsee) ∼ 2,6% höher als SüßwasserLuft bei 20 o C ∼ 1,2 kg/m 3Die Dichte von Fluiden ändert sich mit Temperatur <strong>und</strong> Druckρ = ρ(p, T )dρ = ∂ρ ∂ρdp +∂p ∂T dT(B.1)dρρ= β T dp + β p dT (B.2)mit β T = 1 ρ∂ρ∂p<strong>und</strong> β p = 1 ρ∂ρ∂T(B.3)β T ist ein Kompressibilitätskoeffizient. Er beschreibt, wie groß die durch eine Druckerhöhung erzeugte,isotherme Dichteerhöhung ist.β p ist ein Wärmeausdehnungskoeffizient. Er beschreibt, wie groß die durch eine Temperaturerhöhungerzeugte, isobare Dichteerhöhung ist.Die Unterschiede zwischen Flüssigkeiten <strong>und</strong> Gasen sind nicht nur in der Dichte, sondern auch in denWerten <strong>für</strong> β p <strong>und</strong> β p sehr groß. Man vergleiche auch Abschnitt B.5.B.4 ZustandsgleichungSie beschreibt die Beziehung zwischen Druck, Dichte <strong>und</strong> Temperatur eines Fluids.Für Flüssigkeiten ist diese Beziehung nicht als Gleichung, sondern nur in tabellarischer Form angebbar.Dagegen ist z.B. Luft in dem <strong>für</strong> einen Bauingenieur wichtigen Druck- <strong>und</strong> Temperaturbereich in guterNäherung als ideales Gas beschreibbar:pρ = R T(B.4)dabei ist R die spezifische Gaskonstante; z.B. <strong>für</strong> Luft R = 287,04 [Nm/(kg K)]Mit Gl. (B.1) folgt aus ρ =pRTdρρ= dpp − dT T- 6 -


B.5. KompressibilitätVergleicht man mit Gl. (B.2), so giltβ T = 1/p <strong>und</strong> β p = −1/T .Wählt man einen Bezugszustand mit p 0 , ρ 0 <strong>und</strong> T 0 , so gilt p 0ρ 0= RT 0 .Setzt man daraus R in Gl. (B.4) ein, so folgtR = p 0ρ 0 T 0⇒ pρT = p 0ρ 0 T 0Eine Vereinfachung der Gleichung (B.4) folgt aus der Annahme, daß die Dichte sich ausschließlich ausdem Druck best<strong>im</strong>men läßt (barotropes Fluid).Die da<strong>für</strong> häufig benutzte Form der polytropen Zustandsgleichung lautetpρ n = C mit dem Polytropenexponenten n<strong>und</strong> einer Konstanten C(B.5)Mit p = C · ρ n <strong>und</strong> dp/dρ = Cnρ n−1 = pn/ρfolgt dρρ = 1np dp .Ein Vergleich mit Gl. (B.2) zeigt, daß <strong>im</strong> polytropen Fallβ T = 1np<strong>und</strong> β p = 0 . (B.6)B.5 KompressibilitätE [N/m 2 ]Die Kompressibilität beschreibt die Dichte- (bzw. Volumen-) änderung aufgr<strong>und</strong> einer Druckänderung<strong>und</strong> wird somit durch den Beiwert β T in Gleichung (B.2) angegeben. Stattdessen wird aber oft auchder Kehrwert, nämlich der Volumenelastizitätsmodul verwendet.E = 1/β T(B.7)Wasser:Die Kompressibilität von Flüssigkeiten ist sehr gering, z.B. gilt <strong>für</strong> Wasser E ≈ 2 · 10 9 N/m 2 . Bis aufSonderfälle (Schallausbreitung unter Wasser, Druckwellenausbreitung in Rohrleitungen) wird sie inihrer Wirkung auf die Strömung vernachlässigt.Luft:Für Gase läßt sich die polytropische Zustandsgleichung <strong>und</strong> damit Gleichung (B.6a) anwenden:E = 1β T= np (B.8)- 7 -


KAPITEL B - Eigenschaften der FluideDer Zahlenwert des Polytropenexponenten n hängt davon ab, wie die Dichteänderung erzeugt wird,nämlichn = 1, 0 isotherm, d.h. bei gleichbleibender Temperaturn = 1, 4 adiabatisch, d.h. ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung.Etwas vereinfachend kann man sagen, daß eine sehr langsame Kompression derLuft in dem nebenstehenden Gefäß genügend Zeit <strong>für</strong> einen Wärmeaustausch mitder Umgebung gibt, sodaß die Temperatur der Luft konstant (isotherm) bleibt.Dagegen wird bei einer adiabatischen, <strong>im</strong> Regelfall schnelleren, Kompression derWärmeübergang durch die Wände vernachlässigbar sein, sodaß die Luft <strong>im</strong> Gefäßsich erwärmt.Zwischen diesen Grenzfällen gilt 1, 0 < n < 1, 4 . Als Größenordnung <strong>für</strong> Luft erhält man10 5 ≤ E ≤ 1, 4 · 10 5 [N/m 2 ]Luft ist also 20.000 mal so kompressibel wie Wasser, welches wiederum 100 mal so kompressibel wieStahl ist.B.6 Schallgeschwindigkeita[m/s]Aufgr<strong>und</strong> der Kompressibilität des Fluids ist eine Druckänderung dp <strong>im</strong>mer mit einer Dichteänderungdρ verb<strong>und</strong>en. Beide pflanzen sich mit Schallgeschwindigkeit a fort, die sich wie folgt berechnen läßt:a =√dpdρ[m/s](B.9)Für Flüssigkeiten folgt hieraus <strong>und</strong> aus Gleichung (B.2) mit β p = 0 (barotrope Annahme)a =√1ρβ T=√Eρ .(B.10)Für Wasser bei 20 o C erhält man a = 1439 m/s.Für Gase folgt aus Gln. (B.10), (B.8) <strong>und</strong> (B.4)a =√n p ρ = √ nRT .Für Luft bei 0 o C erhält man mit n = 1,4 den Wert 332 m/s. Bemerkenswert ist, daß die Schallgeschwindigkeitzwar von der Temperatur, nicht aber vom Druck abhängt; sie ist in großer Höhe alsodie gleiche wie am Erdboden (gleiche Temperatur vorausgesetzt).- 8 -


KAPITEL B - Eigenschaften der FluideB.8 Spezifische Wärmec[Nm/(kg K)]Die spezifische Wärme c ist die Wärmemenge, die ein kg des Fluids um ein Grad erwärmt. Für Wasserbei 20 o C ist c = 4181 Nm/(kg K).Bei Gasen muß unterschieden werden zwischen c p <strong>und</strong> c v , d.h. spezifischer Wärme <strong>für</strong> Temperaturerhöhungbei konstantem Druck bzw. konstantem Volumen.So gilt <strong>für</strong> Luft bei 0 o C c p = 1005 Nm/(kg K) <strong>und</strong> c v = 718 Nm/(kg K).Für ein ideales Gas liefern Überlegungen aus der Thermodynamik die Beziehungen: R = c p − c v <strong>und</strong>n = c p /c v , mit der spezifischen Gaskonstanten R <strong>und</strong> dem Polytropenexponenten n; (n = 1,4 beiLuft).B.9 Innere Energieu[J/kg]Innere Energie eines Fluids ist der Energiegehalt der Molekülbewegung bezogen auf die Masseneinheitdes Fluids. Da thermodynamische Prozesse hier nicht behandelt werden, sei u vereinfacht verstandenals die pro Masseneinheit gespeicherte Wärmemenge. Für eine Flüssigkeit mit konstanter spezifischerWärme gilt dann ∆u = c ∆T .Im hier behandelten Zusammenhang interessiert ausschließlich der Verlust mechanischer Strömungsenergiedurch Flüssigkeitsreibung, was zu einem Zuwachs an innerer Energie führt.B.10 Dampfdruckp D[Pa]Bei atmosphärischem Druck siedet Wasser bei 100 o C, auf einem hohen Berg aber schon bei etwasniedrigerer Temperatur. Umgekehrt läßt sich eine Flüssigkeit zur Verdampfung bringen, indem beifestgehaltener Temperatur der Absolutdruck unter den Dampfdruck abgesenkt wird. Dieser ist starktemperaturabhängig; bei Wasser ist z.B.P D = 1, 01 · 10 5 Pa = 1,01 bar bei 100 o CP D = 0, 20 · 10 5 Pa = 0,20 bar bei 60 o C <strong>und</strong>P D = 0, 02 · 10 5 Pa = 0,02 bar bei 20 o C.Sinkt in einer Flüssigkeit der Druck unter Dampfdruck, so bilden sich Dampfblasen, sodaß der Drucknicht weiter fallen kann. Diese Blasen beginnen ihr Wachstum an sogen. Ke<strong>im</strong>en, das sind kleinsteGasbläschen, die an Schwebstoffteilchen oder an der Behälterwand angelagert <strong>und</strong> in technischenFlüssigkeiten <strong>im</strong>mer vorhanden sind. Nur in sorgfältigen Labormessungen mit ke<strong>im</strong>freiem Wasser istes gelungen, auch Zugspannungen in Flüssigkeiten zu erzeugen.- 10 -


B.11. Oberflächenspannung <strong>und</strong> KapillaritätMerke:Der min<strong>im</strong>ale Druck in einer Flüssigkeit ist der Dampfdruck. Im Wasser mit Raumtemperaturliegt er bei etwa 0, 02 · 10 5 Pa Absolutdruck. Zugspannungen treten in Flüssigkeitennicht auf.Die durch Druckabsenkung erzeugte Dampfblasenbildung in Flüssigkeiten nennt manKavitation.B.11 Oberflächenspannung <strong>und</strong> KapillaritätUrsache <strong>für</strong> die Oberflächenspannung sind Kohäsionskräfte, mit denen sich die Teilchen einer Flüssigkeitgegenseitig anziehen. Im Inneren einer Flüssigkeit wirken diese Kräfte gleichmäßig nach allenSeiten, sodaß keine resultierenden Kraftwirkungen auftreten. An der Flüssigkeitsoberfläche in einerSchicht mit der Dicke, die gleich dem Wirkungsradius der Anziehungskraft der Flüssigkeitsteilchenist, treten dementsprechend Kraftwirkungen auf, die ins Innere der Flüssigkeit gerichtet sind. DieseKraft, bezogen auf die Flächeneinheit, wird als Kohäsionsdruck bezeichnet.Soll ein Teilchen aus dem Flüssigkeitsinneren an die Oberfläche gelangen <strong>und</strong> damit eine Vergrößerungder Oberfläche bewirken, muß entlang seinem Weg Arbeit gegen den Kohäsionsdruck verrichtet werden.Die aufzuwendende Arbeit, bezogen auf den Zuwachs der Oberfläche, ist die Oberflächenspannung σ .σ = ArbeitFlächein[ ] N mm 2=[ Nm]An der Oberfläche verbleiben nur so viele Teilchen, wie zur Bildung einer min<strong>im</strong>alen Oberflächebenötigt werden. Dabei stellt sich die Oberfläche so ein, als wäre darüber eine dünne Membran gespannt.Das beschriebene Verhalten findet man auch an Grenzflächen zwischen zwei Flüssigkeiten, diesich nicht mischen.Im allgemeinen spielen die Oberflächenspannungskräfte in der Hydromechanik eine untergeordneteRolle, da andere wirkende Kräfte, wie z.B. die Schwerkraft <strong>und</strong> die Trägheits- bzw. Reibungskräfte,um ein Vielfaches größer sind.Technische Bedeutung erlangt die Oberflächenspannung bei der Untersuchung des Verhaltens vonFlüssigkeiten in engen Kapillaren. Berührt die Flüssigkeit einen festen Körper, so werden die Moleküleder Flüssigkeit in der Grenzfläche von den Molekülen in der festen Wand angezogen. Dieses- 11 -


KAPITEL B - Eigenschaften der FluidePhänomen nennt man Adhäsion. Sind die Adhäsionskräfte größer als die Kohäsionskräfte der Flüssigkeit<strong>und</strong> des darüber befindlichen Gases, so bildet sich eine konkave Flüssigkeitsoberfläche aus,<strong>und</strong> diefeste Wand wird benetzt (Wasser-Luft). Im umgekehrten Fall wird die feste Wand nicht benetzt, <strong>und</strong>es bildet sich eine konvexe Flüssigkeitsoberfläche aus (Quecksilber- Luft).Bei einer ebenen Flüssigkeitsoberfläche heben sich alle Kräfte, die aus der Oberflächenspannung resultieren,in der Flächenebene auf. Ist die Flüssigkeitsoberfläche gekrümmt, entsteht eine resultierendeKraft senkrecht zur Flüssigkeitsoberfläche. Diese Kraft pro Flächeneinheit wird als Kapillardruck p kapbezeichnet.Ein differentiell kleines Element der gekrümmten Flüssigkeitsoberfläche dA werde begrenzt durch dieLinienelemente ds 1 <strong>und</strong> ds 2 , die zwei senkrecht zueinander stehenden Schnitten mit den Krümmungsradienr 1 <strong>und</strong> r 2 zugeordnet sind.Die geometrische Summe aller am differentiellen Flächenelement dA angreifenden Oberflächenspannungskräfteliefert die resultierende Kraft dF .dF = 2σds 1 sin dα 22 + 2σds 2 sin dα 12Der Kapillardruck ergibt sich dann zu:⎛p kap = dFdA = 2σ sin dα 1sin dα ⎞2⎜ 2⎝ + 2⎟ds 1 ds ⎠ 2- 12 -


B.11. Oberflächenspannung <strong>und</strong> KapillaritätFür kleine Winkel α 1 <strong>und</strong> α 2 ist der Sinus des Winkels annähernd gleich dem Argument selbst.( dα1p kap = σ + dα )2ds 1 ds 2Mit ds = rdα folgt dann die erstmals von Laplace angegebene Beziehung <strong>für</strong> den Kapillardruck.p kap = σ(1/r 1 + 1/r 2 )Angenommen werde eine kreisr<strong>und</strong>e Kapillare (Haarröhrchen) mit dem Durchmesser d kap <strong>und</strong> einehalbkugelförmige Gestalt der Flüssigkeitsoberfläche. Mit r 1 = r 2 = d kap /2 ergibt sich der Kapillardruckzu:p kap =4σd kapAm unteren Ende einer eingetauchten, beiderseits offenen Kapillare muß der Druck von außen <strong>und</strong>von innen her gleich groß sein.Nach dem Gesetz der hydrostatischen Druckverteilunggilt dann:ρg(h − h kap ) = ρgh − p kapDaraus folgt die kapillare Steighöhe h kapkreisr<strong>und</strong>e Kapillaren.<strong>für</strong>h kap =4σρg d kapWerte <strong>für</strong> σ bei 20 o C [N/m]Wasser gegen Luft 0,075Öl gegen Luft 0,025 - 0,030Quecksilber gegen Luft 0,472- 13 -


KAPITEL B - Eigenschaften der FluideB.12 StoffwerteNormalatmosphäre: bei T0 = 288, 15 K ist p0 = 10, 13 · 10 4 N/m 2 = 1, 013 bar(entspricht dem Druck einer 10,33 m hohen Wassersäule)Stoff Temp. Dichte Elastizitäts- Spezifische Schallgeschwin- Dynamische Kinematische Dampfdruck Oberflächen- Spezifischemodul Wärme digkeit Zähigkeit Zähigkeit absolut spannung GaskonstanteT ρE = −∆p V ∆V= −∆p ρ ∆ρFlüss. : cGase : cp, cvFlüss. : a = √ E/ρGase : a =√cpRTcvη ν (ν = η/ρ) pD σ R = cp − cvo C kg/m3MPa ˆ=10 6 N/m 2 Nm/(kg K) m/s kg/ms m 2 /s hPa N/m Nm/(kg K)Wasser 0 999,8 1930,2 4205,8 17,80·10 −4 1,780·10 −6 6,120 998,2 2064,0 4181,1 1439 10,00·10 −4 1,000·10 −6 23,3 0,07340 992,2 4177,4 6,52·10 −4 0,657·10 −6 73,760 983,2 4,70·10 −4 0,478·10 −6 199,280 971,8 3,56·10 −4 0,366·10 −6 199,2100 958,3 2,82·10 −4 0,294·10 −6 1013,2Meerwasser 0 1,834·10 −64% Salzgeh, 20 ≃ 1026 1,360·10 −6(Nordsee) 40 1,058·10 −6Meerwasser ≃ 10071% (Ostsee)0 1,29 1004,5 717,76 332 0,168·10 −4 13,0·10 −6 287,04Luft 20 1,21 0,179·10 −4 14,9·10 −6bei 1 bar 40 1,12 0,191·10 −4 17,0·10 −660 1,06 0,203·10 −4 19,2·10 −680 0,99 0,215·10 −4 21,7·10 −6100 0,94 0,229·10 −4 24,5·10 −6Glyzerin 20 1261 680·10 −6Quecksilber 0 13595 1431 16,89·10 −4 0,125·10 −6 0,461100 13351 12,40·10 −4 0,093·10 −6- 14 -


Kapitel CFluide <strong>im</strong> Gleichgewicht- 15 -


KAPITEL C - Fluide <strong>im</strong> GleichgewichtGleichgewicht heißt: Keine gegenseitige Verschiebung der Fluidteilchen. Das Fluid ist <strong>im</strong> Ruhe- oderBewegungszustand (s. Abb. unten) bezüglich seiner Gestalt starr.Die Aerostatik (Gleichgewicht von Gasen) sei <strong>im</strong> folgenden nicht behandelt, sondern nur die <strong>für</strong> Bauingenieurewichtigere Hydrostatik (Gleichgewicht von Flüssigkeiten). Sie findet ihre Hauptanwendungbei der Berechnung von Kräften auf Bauwerke <strong>und</strong> Behälter.ruhendes Gefäß beschleunigtes Gefäß sich drehender BehälterC.1 Druck als skalare GrößeDenkt man sich aus einem Fluid ein Teilchen herausgeschnitten (Eulersches Schnittprinzip), so werdenauf dessen Oberfläche von dem umgebenden Fluid Kräfte ausgeübt, die, auf eine Flächeneinheitbezogen, innere Spannungen sind.In festen Körpern treten Normal- <strong>und</strong> Schubspannungen auf, während in Fluiden, durch deren Viskosität(Zähigkeit) bedingt, Schubspannungen nur infolge anhaltender Relativbewegung der Teilchenvorhanden sein können.Normalspannungen in Fluiden sind <strong>im</strong>mer Druckspannungen, da Zugspannungen <strong>im</strong> allgemeinen nichtübertragen werden können (s. Abschn. B.10).Fluide <strong>im</strong> Gleichgewicht bedeutet: Keine gegenseitige Verschiebung der Fluidteilchen, daher keineSchubspannungen. Folglich gilt:Satz 1:Im Gleichgewicht haben Fluide keine Schubspannungen.Die Druckkraft auf ein Flächenelement steht senkrecht auf diesem.Satz 2:Im Gegensatz zur Festigkeitslehre <strong>und</strong> Strömungslehreviskoser Fluide (Flüssigkeitsreibung!) gilt in der Hydrostatikder <strong>für</strong> die weiteren Ableitungen gr<strong>und</strong>legendeSatz 2.Der Druck an einem Punkt <strong>im</strong> Fluid ist unabhängig von der Richtung; er ist eine skalareGröße. ∗Dieser Satz wird zunächst <strong>für</strong> den ebenen Fall bewiesen <strong>und</strong> dann auf den räumlichen Fall übertragen.∗ Blaise Pascal (1623-1662, Frankreich) entwickelt das Prinzip der Hydraulischen Presse als Analogon zu den Hebelgesetzen.Das Pascalsche Prinzip besagt, daß sich in einer stehenden Flüssigkeit, die einen Behälter ausfüllt, eineDruckänderung überall in der Flüssigkeit <strong>und</strong> an den Behälterwänden gleichzeitig <strong>und</strong> gleich groß auswirkt.Pascals Flüssigkeitsmaschine zur ”Vermehrung der Kraft“- 16 -


C.2. Hydrostatisches GleichgewichtAm Element wirkende Kräfte:- innere Spannungen * Fläche(nur Normalspannungen (Satz 1)),- Massenkräfte · Masse(Massenkräfte (Kräfte/Masse) sind z.B. Erdbeschleunigung,Zentrifugalbeschleunigung, etc.); <strong>im</strong>Bild nicht eingezeichnet.Kräfte-Gleichgewicht in x- <strong>und</strong> z-Richtung:−σ x dzdy + σ n dsdy cos θ + f x dm = 0−σ z dxdy + σ n dsdy sin θ + f z dm = 0mit cos θ = dz dx, sin θ =ds ds<strong>und</strong> dm = 1 2 ρ dxdydz−σ x + σ n + 1 2 ρf xdx = 0−σ z + σ n + 1 2 ρf zdx = 0(der Masse des Elements) folgtDer Grenzübergang dx, dy, dz, → 0 ergibt die Spannungen in einem Punkt.σ n = σ x = σ yσ n = σ x = σ y = σ z = σ<strong>und</strong> <strong>für</strong> den räumlichen Fall erhält manDie Spannungen sind also be<strong>im</strong> <strong>im</strong> Gleichgewicht befindlichen Fluid richtungsunabhängig <strong>und</strong> stellensomit eine skalare Größe dar; da es sich nur um Druckspannungen handelt, setzt man diese positiv:σ = −pMerke:Fluid <strong>im</strong> Gleichgewicht ❀ keine gegenseitige Verschiebung der Fluidteilchen❀ keine Schubspannungen ❀ Druck richtungsunabhängig (skalare Größe)C.2 Hydrostatisches GleichgewichtAuf das Fluidelement mit der Masse dm = ρ dxdydzwirken:- Druckkräfte (innere Spannungen als Oberflächenkräftegemäß Schnittprinzip <strong>und</strong> Sätzen 1, 2)Gleichgewicht am Element in x-Richtung- Massenkräfte (auf Masseneinheit bezogene eingeprägteKräfte, die bei fehlendem Gleichgewichteine Beschleunigung der Masse bewirkenwürden, also Schwerkraft <strong>und</strong> in bewegten Systemend’Alembertsche Trägheitskräfte)- 17 -


KAPITEL C - Fluide <strong>im</strong> GleichgewichtBezeichnungen:p(x, y, z)⃗f = (f x , f y , f z )dreid<strong>im</strong>ensionales, skalares Druckfeld(Druck = Kraft/Fläche)Massenkraft (=Kraft/Masse = Beschleunigung)als dreid<strong>im</strong>ensionales VektorfeldGleichgewicht der Kräfte in x-Richtung:pdydz(− p + ∂p )∂x dx dydz +f x dm = 0− ∂p∂x dxdydz +f xρ dxdydz = 0∂p∂x= ρf x(y- <strong>und</strong> z-Richtung analog)Vektordarstellung:( ∂p∂x , ∂p∂y , ∂p )∂z= ρ (f x , f y , f z ) bzw. grad p = ρ ⃗ f (C.1)Eine Flüssigkeit ist <strong>im</strong> hydrostatischen Gleichgewicht, wenn in jedem Punkt (x, y, z) der Gradient desDruckfeldes p(x, y, z) gleich der mit der Dichte multiplizierten Massenkraft ist. ∗Eine allgemeinere Anwendung dieser Beziehung erfolgt in Abschnitt C.8, wo relativ ruhende Flüssigkeitenin beschleunigten Gefäßen betrachtet werden.In den folgenden Abschnitten C.3 bis C.7 werden speziell Flüssigkeiten unter ausschließlicher Schwerkraftwirkungbehandelt.C.3 Hydrostatische Druckverteilung in Flüssigkeitenruhende Flüssigkeit: es wirkt nur die Schwerkraftf x = 0 ❀ ∂p∂x = 0f y = 0 ❀ ∂p∂y = 0f z = g ❀ ∂p∂z = ρg ❀dpdz = ρg∗ Voraussetzung ist, daß die Massenkraft ein Potential besitzt, wie dies z.B. bei der Schwerkraft der Fall ist. Siehez.B.: Truckenbrodt, E.: Fluidmechanik; Band 1, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 1980- 18 -


C.3. Hydrostatische Druckverteilung in Flüssigkeitenhomogene Flüssigkeit: Dichte ρ = const., d.h. keine Dichteunterschiede infolge Temperatur, Druck,Salzgehalt usw.∫ p 1p 0dp =∫ h0ρg dzp 1 − p 0 = ρghp 1 = p 0 + ρgh(C.2)p 1 : absoluter Druck am Punkt 1p 0 : atmosphärischer Druck auf die Wasseroberflächeρgh: Überdruck = absoluter Druck minus atmosphärischer DruckMan betrachte die Gewichtskraft dG einer Wassersäule der Höhe h <strong>und</strong> der Gr<strong>und</strong>fläche dA :dG = ρgh dA;dann beträgt der Druck am Bodenp = dG/dA = ρ gh.(p = dG/dA gilt nur <strong>für</strong> Säulen, vergleiche hydrostatisches Paradoxon, siehe Abschnitt C.4!)Satz 3:Der Druck in der Tiefe h unter dem Wasserspiegel ist gleich dem Druck über demWasserspiegel <strong>und</strong> der Gewichtskraft pro Fläche der darüber liegenden Wassersäule.Darstellung der hydrostatischen DruckverteilungDer Druck der Normalatmosphärep 0 = 1, 013 barentspricht dem Gewicht einer Wassersäule mit der Höhe:p 0ρg =1, 013 bar1000 kgm 3 9, 81 m s 2= 10, 33 mBei der Berechnung von Druckkräften <strong>und</strong> Druckverteilungen ist es zweckmäßig, mit dem Überdruckstatt mit dem absoluten Druck zu arbeiten, da der atmosphärische Druck ohnehin auf beide Seiteneiner Behälterwand wirkt <strong>und</strong> sich dadurch aufhebt. In den folgenden Abschnitten C.4 - C.8 bezeichnetp deshalb <strong>im</strong>mer den Überdruck.- 19 -


C.4 Hydrostatischer Druck auf horizontale BödenKAPITEL C - Fluide <strong>im</strong> GleichgewichtDruck am Boden : p = ρghDruckkraft auf die Bodenfläche A: pA = ρghA(hydrostatisches Paradoxon: ∗ Die Druckkraft auf den Boden kann wesentlich kleiner oder größer alsdas Gewicht des Wassers sein.)∗ S<strong>im</strong>on Stevin (1548 - 1620, Holland) entwickelte fast 2000 Jahre nach Arch<strong>im</strong>edes die Hydrostatik weiter. Erberechnete den Bodendruck in Gefäßen <strong>und</strong> erklärte das hydrostatische Paradoxon:In das Wasser ABCD seien ein fester Körper oder mehrere feste Körper vom gleichen spezifischen Gewicht wie das”Wasser eingetaucht. Dies sei in der Weise geschehen, daß nur das Wasser IKFELM übrigbleibt. Wenn das so ist, dannbe- oder entlasten die Körper die Fläche EF nicht mehr, als es zuvor das Wasser tat. Deshalb sagen wir. . ., daß aufder Fläche EF ein Gewicht lastet, das gleich der Schwere des Wassers ist, das das Volumen des Prismas hat, dessenGr<strong>und</strong>fläche EF ist <strong>und</strong> dessen Höhe der Abstand der Ebenen durch MI <strong>und</strong> EF ist.“Entsprechend begründete er, daß <strong>im</strong> rechten Bild die auf die Fläche EF wirkende Kraft vom Betrag gleich der <strong>im</strong>mittleren Bild auf die Fläche EF wirkenden Kraft ist, von der Richtung aber entgegengesetzt.Wäre das nicht so, so würde der geringere Druck dem stärkeren nachgeben, was aber nicht sein kann, denn nach. . .”bleibt alles an seinem Platze.“Gedankenmodelle von Stevin- 20 -


C.5. Hydrostatischer Druck auf ebene geneigte FlächenC.5 Hydrostatischer Druck auf ebene geneigte FlächenSDFSchwerpunkt von ADruckmittelpunktresultierende DruckkraftZu best<strong>im</strong>men sind:1.) Druckverteilung auf die Fläche2.) Betrag der resultierenden Druckkraft3.) Wirkungslinie der resultierenden DruckkraftDruckkraft dF auf ein Flächenelement dA:dF = p dA = ρgh dA = ρgy sin θ dAGesamtdruckkraft F :F =∫Ap dA =∫A∫ρgh dA = ρgAh dA = ρgh S A = p S Amit der Tiefe des Flächenschwerpunktes S: h S = − 1 A<strong>und</strong> P S als Druck <strong>im</strong> Schwerpunkt S∫Ah dA(C.3)Satz 4:Die Druckkraft auf eine geneigte Ebene ist gleich dem Produkt aus Druck <strong>im</strong> Flächenschwerpunkt<strong>und</strong> Fläche.Die Wirkungslinie der Druckkraft schneidet die Fläche <strong>im</strong> Druckmittelpunkt D. Er muß stets tiefer alsder Schwerpunkt der Fläche liegen (siehe Druckverteilung).- 21 -


KAPITEL C - Fluide <strong>im</strong> GleichgewichtMoment um x-Achse:y D F =mit∫A∫yp dA = ρgh = y sin θA∫yh dA = ρg sin θAy 2 dAF = ρgh S A = ρg sin θ y S A∫<strong>und</strong> y 2 dA = I x (Flächenträgheitsmoment bezüglich der x-Achse [m 4 ])y D ρg sin θ y S A = ρg sin θ I xAy D = I xy S AI x = I ξ + Ay 2 S Steinerscher Satz. (I ξ Flächenträgheitsmoment bezüglichder zur x parallelen Schwerachse ξ [m 4 ])Damit folgt schließlich die y-Koordinate des Druckmittelpunktes D:y D =I ξy S A + y Sbzw.h D = I ξy S A sin θ + y S sin θ= I ξh S A sin2 θ + h S(C.4)- Offensichtlich ist y D > y S .Moment um y-Achse:x D F =∫A∫xp dA = ρgA∫xh dA = ρg sin θAxy dAF = ρgh S A = ρg sin θ y S A∫<strong>und</strong> xy dA = I xy (Zentrifugalmoment bezüglich der x- <strong>und</strong> y-Achse [m 4 ])x D ρg sin θ y S A = ρg sin θ I xyAx D = I xyy S AI xy = I ηξ + Ax S y S Steinerscher Satz. (I ηξ Zentrifugalmoment bezüglichder zu x <strong>und</strong> y parallelen Schwerachsen ξ <strong>und</strong> η [m 4 ])Damit folgt die x-Koordinate des Druckmittelpunktes D:x D =I ηξy S A + x S bzw. x D = I ηξh S A sin θ + x S(C.5)- Es ist I ηξ = 0 <strong>und</strong> damit x D = x S , wenn die Fläche symmetrisch zur η- <strong>und</strong>/oder ξ-Achse ist.- Mit zunehmender Tiefenlage der Fläche verringert sich der Einfluß der Flächenwerte A, I ξ <strong>und</strong>I ηξ auf die Lage des Druckmittelpunktes, wie aus Gleichungen (C.4) <strong>und</strong> (C.5) <strong>für</strong> y S → ∞leicht ersichtlich ist. Im Grenzfall fallen Druckmittelpunkt <strong>und</strong> Schwerpunkt zusammen.- 22 -


防 でも 概 略 調 査 や 詳 細 調 査 に 組 入 れるものとする。踏 査 の 内 容 は 主 として 目 視 観 察 であるが、 現 地 チェックとして 簡 易に 行 なえるコーンペネトロメータによる 表 層 土 のサウンディング 調 査やハンドスコップ,ハンドオーガー 等 による 試 料 採 取 を 行 って 土 の 観察 を 行 なうことも、 時 により 必 要 である。さらに 観 察 した 代 表 的 な 試料 について、 粒 度 試 験 や 自 然 含 水 比 などの 土 質 試 験 を 実 施 しておくと、現 地 観 察 による 判 断 がより 確 実 なものとなる。現 地 踏 査 において、 観 察 すべき 事 項 は 次 のとおりで、その 結 果 は 資料 調 査 結 果 をとりまとめた 平 面 図 や 断 面 図 に 追 加 記 載 し、 予 備 調 査 の総 合 判 断 として 記 述 する。1 既 設 堤 防 の 高 さ, 天 端 幅 ,のり 勾 配 , 護 岸 , 裏 のり 尻 等 の 断 面 形 状2 表 層 の 土 質3 植 生 , 護 岸 等 の 表 面 保 護 状 況4 堤 外 地 の 状 況 ( 高 水 敷 , 低 水 護 岸 , 低 水 路 , 水 制 など)5 堤 内 地 の 状 況 ( 堤 内 排 水 , 堤 内 地 地 盤 高 , 土 地 利 用 状 況 など)6 堤 防 の 縦 断 的 , 横 断 的 な 沈 下 状 況 の 有 無7 堤 防 の 被 災 箇 所 での 痕 跡 状 況8 のり 崩 れ, 亀 裂 , 漏 水 跡 , 洗 掘 跡 , 水 防 活 動 跡9 構 造 物 の 変 状 状 況 と 構 造 物 周 辺 の 堤 防 の 変 状 状 況構 造 物 周 辺 の 堤 防 は、 堤 防 と 構 造 物 の 沈 下 の 違 いにより 生 じる 空 洞やクラックおよびゆるみ 等 が 原 因 で、 洪 水 時 に 漏 水 や 破 壊 に 至 ることもあり、 堤 防 の 弱 点 箇 所 に 最 もなりやすい。したがって、 拡 築 工 事 の 対 象 区 域 にある 既 設 構 造 物 が 何 らかの 変 状をきたしているか、 構 造 物 周 辺 の 堤 防 などに 何 らかの 変 状 をきたしているかを 観 察 することは 非 常 に 重 要 である。表 2.3.1 に 構 造 物 がある 場 合 の 現 地 踏 査 のポイントを 示 しておく。- 41 -


KAPITEL C - Fluide <strong>im</strong> GleichgewichtInterpretation der GleichungenTreppenanalogon (dargestellt <strong>für</strong> eine vertikal gekrümmte Fläche konstanter Breite)Satz 5:Bei vertikal gekrümmten Flächen errechnet sich die- Horizontalkomponente der Druckkraft aus der Druckverteilung auf eine gedachte vertikaleFläche, die sich aus der Horizontalprojektion der wirklichen Fläche ergibt,- Vertikalkomponente der Druckkraft als Gewicht des über der Fläche stehenden odergedachten Flüssigkeitskörpers.Ergänzende Beispiele zu Satz 5Entgegengesetzte Horizontal komponenten:Die Wirkungslinien der Druckkräfte F H1 , F H2 <strong>und</strong> F H gehen durch den Schwerpunkt der entsprechenden,durch die Druckverteilung gebildeten Fläche, bzw. durch den Druckmittelpunkt der projiziertenWandfläche (siehe Abschnitt C.5).- 24 -


C.6. Hydrostatischer Druck auf gekrümmte FlächenEntgegengesetzte Vertikal komponenten:Die horizontale Druckkomponente F HHorizontalprojektion der Wand.ergibt sich aus der dreieckförmigen Druckverteilung an derF H = 1 2 · ρgh · h = 1 2 ρgh2(C.7)Die Wirkungslinie von F H geht durch den Schwerpunkt der Dreiecksfläche.Längs (1)-(2) ist die Vertikalkomponente der Druckkraft nach oben gerichtet. Der Druck ist an jedemPunkt gleich ρgz, sodaß die Resultierende F V 1 wieder gleich dem Gewicht des über der Flächestehenden (gedachten) Wasserkörpers ist. Längs (2)-(4) ergibt sich die nach unten gerichtete KraftkomponenteF V 2 . Die Wirkungslinien von F V 1 <strong>und</strong> F V 2 gehen jeweils durch den Schwerpunkt desentsprechenden Wasserkörpers.Die über dem Wandstück (2)-(3) befindlichen Flächenanteile der entgegengesetzt gerichteten Druckverteilungenheben sich auf, sodaß in der Überlagerung das von der Wand (1)-(2)-(3) eingeschlossene<strong>und</strong> über der Wand (3)-(4) liegende Flächenstück verbleibt (siehe Skizze). Somit entstehen zwei neueResultierende F V a <strong>und</strong> F V b , deren Wirkungslinien wieder durch die Schwerpunkte der entsprechendenFlächen gehen.Es sind nun zwei Fälle zu unterscheiden:Falls F V a ≠ F V b , existiert eine resultierende Vertikalkomponente.Falls F V a = F V b , ist die Resultierende gleich Null, es verbleibt aber ein Moment.- 25 -


KAPITEL C - Fluide <strong>im</strong> GleichgewichtDie Kraft F V a beinhaltet einen Auftriebseffekt, der durch eine Wasserverdrängung infolge Wandwölbunghervorgerufen wird, wie in dem folgenden Beispiel unmittelbar ersichtlich ist.Bei dreid<strong>im</strong>ensional gekrümmten Flächen sind ganz analog die Vertikalkomponente F z = F V <strong>und</strong> zweiHorizontalkomponenten F x <strong>und</strong> F y zu ermitteln, wobei die Wirkungslinien dieser Komponenten <strong>im</strong>allgemeinen nicht durch einen Punkt gehen, d.h. sie bilden ein Moment. (Daß <strong>im</strong> zuvor betrachtetenzweid<strong>im</strong>ensionalen Fall ein Moment anstelle einer Vertikalkomponente verbleibt, stellt dagegen einenseltenen Ausnahmefall dar.)Bei Zylinder- <strong>und</strong> Kugelflächen geht die resultierende Druckkraft durch den Mittelpunkt (Begründung!?).C.7 Hydrostatischer Auftriebinhomogener Körper:GF AρVmgeht durch den Körperschwerpunktgeht durch den Schwerpunkt derverdrängten WassermengeMasse des verdrängten Wasservolumens VKörpermasseSatz 6:(Arch<strong>im</strong>edes ∗ ) Die Auftriebskraft ist gleich dem Gewicht der verdrängten Wassermenge.∗Die hydraulische Schraubedes Arch<strong>im</strong>edesArch<strong>im</strong>edes(287 - 212 v.Chr.), der größte Mathematiker des Altertums,entdeckte das Auftriebsgesetz <strong>und</strong> die Gesetze der Schw<strong>im</strong>mstabilität (Kippsicherheitschw<strong>im</strong>mender Körper), denen die nachfolgenden zwei Jahrtausendewenig hinzuzufügen hatten. Ebenso bekannt ist seine Berechnung von Kreis<strong>und</strong> Kugel <strong>und</strong> damit der Zahl π. Von ihm selbst viel weniger geachtet warenseine ”Ingenieurleistungen“, z.B. die hydraulische Schraube, Kriegsmaschinenzur Verteidigung von Syrakus, etc.- 26 -


KAPITEL C - Fluide <strong>im</strong> GleichgewichtBeispiel 2Ein mit Flüssigkeit gefülltes Gefäß wird mit konstanter Beschleunigung in x-Richtung bewegt. Auf dieFlüssigkeitsteilchen wirkt die Schwerkraft sowie die d’Alembertsche Trägheitskraft entgegengesetztzur Beschleunigung.⃗f =⎧⎪⎨⎪⎩f xf yf z⎫⎪ ⎬⎪ ⎭=⎧⎪⎨⎪⎩−a0−g⎫⎪⎬⎪⎭Beispiel 3 ∗Ein mit Flüssigkeit gefülltes Gefäß dreht sich mit konstanter Winkelgeschwindigkeit. Unter der Voraussetzung,daß sich Flüssigkeit <strong>und</strong> Gefäß zueinander in relativer Ruhe befinden, wirkt auf die Flüssigkeitsteilchendie Schwerkraft <strong>und</strong> die d’Alembertsche Trägheitskraft als Reaktion auf die zum Drehzentrumhin gerichtete Zentrifugalbeschleunigung.Zweckmäßigerweise verwendet man hier Zylinderkoordinaten.⎧⎫⎨⎬⃗f =⎩f rf z⎫⎬⎭ = ⎧⎨⎩ω 2 r−g⎭Totales Differential des Druckes, d.h. Änderung des Druckes bei vorgegebener Ortsänderung ⃗ ds =(dx, dy, dz), d.h. be<strong>im</strong> Übergang vom Punkt x, y, z zum Punkt x + dx, y + dy, z + dz:p = p(x, y, z) dreid<strong>im</strong>ensionales Druckfelddp = ∂p(∂p ∂p ∂pdx + dy +∂x ∂y ∂z dz = ∂x , ∂p∂y , ∂p )· (dx, dy, dz)∂z∗ Lexis Claude Clairot (1713 - 1765), französischer Mathematiker, vollendete die Hydrostatik, indem er das hydrostatischeGleichgewichtsprinzip entwickelte <strong>und</strong> auf drehende Behälter anwendete.- 28 -


frei <strong>für</strong> Notizen


Kapitel DKinematik der Strömungen- 33 -


KAPITEL D - Kinematik der StrömungenD.1 Geschwindigkeit, Bahn-, Strom-, Streich- <strong>und</strong> Zeitlinie<strong>Strömungsmechanik</strong> ist die Lehre von Bewegung <strong>und</strong> Kräftegleichgewicht der Fluide, wobei die einzelnenMassenteilchen <strong>im</strong> Zeitablauf große gegenseitige Verschiebungen erfahren, sodaß ein Zusammenhaltder Gesamtmasse wie bei den festen Körpern nicht mehr gegeben ist. Demgemäß erfordert diegesetzmäßige Erfassung strömender Fluide besondere Betrachtungsweisen.Bei der Lagrangeschen ∗ Betrachtungsweise faßt man zu einem Zeitpunkt t 0 das Fluid aus punktförmigenEinzelmassen zusammengesetzt auf <strong>und</strong> verfolgt den anschließenden Bewegungsablauf jedes einzelnenMassenelementes zur Zeit t > t 0 . Die Lage eines Teilchens wird• zum Zeitpunkt t 0 durch den Ortsvektor ⃗r 0 = (x 0 , y 0 , z 0 )• <strong>und</strong> danach zeitabhängig durch den Ortsvektor ⃗r = ⃗r(⃗r 0 , t) = (x(⃗r 0 , t), y(⃗r 0 , t), z(⃗r 0 , t)) dargestellt.Verfolgt man den Weg eines Fluidteilchens,so entsteht eine Bahnlinie, die als Zeitaufnahmeeines markierten Teilchens angesehen werden kann. ImZeitintervall dt wird längs dieser Bahnlinie der Wegd⃗s = ⃗r(t + dt) − ⃗r(t) = d⃗rzurückgelegt.Daraus erhält man die Geschwindigkeit des betrachteten Teilchens zum Zeitpunkt t an der Stelle⃗r = ⃗r(⃗r 0 , t):d⃗rdt = d⃗sdt = ⃗v(⃗r 0, t) = (v x , v y , v z )(D.1)Der Geschwindigkeitsvektor muß die Bahnlinie natürlich tangieren. Ist umgekehrt die Geschwindigkeitgegeben, so kann die neue Lage ⃗r(⃗r 0 , t 1 ): eines Fluidteilches zum Zeitpunkt t 1 berechnet werden:∫x 1d⃗s = ⃗vdt ⇒ (dx, dy, dz) = (v x dt, v y dt, v z dt) ⇒x 0dx = x 1 − x 0 =∫ t 1t 0v x dt ⇒ x 1 = x 0 +∫ t 1∫ t 1y 1 = y 0 + v y dtt 0v x dt (D.2)t 0∫ t 1z 1 = z 0 + v z dtt 0∗ Johann Louis Lagrange (1763 - 1813, Frankreich), Mathematiker <strong>und</strong> theoretischer Mechaniker. Er führte dasGeschwindigkeitspotential <strong>und</strong> die Stromfunktion (siehe Skript <strong>Strömungsmechanik</strong> II) in die Hydromechanik ein. Außerdemleitete er die Gleichung <strong>für</strong> die Wellenfortpflanzungsgeschwindigkeit in offenen Gerinnen ab). Die oben erwähnteLagrangesche Betrachtungsweise geht allerdings auf Euler zurück.- 34 -


D.1. Geschwindigkeit, Bahn-, Strom-, Streich- <strong>und</strong> ZeitlinieBei Lagrangescher Betrachtungsweise erhält man die Beschleunigung aus der Ableitung der Geschwindigkeitnach der Zeit bei festgehaltenem r 0 , d.h. aus der partiellen Ableitung ∂⃗v∂t . Wendetman auf ein Massenteilchen das Newtonsche Gr<strong>und</strong>gesetz (Kraft = Masse * Beschleunigung) an,so ergeben sich die Lagrangeschen Gleichungen der <strong>Strömungsmechanik</strong>, deren Lösung jedoch <strong>im</strong>allgemeinen auf größere mathematische Schwierigkeiten stößt.Deshalb wird man in der Regel die wesentlich vorteilhaftere Eulersche ∗ Betrachtungsweise anwenden,die das individuelle Schicksal“ der Massenteilchen unbeachtet läßt, <strong>und</strong> stattdessen danach fragt,”welche Geschwindigkeit (<strong>und</strong> andere Größen) an einem festgehaltenen Ort zu jedem Zeitpunkt t herrschen.Die strömungsmechanischen Größen werden also nicht den Fluidteilchen, sondern den Punkten(x, y, z, t) des Raum-Zeit-Kontinuums zugeordnet. Man kommt somit zu einer Feldbetrachtung zubest<strong>im</strong>mten Zeitpunkten. So gibt es z.B. Geschwindigkeits- <strong>und</strong> Druckfelder.Das Geschwindigkeitsfeld ist ein Vektorfeld, das sich in einem Versuch sichtbar machen läßt:Hierzu werden einem strömenden Fluid Schwebstoffteilchen zugesetzt <strong>und</strong> zum Zeitpunkt t mit einerBelichtungsdauer ∆t“ fotografiert. Auf dem Foto hinterlassen die Schwebstoffteilchen Spuren der”Länge ∆s, die je nach Ausgangslage (x, y, z) unterschiedliche Länge <strong>und</strong> Richtung aufweisen. Darausergeben sich die Geschwindigkeiten in bekannter Weise:v(x, y, z, t) =l<strong>im</strong>∆t→0∆s∆t = dsdt(D.3)Im Gegensatz zur Lagrangeschen Betrachtungsweisewird der weitere Weg derSchwebstoffteilchen nicht mehr verfolgt, danur die ”Feldaufnahme“ zu den einzelnenZeitpunkten t ermittelt werden soll.Verschiebung eines SchwebstoffteilchensZur anschaulichen Darstellung des Geschwindigkeitsfelds werden Stromlinien eingeführt. Darunterversteht man Linien, die an jeder Stelle des Strömungsgebietes in der Richtung der dort herrschendenGeschwindigkeit verlaufen, d.h. die Geschwindigkeitsvektoren tangieren die Stromlinien.Der Stromlinienverlauf läßt sich (<strong>für</strong> einen best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt t) aus dem Geschwindigkeitsfeld⃗v(x, y, z) = (v x , v y , v z ) ableiten. Geschwindigkeitsvektor ⃗v <strong>und</strong> Wegelement d⃗s auf der Stromliniesind in einem betrachteten Punkt parallel:⃗v × d⃗s = ⃗0 = (0, 0, 0)(D.4)(⃗v <strong>und</strong> d⃗s spannen bei Parallelität keine Parallelogrammfläche auf, sodaß das Vektorprodukt gleich∗ Leonhard Euler (1707 - 1783), Schweizer Mathematiker mit bahnbrechenden Leistungen in allen Bereichen derMathematik <strong>und</strong> Mechanik. Er vollendete die Gr<strong>und</strong>lagen der klassischen Hydromechanik der Flüssigkeiten <strong>und</strong> kompressiblenGase. Genannt seien seine exakte Begriffsbildung <strong>für</strong> den Druck <strong>und</strong> das Eulersche Schnittprinzip. Sie ermöglichtenihm die Anwendung des Newtonschen Gesetzes auf ein Flüssigkeitsteilchen (s. Kapitel F) <strong>und</strong> daraus die Ableitungder ebenfalls nach ihm benannten Gr<strong>und</strong>gleichungen der Hydromechanik; das sind: partielle Differentialgleichungen zurBeschreibung der idealen Strömung, deren Integration längs einer Stromlinie wiederum zur Bernoulli-Gleichung führt.- 35 -


KAPITEL D - Kinematik der Strömungendem Nullvektor ist.)⃗v × d⃗s =⃗e x ⃗e y ⃗e zv x v y v zdx dy dz= (v y dz − v z dy, −v x dz + v z dx, v x dy − v y dx)Aus der Bedingung ⃗v × d⃗s = ⃗0 ergeben sich drei Differentialgleichungen <strong>für</strong> die Projektionen derStromlinien auf die y-z-Ebene, z-x-Ebene <strong>und</strong> x-y-Ebene:dzdy = v zv y⇒ in der y-z-Ebenedxdz = v xv z⇒ in der z-x-Ebene (D.5)dydx = v yv x⇒ in der x-y-EbeneBei ebenen Problemen sind dz = 0 <strong>und</strong> v zStromlinie y(x) verbleibt.= 0, sodaß nur die letzte Differentialgleichung <strong>für</strong> dieEigenschaften der StromlinienIm Gegensatz zu den Bahnlinien schneiden sich Stromlinien nie, da sonst in dem Schnittpunkt zwei Geschwindigkeitenverschiedener Richtung auftreten würden, was nicht möglich ist. Außerdem verlaufendie Stromlinien <strong>im</strong> Feldinneren stets ohne Knicke, da sonst unendlich große Beschleunigungen auftretenmüßten. In sogenannten Staupunkten am Rande des Feldes können sich die Stromlinien dagegenverzweigen bzw. Knicke aufweisen. Im Verzweigungs- oder Staupunkt ist die Geschwindigkeit stetsNull, da der Geschwindigkeitsvektor nur eine eindeutige Richtung aufweisen kann - eine Bedingung,die bei einer Verzweigung oder einem Knick nicht erfüllbar ist.Bislang wurde das Geschwindigkeitsfeld nur zu einem best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt betrachtet. Bei sogenannteninstationären Strömungen treten zeitliche Änderungen auf, sodaß sich zu jedem Zeitpunktein neues Stromlinienbild ergibt. Zeitunabhängige Strömungen heißen dagegen stationär.Ob eine Strömung stationär oder instationär ist, kann von dem gewählten Koordinatensystem abhängen.In der Abbildung ist die gleiche Strömung auf zwei Weisen a <strong>und</strong> b dargestellt. Ein Zylinder wird mitkonstanter Geschwindikeit ⃗v durch ein ruhendes Fluid geführt. Heftet man das Koordinatensystem- 36 -


D.2. Stromröhre <strong>und</strong> Stromfadenmit dem Ursprung 0 an den Körper, so erscheint die Strömung stationär (siehe a). Ein raumfestesKoordinatensystem läßt dagegen die Strömung instationär erscheinen (siehe b), da das dargestellteStromlinienbild vom bewegten Zylinder mitgeführt wird.Neben der Geschwindigkeit werden noch weitere strömungsmechanische Feldgrößen betrachtet. Dieskönnen unter anderem Druck, Dichte, Temperatur oder Salzgehalt des Fluids sein, also skalare Größen,die ein Skalarfeld bilden – <strong>im</strong> Gegensatz zum Vektorfeld der Geschwindigkeiten.Außer Bahnlinie <strong>und</strong> Stromlinie werden noch weitere kinematische Begriffe von Bedeutung definiert:Streichlinie:Momentaufnahme aller Fluidteilchen, die einen best<strong>im</strong>mten Punkt passiert haben.Beispiel: Rauchfahne eines Schornsteins.Bei stationären Strömungen fallen Bahn-,Strom- <strong>und</strong> Streichlinie zusammen.Zeitlinie:Zu einem Zeitpunkt werden längs einer Linie Fluidteilchen markiert. Man betrachtetzu einem späteren Zeitpunkt die von den markierten Teilchen gebildete Linie.D.2 Stromröhre <strong>und</strong> StromfadenDie Lösung strömungsmechanischer Probleme gestaltet sich <strong>im</strong> dreid<strong>im</strong>ensionalen Fall i.a. sehr schwierig;gewisse Vereinfachungen bieten dagegen zweid<strong>im</strong>ensionale Betrachtungen, die die physikalischenVorgänge streng genommen nicht exakt wiedergeben, aber häufig eine brauchbare Näherung darstellen.Betrachtet man speziell Strömungen in Rohren <strong>und</strong> Gerinnen, so führt i.d.R. eine eind<strong>im</strong>ensionale Beschreibungder Vorgänge bereits zu hinreichend genauen Resultaten. Bei diesem Problemkreis verläuftdie Strömung in einer durch die Rohr- bzw. Gerinneachse ausgezeichneten Richtung <strong>und</strong> die geringen,senkrecht zu dieser Achse auftretenden Bewegungen werden vernachlässigt.Für die eind<strong>im</strong>ensionale Eulersche Betrachtungsweise (die wir ausschließlich anwenden werden) bedientman sich weiterer kinematischer Gebilde, die eng mit dem Stromfadenbegriff zusammenhängen:Stromröhre:Die Summe aller Stromlinien, die durch eine ortsfeste Linie gehen, bildet eineStromlinienfläche. Ist diese Linie geschlossen, so entsteht die Mantelflächeeiner Stromröhre. Da sich Stromlinien nicht schneiden bzw. GeschwindigkeitenStromlinien tangieren, ist ein Massenfluß durch die Mantelfläche der Stromröhrenicht möglich.Stromlinienfläche- 37 -


KAPITEL D - Kinematik der StrömungenStromröhreBildet man eine Stromröhre in einer dreid<strong>im</strong>ensionalen, instationären Strömung,so handelt es sich hierbei gemäß der Eulerschen Betrachtungsweise um eineMomentaufnahme, d.h. die Stromröhren verändern mit der Zeit ihre Lage <strong>und</strong>Form.In der Hydraulik werden dagegen ortsfeste, durch die Rohr- bzw. Gerinnewandungdefinierte Stromröhren betrachtet.Die strömungsmechanischen Größen, insbesondere die Geschwindigkeiten, sind in einer Stromröhrenicht nur längs der Stromröhrenachse, sondern auch normal dazu veränderlich. Trägt man diese Größenüber einer Querschnittsfläche A auf, so ergibt sich ein sogenanntes Profil. Ein Geschwindigkeitsprofilstellt also die Geschwindigkeitsverteilung senkrecht zur Achse dar. In der Regel wird jedoch mit Mittelwertengerechnet, die aus diesen Profilen gewonnen werden.Stromfaden:Stromlinien, die durch eine endliche Fläche A gehen, bilden eine Stromröhre.Stellt diese Fläche dagegen eine infinites<strong>im</strong>ale Größe dA dar, so entsteht einStromfaden. Über dA werden die betrachteten strömungsmechanischen Größen(<strong>im</strong> Gegensatz zu A in der Stromröhre) natürlich nicht mehr variabel angesetzt.Die Betrachtung des Stromfadens führt zur Stromfadentheorie, in der die Problemedurch eind<strong>im</strong>ensionale Gleichungen längs einer Raumkurve beschriebenwerden.StromfadenDie Summierung aller Stromfäden in einem Rohr oder Gerinne führt auf natürliche Weise zur Stromröhrentheorie.In der Stromfadentheorie werden die gr<strong>und</strong>legenden Gesetze abgeleitet, während in der Stromröhrentheoriedie Erweiterung auf die Rohr- <strong>und</strong> Gerinnehydraulik <strong>und</strong> die empirische Berücksichtigungzusätzlicher Effekte (z.B. Strömungswiderstand, Geschwindigkeitsverteilung) vollzogen wird.D.3 BeschleunigungDie Kinematik (das heißt der Bewegungsablauf) einer Strömung wird durch auf das Fluid wirkendeKräfte (die Dynamik) best<strong>im</strong>mt. Die entsprechenden Gr<strong>und</strong>gleichungen der <strong>Strömungsmechanik</strong> erhältman aus dem Newtonschen Gr<strong>und</strong>gesetz (Impulsgleichung):d(m⃗v)dt= ⃗ Fm⃗v⃗FImpuls ∗ (= Masse · Geschwindigkeit)auf die Masse m wirkende resultierende KraftBei zeitlich unveränderlicher Masse resultiert daraus die bekannte Beziehung:m d⃗vdt = m⃗a = ⃗ FNeben der Geschwindigkeit ⃗v kommt also als weitere wichtige kinematische Größe die Beschleunigung ⃗ain Betracht. Wir beschränken uns auf die Eulersche Betrachtungsweise <strong>und</strong> speziell auf die Stromfadenbzw.Stromröhrentheorie.∗ siehe Fußnote zu Abschnitt F.1- 38 -


D.3. BeschleunigungFührt man längs eines Stromfadens die Koordinate s ein, so ist <strong>im</strong> allgemeinen Fall (ungleichförmig<strong>und</strong> instationär) die Geschwindigkeit eine Funktion von s <strong>und</strong> t:v = v(s, t)v ist positiv, wenn die Strömung in Richtung der s-Koordinate verläuft.Denkt man sich die Geschwindigkeit v(s, t) über der s-t-Ebene als Fläche <strong>im</strong> s-t-v-Raum dargestellt,so kann die Änderung von v unmittelbar abgelesen werden, wenn man von einem Punkt (s, t) zu einemPunkt (s + ds, t + dt) übergeht. Sei v = v(s, t), dann ist v(s + ds, t + dt) = v + dv <strong>und</strong> es gilt:dv = (tan α)ds + (tan β)dt (siehe Abbildung)= ∂v ∂vds +∂s ∂t dtDivision der totalen Geschwindigkeitsänderung auf der Stromlinie durch dt ergibt die substantielleBeschleunigung, die sich aus konvektiver <strong>und</strong> lokaler Beschleunigung zusammensetzt:dvdt= ∂v ds∂s dt + ∂v∂tBeachtet man noch, daß die Substanz (das Fluidteilchen) in der Zeit dt den Weg ds = vdt zurücklegt,so folgtdvdt = v ∂v∂s + ∂v∂t = 1 ∂(v 2 )+ ∂v2 ∂s ∂t(D.6)lokale Beschleunigungkonvektive Beschleunigungsubstantielle Beschleunigung- 39 -


KAPITEL D - Kinematik der StrömungenDie lokale Beschleunigung ∂v/∂t stellt die zeitliche Änderung der Geschwindigkeit an einem festenOrt auf der Stromlinie dar. Bei stationärer Strömung ist ∂v/∂t = 0.gibt die Geschwindigkeitsänderung von Ort zu Ort bei fest vor-Die konvektive Beschleunigung v ∂v∂sgegebenem Zeitpunkt an.Die Abbildung zeigt eine Stromröhre der Länge ds mit abnehmender Querschnittsfläche <strong>und</strong> stationärerStrömung. Offensichtlich n<strong>im</strong>mt die Geschwindigkeit infolge der Verengung zu, sodaß dieFluidteilchen beschleunigt werden. In diesem Fall der stationären Strömung ist die substantielle Beschleunigunggleich der konvektiven, welche sich nur bei einer Ortsveränderung, die das bewegte Teilchenerleidet, feststellen läßt. Bei instationärer Strömung erfährt das Teilchen mit der Zeit noch einezusätzliche Beschleunigung infolge lokaler Geschwindigkeitsänderungen ∂v/∂t.Man unterscheidet häufig die folgenden Strömungsfälle:stationäre Strömung . . . . :instationäre Strömung . . .:gleichförmige Strömung . :ungleichförmige Strömung:∂v∂t∂v∂t∂v∂s∂v∂s= 0≠ 0= 0≠ 0(In der sich verengenden Stromröhre wird also eine ungleichförmige Strömung repräsentiert.)- 40 -


Kapitel ETransport von Masse, Impuls <strong>und</strong>Energie- 41 -


KAPITEL E - Transport von Masse, Impuls <strong>und</strong> EnergieDie Querschnittsfläche A sei mit einer Geschwindigkeit der Fluidteilchen v durchströmt. In dem Zeitraum∆t legen die Teilchen den Weg ∆s zurück, sodaß in dieser Zeit das Volumen ∆V = Av ∆t durchden Querschnitt strömt. Im instationären Fall ist die Geschwindigkeit v mit der Zeit veränderlich, <strong>und</strong>man definiert daher zweckmäßigerweise den Momentanwert Av als Grenzwert vonl<strong>im</strong>∆t→0∆V∆t= Av = ˙V = QMit˙V = Q = Av [m 3 /s]erhält man den sogenannten Volumenstrom, Volumendurchsatz oder Durchfluß, d.h. das Volumen, daspro Zeiteinheit den Querschnitt A durchfließt.Entsprechend ist dann ρQ der Massenstrom, d.h. die Fluidmasse, die pro Zeiteinheit den Querschnittdurchfließt:ṁ = ρQ = ρvA[kg/s]An die mit der Geschwindigkeit ⃗v bewegten Fluidteilchen sind noch weitere physikalische Eigenschaftenwie Impuls ( ⃗ I = m⃗v) oder kinetische Energie ( E kin = mv 2 /2 ) geb<strong>und</strong>en, die ebenso wie die proZeiteinheit durch eine Querschnittsfläche strömende Masse einem Transportprozeß unterliegen.Analog zum Volumen- bzw. Massenstrom definiert man auch hier einen Impuls- bzw. Energiestrom:⃗˙ I = ṁ⃗v [N] Impuls, der pro Zeiteinheit eine Querschnittsfläche durchfließt.Beachte: Der Impulsstrom hat die Maßeinheit einer Kraft.Ė kin = ṁv 2 /2 [J/s = W] Kinetische Energie, die pro Zeiteinheit eine Querschnittsflächedurchfließt.Das Produkt I ⃗ = m⃗v aus Masse <strong>und</strong> Geschwindigkeit ist der Impuls (oder die Bewegungsgröße)eines Massenpunktes. Bei Körpern mit der Masse m (siehe auch Abschnitt F.1) ist der Impuls I ⃗ =∫m⃗vdm. Soweit aber <strong>im</strong> folgenden <strong>für</strong> alle betrachteten Massenteilchen dm gleiche Geschwindigkeit vvorausgesetzt wird, gilt ∫ m⃗vdm = m⃗v.E.1 Transport durch StromfadenDie (sehr kleine) Querschnittsfläche A des Stromfadens wird mitder Geschwindigkeit v durchströmt, während ein Massenfluß überdie Mantelfläche ausgeschlossen ist.Für den Volumenstrom erhalten wir hier˙V = Q = vA [m 3 /s] (E.1)als skalare Größe.- 42 -


E.1. Transport durch StromfadenMultiplikation des Volumenstromes mit der Dichte ρ ergibt den entsprechenden Massenstromṁ = ρQ = ρvA [kg/s], (E.2)der ebenfalls eine skalare Größe darstellt.Der Impuls einer Masse m, die sich mit der Geschwindigkeit v bewegt, wird durch die Größe⃗I = m⃗vdefiniert. Entsprechend stellt das Produkt aus Massenstrom <strong>und</strong> Geschwindigkeit den Impulsstromdar:⃗˙ I = ṁ⃗v = ρQ⃗v = ρv⃗vA [N] (E.3)Der Betrag dieser vektoriellen Größe ist˙ I = ṁv = ρvQ = ρv 2 A[N]Die Einheit des Impulsstromes ist die einer Kraft.Analog zum Impuls ist die Energie einer Masse m, die sich mit der Geschwindigkeit ⃗v bewegt, gegebendurch die Größe()E = m u + v 2 /2 + gz= me [J]Die dabei berücksichtigten Energieanteile sind- innere (thermische) Energie mu- kinetische Energie mv 2 /2- potentielle Energie mgzDem Volumen-, Massen- <strong>und</strong> Impulsstrom entspricht demzufolge ein Energiestrom (skalare Größe)durch den Querschnitt A()Ė = ṁ u + v 2 /2 + gz + p/ρ= ṁ (e + p/ρ) [J/s=W] (E.4)Die Einheit des Energiestroms ist die einer Leistung.Der Energiestrom enthält folgende Anteile:ṁu ˆ= innere Energie/Zeiteinheitṁv 2 /2 ˆ= kinetische Energie/Zeiteinheitṁgz ˆ= Lageenergie/Zeiteinheitṁp/ρ ˆ= Druckenergie/Zeiteinheit}potentielle Energiepro Zeiteinheit- 43 -


KAPITEL E - Transport von Masse, Impuls <strong>und</strong> EnergieZu der gegebenen Energie E der Masse m tritt demnach be<strong>im</strong> Energiestrom Ė ein neuer <strong>und</strong> <strong>für</strong>Strömungen eigentümlicher Anteil ṁp/ρp auf, den man wie folgt erklären kann:Die Druckkraft pA wirkt auf Fluidteilchen, die sich in der Zeit ∆t umdie Strecke v∆t weiterbewegen. Dabei leistet die Druckkraft in der Zeit∆t die Arbeit pA v∆t <strong>und</strong> ihre Leistung (Arbeit/Zeiteinheit) ist somit:pAv = p/ρ ρAv = p/ρṁInnere Energie/Zeiteinheit ṁu:u ist die auf die Masseneinheit bezogene innere Energie des Fluids. Beiden hier behandelten Strömungsvorgängen handelt es sich ausschließlichum thermische Energie. (Näheres s. Abschnitt F.5).E.2 Transport durch StromröhreIm Gegensatz zum Stromfaden weist die Stromröhre eine über den Querschnitt veränderliche Geschwindigkeitsverteilungauf. Deshalb zerlegt man die Stromröhre in Stromfäden <strong>und</strong> integriert die<strong>im</strong> Stromfaden betrachteten physikalischen Größen (z.B. Volumen-, Massen-, Impuls-, Energiestrom)über den Stromröhrenquerschnitt auf.Stromröhre, in Stromfäden zerlegtA sei der Stromröhren- <strong>und</strong> dA ein infinites<strong>im</strong>alerStromfadenquerschnitt. In der Stromröhrentheoriewürde man durch Mitnahme desGeschwindigkeitsprofils zu einer dreid<strong>im</strong>ensionalenBetrachtung gelangen. Ersetzt man dagegendas Geschwindigkeitsprofil v durch einemittlere Geschwindigkeit ¯v, die sich nur noch inRichtung der Stromröhrenachse ändert, so erhältman wieder wie bei der Stromfadentheorie eineeind<strong>im</strong>ensionale Erfassung der Strömungsvorgänge.- 44 -


E.2. Transport durch StromröhreSchnitt durch eine Stromröhre mit Geschwindigkeitsprofilv <strong>und</strong> mittlerer Geschwindigkeit ¯vUm die ebenfalls von der Geschwindigkeit v abhängigen<strong>und</strong> damit über den Querschnitt A veränderlichenGrößen wie Volumen-, Massen-, Impuls- oder Energiestromauf die mittlere Geschwindigkeit ¯v beziehen zukönnen, müssen die folgenden Ausdrücke ausgewertetwerden:∫ ∫∫v dA, v 2 dA, <strong>und</strong> v 3 dAAAADie mittlere Geschwindigkeit ¯v in einer Stromröhre wird derart definiert, daß der Volumenstrom Qdurch den Stromröhrenquerschnitt A erhalten bleibt:Q =∫Av dA = ¯vABei dieser Betrachtung wird vorausgesetzt, daß die Geschwindigkeiten v annähernd parallel gerichtetsind, d.h. der Fluidteilchenfluß erfolgt orthogonal zur Fläche A.Die Mittelung der Größen v 2 <strong>und</strong> v 3 führt nicht zu den Mittelwerten ¯v 2 <strong>und</strong> ¯v 3 :∫Av 2 dA ≠ ¯v 2 Aetc.Diese Abweichungen werden durch die Einführung profilabhängiger Beiwerte erfaßt:∫A∫Av 2 dA = β¯v 2 A = β¯vQv 3 dA = α¯v 3 A = α¯v 2 QWenn das Geschwindigkeitsprofil bekannt ist, lassen sich α <strong>und</strong> β berechnen:¯v = 1 Aβ =α =∫A1¯v 2 A1¯v 3 Av dA∫A∫A(E.5)v 2 dA, β ≥ 1 (E.6)v 3 dA, α ≥ 1 (E.7)- 45 -


KAPITEL E - Transport von Masse, Impuls <strong>und</strong> EnergieUnter Anwendung obiger Mittelungsprozesse lassen sich die in Abschnitt E.1 <strong>für</strong> den Stromfadenabgeleiteten Größen auf die Stromröhre übertragen.Volumenstrom Q =∫Av dA = ¯vA entspricht Gl. (E.1) (E.8)Massenstrom ṁ =∫Aρv dA = ρ¯vA = ρQ entspricht Gl. (E.2) (E.9)Impulsstrom∫⃗˙ I =Aρv⃗v dADer Betrag des Impulsstromes ist˙ I =∫Aρv 2 dA = ρβ¯v 2 A = βṁ¯vDa bei der Integration die Richtung des Impulsstromes erhalten bleibt (⃗v wird stets annähernd orthogonalzu A vorausgesetzt), ergibt sich die Vektorgröße zu⃗˙ I = βṁ ⃗¯v entspricht Gl. (E.3) (E.10)Energiestrom Ė = ∫A(gz + p ρ + v22 + u )ρv dAAnnahmen: − Die Druckverteilung über A sei hydrostatisch.Dann ist (gz + p/ρ) konstant über A.− Die Temperatur sei konstant über A.Dann ist u konstant über A.(E.11)Damit erhalten wirĖ= ρ(gz + p ) ∫ρ + u= ρ= ρ¯vAv dA + ρ 2AA(gz + p )ρ + u ¯vA + ρ 2 α¯v3 A(gz + p ρ + α ¯v22 + u )∫v 3 dAĖ = ṁ(gz + p ρ + α ¯v22 + u )entspricht Gl. (E.4)(E.12)- 46 -


E.2. Transport durch StromröhreDie max<strong>im</strong>alen <strong>und</strong> min<strong>im</strong>alen Zahlenwerte <strong>für</strong> α <strong>und</strong> β sind:v max ≥ ¯v ≥ v max /2 mittlere Geschwindigkeit1 ≤ β ≤ 1.3¯3 Impulsbeiwert1 ≤ α ≤ 2.00 EnergiebeiwertidealelaminareStrömungStrömungBeispiel 1: Ideale Strömungv = const. ❀ ¯v = v, α = β = 1Dieser Idealfall wird bei realen Strömungen nicht erreicht, da durch die Haftbedingung an der Strömungsbegrenzung(s. Kapitel G) <strong>im</strong>mer ein ungleichförmiges Geschwindigkeitsprofil über dem Fließquerschnittentsteht.Beispiel 2: Laminare StrömungA = Kreisquerschnittv =[ ( ) ]r21 − v maxR(Geschwindigkeitsprofil = Paraboloid)Mit dA = 2πr dr <strong>und</strong> A = πR 2 folgt¯v = 2 R 2 v maxβ = 8 ∫RR 2α = 16R 20∫R0∫ R [0( ) ]r21 − r dr = v max /2R[ ( ) ]r2 21 − r dr = 4 R3 = 1, 3¯3 . . .[ ( ) ]r2 31 − r dr = 2, 0R(Wie <strong>im</strong> Abschnitt G.4 noch näher ausgeführt wird, repräsentiert dieses Profil den Sonderfall einerlaminaren Strömung. Man beachte den sehr großen Beiwert α = 2.)- 47 -


KAPITEL E - Transport von Masse, Impuls <strong>und</strong> EnergieBeispiel 3: turbulente StrömungSehr häufig tritt der Fall auf, daß ¯v ≃ v max <strong>und</strong> α ≃ β ≃ 1 ist.(Genauer: α ≃ 1, 06 <strong>und</strong> β ≃ 1, 02)Hierbei handelt es sich um ausgeprägte turbulente Strömungen,bei denen ein gedrungenes Geschwindigkeitsprofil vorliegt.Siehe auch Abschnitt G.5.E.3 Transport durch eine gekrümmte FlächeIn Abschnitt E.2 wurde vorausgesetzt, daß die Geschwindigkeiten annähernd orthogonal zum StromröhrenquerschnittA gerichtet sind. Im folgenden wird der Fluß durch eine Fläche allgemeiner gefaßt.d ⃗ A⃗vFlächenvektor, steht normal zur Fläche, sein Betragist gleich der Größe des Flächenelements dA.Durchströmung von dA ist nicht zwangläufig normalzur Fläche.Volumenstrom:durch dA : dQ = ⃗v dA ⃗ = |⃗v| · |dA| ⃗ cos θ = v dA cos θ∫durch A : Q = ⃗v dA ⃗ entspricht Gl. (E.1) <strong>und</strong> Gl. (E.8) (E.13)Beachte:Aθ <strong>im</strong> 1. oder 4. Quadrantencos θ > 0dQ > 0θ <strong>im</strong> 2. oder 3. Quadrantencos θ < 0dQ < 0- 48 -


E.4. Transportprozesse infolge DiffusionMassenstrom:durch dA : dṁ = ρ dQ = ρ⃗v dA∫⃗durch A : ṁ = ρ⃗v dA ⃗ entspricht Gl. (E.2) <strong>und</strong> Gl. (E.9) (E.14)Impulsstrom:Adurch dA :durch A :d ⃗˙ I = dṁ ⃗v = ρ⃗v dQ = ρ⃗v(⃗v dA)⃗∫⃗˙ I = ρ⃗v (⃗v dA) ⃗ entspricht Gl. (E.3) <strong>und</strong> Gl. (E.10) (E.15)AEnergiestrom:(durch dA : dĖ = e + p ) (dṁ = ρ e + p )⃗v dAρρ⃗durch A : Ė =∫A(ρ e + p )⃗v dA ρ⃗ entspricht Gl. (E.4) <strong>und</strong> Gl. (E.12) (E.16)E.4 Transportprozesse infolge DiffusionWir haben bisher in diesem Kapitel die Fluidteilchen als Träger ihrer Masse, ihres Impulses <strong>und</strong> ihrerEnergie betrachtet <strong>und</strong> kamen aufgr<strong>und</strong> der Bewegung der Teilchen zum Konzept des Transportes vonMasse, Impuls <strong>und</strong> Energie. Es handelt sich dabei um einen Transport in Richtung des Geschwindigkeitsvektors(advektiver, manchmal auch konvektiver Transport genannt).Neben der Advektion ist die Diffusion in Richtung eines Konzentrationsgefälles der zweite wichtigeMechanismus eines Transports. Denken wir z.B. an die Diffusion von gelöstem Salz von Bereichenhoher Konzentration zu denen niedriger Konzentration sowie an die Wärmeleitung von Bereichenhoher Temperatur zu denen niedriger Temperatur. Ganz analog gibt es einen Transport des Impulsesvon Bereichen hohen Impulses zu denen niedrigen Impulses.Die Gesetzmäßigkeiten dieser Prozesse hängen eng zusammen mit den internen Strömungsmechanismen,die vor allem durch die Eigenschaft der Turbulenz <strong>und</strong> der Fluidviskosität geprägt sind, <strong>und</strong> diewir später noch einmal aufgreifen werden.- 49 -


frei <strong>für</strong> Notizen


Kapitel FErhaltungssätze der<strong>Strömungsmechanik</strong>- 51 -


F.1 Gr<strong>und</strong>gleichungen <strong>für</strong> KörperKAPITEL F - Erhaltungssätze der <strong>Strömungsmechanik</strong>Als Gr<strong>und</strong>gleichungen <strong>für</strong> die Kinetik der Körper lernten Sie in der Mechanik die Sätze von derMassenerhaltung / Impulserhaltung / Energieerhaltungkennen, die wir uns hier getrennt <strong>für</strong> Massenpunkte <strong>und</strong> <strong>für</strong> Körper noch einmal in Erinnerung rufenwollen.Massenpunkt der Masse m Körper der Masse m =∫dmm = const.dmdt= 0Massenerhaltung∣∫dm = const.∫ddm = 0dt(F.1)Die Masse vorhandener Materie bleibt erhalten.Impulserhaltung(2. Newtonsches Gesetz)ddt (⃗vm) = ∑ ∣ ∫∣∣∣ F ⃗ddt⃗v dm = ∑ ⃗ F(F.2)Der Zuwachs des Impulses ∗ ist gleich der Summe aller äußeren Kräfte.Mit äußeren Kräften sind hier sowohl Massenkräfte (z.B. Schwerekräfte) als auch Oberflächenkräfte(z.B. Reibungskräfte, Druckkräfte) gemeint.dEdtEnergieerhaltung(1. Hauptsatz der Thermodynamik)= ˙Q + ¯P∣∫ddte dm = ˙Q + ¯P (F.3)Der Zuwachs der Energie ist gleich der Zufuhr von Wärme (Q)plus der Leistung äußerer Kräfte ( ¯P ).Als Energie (E) wird hier sowohl die mechanische (d.h. potentielle <strong>und</strong> kinetische) als auch die thermischeEnergie betrachtet, also∗ Was wir hier Impuls nennen (das Produkt aus Masse <strong>und</strong> Geschwindigkeit) wird in der Mechanik meist mit demBegriff Bewegungsgröße gekennzeichnet. Impuls ist dort eine über einen kurzen Zeitraum wirkende Kraft, <strong>und</strong> es giltdann Impuls gleich Änderung der Bewegungsgröße∑ ⃗F ∆t = m ∆v- 52 -


F.2.Übergang vom Fluidvolumen zum KontrollraumE = m(gz + v22 + u )∣E ==∫e dm∫ ( gz + v22 + u )dmmit u = thermische Energie/Masseneinheit.Massenpunkte <strong>und</strong> Körper, wie sie in der Festkörper-Mechanik betrachtet werden, sind sog. geschlosseneSysteme, in denen eine vorgegebene Masse von der Umgebung durch materielle oder gedachte,auf jeden Fall aber durch massen<strong>und</strong>urchlässige, Begrenzungsflächen getrennt ist.F.2 Übergang vom Fluidvolumen zum KontrollraumDem Körper der Festkörpermechanik entsprichtin der <strong>Strömungsmechanik</strong> dasFluidvolumen mit einer definierten Massem. Im Bild ist ein solches Volumen markiert<strong>und</strong> zu den Zeitpunkten t 1 <strong>und</strong> t 2dargestellt.Betrachtet man das beliebig abgegrenzte Fluidvolumen <strong>und</strong> seine Bewegung durch den Raum, so stelltauch das die Betrachtung eines geschlossenen Systems dar, <strong>und</strong> die drei Erhaltungssätze sind in obigerFormulierung prinzipiell anwendbar. Allerdings treten dabei praktische Schwierigkeiten auf, weil1.) sich die Begrenzungsflächen verformen.2.) das Interesse nicht so sehr an der Bewegung <strong>und</strong> dem Verformungszustand einer vorgegebenenMasse des Fluids besteht, sondern an dem Effekt der Bewegung des Fluids auf seine Begrenzungen,z.B. Rohrwände, Flußbett, Wehrkörper, windumströmte Bauwerke, etc.Beispiele:durchströmte Rohrverzweigungüberströmter WehrrückenEs interessiert wenig, wo sich eine betrachtete Masse m bzw. sein Volumen zu jedem Zeitpunktbefindet <strong>und</strong> welche Form sie hat. Wichtiger zu wissen ist: Wie sind Geschwindigkeit <strong>und</strong> Druckan jedem Punkt des Rohres? Wie ist die Druckverteilung auf dem Wehrrücken, welche Geschwindigkeitenherrschen an jedem Punkt der Strömung?- 53 -


KAPITEL F - Erhaltungssätze der <strong>Strömungsmechanik</strong>Wir werden zwangsläufig zu dem Konzept des Kontrollraums (einem sog. offenen System)geführt. Ein Kontrollraum ist ein beliebig abgegrenztes, raumfestes Volumen, das durchströmtwird, seine Oberfläche (Kontrollfläche) ist also massendurchlässig. Raumfest heißt: Vorgegebennach Gestalt <strong>und</strong> Größe <strong>und</strong> in der Regel unbeweglich <strong>im</strong> Raum. In manchen Anwendungen sindallerdings auch Kontrollräume zweckmäßig, die sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegen.Der Übergang vom mitströmenden Fluidvolumen auf den raumfesten Kontrollraum entspricht demübergang von der Lagrangeschen auf die Eulersche Betrachtungsweise (Abschnitt D.1), wobeianstelle von einzelnen die in einem Volumen enthaltenen Fluidteilchen in integraler Form untersuchtwerden.In der Abbildung sind Lage <strong>und</strong> Form eines Fluidvolumens zu verschiedenen Zeitpunkten t 0 , t 0 +∆t, t 1 <strong>und</strong> t 2 dargestellt. Zum Zeitpunkt t 0 sind die Kontrollraumgrenzen mit der Oberfläche desFluidvolumens identisch.Um nach Euler die Strömungsvorgänge zu den Zeiten t 0 , t 1 , t 2 etc. <strong>im</strong> raumfesten Kontrollraumzu erhalten, benötigt man den momentanen Durchfluß durch die Kontrollraumgrenzen; dazu werdenkleine Massenverschiebungen während der Zeitspanne ∆t betrachtet.Wir wollen hier nun die drei Gr<strong>und</strong>gesetze <strong>für</strong> Erhaltung von Masse, Impuls <strong>und</strong> Energie umformulierenvon dem Fluidvolumen, das sich mit der Strömung mitbewegt, zum ortsfesten Kontrollraum.- 54 -


F.3. Massenerhaltung (Kontinuitätsgleichung)Ausströmen,cos θ > 0Einströmen,cos θ < 0Zur Zeit t seien Fluidvolumen <strong>und</strong> Kontrollraum identisch (gekennzeichnet als Bereich I, starke Umrandung);zur Zeit t + ∆t hat sich das Fluidvolumen verschoben (gestrichelte Umrandung), währendder Kontrollraum als Bereich I erhalten bleibt. Mit Bereich II wird die linke <strong>und</strong> mit Bereich III dierechte Sichel bezeichnet.F.3 Massenerhaltung (Kontinuitätsgleichung)Für den Zeitraum ∆t erhält man als Zuwachs der Masse m <strong>im</strong> Fluidvolumenm t+∆t − m t =(∫I∫ ∫ ) (∫ )ρ dV − ρ dV + ρ dV − ρ dVIIIII t+∆t I tBeide Seiten der Gleichung werden durch den Zeitschritt ∆t dividiert <strong>und</strong> die Glieder der rechten Seiteumsortiert.m t+∆t − m t∆t= (∫ I ρ dV ) t+∆t − (∫ I ρ dV ) t∆t− (∫ II ρ dV ) t+∆t∆t+ (∫ III ρ dV ) t+∆t∆tDie gliedweise Durchführung des Grenzüberganges ∆t → 0 ergibt:1. Glied:dm= d ∫dt dtdmZuwachsrate von m <strong>im</strong> Fluidvolumen2. Glied:∫∂ρ dV∂t KRZuwachsrate von m <strong>im</strong> Kontrollraum∫∫3. Glied: ρ⃗v dA ⃗ = ρv cos θ dA Eintritt von m durch die Kontrollraumfläche(cos θ < 0)4. Glied:∫ρ⃗v d ⃗ A =∫ρv cos θ dAAustritt von m durch die Kontrollraumfläche(cos θ > 0)Das 3. <strong>und</strong> 4. Glied können in einem Ausdruck zusammengefaßt werden, wobei das Vorzeichen voncos θ angibt, ob es sich um Eintritt oder Austritt von Masse aus dem Kontrollvolumen handelt.Damit erhält man:∫ddtdm = ∂ ∂t∫KR∫ρ dV + ρ⃗v dA⃗KF- 55 -(F.4)


KAPITEL F - Erhaltungssätze der <strong>Strömungsmechanik</strong>Laut dem Gesetz von der Erhaltung der Masse <strong>für</strong> ein Fluidvolumen – Gleichung (F.1) – verschwindetdie linke Seite, <strong>und</strong> <strong>für</strong> den Kontrollraum gilt:∂∂t∫KR∫ρ dV = − ρ⃗v dA⃗KF(F.5)bzw.∂m KR∂t= ṁ ein − ṁ aus (F.6)Der Zuwachs von Masse in einem Kontrollraum ist gleich der Differenz zwischen ein- <strong>und</strong> austretendemMassenstrom.Im stationären Fall ist offensichtlichṁ ein − ṁ aus = 0(F.7)Für einen normal durchströmten Querschnitt A gilt (siehe Abschnitte E.1, E.2)ṁ = ρQ = ρv ASonderfälle der KontinuitätsgleichungF.3.1Dichtebeständige Strömung∂m∂t= ṁ 1 − ṁ 2Wenn die Strömung stationär ist, gilt ∂m∂tsie dichtebeständig (ρ = const.) ist; dann ist nämlich ∂m∂tSomit ist ∗= 0. Das gilt aber auch bei instationärer Strömung, sofern= ∂(ρV )∂t= 0, da auch V konstant ist.ṁ 1 = ṁ 2 ; Q 1 = Q 2 ; v 1 A 1 = v 2 A 2 (F.8)∗ Benedetti Castelli (1577 - 1644), Schüler des Galilei, formulierte die Kontinuitätsgleichung wie folgt: ”DurchQuerschnitte eines Flusses strömen gleiche Wassermengen in gleichen Zeiten, selbst wenn die Querschnittsflächen nichtgleich sind“, <strong>und</strong> weiter: ”Fließt die gleiche Wassermenge durch zwei ungleiche Querschnittsflächen, so sind die Querschnittsflächenumgekehrt proportional den Geschwindigkeiten“. Im Gr<strong>und</strong>satz hatte allerdings Lonardo da Vinci dieseGedanken schon 100 Jahre vorher ausgesprochen.- 56 -


F.4. Impulserhaltung (Impulssatz)F.3.2Dichteveränderliche StrömungIm stationären Fall ist ∂m∂t= 0. Damit gilt wie bei der dichtebeständigen Strömungṁ 1 = ṁ 2 , jedoch mit ρ 1 Q 1 = ρ 2 Q 2 <strong>und</strong> ρ 1 v 1 A 1 = ρ 2 v 2 A 2 ;Im instationären Fall folgt aus ∂m∂t= ṁ 1 − ṁ 2V ∂ρ∂t = ρ 1Q 1 − ρ 2 Q 2 = ρ 1 v 1 A 1 − ρ 2 v 2 A 2 ;(F.9)ist also der Zufluß größer als der Ausfluß, so findet <strong>im</strong> Kontrollraum eine Dichteerhöhung (<strong>und</strong> damiteine Druckerhöhung) statt.F.3.3Dichtebeständige Strömung mit freier OberflächeDie Flüssigkeit mit dem Volumen Vfüllt nur einen Teil des gewähltenKontrollraums aus.Im stationären Fall ist neben ρ auch V konstant, sodaß mit ∂m∂t= ∂ (ρV ) = 0 wieder (F.8) gilt:∂tṁ 1 = ṁ 2 ; Q 1 = Q 2 ; v 1 A 1 = v 2 A 2Im instationären Fall ändern sich mit steigendem oder fallendem Flüssigkeitsspiegel die Masse <strong>und</strong>das Volumen der Flüssigkeit <strong>im</strong> Kontrollraum. Somit gilt∂m∂t= ṁ 1 − ṁ 2 ;∂V∂t= Q 1 − Q 2 = v 1 A 1 − v 2 A 2 . (F.10)Ist der Zufluß größer (kleiner) als der Ausfluß, so steigt (fällt) der Wasserspiegel.F.4 Impulserhaltung (Impulssatz)Die Änderung des Impulses I <strong>im</strong> Zeitraum ∆t <strong>im</strong> Fluidvolumen ergibt sich zuI t+∆t − I t =(∫I∫∫ ) (∫ )⃗vρ dV − ⃗vρ dV + ⃗vρ dV − ⃗vρ dVIIIII t+∆t I tAnalog zur Vorgehensweise bei der Herleitung der Kontinuitätsgleichung <strong>im</strong> Kapitel F.3 wird dieGleichung durch den Zeitschritt ∆t dividiert <strong>und</strong> der Grenzübergang ∆t → 0 durchgeführt.I t+∆t − I t∆t= (∫ I ⃗vρ dV ) t+∆t − (∫ I ⃗vρ dV ) t− (∫ II ⃗vρ dV ) t+∆t∆t∆t- 57 -+ (∫ III ⃗vρ dV ) t+∆t∆t


F.4. Impulserhaltung (Impulssatz)Die Beträge der Impulsströme sindI˙1 = βρ v1A 2 1 <strong>und</strong> I2 ˙ = βρ v2A 2 2In den Impulssatz geht die Differenz ⃗˙ I1 − ⃗˙ I2 ein, d.h. die zwischen den Querschnitten 1 <strong>und</strong> 2 stattfindendeÄnderung des Impulsstroms ⃗˙ I. Um diese Impulsänderung zu bewirken, muß eine äußereKraft, bildlich gesprochen eine Umlenkkraft, aufgebracht werden. Die Impulsänderung kann eine reineRichtungsänderung sein (wenn z.B. A 1 = A 2 ), sie kann aber auch eine Änderung des Betrags desImpulsstroms beinhalten (wenn A 1 ≠ A 2 ).Man beachte, daß die Druckkraft−→p 1 A 1 <strong>und</strong> der Impulsstrom ⃗˙I1 auf derselben Wirkungslinie liegen−→p 2 A 2 <strong>und</strong> den<strong>und</strong> beide in Richtung des Kontrollraums weisen. Dasselbe gilt <strong>für</strong> die Druckkraftumgekehrten Impulsstrom − ⃗˙ I2 (der ausströmende Impuls geht negativ in den Impulssatz ein).Interpretiert man den Impulsstrom als eine Kraft (er hat die Maßeinheit [N]), so erhält man diesogenannten Stützkräfte als Addition von Druckkraft <strong>und</strong> Impulsstrom (am Querschnitt 1), bzw.Druckkraft <strong>und</strong> umgekehrten Impulsstrom (am Querschnitt 2).S 1 = p 1 A 1 + βρ v 2 1A 1S 2 = p 2 A 2 + βρ v 2 2A 2Mit Hilfe der Stützkräfte ist das Strömungsproblem rechnerisch auf ein rein statisches zurückgeführt.Im gegebenen Fall addieren sich vektoriell Reaktionskraft, Stützkräfte <strong>und</strong> Gewichtskraft zu null.⃗F + ⃗ S 1 + ⃗ S 2 + ⃗ G = 0(F.14)F.4.2Stromröhre, instationär∫∂In der instationären Strömung ist das Integral ρ⃗v dV , das den Zuwachs des Impulses <strong>im</strong> Kontrollraumdarstellt, auszuwerten, wozu die Kenntnis der Geschwindigkeitsverteilung <strong>im</strong> Innern des∂t KRKontrollraums notwendig ist. Es wird hier deshalb ein einfacher Strömungsfall vorausgesetzt, nämlichdie Stromröhre:- 59 -


KAPITEL F - Erhaltungssätze der <strong>Strömungsmechanik</strong>Die Kontinuitätsgleichung (stationär <strong>und</strong> instationär) lautetv(s) A(s) = v 1 A 1 = v 2 A 2 = QDas Volumenelement dV wird gewählt zu dV = A(s) ds. Damit gilt∫∂ρ ⃗v dV = ∂ ∂t KR ∂t∫21ρ v(s) A(s) d⃗s = ρ ∂Q∂t∫2d⃗s = ρ ⃗ l1∂Q∂tDas vektorielle Wegelement d⃗s ergibt über die Achse der Stromröhre aufintegriert den Vektor ⃗ l.(Siehe vorhergehende Abbildung)Die Reaktionskraft ⃗ F der instationären Stromröhre errechnet sich somit aus Gl. (F.11) unter Berücksichtigungder Gleichung (F.14) zu⃗F = ρ ⃗ l∂Q (∂t − ⃗S1 + S ⃗ )2 + ρ ⃗g V(F.15)F.5 Energieerhaltung (Energiesatz)Mit e = gz + v 2 /2 + u erhält man die Änderung der Energie <strong>im</strong> Zeitraum ∆t <strong>für</strong> das Fluidvolumen,wobei e die auf die Masse bezogene Energie ist [J/kg].E t+∆t − E t =(∫I∫∫ ) (∫ )eρ dV − eρ dV + eρ dV − eρ dVIIIII t+∆t I tNach Division durch den Zeitschritt ∆t <strong>und</strong> dem Grenzübergang ∆t → 0 erhält man:E t+∆t − E t∆tddt∫e dm = ∂ ∂t= (∫ I eρ dV ) t+∆t − (∫ I eρ dV ) t∆t∫KR∫ (eρ dV + eρ ⃗v d ⃗ )AKF− (∫ II eρ dV ) t+∆t∆t+ (∫ III eρ dV ) t+∆t∆tLaut Gleichung (F.3) (Energieerhaltung <strong>für</strong> ein System) ist die linke Seite der Gleichung gleich ˙Q + ¯P ,wobei ¯P natürlich auch die Leistung der Druckkräfte auf die bewegliche Oberfläche des Fluidvolumensenthält.Be<strong>im</strong> Übergang zum Kontrollraum müssen wir ¯P aufspalten in eben diese Leistung der Druckkräfte<strong>und</strong> die Leistung ∫ der verbleibenden äußeren Kräfte, d.h. ¯P = PDr + P . Erinnern wir uns jetzt nochan P Dr = − p⃗v dA ⃗ (s. Kapitel E), dann gilt <strong>für</strong> den Kontrollraum∂∂t∫KR∫ (eρ dV = ˙Q + P − e + p )ρ ⃗v dAKF ρ⃗mit e = gz + v 2 /2 + u(F.16)- 60 -


F.5. Energieerhaltung (Energiesatz)bzw.∂E KR∂t= ˙Q + P + Ėein − Ėaus (F.17)Der Zuwachs an Energie <strong>im</strong> Kontrollraum ist gleich der Summe aus Wärmezufuhr, Leistungder äußeren Kräfte <strong>und</strong> der Differenz zwischen ein- <strong>und</strong> austretendem Energiestrom.Im stationären Fall ist offensichtlich:˙Q + P + Ėein − Ėaus = 0(F.18)P ist also die Zufuhr bzw. die Abgabe mechanischerLeistung. Für praktische Belange ist besonders diesog. Wellenarbeit wichtig, d.h. technische Arbeitdurch Pumpen <strong>und</strong> Turbinen. Pumpen führen demKontrollraum Energie zu, Turbinen führen Energiean die Umgebung ab.Für einen normal durchströmten Querschnitt A gilt (siehe Abschnitte E.1 <strong>und</strong> E.2):Ė =(gz + p )ρ + αv2 2 + u ρv ADie folgenden Sonderfälle des Energiesatzes gelten nur <strong>für</strong> dichtebeständige Fluide (ρ = const.).F.5.1Stromröhre, stationär(ohne Wärmeaustausch über die Mantelfläche)Die Annahme der Stationärität der Strömung beinhaltet, daß ∂E KR= 0. Vernachlässigt man die∂tWärmezufuhr ˙Q, die ohnehin nur in gewissen gasdynamischen Anwendungen einen Einfluß auf die- 61 -


KAPITEL F - Erhaltungssätze der <strong>Strömungsmechanik</strong>Strömung (d.h. auf die Drücke <strong>und</strong> Geschwindigkeiten) hat, so erhält manĖ 1 + P =(Ė2gz 1 + p 1ρ + α v2 12 + u 1)ρ v 1 A 1 + P =(gz 2 + p )2ρ + α v2 22 + u 2 ρ v 2 A 2Unter Beachtung der Kontinuitätsgleichung ρ v 1 A 1 = ρ v 2 A 2 = ṁ folgtgz 1 + p 1ρ + α v2 12 + Ṗ m − (u 2 − u 1 ) = gz 2 + p 2ρ + α v2 22(F.19)Jeder Term der Gleichung hat die D<strong>im</strong>ension einer Leistung bezogen auf den Massenstrom <strong>und</strong> damitdie Maßeinheit [W/(kg/s) = (Nm/s)/(kg/s) = m 2 /s 2 ]. Im einzelnen haben die Terme folgende Bedeutung:gz 1 + p 1ρ + α v2 12Pṁ: Strom mechanischer Energie durch den Querschnitt 1, bezogen auf denMassenstrom ṁ: Wellenarbeit bezogen auf den Massenstromu 2 − u 1 : bedeutet einen Zuwachs thermischer Energie auf Kosten mechanischerEnergie, d.h. durch Fluidreibung wird mechanische Energie in Wärmeenergieumgewandelt.Diese Energie ist <strong>für</strong> mechanische Arbeit verloren, deswegen die BezeichnungenStrömungsverlust, Reibungsverlust, Dissipation (s. Kapitel G).u 2 − u 1 = 0 ideale (d.h. reibungsfreie) Strömungu 2 − u 1 > 0 reibungsbehaftete Strömungu 2 − u 1 < 0 ist nur möglich, wenn vom KontrollraumWärme nach außen abgeführt wird.Dividiert man Gleichung (F.19) durch g, so erhält man die erweiterte Bernoulli-Gleichung (F.20).Darin haben alle Terme die D<strong>im</strong>ension einer Länge.z 1 + p 1ρg + α v2 12g + Pgṁ = z 2 + p 2ρg + α v2 22g + h v(F.20)h v = u 2 − u 1ist die Verlusthöhe, d.h. der reibungsbedingte Strömungsverlust ausgedrückt in einergLänge. Inhalt des Kapitels G ist die Berechnung der Verlusthöhe aus Geschwindigkeit, Fluideigenschaften<strong>und</strong> Rauheit der Strömungsbegrenzungen. Die wichtige Anwendung von Gleichung F.20 aufRohrströmungen erfolgt <strong>im</strong> Kapitel H.- 62 -


F.5. Energieerhaltung (Energiesatz)F.5.2Stromröhre, instationärZusätzlich zu den Termen, die bei der stationären Strömung auftreten, muß hier der zeitliche Zuwachsder Energie <strong>im</strong> Kontrollraum berücksichtigt werden, also∂E KR∂t= ∂ ∂t∫KR(gz + v22 + u )ρ dVdarin ist das Volumenelement dV = A ds eine Scheibe senkrecht zur Stromröhre. Die Werte z <strong>und</strong> uwerden als zeitlich konstant betrachtet, sodaß sie bei der zeitlichen Ableitung herausfallen.∂E KR∂t∫2= ∂ ∂t1α v22 ρ A ds∫2∂ v 2= α ρ∂t 2 A ds1∫2= α ρ v ∂v∂t A ds1Mit der Kontinuitätsgleichung ṁ = ρ vA = ρ v 1 A 1abhängig <strong>und</strong> es folgt= ρ v 2 A 2 ist ṁ zwar von t, nicht aber von s∂E KR∂t∫2∂v= α ṁ∂t ds1Dividiert man durch ṁ, so kann dieser Term additiv auf der rechten Seite von Gleichung (F.19) ergänztwerden.∫gz 1 + p 1ρ + α v2 12 + Ṗ m − gh v = gz 2 + p 22ρ + α v2 22 + α ∂v∂t ds1(F.21)Eine alternative Form <strong>für</strong> das Integral ergibt sich mit vA = v 1 A 1 = v 2 A 2 :∫2∂vα∂t ds = α ∂v ∫21 A 1∂t A ds = α ∂v ∫22 A 2∂t A ds111Die neu entstandenen Integrale sind nur geometrieabhängig <strong>und</strong> stellen somit Konstanten dar.- 63 -


KAPITEL F - Erhaltungssätze der <strong>Strömungsmechanik</strong>F.5.3Bernoulli-GleichungAus dem auf der Vorseite abgeleiteten Energiesatz <strong>für</strong> die Stromröhre läßt sich die klassische Formder Bernoulli ∗ -Gleichung durch folgende Vereinfachungen erhalten.Die Stromröhre wird zum Stromfaden mit konstanter Geschwindigkeit über den Querschnitt. Somitgilt α = 1.Ideale Strömung wird vorausgesetzt, h v = 0. Wellenarbeit P wird nicht berücksichtigt, P = 0.gz 1 + p 1ρ + v2 12∫= gz 2 + p 22ρ + v2 22 + ∂v∂t ds1(F.22)z 1 + p 1ρ g + v2 12g= z 2 + p 2ρ g + v2 22g + 1 ∫2∂vg ∂t ds1(F.23)Bei stationärer Strömung fällt selbstverständlich das Glied mit dem Integral weg. Es verbleibt danndie Aussage, daß bei stationärer, idealer Strömung der Energiestrom längs des Stromfadens konstantist.gz + p ρ + v22z + pρ g + v22g= const. (F.24)= const. (F.25)Anschaulich läßt sich diese Aussage darstellen, wenn man in Gleichung (F.25) folgende Bezeichnungenpeinführt: z = geodätische Höhe,ρ g = Druckhöhe, v 22g = Geschwindigkeitshöhe.∗ Johann Bernoulli (1667 - 1748) <strong>und</strong> sein Sohn Daniel Bernoulli (1700 - 1782)waren Angehörige der berühmten SchweizerBernoulli-Familie von Physikern <strong>und</strong> Mathematikern.In ihren Büchern “Hydraulica“ (Johann)<strong>und</strong> “Hydrodynamica“ (Daniel) begündeten Vater<strong>und</strong> Sohn in hartem Wettbewerb die <strong>Strömungsmechanik</strong><strong>und</strong> erklärten dabei insbesondere dieWechselwirkung zwischen Druck <strong>und</strong> Geschwindigkeitin stationären <strong>und</strong> instationären Strömungen(Bernoulli-Gleichung).- 64 -Bilder aus der “Hydraulica“ zur Herleitungder Bernoulli-Gleichung <strong>und</strong> des Drucks einesWasserstrahls auf eine Platte.


F.5. Energieerhaltung (Energiesatz)Dann folgt:In idealer Strömung ist längs einesStromfadens die Summe aus geodätischer,Druck- <strong>und</strong> Geschwindigkeitshöhe konstant.Die Beobachtung lehrt jedoch, daß bei realer Strömung der Energiestrom durch Reibung in Strömungsrichtungabn<strong>im</strong>mt, was in Gleichung Gl. (F.20) durch die Verlusthöhe h v berücksichtigt ist.Die Bernoulli-Gleichung gilt selbstverständlich auch <strong>für</strong> eine sich längs des Stromfadens änderndeQuerschnittsfläche. Da letztere in der Gleichung aber nicht explizit erscheint, ist sie ohne Änderungenauch auf eine Stromlinie anwendbar.F.5.4Folgerungen aus der Bernoulli-Gleichunga) HydrostatikDie lineare Druckzunahme mit der Wassertiefe in einer stehenden Flüssigkeit folgt unmittelbaraus Gleichung (F.23)mit v 1 = v 2 = 0 <strong>und</strong> p 1 = 0z 1 = z 2 + p 2ρg ;p 2 = ρghb) StaudruckBei der Umströmung eines Körpers tritt an der Vorderseite <strong>im</strong>mer eine Verzweigung einer Stromlinieauf. Im betreffenden Punkt, dem Staupunkt S, ist die Geschwindigkeit null (sonst würde einGeschwindigkeitssprung vorhanden sein, zu dem eine unendliche Beschleunigung nötig wäre).Weit vor dem Körper seien p 1 <strong>und</strong> v 1 gegeben. Mit z 1 = z 2 <strong>und</strong> v 2 = 0 ergibt sichp 1ρg + v2 12g= p 2ρgp 2 − p 1 = ρ v2 12(F.26)Im Staupunkt tritt also gegenüber dem Druck in der vom Körper unbeeinflußten Strömung eineDruckerhöhung von p 2 auf, dem sog. Staudruck. Bewegt man sich vom Staupunkt längs derKörperkontur weiter, so lehrt die Bernoulli-Gleichung, daß der Druck wegen zunehmenderGeschwindigkeit wieder abnehmen muß.- 65 -


KAPITEL F - Erhaltungssätze der <strong>Strömungsmechanik</strong>c) Ausfluß aus GefäßenDurch eine kleine Öffnung fließe <strong>im</strong> Punkt 2 Flüssigkeit auseinem Gefäß, dessen Oberfläche so groß sei, daß deren Sinkgeschwindigkeitvernachlässigbar ist.Dann gilt, da p 1 = p 2 = 0z 1 = z 2 + v2 22g ; v 2 = √ 2gh . (F.27)Diese auf Torricelli ∗ zurückgehende Gleichung besagt, daß die Ausflußgeschwindigkeit gleichder Fallgeschwindigkeit eines aus der Höhe h fallenden Körpers ist.d) Druck- <strong>und</strong> GeschwindigkeitsänderungenGanz allgemein lehrt die Bernoulli-Gleichung, daß längs einer Stromlinie (Stromfaden, Stromröhre)eine Geschwindigkeitsabnahme mit einer Druckzunahme <strong>und</strong> eine Geschwindigkeitszunahmemit einer Druckabnahme verb<strong>und</strong>en ist. Diesen dynamischen Druckänderungen ist dieWirkung des hydrostatischen Drucks überlagert, sofern längs der Stromlinie Höhenunterschiedevorhanden sind.F.6 Zusammenhang zwischen Impulssatz <strong>und</strong> Bernoulli-GleichungIn Abschnitt F.4 wurde der Impulssatz hergeleitet, indem das zweite Newtonsche Gesetz auf einbewegliches Fluidvolumen angewendet <strong>und</strong> eine Umformulierung <strong>für</strong> einen ortsfesten Kontrollraumvorgenommen wurde. Der Impulssatz ist damit eine vektorielle Beziehung zwischen allen am Kontrollraumangreifenden Kräften <strong>und</strong> den ein- <strong>und</strong> austretenden Impulsströmen.Die klassische Bernoulli-Gleichung (F.25) ergab sich in Abschnitt F.5.3 als ein Sonderfall des allgemeinenEnergieerhaltungssatzes. Letzterer ist in Gl. (F.16) unter Berücksichtigung sowohl der mechanischen(potentiellen <strong>und</strong> kinetischen) als auch der inneren (thermischen) Energie sowie der durchPumpen <strong>und</strong> Turbinen zugeführten bzw. entnommenen Energie formuliert worden. Dies ist sinnvoll,weil sich so Reibung als Zuwachs innerer Energie auf Kosten mechanischer Energie darstellen läßt <strong>und</strong>weil sich Pumpen <strong>und</strong> Turbinen logisch in die Energiebilanz einfügen.Unter Vernachlässigung von Wärmezufuhr, Reibung, Pumpen <strong>und</strong> Turbinen reduziert sich der Energieerhaltungssatzzu der Aussage, daß die mechanische Energie erhalten bleibt. In Anwendung aufeine Stromröhre bedeutet dies, daß der Energiestrom längs der Stromröhre konstant ist,ρQ(gz + p ρ + v22)= const.∗ Evangelista Torricelli (1608 - 1647, Italien) formulierte:Flüssigkeiten, die aus einer Öffnung heftig ausströmen, haben die gleiche Geschwindigkeit,die ein schwerer Körper oder ein Tropfen der Flüssigkeit haben”würde, wenn sie aus der Höhe der Oberfläche bis zur Höhe der Öffnung fallenwürden“.Bereits mehr als 100 Jahre früher hatte Leonardo da Vinci das nebenstehendeBild mit den Trajektorien gezeichnet, die be<strong>im</strong> Austritt eines Strahlsin Abhängigkeit des Abstandes von der Oberfläche entstehen.- 66 -


F.6. Zusammenhang zwischen Impulssatz <strong>und</strong> Bernoulli-GleichungMit Q = const. (Kontinuitätsgleichung) <strong>und</strong> ρ = const. (Inkompressibilität) entsteht die klassischeBernoulli-Gleichung.z + pρg + v22g = const.Da in dieser nur die mechanische Energie <strong>und</strong> der reibungsfreie Fall betrachtet wird, ist es alternativauch möglich, sie aus dem Impulssatz oder direkt aus dem zweiten Newtonschen Gesetz herzuleiten.In den meisten Lehrbüchern wird so vorgegangen, <strong>und</strong> deshalb soll diese Ableitung nachfolgend wiedergegebenwerden.Man betrachte ein Element ds eines gekrümmten Stromfadens mit veränderlicher Querschnittsfläche A<strong>und</strong> wende auf dieses das zweite Newtonsche Gesetz an. (Die Anwendung des Impulssatzes führt zudemselben Ergebnis, ist aber etwas umständlicher.) Die Summe aller am Fluidvolumen in s-Richtungangreifenden Kräfte ist gleich dem Produkt aus Masse <strong>und</strong> substantieller Beschleunigung.pA + p dA − (p + dp)(A + dA) − ρgA ds sin α = ρA ds dvdtDer zweite Term p dA stellt die Druckkraftkomponente dar, die von der Wand auf das Fluidvolumenin s-Richtung wirkt.Die substantielle Beschleunigung dvdt = ∂v ∂v+v∂t ∂sstationäre Strömung betrachtet wird, ∂v∂tVariable verbleibt, sodaß v ∂v∂ssin α wird ersetzt durch dzds .als vdvds∂v(Gl. (D.6)) vereinfacht sich zu v , da hier nur die∂s= 0. Das bedeutet aber auch, daß s als einzige unabhängigegeschrieben wird.Be<strong>im</strong> Ausmultiplizieren wird der Term mit dem Produkt dp dA als Term höherer Ordnung vernachlässigt.Damit entsteht folgende Gleichungρg dz + dp + ρv dv = 0- 67 -


KAPITEL F - Erhaltungssätze der <strong>Strömungsmechanik</strong>( )v2ρg dz + dp + ρ d2= 0Für inkompressible Strömung gilt demnachd(ρgz + p + ρ v22)ρgz + p + ρ v22z + pρg + v22g= 0= const.= const.Dies ist die klassische Bernoulli-Gleichung <strong>für</strong> die stationäre, inkompressible, reibungsfreie Strömung.Sie besagt, daß die Summe aus geodätischer Höhe, Druckhöhe <strong>und</strong> Geschwindigkeitshöhe längs desStromfadens konstant ist.- 68 -


Kapitel GStrömungswiderstand- 69 -


KAPITEL G - StrömungswiderstandJedes wirkliche (reale) Fluid weist auf Gr<strong>und</strong> seiner Zähigkeit (Viskosität) einen Verformungswiderstand(innere Reibung) auf <strong>und</strong> unterscheidet sich dadurch von dem als reibungsfrei angenommenenidealen Fluid. Die Zähigkeit bewirkt, wiederum <strong>im</strong> Gegensatz zum idealen Fluid, eine Haftung desrealen Fluids an festen Wänden.ideales Fluidreales, d.h. zähes FluidNun werden sich Luft <strong>und</strong> Wasser nicht wie Teer oder Honig verhalten, d.h. ihre sehr geringe Zähigkeitläßt den Einfluß infolge Haftung an der Wand rasch abklingen, sodaß außerhalb einer Grenzschichtdie Zähigkeit des Fluids nicht mehr in Erscheinung tritt; das Fluid verhält sich dort wie ein ideales.Verfolgt man nun die Grenzschicht längs einer Wandung, so ist eine Zunahme der Grenzschichtdickein Fließrichtung zu verzeichnen. Dies führt z.B. bei genügend langen Rohren dazu, daß sich die Grenzschichtüber den gesamten Fließquerschnitt erstreckt.Wir werden uns in den Abschnitten G.1 bis G.6 ausschließlich dem Reibungswiderstand in langenRohren bzw. Gerinnen widmen. Erst in den Abschnitten G.7 <strong>und</strong> G.8 werden wir auf weitere Grenzschichtphänomene,wie Ablösungserscheinungen <strong>und</strong> dem daraus resultierenden Formwiderstand eingehen.G.1 Schubspannungen infolge Viskosität (Zähigkeit)<strong>und</strong> ScheinviskositätIm Gegensatz zur trockenen Reibung fester Körper ist die innere Reibung zwischen zwei Fluidelementenvom dort herrschenden Druck unabhängig <strong>und</strong> hängt stattdessen von den Geschwindigkeitsunterschiedenbenachbarter Fluidteilchen ab (präziser ausgedrückt: vom Geschwindigkeitsgradientensenkrecht zur Fließrichtung).In obiger Abbildung befinde sich eine dünne Fluidschicht zwischen zwei Platten, von denen die oberemit der Geschwindigkeit v bewegt wird <strong>und</strong> die untere fest ist. Aufgr<strong>und</strong> der Haftbedingung wird dasFluid an der oberen Platte ebenfalls die Geschwindigkeit v aufweisen, während an der unteren Plattedie Geschwindigkeit Null sein muß. Die Zähigkeit des Fluids bewirkt, daß der Formänderung (Scherung)der Fluidschicht ein Widerstand entgegengesetzt wird, d.h. an der Platte treten Wandschubspannungenτ 0 auf (τ 0 wirkt auf das Fluid). Ebenso werden <strong>im</strong> Inneren des Fluids Schubspannungen τübertragen. Für Wasser <strong>und</strong> Luft <strong>und</strong> viele industriell wichtige Fluide besteht eine lineare Beziehungzwischen Schubspannung <strong>und</strong> Geschwindigkeitsgradienten, deren Proportionalitätsfaktor η die dyna-- 70 -


Schubspannungen infolge Viskosität (Zähigkeit) <strong>und</strong> Scheinviskositätmische Zähigkeit genannt wird.τ = η dvdnNewtonsches ∗ Zähigkeitsgesetz (G.1)Neben der dynamischen Zähigkeit η [kg/(m s)] wird noch die kinematische Zähigkeit ν = η/ρ [m 2 /s]als Stoffgröße verwendet. Fluide, die dieser Beziehung genügen, werden als ”Newtonsches Fluid“bezeichnet (nach Newton, der diese Beziehung dem Sinne nach bereits formulierte).Das Konzept des ”Newtonschen Fluids“ ist offensichtlich analog zu dem des “Hookeschen Körpers“der Festkörpermechanik. Jedoch sind be<strong>im</strong> ersten die Schubspannungen proportional den Verformungsgeschwindigkeiten,be<strong>im</strong> zweiten porportional den Verformungen.Die Zähigkeit wird von der Molekularbewegung beeinflußt, die bei Flüssigkeiten <strong>und</strong> Gasen verschiedenartigverläuft. Die Flüssigkeit weist <strong>im</strong> Gegensatz zu festen Körpern eine aufgelockerte Gitterstrukturauf, die ein gegenseitiges Vorbeigleiten (Fließen) der Moleküle, wenn auch nicht ohne Widerstand,zuläßt. Da sich die Gitterstruktur bei Temperaturerhöhungen zunehmend auflockert, wird dem Fließvorgangentsprechend weniger Widerstand entgegengesetzt – die Zähigkeit n<strong>im</strong>mt also dementsprechendab.Bei Gasen erhöht sich dagegen die Zähigkeit (Viskosität), wenn die Temperatur zun<strong>im</strong>mt. Sie wirdhervorgerufen durch eine mittlere Schwankungsbewegung der Gasmoleküle, die eine ”freie Weglänge“l <strong>und</strong> eine Geschwindigkeit c aufweist. Diese Bewegung führt zu einem lateralen Impulsaustausch mitgegenseitiger Beschleunigung <strong>und</strong> Verzögerung der Gasschichten.Betrachtet man zwei Gasschichten (1) <strong>und</strong> (2) der Stärke l, so weisen diese die mittleren Geschwindigkeitenv 1 <strong>und</strong> v 2 = v 1 +l dv auf. Wir wollen nun die Schubspannung zwischen den Schichten berechnendn<strong>und</strong> führen zwei Kontrollräume KR 1 <strong>und</strong> KR 2 ein, die sich jeweils mit der Schichtengeschwindigkeitmitbewegen. Im Mittel erzeugt die Schwankungsbewegung einen Massenstrom ṁ = ρ c 3 A † durch dieKontrollraumfläche A. Bezüglich der mitbewegten Kontrollräume weisen die aus der Nachbarschichteindringenden Moleküle die Relativgeschwindigkeit l dv auf, sodaß der Massenstrom ṁ zugleich einendn∗ Isaac Newton (1642 - 1727) widmete den zweiten Band seiner ”Principia Mathematical Philosophiae Naturalis“den Flüssigkeiten <strong>und</strong> Gasen. Der ursprüngliche Anlaß seiner Beschäftigung mit dem Strömungswiderstand war dieWiderlegung der Anhänger von Descartes, die davon ausgingen, daß der gesamte Raum mit Materie gefüllt sei. Dieswidersprach Newtons Vorstellung von der Planetenbewegung, die nur in einem leeren Raum möglich war. Er führtezahlreiche Exper<strong>im</strong>ente mit Pendeln <strong>und</strong> Fallgewichten in Luft, Wasser <strong>und</strong> Quecksilber durch. Daß sich auch ein Genieirren kann, belegte er mit seiner falschen theoretischen Begründung des von Torricelli angegebenen Ausflußgesetzes(s. Abschn. F.5.4c). Die richtige lieferte erst Johann Bernoulli.† Mit dem Faktor 1/3 wird berücksichtigt, daß aufgr<strong>und</strong> wechselnder Bewegungsrichtungen (dreid<strong>im</strong>ensionale Bewegungder Moleküle) nur ein Teil der Bewegung einen Massenstrom durch die Fläche A bewirkt.- 71 -


KAPITEL G - StrömungswiderstandImpulsstromI ˙ = | ⃗˙ c dvI| = ρ Al3 dn(bzw.⃗˙ I1 = − ⃗˙ I2 )bewirkt. Der einströmende Impulsstrom entspricht einer Schubkraft τA an der Fläche A, sodaß nachDivision durch A folgtτ = ρ c 3 l dvdn = η dvdnDie Zähigkeit von Flüssigkeiten <strong>und</strong> Gasen ist eine (temperaturabhängige) Fluideigenschaft, die sichaus den stoffspezifischen Molekularbewegungen ableiten läßt. Nun können in den strömenden Fluidenungeordnete Schwankungsbewegungen auftreten, die über den molekularen Bereich hinausgehen. Eshandelt sich hierbei um sogenannte turbulente Bewegungen mehr oder weniger großer Fluidballen.Verläuft die Bewegung dagegen in geordneten Bahnen (von molekularen Schwankungen abgesehen),so spricht man von laminarer Strömung oder Schichtenströmung. Entscheidungskriterien über dasAuftreten von laminaren <strong>und</strong> turbulenten Fließformen werden in Abschnitt G.3 genannt – wir interessierenuns hier <strong>für</strong> die Auswirkung der Turbulenz auf die Schubspannung <strong>und</strong> benutzen dazu nacheinem Gedanken von Prandtl wieder das Modell der molekularen Schwankungsbewegung. Dazu wirdc/3 durch die mittlere Schwankungsgeschwindigkeit c ′ <strong>und</strong> l durch den Prandtlschen Mischungswegl ′ ersetzt <strong>und</strong> wir erhalten <strong>für</strong> die Schubspannung infolge Turbulenzτ ′ = ρ c ′ l ′ dvdn= η′dvdn(G.2)Die Größe η ′ stellt nun keine Stoffgröße mehr dar, denn c ′ <strong>und</strong> l ′ hängen von den Fließbedingungen ab<strong>und</strong> sind <strong>im</strong> allgemeinen örtlich verschieden. Im Gegensatz zur Fluideigenschaft η stellt η ′ scheinbareine Viskosität dar. Man spricht deshalb von scheinbarer Zähigkeit der turbulenten Strömung. Dieunmittelbare Wirkung beider Phänomene äußert sich <strong>im</strong> Auftreten von Schubspannungen, die einemReibungswiderstand entsprechen, wobei i.a. die turbulente (scheinbare) Reibung wesentlich größer alsdie laminare ist:τ ′ ≫ τDie Größen c ′ <strong>und</strong> l ′ sind einer theoretischen Berechnung noch nicht vollständig zugänglich, da diegesetzmäßige Verursachung der Turbulenz noch ungeklärt ist.Mit einer Kombination aus theoretischen Überlegungen <strong>und</strong> Exper<strong>im</strong>enten ist jedoch eine rechnerischeErfassung bei Rohr- <strong>und</strong> Gerinneströmungen <strong>für</strong> praktische Zwecke hinreichend gelungen. Dieexper<strong>im</strong>entelle Forschung kann hier nur <strong>im</strong> Ergebnis wiedergegeben werden; weitere Einzelheiten dazufindet man in der Fachliteratur.- 72 -


G.2. Beziehung zwischen Wandschubspannung<strong>und</strong> Verlust an StrömungsenergieG.2 Beziehung zwischen Wandschubspannung<strong>und</strong> Verlust an StrömungsenergieBetrachtet man die Wasserspiegel in zwei Standrohren, die einem durchströmten Rohr aufgesetzt sind,so zeigt es sich, daß der Wasserstand <strong>im</strong> Standrohr (2) niedriger als <strong>im</strong> Standrohr (1) ist. Offensichtlichn<strong>im</strong>mt also der Druck in Fließrichtung ab.Beschränken wir uns momentan auf ein horizontales Rohr, so ist leicht einzusehen, daß auf dieFluidsäule zwischen den Querschnitten (1) <strong>und</strong> (2) eine resultierende Druckkraft in Fließrichtungwirkt. Es muß also auf die Fluidsäule eine durch die Wandschubspannung verursachte Widerstandskraftwirken, die mit der Druckkraft <strong>im</strong> Gleichgewicht steht.Andererseits ( stellt ) die Abnahme des Druckes in Fließrichtung eine Verringerung der Strömungsenergiepρg + z + α v2in Fließrichtung dar, da ja z <strong>und</strong> v konstant sind.2gWir wollen deshalb als erstes eine Beziehung zwischen der Wandschubspannung <strong>und</strong> dem Energieverlustherleiten, <strong>und</strong> erst später sehen, wie man diese beiden Größen <strong>für</strong> eine vorgegebene Durchflußmengebest<strong>im</strong>mt.G.2.1RohrleitungWandschubspannungen τ 0 wirkenauf das strömende FluidWir betrachten ein Rohrstück der Länge l, dem konstanten Querschnitt A bzw. Umfang U <strong>und</strong> derRohrachsenneigung θ.Wegen A = const. <strong>und</strong> ρ = const. ist die Geschwindigkeit v = const., sodaß I ˙ ein = I ˙ aus ist. DerImpulssatz Gl. (F.13) geht somit in eine Gleichgewichtsbedingung der in Richtung der Rohrachse- 73 -


KAPITEL G - Strömungswiderstandwirkenden Kräfte über:∑F = p1 A − p 2 A − τ} {{ } 0 Ul + ρg Al sin θ} {{ } } {{ }Druck- Schub- GewichtskraftDer Sinus des Neigungswinkels θ läßt sich durch die geodätische Höhe z ausdrücken= 0Damit folgtsin θ = (z 1 − z 2 )/l .(p 1 − p 2 ) A − τ 0 Ul + ρg A (z 1 − z 2 ) = 0( ) ( )p1ρg + z p21 −ρg + z 2= Ulρg A τ 0(G.3)Andererseits liefert die erweiterte Bernoulli-Gleichung Gl. (F.19) die folgende Beziehung, wobeiWellenarbeit P Null gesetzt ist.gz 1 + p 1ρ + α v2 12 = gz 2 + p 2ρ + α v2 22 + gh vWegen v 1 = v 2 reduziert sich die Gleichung zu( ) ( )p1ρg + z p21 −ρg + z 2= h v (G.4)Man beachte, daß die Wandschubspannung τ 0 keine Arbeit leistet, <strong>und</strong> somit nicht in die Energiebilanzeingeht (v = 0 an der Wand).Die Größe h v wird als Verlusthöhe definiert <strong>und</strong> stellt den Verlust an Strömungsenergie in der D<strong>im</strong>ensioneiner Länge dar.Durch Vergleich von Gl. (G.3) <strong>und</strong> Gl. (G.4) folgt die Beziehung zwischen Verlusthöhe h v <strong>und</strong> Wandschubspannungτ 0 :h v =Ulρg A τ 0 bzw. τ 0 = ρg A h vUl(G.5)Be<strong>im</strong> Kreisquerschnitt mit dem Durchmesser D ist der Quotient aus Querschnittsfläche A<strong>und</strong> Umfang UAU = π (D/2)2π D= D 4❀ D = 4A UMan definiert nun <strong>für</strong> beliebige Querschnitte denhydraulischen Durchmesser D h = 4A U ,der be<strong>im</strong> Kreisquerschnitt gerade mit dem Kreisdurchmesser D identisch ist.- 74 -


Beziehung zwischen Wandschubspannung <strong>und</strong> Verlust an StrömungsenergieUnter Verwendung des hydraulischen Durchmessers kann Gl. (G.5) umgeschrieben werden:h v = 4ρglτ 0 bzw. τ 0 = 1 D h 4 ρg D hh vl(G.6)mitD h = 4A UA =U =durchströmter Querschnittbenetzter UmfangG.2.2Offenes GerinneDie Gleichung Gl. (G.5) bzw. Gl. (G.6) gilt auch <strong>für</strong> Freispiegelgerinne. Wir werden die Ableitung <strong>für</strong>das Gerinne jedoch wiederholen, um dabei auf einige Besonderheiten dieser Strömung einzugehen.Für das dargestellte Gerinnestück der Länge l <strong>und</strong> dem Neigungswinkel θ sei eine gleichförmige Bewegung<strong>und</strong> konstanter Fließquerschnitt A vorausgesetzt. Wassertiefe h <strong>und</strong> Geschwindigkeit v sindebenfalls konstant. Wie bei der Rohrleitung heben sich auch hier I ein <strong>und</strong> I aus in der ImpulsgleichungGl. (F.13) gegenseitig auf. Außerdem sind noch die Druckkräfte ρg h S A an den Stellen (1) <strong>und</strong> (2)gleich. Damit ist allein die Gewichtskomponente mit der Schubkraft <strong>im</strong> Gleichgewicht:ρg Al sin θ = τ 0 UlEs ist sin θ = z 1 − z 2= (z 1 + h) − (z 2 + h)} {{ l } } {{ l }I SoI W,wobei mit I So das Sohlgefälle <strong>und</strong> mit I W das Wasserspiegelgefälle bezeichnet wird. (Bei gleichförmigemAbfluß (Normalabfluß) ist I So = I W ).Ersetzt man sin θ durch den Ausdruck <strong>für</strong> I So , so folgt:z 1 − z 2 =U lρg A τ 0 = 4ρglD hτ 0(G.7)Dieser Gleichgewichtsbeziehung wird nun wie zuvor bei der Rohrströmung eine Energiebilanz gegenübergestellt.Dazu schreiben wir den Energiesatz (F.19) in eine dem Gerinne angepaßte Form um.- 75 -


KAPITEL G - StrömungswiderstandIm Gerinne wird eine hydrostatische Druckverteilung angenommen,sodaß <strong>für</strong> jeden Punkt des Querschnitts die Größep+ z konstant ist.ρgBezieht man z auf die Gerinnesohle, so istpρg = h (Wassertiefe).Der Energiesatz lautet nung (z 1 + h 1 ) + α v2 12 = g (z 2 + h 2 ) + α v2 22 + gh voder umgeformt:(z 1 + h 1 + α v2 12g ) − (z 2 + h 2 + α v2 22g ) = h v(G.8)Bei vorausgesetzter gleichförmiger Strömung <strong>und</strong> konstantem Fließquerschnitt A ist h 1 = h 2 <strong>und</strong>v 1 = v 2 , Damit ergibt der Vergleich von Gl. (G.7) <strong>und</strong> (G.8) in Übereinst<strong>im</strong>mung mit Gl. (G.5):h v =Ulρg A τ 0Die Beziehungen (G.5) bzw. (G.6) sind also <strong>für</strong> Rohr- <strong>und</strong> Gerinneströmungen gültig <strong>und</strong> gestatten,den infolge Wandreibung auftretenden Verlust an Strömungsenergie durch die Wandschubspannungauszudrücken.Über die Ursache der Wandschubspannung <strong>und</strong> ihre Berechnung aus der Fließgeschwindigkeit ist damitnoch nichts ausgesagt – dies soll nun Inhalt der folgenden Abschnitte sein.G.3 FließartenNach einem Versuch von Reynolds ∗ lassen sich in einer Rohrströmung zwei gr<strong>und</strong>legend verschiedeneStrömungsformen nachweisen:laminare Strömungturbulente Strömung∗ Osborne Reynolds (1842 - 1912), britischer Ingenieur <strong>und</strong> Physiker, war einer der großen Exper<strong>im</strong>entatoren in der<strong>Strömungsmechanik</strong> (<strong>und</strong> anderen Gebieten). Er demonstrierte die Kavitation, arbeitete mit hydraulischen Tidemodellen<strong>und</strong> studierte den Übergang von laminarer zu turbulenter Strömung. Die Reynolds-Zahl wurde von ihm als maßgeblicheKennzahl der Strömung entwickelt. Ebenfalls schuf er das Konzept, die turbulente Strömung als eine Überlagerungeiner Gr<strong>und</strong>strömung mit turbulenten Schwankungen aufzufassen, wodurch es ihm gelang, die Gr<strong>und</strong>gleichungen derzähigkeitsbehafteten Strömung (Navier-Stokes-Gleichungen) auch auf die turbulente Strömung anzuwenden.- 76 -


G.3. FließartenMengt man einer Rohrströmung über ein Röhrchen einen Farbstoff bei, so kann unter gewissen Versuchsbedingungenerreicht werden, daß dieser als geradliniger Strahl von der Strömung mitgeführtwird. Dies läßt erkennen, daß sich die Flüssigkeitsteilchen auf wohlgeordneten Bahnen bewegen. Einederartige Strömung wird laminar genannt. Ändert man die Versuchsbedingungen, z.B. durch Erhöhungder Fließgeschwindigkeit, so bemerkt man, daß der Farbstrahl unruhig wird <strong>und</strong> an wechselnden Stellenzerflattert. Bei zunehmender Geschwindigkeit verschwindet er schließlich, d.h. der Farbstoff hatsich mit dem Wasser völlig vermischt.Be<strong>im</strong> Übergang in die neue Strömungsform treten offensichtlich Schwankungen, d.h. Quer- <strong>und</strong> Längsbewegungenauf, die Bewegung der Fluidteilchen verläuft wirbelig. Die Entstehung dieser turbulentenStrömung kann durch Anfangsstörungen am Rohreinlauf oder durch Erschütterungen beschleunigtwerden.Nach einem Vorschlag von Reynolds (1895) wird die turbulente Strömung in eine Gr<strong>und</strong>bewegung<strong>und</strong> eine unregelmäßige Schwankungsbewegung (Mischbewegung) aufgeteilt:⃗v ∗ = ⃗v + ⃗v ′Hierbei ist ⃗v der zeitliche Mittelwert der Geschwindigkeit ⃗v ∗ der Fluidteilchen <strong>und</strong> ⃗v ′ die Schwankungsgeschwindigkeit.Für die übrigen Strömungsgrößen gelten entsprechende Beziehungen:Druck p ∗ = p + p ′Dichte ρ ∗ = ρ + ρ ′Temperatur T ∗ = T + T ′etc.Die unregelmäßig schwankenden Größen ⃗v ′ , p ′ etc. sind einer direkten Berechnung kaum zugänglich <strong>und</strong>können allenfalls mit statistischen Methoden erfaßt werden. Man wird daher in der Regel versuchen,Beziehungen <strong>für</strong> den zeitlichen Mittelwert ⃗v, p etc. anzugeben.Der zeitliche Mittelwert der Geschwindigkeit ⃗v ist1∆tt 0 ∫+∆tt 0⃗v ∗ dt = 1 ∆tt 0 ∫+∆tt 0⃗v dt + 1 ∆tt 0 ∫+∆tt 0⃗v ′ dt = ⃗v + 1 ∆tt 0 ∫+∆tt 0⃗v ′ dtErfahrungsgemäß verschwindet die Schwankungsbewegung einer turbulenten Strömung während eineshinreichend großen Zeitintervalls <strong>im</strong> Mittel. Dies ist eigentlich nicht selbstverständlich <strong>und</strong> stellt eineCharakterisierung der Turbulenz dar.Man definiert daher:Daraus folgt:t 0 ∫+∆tt 0⃗v ′ dt = 01∆tt 0 ∫+∆tt 0⃗v ∗ dt = ⃗vWir werden <strong>im</strong> folgenden nur die zeitlichen Mittelwerte betrachten <strong>und</strong> darüberhinaus bei Rohr- <strong>und</strong>Gerinneströmungen die Geschwindigkeit über den Querschnitt mitteln:- 77 -


KAPITEL G - Strömungswiderstandv m = 1 A∫v dA(vergl. Abschnitt 5.2)(<strong>im</strong> folgenden wird der Index mweggelassen, wenn sich aus dem Zusammenhangergibt, daß die querschnittsgemittelteGeschwindigkeitgemeint ist).Geschwindigkeitsprofilbei (1) laminarer <strong>und</strong>(2) turbulenter StrömungDie Fließform wirkt sich auf die Ausbildung des Geschwindigkeitsprofils aus (siehe obige Abb.), wobeisich <strong>im</strong> turbulenten Fall aufgr<strong>und</strong> des lateralen Impulsaustausches eine relativ gleichmäßige Verteilungeinstellt:v m = 0, 5 v max bei laminarer Strömungv m ≃ 0, 8 v max bei turbulenter StrömungIn Abschnitt G.1 wurde bereits darauf hingewiesen, daß turbulente Querbewegungen einen erheblichenImpulsaustausch quer zur Hauptströmung bewirken, was wiederum mit einer Scheinzähigkeit <strong>und</strong>entsprechenden Schubspannungen verb<strong>und</strong>en ist. Es ist deshalb be<strong>im</strong> Übergang von der laminarenzur turbulenten Fließform ein sprunghafter Anstieg des Reibungsverlustes zu verzeichnen, der sich ineinem erheblichen Druckabfall äußert.Die Fließform hat bei Rohr- <strong>und</strong> Gerinneströmungen, bei Grenzschichtströmungen etc. gr<strong>und</strong>legendverschiedene Auswirkungen auf Bewegungsform der Strömung <strong>und</strong> Quantität der Strömungsgrößen.Wir interessieren uns deshalb <strong>für</strong> die Frage, wann eine laminare <strong>und</strong> wann eine turbulente Strömungvorliegt.Reynolds hat <strong>im</strong> Jahre 1883 dargelegt, daß der Umschlag einer laminaren Strömung in eine turbulentevon der nach ihm benannten ZahlRe = vdν[d<strong>im</strong>ensionslos]abhängt. Dabei istv mittlere Fließgeschwindigkeitd Rohrdurchmesser, der allgemein durch den hydraulischen (Abschnitt G.2.1)Durchmesser D h ersetzt werden kannν kinematische Zähigkeit des Fluids (Abschnitt G.1)Auf exper<strong>im</strong>entellem Wege gelangt man zu der Aussage, daß unterhalb einer kritischen Reynoldszahldie Strömung <strong>im</strong>mer laminar bleibt <strong>und</strong> Störungen wieder abklingen. Die kritische Reynoldszahl wirddurch die jeweilige Versuchseinrichtung beeinflußt <strong>und</strong> daher wie folgt definiert:Re < 2300 laminare FließformRe > 2300 turbulente FließformIn mit höchster Sorgfalt durchgeführten Versuchen treten laminare Strömungen noch bei ReynoldszahlenRe = 24.000 auf – bei geringsten Störungen erfolgt jedoch ein plötzlicher Umschlag in Turbulenz.- 78 -


G.4. Wandreibung <strong>und</strong> Geschwindigkeitsverteilungbei laminarer RohrströmungIn den meisten technischen Anwendungsbereichen treten jedoch <strong>im</strong>mer Störungen auf <strong>und</strong> zudem sindhier die Reynoldszahlen meist sehr hoch (z.B. 10 5 – 10 7 ), sodaß in der Regel turbulente Strömungenvorliegen.Wie die Existenz einer kritischen Kennzahl ( Re ) bereits andeutet, ist der Umschlag von der laminarenin die turbulente Strömungsform ein Stabilitätsproblem. Die laminare Strömung ist <strong>im</strong>mer eine möglicheStrömungsform. Überschreitet aber die Fließgeschwindigkeit einen best<strong>im</strong>mten Wert ( vdν > 2300)wird die laminare Strömung gegen geringste Störungen instabil <strong>und</strong> geht in die dann stabile turbulenteStrömungsform über.G.4 Wandreibung <strong>und</strong> Geschwindigkeitsverteilungbei laminarer RohrströmungRohrströmungen mit Reynoldszahlen kleiner als 2300 kommen in den technischen Anwendungenselten vor, wenn man von sehr dünnen Rohren mit geringer Fließgeschwindigkeit einmal absieht(Re < 2300 ❀ vd < 2300 · ν = 0, 0023 m 2 /s bei Wasser).Die laminare Rohrströmung ist jedoch <strong>im</strong> Gegensatz zur turbulenten einer theoretischen Betrachtungzugänglich <strong>und</strong> erlaubt die Darstellung einiger gr<strong>und</strong>sätzlicher Zusammenhänge.Wie in Abschnitt G.2.1 betrachten wir ein Kreisrohr der Länge l mit dem Radius R = d/2 <strong>und</strong> wendenGleichung (G.5) auf einen zylindrischen Flüssigkeitskörper mit dem veränderlichen Radius r an. Dabeiist die Wandschubspannung τ 0 durch die Schubspannung τ <strong>im</strong> Inneren des Fluids zu ersetzen.Mit A = πr 2 <strong>und</strong> U = 2πr sowie dem Newtonschen Zähigkeitsgesetzτ = η dvdn= −ηdvdrτ = 1 2 ρg r l h v = −η dvdr(bei negativem v ist τ positiv) folgt:= −ρνdvdr- 79 -


KAPITEL G - StrömungswiderstandIntegration vondvdrergibt= − gr2νh vlv(r) = − gr24νh vl+ CAus der Randbedingung v(R) = 0 (Haftbedingung) folgt <strong>für</strong> die IntegrationskonstanteC = gR24νh vlsodaß sich bei laminarer Kreisrohrströmung das folgende parabolische Geschwindigkeitsprofil einstellt:v(r) = gR24ν()1 − r2 hvR 2 l(G.9)v max = v(0) = gR24ν(v(r) =h vl1 − r2R 2 )v maxDie über den Querschnitt gemittelte Geschwindigkeit istv m = 1 2 v max (siehe Abschnitt E.2, Beispiel 2)sodaß wir schließlichh v = 8νlgR 2 v m(G.10)erhalten. Der Verlust an Strömungsenergie hängt also bei laminarer Rohrströmung linear von derFließgeschwindigkeit ab. Wir wenden nun Gleichung (G.10) auf ein horizontales Rohr an <strong>und</strong> betrachtendie Energiebilanz mit (F.19).z 1 + p 1ρg + α v2 12g= z 2 + p 2ρg + α v2 22g + h vWegen z 1 = z 2 , v 1 = v 2 erhält manp 1 − p 2 = ρg h v = 8ρν lR 2 v m- 80 -


G.5. Wandreibung <strong>und</strong> Geschwindigkeitsverteilungbei turbulenter Rohrströmung❀ p 1 − p 2 = 8η lR 2 v m Hagen-Poiseuillesches ∗ Gesetz (G.11)Dieses Gesetz liefert den Druckverlust bei laminarer Rohrströmung <strong>und</strong> wurde von Hagen (1839) <strong>und</strong>Poiseuille (1841) auf exper<strong>im</strong>entellem Wege gef<strong>und</strong>en. Hagen hat dabei bereits erkannt, daß es nur<strong>für</strong> ein vollausgebildetes parabolisches Profil – vergleiche (G.9) – gilt, also nicht <strong>im</strong> Anfangsbereichder Rohrmündung.Wir bringen das Fließgesetz (G.10) noch in eine besondere Form, die auch bei der turbulenten Rohrströmung<strong>und</strong> den Gerinneströmungen verwendet wird, <strong>und</strong> gelangen so zu einer einheitlichen Darstellungder Verlusthöhe h v , die eine größere Anzahl meist empirisch gewonnener Formeln ablöst.Be<strong>im</strong> Kreisrohr ist der Durchmesser d mit dem hydraulischen Durchmesser D h = 4A/U identisch,sodaß der Radius R in (G.10) mit D h /2 verallgemeinert werden kann.h v = 8νlgR 2 v m = 64νvD hl v 2D h 2gWir definieren nun den laminaren Reibungsbeiwertλ = 64Re<strong>und</strong> erhaltenmit der ReynoldszahlRe = vD hνh v = λ lD hv 22gλ = 64Re(G.12)Kreisrohr: D h = d = 2RIn dieser Form wurde das Fließgesetz von Darcy (1858) <strong>und</strong> Weisbach (1855) <strong>für</strong> turbulenteStrömung angegeben.Im nächsten Abschnitt soll nun <strong>für</strong> den d<strong>im</strong>ensionslosen Reibungsbeiwert λ eine Beziehung bei turbulenterStrömung angegeben werden.G.5 Wandreibung <strong>und</strong> Geschwindigkeitsverteilungbei turbulenter RohrströmungGleichungen werden <strong>im</strong> weiteren <strong>für</strong> einen Kreisquerschnitt hergeleitet.Wie in Abschnitt G.4 bereits dargelegt, verwenden wir das allgemeinere Widerstandsgesetz (Fließgesetz)nach Darcy <strong>und</strong> Weisbach:h v = λl v 2D h 2g(G.13)∗ Gottfried Hagen (1779 - 1884), deutscher Ingenieur, <strong>und</strong> J. C. Poiseuille (1799 - 1869), französischer Physiker,arbeiteten gleichzeitig, aber ohne Kenntnis voneinander an der Durchströmung von Rohren. Hagen studierte bereits vorReynolds den Übergang von laminarer zur turbulenten Strömung.- 81 -


KAPITEL G - StrömungswiderstandDer Reibungsbeiwert λ konnte <strong>für</strong> die laminare Strömung theoretisch unter der Voraussetzung R = D h2abgeleitet werden:λ = 64Rebei laminarer Strömung(G.14)Im turbulenten Fall können wir <strong>für</strong> den Beiwert nach Colebrook-White (1938/39) schreiben:( )12, 51√ ⇐ −2 logλ Re √ λ + k3, 71D h(G.15)λ = Reibungsbeiwert[d<strong>im</strong>ensionslos]Re = Reynoldszahl Re = vD hν[d<strong>im</strong>ensionlos]k = äquivalente Sandrauheit [m]D h = hydraulischer Durchmesser [m], Kreisrohr: D h = dk/D h = relative Sandrauheit [d<strong>im</strong>ensionslos]Diese <strong>im</strong>plizite Beziehung ist <strong>für</strong> eine rechnerische Auswertung sehr unhandlich <strong>und</strong> wurde von Moody∗ als Diagramm ausgewertet (s.S. 83)Die Formel von Colebrook-White stellt eine Interpolation verschiedener Sonderfälle turbulenterRohrströmungen dar, deren Gesetzmäßigkeiten <strong>im</strong> einzelnen durch Exper<strong>im</strong>ente, gekoppelt mit theoretischenÜberlegungen, ermittelt wurden.Neben den Größen Strömungsgeschwindigkeit v, Durchmesser D h <strong>und</strong> kinematischer Zähigkeit ν, diesich in der Reynoldszahl Re =vD hniederschlagen, kann bei turbulenter Strömung die Wandbeschaffenheit(d.h. die Rauheit) von maßgeblichem Einfluß auf die Rohrreibung sein. Exper<strong>im</strong>enteνhaben gezeigt, daß sich Rohre mit geringer Rauheit <strong>und</strong> bei geringerer Reynoldszahl als technischoder hydraulisch glatt verhalten. Bei derartigen Rohren stellt man also keinen Rauheitseinfluß fest,sodaß die Reibungszahl λ nur von der Reynolds-zahl Re abhängt, wie <strong>im</strong> laminaren Fall.Für laminare Strömungen ergibt sich kein Einfluß der Wandrauheit, wie die Exper<strong>im</strong>ente von Hagen<strong>und</strong> Poiseuille um 1840 gezeigt haben (G.11), <strong>und</strong> der Reibungsbeiwert ist nur von derReynoldszahl abhängig:λ = 64ReGl. (G.12)∗ Das 1944 von Moody in den U.S.A. veröffentlichte Diagramm ist die Synthese der Forschungsarbeiten vieler Wissenschaftler.Die laminare Strömungsform war eingehend von Hagen (1834) <strong>und</strong> Poiseuille untersucht worden. DieKurve <strong>für</strong> hydraulisch glatte Rohre (k/D h = 0) entspricht der 1913 von Blasius angegebenen Gleichung (G.16), die1933 von Prandtl zur Gleichung (G.17) erweitert <strong>und</strong> von Nikuradse exper<strong>im</strong>entell bestätigt wurde. Der vollkommenrauhe Bereich wurde von Prandtl (1931) <strong>und</strong> v. Kármán (1930) wiederum mit exper<strong>im</strong>enteller Unterstützungdurch Nikuradse mittels Gleichung (G.18) beschrieben. Coolebrook <strong>und</strong> White füllten schließlich (1938) durch eineInterpolationsformel (Gl. G.15) den sog. Übergangsbereich aus. Diese Gleichung deckt auch den Bereich aller früherenFormeln mit ab (mit Ausnahme des laminaren Bereiches).- 82 -


Wandreibung <strong>und</strong> Geschwindigkeitsverteilung bei turbulenter Rohrströmung- 83 -


KAPITEL G - StrömungswiderstandFür turbulente Strömungen in hydraulisch glatten Rohren hat Blasius (1913) ein Gesetz angegeben,wonach ebenfalls λ nur von Re abhängt.λ =0, 3164√Re(G.16)Spätere Versuche haben jedoch gezeigt, daß diese Formel <strong>für</strong> Re > 100.000 nicht mehr zutrifft.Zu einem allgemeingültigen Gesetz gelangt man durch theoretische Überlegungen, wobei einige Konstantenexper<strong>im</strong>entell ermittelt werden müssen (siehe z.B. Truckenbrodt, <strong>Strömungsmechanik</strong>, S.206/207). Wie bei der laminaren Strömung wird auch hier zunächst das Geschwindigkeitsprofil ermittelt:( )vR − r= 5, 75 log v τ + 5, 5v τ νv τ =√ τ0ρSchubspannungsgeschwindigkeit (Definition)τ 0 = ρ λ 8 v2 m Wandschubspannung, folgt aus (G.6) <strong>und</strong> (G.13)5, 75 <strong>und</strong> 5, 5 Meßwerte(Die Beziehung gilt nicht in Wandnähe, da dort eine dünne laminare Schicht ”haftet“, <strong>und</strong> gilt <strong>im</strong>übrigen nur näherungsweise. In Rohrmitte weist das Profil einen Knick auf.)Nun muß noch die mittlere Geschwindigkeit v m ermittelt werden (vergleiche das Vorgehen <strong>im</strong> laminarenFall, Abschnitt G.4. Sie ergibt sich zuv m = v max − 4, 07v τ( Rvτv max = v(r = 0) = v τ[5, 75 logν(4, 07 exper<strong>im</strong>entell ermittelt)) ]+ 5, 5El<strong>im</strong>inieren von v max <strong>und</strong> Einsetzen von√λv τ = v m , sowie R = d/2 ergibt schließlich81(√ = 2 log Re √ )λ − 0, 8λ(G.17)wobei die Zahlenwerte 2 <strong>und</strong> 0,8 den sorgfältigen Meßwerten von Nikuradse (1932) nachträglichangepaßt worden sind. Die Beziehung (G.17) bestätigt die Formel nach Blasius <strong>für</strong> den BereichRe < 100.000.Be<strong>im</strong> Widerstandsgesetz des rauhen Rohres kommt die Abhängigkeit des Reibungsbeiwerts λ von derWandbeschaffenheit neu hinzu (bislang nur λ = λ(Re)).- 84 -


Wandreibung <strong>und</strong> Geschwindigkeitsverteilung bei turbulenter Rohrströmunghydraulisch glatt Übergangsbereich vollkommen rauhδ 0 > k δ 0 < k δ 0 ≃ 0Um zu einer quantitativen Aussage über die Wandrauheit zu gelangen, hat man die sogenannteäquivalente Rauheit k (auch k s ) eingeführt. Die exper<strong>im</strong>entellen Untersuchungen beziehen sich aufRohre, deren Wandung mit Sandkörnern vom Durchmesser k beklebt worden sind. Die tatsächlicheWandbeschaffenheit (z.B. Gußeisenrohr-Verkrustung) wird dabei durch ein äquivalentes k ausgedrückt,das zu gleichen Reibungsverlusten führt. (s.S. 86)Wichtig ist, daß <strong>für</strong> die gr<strong>und</strong>legenden Untersuchungen die natürliche bzw. technische Wandbeschaffenheitin ihrer Vielfalt durch eine definierte geometrische Größe (nämlich k) ersetzt wird.Als d<strong>im</strong>ensionslose Größe zur Erfassung der Wandrauheit wird die relative Rauheit k/D h eingeführt.Gesucht wird nun eine Beziehung λ = λ(Re, k/D h ), wobei D h der hydraulische Durchmesser ist (AbschnittG.2.1).Man stellt nun fest, daß drei Fälle zu unterscheiden sind:λ = λ(Re){laminarturbulent, hydraulisch glattλ = λ(Re, k/D h ) turbulent, Übergangsbereichλ = λ(k/D h ) turbulent, vollkommen rauhWenn die Wandunebenheiten durch eine laminare Unterschicht der Dicke δ 0 eingehüllt werden (sieheAbb.), so verhält sich das Rohr wie ein glattes. Die laminare Unterschicht ist natürlich erst recht beivöllig laminarer Strömung vorhanden. Somit ergibt sich in diesem Fall <strong>für</strong> λ keine Abhängigkeit vonk/D h (siehe (G.12) <strong>und</strong> (G.17)).In einem Übergangsbereich wird infolge Abnahme der laminaren Schichtstärke δ 0 die Wandrauheit knur teilweise aktiviert. Es ist deshalb sinnvoll, den vollkommen rauhen Bereich zu untersuchen, damitder <strong>im</strong> Exper<strong>im</strong>ent vorgegebene Korndurchmesser k tatsächlich zur Wirkung kommt.- 85 -


KAPITEL G - StrömungswiderstandWiderstandsgesetz <strong>für</strong> Rohrströmungenh v = λl v 2D h 2g ; D h = 4A U ; τ 0 = ρg Al U h vÄquivalente Rauheit k <strong>für</strong> rauhe RohreStahlrohrek [mm]Leitungen aus gezogenem Stahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,01 bis 0,05Geschweißte Rohre von handelsüblicher Güte:neu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,05 bis 0,10nach längerem Gebrauch gereinigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,15 bis 0,20mäßig verrostet, leichte Verkrustung . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,40schwere Verkrustung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3Genietete Leitungen mit Längs <strong>und</strong> Quernähten:a) Bleckdicke unter 5 mm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,65b) Blechdicke 5 bis 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,95c) Blechdicke über 12 mm <strong>und</strong> 6-12 mm, wennNietnähte mit Laschen verdeckt . . . . . . . . . . . . . . . . 3d) Blechdicke über 12 mm mit verlaschten Nähten . . . 5,5e) in ungünstigem Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bis 5oGußeisenrohreNeue Leitungen mit Flansch- oder Muffenverbindung . . . 0,15 bis 0,3Gußeiserne Rohre:inwendig bitumiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,12neu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,25 bis 1angerostet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 bis 1,5verkrustet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,5 bis 3Beton <strong>und</strong> DruckstollenRohrleitungen <strong>und</strong> Stollen in Stahlbetonmit sorgfältig handgeglättetem Verputz . . . . . . . . . . . . . . 0,01neue Leitungen aus Schleuderbeton mit glattem Verputz 0,16Betonrohre, Glattstrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,3 bis 0,8Druckstollen mit Zementverputz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,5 bis 1,6Betonrohre, roh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 bis 3Beton, schalungsrauh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l0Sonstige RohreAsbest-Zement-Rohre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,1Holzrohre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,2 bis 1Tabelle nach Schröder, H. <strong>und</strong> Press, R.: Hydromechanik <strong>im</strong> Wasserbau;W. Ernst & Sohn, Berlin, München 1966- 86 -


G.6. Wandreibung bei Gerinneströmungvon Kármán (1930) <strong>und</strong> Prandtl (1932) haben zunächst wieder ein Gesetz <strong>für</strong> das Geschwindigkeitsprofilabgeleitet, woraus die folgende Beziehung (wie bei (G.17)) entsteht:( )1k√ = −2 log + 1, 14 (G.18)λ D hDie Werte 2 <strong>und</strong> 1,14 sind wiederum auf exper<strong>im</strong>entellem Wege von Nikuradse (1933) gef<strong>und</strong>enworden.Für den Übergangsbereich erhält man durch Interpolation der Formeln (G.17), hydraulisch glatt <strong>und</strong>(G.18), vollkommen rauh nach Coolebrook-White (1938) eine Aussage. Die Beziehung (G.15) erfaßtalle Bereiche der turbulenten Strömung.G.6 Wandreibung bei GerinneströmungWie in Abschnitt G.2.2 bereits ausgeführt, erhalten wir aus (F.19) <strong>für</strong> das Freispiegelgerinne unterder Annahme einer hydrostatischen Druckverteilung die erweiterte Bernoulli-Energiegleichung <strong>für</strong>einen Stromfaden an der Sohle (statt v m wird v geschrieben):z 1 + h 1 + v2 12g = z 2 + h 2 + v2 22g + h v mit α ≃ 1Außerdem führt man noch die folgenden Begriffe ein:Sohlgefälle I So = (z 1 − z 2 )/lWasserspiegelgefälle I W = [(z 1 + h 1 ) − (z 2 + h 2 )]/l[() (Energieliniengefälle I E == h v /lz 1 + h 1 + v2 12g−z 2 + h 2 + v2 22gBei hinreichend langen Gerinnen mit konstanten Fließbedingungen (Sohlgefälle, Reibung, Querschnittetc. konstant) stellt sich eine gleichförmige Strömung, der Normalabfluß ein, <strong>und</strong> es gilt)]/lh 1 = h 2 ; v 1 = v 2 ; I So = I W = I E- 87 -


KAPITEL G - StrömungswiderstandDer hydraulische Durchmesser D h wurde bereits in Abschnitt G.2.1 eingeführt:D h = 4A U , A durchflossener QuerschnittU benetzter Umfang(A repräsentiert die Gewichtskraftkomponente, U die Schubkraft infolge Wandreibung, siehe AbschnittG.2.2). Daneben wird noch der hydraulische Radius r h benutzt:r h = A U = D h4Exper<strong>im</strong>ente zeigen bei gleichförmiger Strömung die gleiche quadratische Abhängigkeit zwischen Fließgeschwindigkeit<strong>und</strong> Verlusthöhe wie bei der Rohrströmung. Es kann also wieder die Beziehung vonDarcy <strong>und</strong> Weisbach (G.13) benutzt werden:h v = λl v 2D h 2gbzw.I E = h vl= λ 1 D hv 22g(G.19)Der Reibungsbeiwert λ wird auch hier mit der Interpolationsformel von Colebrook-White (7.10b)best<strong>im</strong>mt:( )12, 51√ ⇐ −2 logλ Re √ λ + k3, 71D h(G.20)Die Reynoldszahl wird wie bei der Rohrströmung mit Re = v D hνUmschlag der Fließform gilt die gleiche kritische Grenze:definiert, <strong>und</strong> <strong>für</strong> denRe < 2300 laminare StrömungRe > 2300 turbulente StrömungLaminare Gerinneströmungen sind <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong> jedoch kaum vorhanden. Typische äquivalente Rauheitenk sind in der nachfolgenden Tabelle <strong>und</strong> entsprechende Werte <strong>im</strong> Diagramm am Ende desAbschnitts G.5 angegeben.Neben den Gleichungen von Darcy-Weisbach <strong>und</strong> Colebrook-White existieren noch eine Reihe(älterer) empirischer Gesetze, z.B. ist die Formel von Manning-Strickler (1923) ∗ am gebräuchlichsten:v = k St r 2/3hI 1/2E(G.21)∗ Im 18. <strong>und</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>ert waren Ingenieure mit der Notwendigkeit konfrontiert, Rohrleitungen, Kanäle, Flußstaustufenbauen zu müssen, ohne daß die Gesetzmäßigkeiten des Fließwiderstandes bekannt waren. Sie führten teilweise ohneKenntnis voneinander Natur- <strong>und</strong> Labormessungen durch <strong>und</strong> entwickelten daraus empirische Gleichungen, in denen derFließwiderstand aus Geschwindigkeit, Rauheit, Durchmesser bzw. Wassertiefe berechnet wird. Angestrebt wurde eineGleichung, die <strong>für</strong> Gebirgs- <strong>und</strong> Flachlandflüsse, Kanäle, Rohrleitungen gleichermaßen anwendbar ist. Die Gleichungen,die dieses Ziel nur sehr bedingt erreichten, die aber z.T. noch heute verwendet werden, tragen meist den Namen ihrerErfinder.Schon 1757 führte Albert Brahm in seinem in Aurich erschienenen Buch ”Anfangsgründe der Deiche- <strong>und</strong> Wasserbaukunst“aus, daß die verzögernde Wirkung des Fließwiderstandes <strong>im</strong> Gleichgewicht mit der Schwerkraft <strong>und</strong> proportionaldem Quadrat der Fließgeschwindigkeit ist. Die erste Formel, die dies zum Ausdruck brachte, war die des FranzosenChezy (1718 - 1798). Es folgten weitere von Manning (1816 - 1897, Irland), Weisbach (1806 - 1871, Deutschland),Darcy (1803 - 1858, Frankreich), Gauckler (1826 - 1905, Frankreich), Ganguillet (1818 - 1894, Schweiz), Kutter(1818 - 1888, Schweiz), Strickler (1887 - 1963, Schweiz).- 88 -


G.6. Wandreibung bei GerinneströmungWiderstandsgesetze <strong>für</strong> GerinneströmungenDarcy-WeisbachI E = λ 1 v 2Manning-StricklerD h 2gv = k St r 2/3hI 1/2Ebzw.√ 8gv =λ r1/2 hI 1/2k St ˆ= RauheitsbeiwertEmit D h = 4 r hmit λ nach Colebrook-White (G.20) als Funktion der Reynolds-Zahl <strong>und</strong> derrelativen Rauheit k/D h . Darin ist k die äquivalente (Sand-)rauheit.Gerinne: k St [m 1/3 /s] k [mm]Glatte Holzgerinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 0,60Glatter unversehrter Zementputz,glatter Beton mit hohem Zementgehalt 80 0,80Hausteinquader, gut gefugte Klinker . . . . . . . . . 70 . . . 80 1,8 . . . 1,5Alter Beton, Bruchsteinmauerwerk . . . . . . . . . . . 50 20Erdkanäle, regelmäßig, rein, ohne Geschiebemittlerer Kies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 75Natürliche Flußbetten, mit Geröll<strong>und</strong> Unregelmäßigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 30 bis 400Gebirgsflüsse mit grobem Geröll, beiruhendem Geschiebe mit unverkleideter,roher Felswand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 . . . 28 bis 1500wie vor, bei in Bewegung befindlichemGeschiebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 . . . 22 bis 3000Stollen <strong>und</strong> Betonrohrleitungen:Geschliffener Zementputz größter Glätte . . . . . 100 0,01Betonstollen von weniger sorgfältigerAusführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 . . . 80 10 . . . 0,16Alte, aus Einzelrohren bestehendeBetonrohrleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3 . . . 1Auszug aus Schröder, H. <strong>und</strong> Press, R.: Hydromechanik <strong>im</strong> Wasserbau;W. Ernst & Sohn, Berlin, München 1966- 89 -


KAPITEL G - StrömungswiderstandDiese Beziehung gewinnt man aus einem Potenzansatzv = k St r α h I β Ewobei α <strong>und</strong> β exper<strong>im</strong>entell best<strong>im</strong>mt worden sind. Unbefriedigend ist die ”D<strong>im</strong>ension“ des Rauheitsbeiwertesk St [m 1/3 /s], der nur von der Wandrauheit abhängt (also nicht wie λ auch von Re ).Die k St -Werte sind auf Seite 89 angegeben.Eine Beziehung zwischen λ <strong>und</strong> k St läßt sich (formal!) ableiten, wenn die Gleichungenv = (2g D h I E /λ) 1/2 aus (G.19) <strong>und</strong>gleichgesetzt werden:v = k St r 2/3hI 1/2Eaus (G.21)λ = 8g k −2St r−1/3 h(G.22)Beachte: Best<strong>im</strong>mt man λ aus (G.22) <strong>und</strong> setzt dies in (G.19) ein, so benutzt man eigentlich dieFormel (G.21) nach Manning-Strickler.G.7 Grenzschichten <strong>und</strong> AblösungenIn den vorigen Abschnitten wurde der Verlust an Strömungsenergie infolge Wandreibung eingehendbehandelt. Wir kommen nun zu weitergehenden Betrachtungen über den Wandeinfluß auf Strömungen.Das Newtonsche Zähigkeitsgesetz τ = n dv läßt erkennen, daß sich Fluide geringer Zähigkeit η (z.B.dnWasser, Luft) bei Strömungen mit schwachem Geschwindigkeitsgefälle nahezu reibungsfrei verhalten(τ 0 ≃ 0). Tatsächlich stellt sich überwiegend eine derartige Strömung ein <strong>und</strong> lediglich in Wandnäheführt die Haftbedingung (v = 0 an der Wand) zu einer Übergangschicht mit starkem Geschwindigkeitsgradienten,sodaß selbst bei geringer Zähigkeit erhebliche Schubspannungen entstehen.Diese Übergangsschicht wurde von Prandtl ∗theoretischen Behandlung zugänglich gemacht.unter dem Begriff Grenzschicht eingeführt <strong>und</strong> einerDamit wird das Strömungsgebiet in einen äußeren, quasi reibungsfreien Bereich <strong>und</strong> eine Grenzschicht(Reibungsschicht) mit reibungsbehaftetem Fluid unterteilt.∗ Ludwig Prandtl (1875 - 1953) ist der wohl bedeutendsteStrömungsforscher dieses Jahrh<strong>und</strong>erts. Er führte die <strong>im</strong> 19.Jahrh<strong>und</strong>ert sich isoliert entwickelnde theoretische Hydromechanikder Mathematiker mit der angewandten Koeffizientenhydraulik“der Ingenieure zusammen. Sein berühmte-”ster Beitrag ist die Grenzschichttheorie, durch die eine Vielzahlvon Strömungsphänomenen erklärt <strong>und</strong> berechnet werdenkonnte. Sie entstand in seinen Jahren an der damaligenTechnischen Hochschule Hannover (1901 - 03). Danach wurdeer Direktor des Kaiser-Wilhelm-<strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Strömungsforschungin Göttingen, das auf Jahrzehnte zum “Mekka“der Strömungsforscher in aller Welt wurde.- 90 -Prandtls Wasserkanal, den er mit der Hand betrieb<strong>und</strong> in dem er seine ersten bahnbrechenden Untersuchungen(in Hannover) durchführte.


G.7. Grenzschichten <strong>und</strong> AblösungenDefinition derohne Reibung mit Reibung GrenzschichtdickeDer Übergang zwischen Grenzschicht <strong>und</strong> Außenströmung verläuft asymptotisch, sodaß die Grenzschichtdickeδ einer Festlegung bedarf. Häufig definiert man δ derart, daß die Geschwindigkeit außerhalbder Grenzschicht um max<strong>im</strong>al 1% infolge Wandreibung verzögert wird (siehe Abb.). Dabei wirdman nur dann von einer Grenzschicht sprechen, wenn diese relativ dünn bleibt, also infolge geringerZähigkeit der Wandreibungseinfluß rasch abklingt.Längs einer Wandung n<strong>im</strong>mt die Grenzschichtdicke laufend zu, was in Rohr- <strong>und</strong> Gerinneströmungenaufgr<strong>und</strong> langer Fließstrecken dazu führt, daß schließlich der gesamte durchströmte Querschnittunter Wandreibungseinfluß steht. Nur <strong>für</strong> diese vollausgebildete Strömung gelten auch die Fließgesetzeaus Abschnitt G.4 bis G.6, da ja in den Ableitungen ein entsprechendes Geschwindigkeitsprofilvorausgesetzt wurde.Wir kommen nun zu dem Fließverhalten in der Grenzschicht selbst. Bei einsetzender Strömung entstehtzunächst <strong>im</strong>mer eine dünne laminare Schicht (Haftung an der Wand), die sich anschließend aufbaut. Inder Anlaufstrecke bleibt die Grenzschicht laminar <strong>und</strong> kann bei ausreichender Fließgeschwindigkeit <strong>und</strong>hinreichender Grenzschichtdicke, die ja mit Null beginnt <strong>und</strong> längs der Wandung zun<strong>im</strong>mt, turbulentwerden. (Auch hier lassen sich kritische Reynoldszahlen angeben.)Charakteristisch <strong>für</strong> Grenzschichtenist der Ablösevorgang bei umströmtenKörpern, der in der nebenstehendenDarstellung veranschaulichtwird, ohne daß er hier <strong>im</strong> einzelnenerklärt werden soll.- 91 -Ablösung anscharfkantigen Ecken


KAPITEL G - StrömungswiderstandDas Grenzschichtkonzept wurde von Ludwig Prandtl 1904 veröffentlicht <strong>und</strong> in den darauffolgendenJahrzehnten in Göttingen weiterentwickelt. Es ist vom technischen Standpunkt aus eine der wichtigstenEntwicklungen in der <strong>Strömungsmechanik</strong> <strong>und</strong> erlaubt die Erklärung vieler Phänomene, die vorherunverständlich <strong>und</strong> widersprüchlich schienen.G.8 Konzentrierte Fließverluste in Rohren <strong>und</strong> Gerinnen, ζ-WerteAblösung bei plötzlicher Querschnittserweiterung ∗Querschnittsveränderungen, Verzweigungen etc. sind <strong>im</strong>mer mit Verlusten an Strömungsenergie verb<strong>und</strong>en,bei denen vor allem Ablösungen eine Rolle spielen. Sie sind meist nur geringfügig von derReynoldszahl abhängig, sodaß die entsprechenden Beiwerte ζ als Konstanten betrachtet werdenkönnen. Sie werden in der Formh v = ζ v22g(G.23)in der Bernoulli-Gleichung berücksichtigt.Insgesamt setzt sich die Verlusthöhe h v in der Bernoulli-Gleichung aus Wandreibungsverlusten <strong>und</strong>der Summe aller Einzelverluste zusammen.∗ aus Eck, B.: Technische Strömungslehre; Springer, Berlin, Heidelberg, New York, 1966- 92 -


G.8. Konzentrierte Fließverluste in Rohren <strong>und</strong> Gerinnen, ζ-WerteÖrtlich konzentrierte Verlusteh v= ζ v22gBei ζ : v = Geschwindigkeit unmittelbar hinter der StörstelleBei ζ ′ : v = Geschwindigkeit unmittelbar vor der StörstelleG.8.1Ein- <strong>und</strong> Auslaufverlusteζ = 0, 5 ζ = 0, 25 ζ = 0, 1 ζ ′ = 1, 0G.8.2Umlenkverluster m/d\ β 15 o 30 o 60 o 90 o2 0,03 0,06 0,12 0,145 0,03 0,05 0,08 0,1110 0,03 0,05 0,07 0,11\ β 15 o 30 o 60 o 90 oglatt 0,042 0,13 0,47 1,13rauh 0,062 0,16 0,68 1,27G.8.3VerzweigungsverlusteG.8.3.1scharfkantige Rohre (konst. Durchmesser)β 90 o 90 o 45 o 45 oQ a /Q ζ a ′ ζ d ′ ζ a ′ ζ d′0,2 0,88 -0,08 0,68 -0,060,4 0,89 -0,05 0,50 -0,040,6 0,95 0,07 0,38 0,070,8 1,10 0,21 0,35 0,20- 93 -β 90 o 90 o 45 o 45 oQ a /Q ζ a ζ d ζ a ζ d0,2 -0,40 0,17 -0,38 0,170,4 0,08 0,30 0,00 0,190,6 0,47 0,41 0,22 0,090,8 0,72 0,51 0,37 -0,17


KAPITEL G - StrömungswiderstandG.8.3.2 symmetrische Hosenrohre mit Q a /Q = 0, 5r m /d ζ0,5 4,40,75 2,41,0 1,61,5 1,02,0 0,8β ζ10 o 0,430 o 1,245 o 2,860 o 4,090 o 5,6G.8.4QuerschnittsänderungErweiterungζ ′ =Verengung( ) 2 (A1− 1ζ = 0, 5 1 − A ) 22A 2 A 1G.8.5VerschlußorganeDrosselklappeRingkolbenschieberbei Großrohrleitungen: ζ = 0, 3 ζ = 1, 5bei Versorgungsleitungen: ζ = 0, 5 bis ζ = 4, 0Quelle:Schröder, H. <strong>und</strong> Press, R.: Hydromechanik <strong>im</strong> Wasserbau; W. Ernst & Sohn, Berlin, München 1966Weitere Angaben:Idel ′ chik: Handbook of Hydraulic Resistance; Transl. from Russian, 1966Miller, Donald S.: Internal Flow Systems; BHRA Fluid Engineering, 1978- 94 -


Kapitel HElementare stationäre Rohrströmungen- 95 -


H.1 Gr<strong>und</strong>sätzliche BeziehungenKAPITEL H - Elementare stationäre RohrströmungenDie Strömung in einer Rohrleitung ist das natürlichste <strong>und</strong> einfachste Beispiel <strong>für</strong> das strömungsmechanischeKonzept der Stromröhre. Mit Beschränkung auf stationäre, inkompressible Strömungenstehen uns aus den vorangegangenen Kapiteln folgende Gr<strong>und</strong>gleichungen zur Verfügung:KontinuitätsgleichungQ 1 − Q 2 = 0(Gl. F.8)Impulssatz⃗F + ⃗ G + ⃗ S 1 + ⃗ S 2 = 0(Gl. F.14)S = Stützkraft, senkrechtauf SchnittflächeErweiterte Bernoulli-Gleichung(Skizze <strong>im</strong> nachfolgenden Text)z 1 + p 1ρg + α v2 12g + Pgṁ = z 2 + p 2ρg + α v2 22g + h v(F.20)mit der Verlusthöhe h v =(λl + ∑ ) v2ζD h 2g(G.13) mit (G.23)Der Impulssatz findet vorwiegend Anwendung bei der Berechnung der Kräfte von Fluid auf Rohrwände,insbesondere auf Rohrkrümmer, -verzweigungen, -vereinigungen <strong>und</strong> -querschnittsänderungen. Darüberist den in Kap. F.4 gemachten Ausführungen nichts hinzuzufügen, sodaß wir uns hier vorwiegend mitder Anwendung der erweiterten Bernoulli-Gleichung beschäftigen. Mit ihrer Hilfe werden wir Durchflüsse,Fließgeschwindigkeiten <strong>und</strong> Druckverteilungen in Rohrleitungen berechnen.- 96 -


H.1. Gr<strong>und</strong>sätzliche BeziehungenOhne Wellenarbeit P wird <strong>für</strong> praktische Berechnungen folgende anschauliche Darstellung der Gleichung(F.20) benutzt:Der Ausdruck h E = z + pρg + α v22g- dem Abstand der Rohrachse über einem Bezugshorizont,- der Druckhöhe pρg, sowie der- Geschwindigkeitshöhe α v22g .trägt den Namen Energiehöhe <strong>und</strong> setzt sich zusammen ausAufgr<strong>und</strong> des Reibungsverlustes wird bei stationärer Strömung h E gr<strong>und</strong>sätzlich in Fließrichtung kleiner,d.h.die Energielinie ist in Fließrichtung geneigt.In der Drucksonde steht der Wasserspiegel bis zur Drucklinie, <strong>im</strong> Pitotrohr bis zur Energielinie (letzteresgilt wegen der Ungleichförmigkeit des Geschwindigkeitsprofils nur näherungsweise).- 97 -


KAPITEL H - Elementare stationäre RohrströmungenH.2 Venturi-RohrDas Venturi-Rohr ∗ dient der Messung des Durchflusses in einem Rohr.Bei Vernachlässigung von Verlusten gilt die Bernoulli-Gleichungp 1ρg + α v2 12g = ∆z + p 2ρg + α v2 22gDie Beziehung zwischen der Ablesung der Quecksilbersäule R <strong>und</strong> den Drücken p 1 <strong>und</strong> p 2 ist hydrostatischgegeben durch<strong>und</strong> darausp 1 + ρgz + ρgR − ρ Hg gR − ρgz − ρg ∆z = p 2R =ρρ Hg − ρ( p1ρg − p 2ρg − ∆z ).Setzt man v 1 = Q/A 1 <strong>und</strong> v 2 = Q/A 2 in die Bernoulli-Gleichung ein <strong>und</strong> löst diese nach Q auf, soergibt sichQ = µA 1√2g(ρHg − ρ)αρRA 2 1 /A2 2 − 1(H.1)Der Beiwert µ wurde eingeführt, um die Abweichung des wirklichen Durchflusses von dem theoretischberechneten zu erfassen. Er kompensiert nicht berücksichtigte Reibungsverluste. Größenordnungsmäßigist µ = 0, 96 . . . 0, 99 <strong>und</strong> wird durch Eichung eines Venturi-Rohres gewonnen.Frage:Warum wird p 1 vor der Verengung <strong>und</strong> nicht hinter der Erweiterung gemessen?∗ Giovanni Battista Venturi (1746 - 1822), italienischer Physiker, führte umfangreiche Messungen in Rohrverengungen<strong>und</strong> Düsen durch <strong>und</strong> wurde zu einem der Wegbereiter der exper<strong>im</strong>entellen Hydraulik.- 98 -


H.3. Pumpe, TurbineH.3 Pumpe, TurbineEine Pumpe führt einem Rohrsystem Energie P zu:Erweiterte Bernoulli-Gleichung: (F.20)z 1 + p 1ρg + α v2 1+ P2g gṁ = z 2 + p 2ρg + α v2 22g} {{ }} {{ }h E1h E2P = gṁ (h E2 − h E1 )P = ρgQ ∆h E(H.2)Mit z 1 = z 2 <strong>und</strong> A 1 = A 2 ist ∆h E = ∆pρg .P = Q ∆pDie Pumpe bewirkt dann eine Druckerhöhung ∆p <strong>und</strong> hält dadurch die Fördermenge Q aufrecht. Istdagegen z 1 < z 2 <strong>und</strong> A 2 < A 1 , so wird ein Teil der Leistung dazu verwendet, um den geodätischenHöhensprung ∆z zu überwinden <strong>und</strong> um das Wasser zu beschleunigen.P ist die dem Fluid zugeführte Leistung. Die Leistungsaufnahme der Pumpe P P ist wegen ihresbegrenzten Wirkungsgrades um 10÷20% höher. Ebenfalls ist die Leistungsaufnahme des Motors höherals die der Pumpe.P M η M P P η P PElektr. Netz =⇒ Motor =⇒ Pumpe =⇒ StrömungP P = η M P M ; P = η P P P ; P = η P η M P M- 99 -


KAPITEL H - Elementare stationäre RohrströmungenAufgabe:Ersetze Pumpe durch Turbine. Zeichnedas Energieliniendiagramm <strong>und</strong> entwickledie Gleichungen.Beachte:Die Turbine entn<strong>im</strong>mt der StrömungEnergie, sodaß eine Erniedrigung derEnergielinie erfolgt.Strömung =⇒ Turbine =⇒ Generator =⇒ Elektr. NetzH.4 Rohrsystem mit Pumpeh 1 − h E2 =h E3 − h E2 =h E3 − h 4 =()l A vλ A + ζ ein′ 2Ad A 2gPρg Q = η p P Pρg Q(λ Bl Bd B+ ζ aus) v2B2gBeispiel: gegeben: h 1 , l A , d A , λ A , ζ ein ′ ,h 4 , l B , d B , λ B , ζ aus ,Q, η PIn den Reservoirs sind die Wasserspiegelkoten gleichden Energiehöhen, da dort die Geschwindigkeitenv = 0 sind.h E1 = h 1 ; h E4 = h 4 ;gesucht:D<strong>im</strong>ensionierung der Pumpe,d.h. welche Förderhöhe ∆h E = h E3 − h E2 <strong>und</strong> welche Leistungsaufnahme P Pmuß die Pumpe haben, damit eine Fördermenge Q gepumpt werden kann?- 100 -


H.4. Rohrsystem mit PumpeRechengang:Verlusthöhe in Leitung A: h vA =Verlusthöhe in Leitung B: h vB =Förderhöhe:Leistung: P P = ρg QηP()l A Qλ A + ζ ein′ 2d A 2g A 2 A()l B Q2λ B + ζ ausd B 2g A 2 B∆h E = h 4 − h 1 + h vA + h vBDie Gesamtförderhöhe setzt sich aus den Reibungsverlustenh vA + h vB <strong>und</strong> der geodätischen Förderhöhe h 4 − h 1 zusammen.∆h EAufgabe: Zeichne das Energieliniendiagramm <strong>für</strong> ein Rohrsystem mit Turbine <strong>und</strong> entwickle dieGleichungen!- 101 -


frei <strong>für</strong> Notizen


Kapitel IElementare stationäreGerinneströmungen- 103 -


KAPITEL I - Elementare stationäre GerinneströmungenNeben den Rohrströmungen stellen die Gerinneströmungen das zweite elementare Anwendungsgebietdes Stromröhrenkonzepts dar. Im Abschnitt G haben wir bereits den Verlust an Strömungsenergieinfolge Wandreibung <strong>und</strong> Turbulenz betrachtet. In diesem Abschnitt werden nun einige gr<strong>und</strong>legende,durch die freie Oberfläche bedingte, also <strong>für</strong> die Gerinneströmung typische Erscheinungen behandelt.I.1 NormalabflußWir knüpfen an Abschnitt G.2.2 an <strong>und</strong> schreiben die Energiegleichung (G.8) <strong>für</strong> die stationäre Gerinneströmungz 1 + h 1 + α v2 12g = z 2 + h 2 + α v2 22g + h v(I.1)In Gerinnen mit der Sohlneigung I So = tanθ unterliegt der Fließvorgang einerseits einer Beschleunigungg sinθ <strong>und</strong> andererseits einer Verzögerung infolge Wandreibung. Ein gleichförmiger Abfluß,Normalabfluß genannt, kann sich einstellen, falls Gewichtskraftkomponente in Fließrichtung <strong>und</strong> Reibungswiderstandgleich sind:ρg Al sinθ = τ o UlFalls ρg Al sinθ > τ o Ul ist, so führt die Beschleunigung zu einer Geschwindigkeitszunahme <strong>und</strong> damitauch zu einer Vergrößerung des Reibungswiderstandes (vergl. Formel (G.19)), bis schließlich dasGleichgewicht hergestellt ist. Entsprechendes gilt <strong>für</strong> den umgekehrten Fall. Voraussetzung ist ein prismatischesGerinne konstanten Gefälles, konstanter Rauheit <strong>und</strong> ausreichender Länge. Der Normalabflußist damit ein Sonderfall der allgemeinen Fließbewegung in offenen Gerinnen. Für die Betrachtungungleichförmiger Strömungen stellt er eine wichtige Hilfsgröße dar. Wegen der Gleichförmigkeit desAbflusses gilt:v = const. (v = v n )h = const. (h = h n )I So = I W = I E (s. Abschnitt G.6)v <strong>und</strong> h erhalten den Index n, wenn ein Normalabfluß vorliegt.- 104 -


I.1. NormalabflußAls Beispiele <strong>für</strong> ungleichförmigen Abfluß seien die Senkungs- <strong>und</strong> Staulinie genannt:SenkungslinieStaulinieDie Relationen zwischen Sohlgefälle I So , Wasserspiegelgefälle I W <strong>und</strong> Energieliniengefälle I E sind derfolgenden Darstellung zu entnehmen:beschleunigt gleichförmig verzögert(Normalabfluß)I E < I W > I So I E = I W = I So I E > I W < I SoBerechnung des Normalabflusses(s. auch Abschnitt G.6)Die drei Gr<strong>und</strong>aufgaben bei vorgegebener Querschnittsform, d.h. A(h) <strong>und</strong> U(h) sind bekannte Funktionender Wassertiefe hTyp gegeben: gesucht:1.) k bzw. k St , I So , Q h n , v n2.) k bzw. k St , I So , h n Q, v n3.) k bzw. k St , Q, h n I SoSie werden mit den Formeln von Darcy-Weisbach (G.19) mit dem Reibungsbeiwert λ nach Colebrook-White (G.20), siehe Moody-Diagramm, oder der von Manning-Strickler (G.21) gelöst. Der zweiteWeg ist bei breiten Rechteckquerschnitten einfacher, da er dann ohne Iterationen auskommt.- 105 -


KAPITEL I - Elementare stationäre GerinneströmungenBei Normalabfluß sind die Gefälle gleich: I E = I W = I So → I. Die gr<strong>und</strong>legenden Formeln lauten:Darcy-Weisbach: I = λ 1 D hv 2 n2gmit D h = 4A U(allgemein)bzw. D h = 4h (breiter Rechteckkanal)λ ist iterativ zu best<strong>im</strong>men. Da natürliche Fließgewässeri.d.R. voll turbulent sind, wählt manzweckmäßig den Startwert λ (0) am rechten Randdes Diagramms (zu k/D h passend).Manning-Strickler: v n = k St r 2/3h I1/2mit r h = A U (allgemein)bzw. r h = h (breiter Rechteckkanal)Tabelle der k St -Werte → Abschnitt G.6 <strong>und</strong> FormelsammlungGr<strong>und</strong>aufgabe 1: h n , v n aus k bzw. k St , I So , QManning-Strickler: Q A = k St r 2/3h I1/2QDarcy-Weisbach: I = λ 1 Q 2A ⇐k St r 2/3 ; r h(0) geschätzt a)√D h 2g A 2h I1/2λA ⇐ Q2g D h I ; D Qh(0), λ (0) geschätzt a) bh n ⇐k St hn 2/3(breites Rechteck)I 1/2( )Q 3/5h n ⇐b k St I 1/2 (breites Rechteck b) )❀ h n = h n (A),v n = Q/AGr<strong>und</strong>aufgabe 2: Q, v n aus k bzw. k St , I So , h nDarcy-Weisbach: I = λ 1 vn2√ D h 2gManning-Strickler: v n = k St r 2/3h2g Dh II1/2 ;v n ⇐ ; λλ(0) geschätzt a)r h = r h (A) b)D h = D h (A) b)❀ Q = Av nGr<strong>und</strong>aufgabe 3: I So aus k bzw. k St , Q, h nDarcy-Weisbach: I = λ 1 v 2 Manning-Strickler: vnn = k St r 2/3h I1/2D h 2g( ) 2vnmit A = A(h n ), v n = Q/A, D h = D h (A),I =k St r 2/3hRe = v n D h /ν, λ = λ(Re, k/D h ) b) mit A = A(h n ), v n = Q/A, r h = r h (A) b)a) ab hier iterieren!b) ohne Iteration- 106 -


I.2. WellengeschwindigkeitI.2 WellengeschwindigkeitDurch geringes Eintauchen einer Stauwand in eine Gerinneströmung mit der Fließgeschwindigkeitv wird eine Störung der Oberfläche erzeugt. Stromaufwärts pflanzt sich eine Schwallwelle mit derGeschwindigkeit c − v fort <strong>und</strong> stromabwärts eine Sunkwelle mit der Geschwindigkeit c + v. Die zurStrömung relative Fortpflanzungsgeschwindigkeit c kleiner Störungen kann nach den Formelnallgemeiner Querschnitt c =√g A b(I.2)Rechteckquerschnitt c = √ g h (I.3)berechnet werden, falls die folgende Voraussetzung zutrifft:• Vertikale Beschleunigungen sind vernachlässigbar.(D.h. Die Stromfäden haben vernachlässigbare Krümmung.)Diese Bedingung ist z.B. <strong>für</strong> winderzeugte Wellen auf dem Meer, auf Flüssen <strong>und</strong> Seen nicht erfüllt.Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit dieser Wellen ist auch von der Wellenlänge abhängig <strong>und</strong> deutlichkleiner als nach Gleichung (I.2).√g h1 < √ g h 2Betrachtet man Schwall- <strong>und</strong> Sunkwellen in Gerinnen,so sind die vertikalen Beschleunigungen sehr gering, <strong>und</strong>die Wellengeschwindigkeit läßt sich aus Gl. (I.2) bzw.(I.4) ermitteln. Allerdings führt die unterschiedliche Wassertiefe<strong>im</strong> Wellenfrontbereich dort zu unterschiedlichenFortpflanzungsgeschwindigkeiten <strong>und</strong> demzufolge zu einerpermanenten Oberflächenverformung. Wenn sich diedargestellte Welle nach rechts bewegt, wird der Abstande vergrößert, d.h. eine Sunkwelle flacht sich ab.Bei umgekehrter Bewegungsrichtung (relativ zur Hauptströmung)wird sich der Abstand e verkleinern, d.h.eine Schwallwelle steilt sich auf.- 107 -


KAPITEL I - Elementare stationäre GerinneströmungenFür die Geschwindigkeit relativ zum Ufer c + v einer Welle sind vier Fälle zu unterscheiden:Schwallwelle,stromaufwärtsSunkwelle,stromabwärtsSchwallwelle,stromabwärtsSunkwelle,stromaufwärtsI.3 Strömen <strong>und</strong> Schießen, GrenzbedingungenAnmerkung: Weil es hier nur um die Darstellung prinzipieller Zusammenhänge geht, werden alleAbleitungen am Rechteckquerschnitt durchgeführt, <strong>und</strong> α gr<strong>und</strong>sätzlich gleich 1,0 gesetzt.v = Q/A;mit A = bh folgtv = q/h, mit q = Q/b (I.4)Damit ist q <strong>im</strong>mer der Abfluß pro Breitenmeter.Die Betrachtungen dieses Abschnitts beziehen sich auf einen Fließquerschnitt an einer festgehaltenenStelle des Gerinnes. Gefälle (I So , I w , I E ), Reibungsverlust, konvektive Beschleunigung etc. sind nurdurch Vergleich benachbarter Querschnitte erfaßbar <strong>und</strong> wirken sich somit auf die hier angestrebtenlokalen Beziehungen innerhalb eines Querschnitts nicht aus.Wir führen zunächst die folgenden Bezeichnungen ein:h = Wassertiefe h E = Energiehöhez = Sohlkote E = spezifische Energiehöhev 22g= Geschwindigkeitshöhe- 108 -


I.3. Strömen <strong>und</strong> Schießen, GrenzbedingungenFür stationäre (zeitunabhängige) Strömung erhält man <strong>für</strong> die Energiehöhe mit (I.4):h E= z + h + v22g = z + h +q22g h 2Die Sohlkote z stellt <strong>für</strong> einen best<strong>im</strong>mten Fließquerschnitt eine Konstante dar, sodaß zweckmäßigerweisenur die spezifische Energiehöhe betrachtet wird:E = h +q2, mit q = Q/b (I.5)2g h2 Die Größen E, q <strong>und</strong> h, <strong>und</strong> aus ihnen abgeleitet auch v, stellen Zustandsgrößen dar, die den Fließzustandan einem Fließquerschnitt beschreiben. Gleichung (I.5) stellt eine Beziehung zwischen ihnenher <strong>und</strong> ist demnach eine Art Zustandsgleichung des Fließquerschnitts. Die Aussagen, die in dieserGleichung enthalten sind, kann man am besten erarbeiten, indem man sie untersucht1.) <strong>für</strong> q = const. ⇒ E = E(h)2.) <strong>für</strong> E = const. ⇒ q = q(h) .I.3.1 Betrachtungen bei vorgegebenemkonstanten qDie Funktion (I.5)E = h +q22g h 2besitzt zwei Asymptoten:h = 0 (E-Achse) <strong>und</strong>E = h (1. Winkelhalbierende).1. Folgerung: Eine Abflußmenge q kann bei gleicher spezifischer Energie mit zwei verschiedenen Wassertiefenabgeführt werden (konjugierte Wassertiefen).2. Folgerung: Eine Abflußmenge q kann nur abgeführt werden, wenn die spezifische Energie gleichoder größer einer min<strong>im</strong>alen spezifischen Energie, der Grenzenergie, ist. Be<strong>im</strong> Abfluß <strong>im</strong> Grenzzustandkönnen kleine Änderungen der spezifischen Energie verhältnismäßig große Änderungen<strong>im</strong> Wasserstand hervorrufen.- 109 -


KAPITEL I - Elementare stationäre GerinneströmungenWir betrachten nun speziell den Grenzzustand:E = h + q22g h 2(Gl. (I.5))❀ E gr = h gr + q22g h 2 grE gr ist das Min<strong>im</strong>um von E(h) an der Stelle h = h gr .dEdh ∣ = 0 ❀ 1 − q2= 0hgrgh 3 gr(I.6)❀ h gr = 3 √q 2gGrenztiefe(I.7)E gr = h gr + q22g h 2 gr= h gr + h3 gr2g h 2 gr= 3 2 h gr(Gl. (I.6))(mit (I.7))❀ h gr = 2 3 E gr Grenztiefe (I.8)v gr = qh gr=√2g(E gr − h gr )(Gl. (I.6))= √ gh gr (mit (I.8))❀ v gr = √ gh gr (I.9)Man vergleiche die Formeln (I.3) <strong>und</strong> (I.9).3. Folgerung: Unter Grenzbedingungen ist die Fließgeschwindigkeit gleich der Wellengeschwindigkeit.Der Abflußvorgang wird wie folgt definiert:strömender Abfluß: v < v gr <strong>und</strong> h > h gr (I.10)schießender Abfluß: v > v gr <strong>und</strong> h < h gr (I.11)Bei strömendem Abfluß können sich Störungen stromaufwärts ausbreiten (c > v), bei schießendemAbfluß dagegen nicht (c < v).- 110 -


I.3. Strömen <strong>und</strong> Schießen, GrenzbedingungenDer Abflußvorgang, ob strömend oder schießend, kann auch mit einer nach Froude ∗ benanntend<strong>im</strong>ensionslosen Kennzahl definiert werden:Fr =v √ gh;Fr < 1 strömendFr = 1 GrenzzustandFr > 1 schießendUnter Beachtung von (I.9) <strong>und</strong> (I.10, I.11) läßt sich (I.12) unmittelbar ableiten.(I.12)I.3.2 Betrachtungen bei vorgegebenemkonstanten EAus Auflösung von (I.5) nach qE = h + q22g h 2√❀ q = h 2g(E − h)(I.13)4. Folgerung: Bei vorgegebener spezifischer Energie E kann nicht mehr als einemax<strong>im</strong>ale Wassermenge q max abgeführt werden.Aus (I.13) folgt q = √ 2g √ Eh 2 − h 3 <strong>und</strong> durch die Ableitung√dq 2gdh = 1· √2 Eh 2 − h · (2Eh − 3 3h2 ) .q max(2Eh − 3h 2 ) = h(2E − 3h) = 0dqerhält man ausdh = 0 ,(erfüllt, wenn die rechte innere Ableitung verschwindet)❀ h = 2 3 E (I.14)Ein Vergleich von (I.14) mit (I.8) ergibt die5. Folgerung: Der max<strong>im</strong>ale Abfluß bei vorgegebener spezifischer Energie E findet unter Grenzbedingungenstatt, d.h. h = h gr <strong>und</strong> v = v gr .Aus (I.13) <strong>und</strong> (I.14) folgt somitq max =√ 827 gE3 = 2 3 E √g 2 3 E(I.15)∗ William Froude (1846 - 1924), britischer Schiffsbauingenieur, entwickelte den ersten Schiffskanal zur Ermittlungdes Schiffswiderstands <strong>und</strong> legte dadurch den Gr<strong>und</strong>stein zum sog. hydraulischen Modellversuchswesen. Die nach ihmbenannte Froude-Zahl hat er allerdings selbst nicht gekannt.- 111 -


KAPITEL I - Elementare stationäre GerinneströmungenI.3.3Best<strong>im</strong>mung von h <strong>und</strong> v bei gegebener spezifischer Energie <strong>und</strong> DurchflußBei Änderung der spezifischen Energie E infolge Sohlschwellen oder -vertiefungen bzw. des auf dieBreite bezogenen Durchflusses q besteht oft die Notwendigkeit, den neuen Fließzustand (h, v) aus denneuen Werten (E, q) zu berechnen.Zunächst ist <strong>im</strong>mer mit Gl. (I.15) zu überprüfen, ob die spezifische Energie E ausreichend ist, denDurchfluß q überhaupt zu transportieren! Die beiden Möglichkeiten sind:• q ≥ q max : Die Natur ”hilft sich selbst“ <strong>für</strong> Fall, daß die Energie nicht ausreicht: Es wird einAufstau von genau der Höhe erzeugt, daß die notwendige Energie gerade vorhanden ist. DerAbfluß findet also unter Grenzbedingungen statt, siehe (I.7 – I.9). Es wird dann v = √ gh gr <strong>und</strong>in Umkehrung von (I.8) E ⇐ E gr = 3 2 h gr .• q < q max : Wenn E groß genug ist, führt (I.5) auf eine kubische Gleichung <strong>für</strong> die unbekannteWassertiefe h mit je einer Lösung <strong>für</strong> den schießenden bzw. strömenden Zustand sowie einerweiteren (physikalisch unsinnigen), die <strong>im</strong>mer negativ ist. Die Lösung der kubischen Gleichungkann umgangen werden mittels Umstellung von (I.5):E = h + v22g = h + q22g h 2 = h + C h 2 mit C = q22gDamit ergeben sich die Iterationsformeln:Startwert: h (0) = EStrömen:Iteration: h (ν+1) ⇐ E − Ch 2 (ν)(I.4) ❀ v = q/h(I.16)h (0) = 0h (ν+1)⇐Schießen:√CE − h (ν)(I.17)I.3.4GrenzgefälleVorgegeben sei ein Gerinne, in dem Querschnitt, Gefälle <strong>und</strong> Rauheit konstant sind. Für einen vorgegebenenAbfluß q wird sich bei genügender Länge des Gerinnes ein gleichförmiger Abfluß (Normalabfluß)einstellen, je nach Gefälle ist dieser Abfluß strömend oder schießend. Das Gefälle, bei dem der Abflußgerade unter Grenzbedingungen ablaufen würde, ist das Grenzgefälle I gr .Also gilt bei Normalabfluß:I So < I gr Normalabfluß ist strömendI So = I gr Normalabfluß unter GrenzbedingungenI So > I gr Normalabfluß ist schießendWir hatten dem E-h-Diagramm entnehmen können, daß eine Abflußmenge q bei gleicher spezifischerEnergie sowohl schießend als auch strömend abgeführt werden kann. Die obigen Aussagen über dasGefälle ergeben nun eine zusätzliche Bedingung, sodaß der Fließzustand eindeutig best<strong>im</strong>mt ist.Wie <strong>im</strong> Abschnitt G.6 ausgeführt, kann das Gefälle nach den Formeln von Darcy-Weisbach oderManning-Strickler ermittelt werden:I So = I So (h)I gr = I gr (h gr )- 112 -


I.4. Fließwechsel bei GefälleänderungenI.4 Fließwechsel bei GefälleänderungenWie in Abschnitt I.3 abgeleitet, kann ein vorgegebener Abfluß q sowohl strömend als auch schießendabgeführt werden. Welcher Fließzustand sich einstellt, hängt vor allem von dem vorhandenen Gefälleab. Es ergibt sich also die Frage, wie bei einem Gefällewechsel der Übergang von einer Fließform indie andere vor sich geht.Dazu ist folgendes zu beachten:Schießen:Strömen:v > c; Störungen pflanzen sich mit v + c <strong>und</strong> v − c nur stromabwärts fort. Damit isteine Beeinflussung des Wasserspiegels nach oberstrom nicht möglich. Der Wasserspiegelstellt sich ganz unabhängig davon ein, welche Bedingungen unterstrom herrschen.v < c; Störungen pflanzen sich mit c−v stromaufwärts <strong>und</strong> mit c+v stromabwärts fort.Deswegen ist eine Beeinflussung des Wasserspiegels nach oberstrom möglich, sodaß sichdieser in Abhängigkeit davon einstellt, welche Bedingungen unterstrom herrschen.Im obigen Bild sei der Normalabfluß oberstrom des Sohlknicks strömend <strong>und</strong> unterstrom schießend. Inausreichender Entfernung vom Knickpunkt stellt sich der jeweilige Normalabfluß ein. Über den Knickpunktfließt das Wasser mit der dem gegebenen Abfluß Q zugehörigen min<strong>im</strong>alen spezifischen Energie,d.h. es stellt sich dort die Grenztiefe ein. Dadurch ist das Wasserspiegelprofil nach unterstrom (<strong>im</strong>Schießen) <strong>und</strong> nach oberstrom (<strong>im</strong> Strömen) widerspruchsfrei festgelegt; der Übergang vom Strömenzum Schießen erfolgt kontinuierlich.Im zweiten Bild sei der Normalabfluß oberstrom des Sohlknicks schießend <strong>und</strong> unterstrom strömend.Da <strong>im</strong> Schießen eine Beeinflussung des Wasserspiegels von unterstrom nicht möglich ist, wird der schießendeNormalabfluß sich bis zum Gefälleknick erstrecken. Analog ist <strong>im</strong> Strömen eine Beeinflussung desWasserspiegels von oberstrom nicht möglich, sodaß sich der strömende Normalabfluß bis zum Sohlknickerstreckt. Dort tritt also ein Sprung der Wassertiefe auf; der Übergang vom Schießen zum Strömen istdiskontinuierlich.- 113 -


KAPITEL I - Elementare stationäre GerinneströmungenDiese Art des Fließens wird mit Wechselsprung bezeichnet. Man kannihn leicht erzeugen, indem man einen Teller waagerecht unter einenfallenden Wasserstrahl hält, wobei sich auf dem Teller eine kreisförmigestehende Welle, d.h. ein Wechselsprung bildet.Kennzeichnend <strong>für</strong> den Wechselsprung ist der starke Verlust an Strömungsenergie, der in ihm stattfindet.Wir wollen nun die gr<strong>und</strong>sätzlichen Beziehungen <strong>für</strong> einen Wechselsprung auf horizontaler Sohleableiten.Energiegleichung (Bernoulli):h 1 + v2 12g= h 2 + v2 22g + h vh v kann nicht vernachlässigt werden!Impulssatz:≈ 012 ρgh2 1 + ρh 1 v1 2 − ✒ τ 0 l = 1 2 ρgh2 2 + ρh 2 v22bzw. S 1 = S 2 (Stützkräfte)❀ 1 2 gh2 1 − 1 2 gh2 2 = v2 2 h 2 − v1 2 h 1Kontinuitätsgleichung:Q = v 1 h 1 b = v 2 h 2 b ; v 1 h 1 = v 2 h 2 = q- 114 -


I.4. Fließwechsel bei GefälleänderungenImpulssatz <strong>und</strong> Kontinuitätsgleichung ergeben zwei Gleichungen <strong>für</strong> die vier Unbekannten h 1 , v 1 , h 2<strong>und</strong> v 2 . Sind diese bekannt, so kann aus der Energiegleichung noch die Verlusthöhe h v berechnetwerden.Eine zweckmäßige Auflösung der Gleichungen sei exemplarisch <strong>für</strong> den Fall durchgeführt, daß dieBedingungen <strong>im</strong> Oberstrom (h 1 , v 1 ) gegeben sind.Mit h 1 <strong>und</strong> v 1 ist auch die Froudezahl gegeben: Fr 2 1 = v2 1gh 1. Mit der Kontinuitätsgleichung läßt sichdie Impulsgleichung umformen:h 2 1 − h 2 2 = 2 g (v2 2 h 2 − v 2 1 h 1 )= 2 g v2 1 h 2 1(h 1 + h 2 )(h 1 − h 2 ) = 2 g v2 1 h 2 1( 1h 2− 1 h 1)1h 1 h 2(h 1 − h 2 )h 1 + h 2 = 2 v2 1 h 2 1= 2Fr 2 h 2 11gh 1 h 2 h 2( h2h 1) 2+ h 2h 1− 2Fr 2 1 = 0h 2= 1 [ ]+(−)√1 + 8Fr 2 1 − 1h 1 2❀ h 2 (s. Fußnote) ∗ (I.18)Wegen Vertauschbarkeit der Indizes inden Ausgangsgleichungen gilt ebenso:h 1= 1 [ √]+ 1 + 8Fr 2 2 − 1h 2 2❀ h 1Aus der Kontinuitätsgleichung erhält man die Geschwindigkeit v 2 = v 1h 1h 2. Damit läßt sich schließlichder Verlust an Strömungsenergie <strong>im</strong> Wechselsprung ermitteln. Der Energiesatz liefert:h v = E 1 − E 2 =(h 1 + v2 12g)−(h 2 + v2 22g)[m]∗ Das negative Vorzeichen der Wurzel ergibt keine Lösung, da nur positive h-Werte in Betracht kommen.- 115 -


KAPITEL I - Elementare stationäre GerinneströmungenI.4.1Zusammenfassende Darstellung des Wechselsprungsh k= 1 [√]1 + 8Fr 2 j − 1h j 2Fr 1 = 1 . . . 1, 7 Welliger SprungFr 1 = 1, 7 . . . 2, 5 Schwacher Sprungh v = E 1 − E 2 = (h 2 − h 1 ) 34h 1 h 2E 2= (8Fr2 1 + 1) 3/2 − 4Fr 2 1 + 1E 1 8Fr 2 1 (2 + Fr 2 1)∆hE 1=√1 + 8Fr 2 1 − 3Fr 2 1 + 2Fr 1 = 2, 5 . . . 4, 5 Oszillierender SprungFr 1 = 4, 5 . . . 9, 0 Stetiger SprungFr 1 = > 9, 0 Starker SprungDer Energieverlust kann sehr hoch sein <strong>und</strong> überschreitet die Wandreibungsverluste um ein Vielfaches.So werden bei einer Froudeschen Zahl von 2 ca. 10% <strong>und</strong> bei Fr = 4 bereits ca. 40% derStrömungsenergie dissipiert.Trotzdem sind die damit verb<strong>und</strong>enen Temperaturerhöhungen sehr gering. Sie lassen sich berechnen,indem man die zur Erwärmung nötige Wärmemenge, ρQc∆T (mit der spezifischen Wärme c), demN mEnergieverlust ρgh v Q gleichsetzt. Daraus folgt ∆T = gh v /c. Mit c = 4200kg K <strong>und</strong> h v = 100 m(was sehr hoch, aber bei der Überströmung einer großen Talsperre denkbar ist) folgt ∆T = 0, 23 K.In diesen geringen Temperaturänderungen liegt die Ursache, daß bei hydrodynamischen Berechnungenzwar die Energieverluste, nicht aber die daraus resultierenden Temperaturänderungen <strong>und</strong> die mitdiesen verb<strong>und</strong>enen Dichteänderungen berücksichtigt werden.- 116 -


Kapitel JAusfluß <strong>und</strong> Überfall- 117 -


KAPITEL J - Ausfluß <strong>und</strong> ÜberfallDie Bernoulli-Gleichung erlaubt die Berechnung einiger einfacher, <strong>für</strong> die praktische Anwendungaber wichtiger Strömungen, von denen hier einige typische Fälle behandelt werden.J.1 Ausfluß durch kleine ÖffnungAusfluß aus einem GefäßEs istz 1 − z 2 = hp 1 = p 2 = 0 (bzw . atm. Druck)v 1 = A 2A 1v 2 .Mit v = v 2folgt aus der Bernoulli-Gleichung (F.25)( )h = v21 − A2 22g A 2 .1Falls A 1 ≫ A 2 kann man die Sinkgeschwindigkeit v 1 <strong>im</strong> Gefäß vernachlässigen <strong>und</strong> es gilt(Formel von Toricelli):v = √ 2g h .Die vorhandene Flüssigkeitsreibung führt zu einer verminderten Geschwindigkeitv = α √ 2g h ,wobei der Korrekturfaktor α je nach Größe von h den Wert 0,96 bis 1,0ann<strong>im</strong>mt. Zur Berechnung des Ausflusses Q muß noch die Einschnürung(Kontraktion) des Strahls berücksichtigt werden:Q = µA √ 2g h mit µ = α A e /A (J.1)Ebenso kann der Ausfluß aus einem Staubecken berechnet werden, wenndie Zuströmgeschwindigkeit vernachlässigbar gering ist. Wir betrachtenwieder eine der Stromlinien, <strong>für</strong> die die Bernoulli-Gleichung gilt:Es istz 1 + h 1 = z 2 + hp 1 = ρg h 1p 2 = 0v 1 = A 2A 1v 2<strong>und</strong> v 2 = v ,sodaß aus der Bernoulli-Gleichung (F.25) <strong>für</strong> A 1 ≫ A 2 wieder die Formel von Toricelli folgt.Bei vernachlässigter Zuströmgeschwindigkeit v 1 erfolgt also eine Umsetzung der in Höhe der Öffnung- 118 -


J.2. Ausfluß durch große Öffnunggegebenen statischen Druckhöhe h in die Geschwindigkeitshöhe v 2 /2g = h. Auch hier gilt Formel(J.1).J.2 Ausfluß durch große ÖffnungWenn die Differenz h 2 − h 1 <strong>im</strong> Vergleich zu (h 1 + h 2 )/2 groß ist, kann die statische Druckänderunggegenüber dem mittleren Druck nicht mehr vernachlässigt werden (vergl. Abschnitt J.1), d.h. v istjetzt eine Funktion von h.v(h) = √ 2g hdQ = v(h) b(h) dhQ =∫h 2v(h) b(h) dhh 1Mit der Breite b = const. <strong>und</strong> unter Berücksichtigungdes Ausflußbeiwertes µ folgtQ = 2 3 µb √ 2g(h 3/22 − h 3/2 )1(J.2)J.3 Überfall über schmalkroniges WehrDie Überfallgleichung ergibt sich aus Abschnitt J.2mit h 1 = 0❀h 2 = hü .Q = 2 3 µ b h ü√2g hü(J.3)Bei scharfkantigem, belüftetem Überfall (sieheSkizze) beträgt µ ≈ 0, 64. Über dem Wehr ist dieWassertiefe deutlich geringer als die Grenzwassertiefe,da wegen der stark gekrümmten Stromfädenkeine hydrostatische Druckverteilung vorhandenist.- 119 -


KAPITEL J - Ausfluß <strong>und</strong> ÜberfallJ.4 Überfall über breitkroniges WehrBei geringer Krümmung der Stromfäden kann eine Berechnung als offenes Gerinne erfolgen. Vernachlässigtman Zuströmgeschwindigkeit <strong>und</strong> Reibungsverluste, so lautet die konstante Energiehöheh E be<strong>im</strong> Rechteckquerschnitt der Breite bh E= z + h + v22g = z + h +Q22g b 2 h 2 = z + E ,wobei die Größen z, h <strong>und</strong> v von x abhängen.Der Übergang vom Strömen zum Schießen erfolgt über der Wehrkrone, sodaß sich dort die Grenzbedingungeinstellt:h gr = 2 3 E = 2 3 (h E − z Krone ) = 2 3 h ü<strong>und</strong> h gr = 3 √Daraus folgt Q = 2 3Q 2g b 2 .1 √√ b hü 2g hü3Diese Formel ist mit (J.3) identisch, wenn der Wert 1/ √ 3 = 0, 58 wieder durch den Überfallbeiwert µersetzt wird:Q = 2 √3 µ b h ü 2g hü mit µ = 0, 58- 120 -


J.5.ÜberfallbeiwerteJ.5 Überfallbeiwertea) b) c)d) e) f)Überfallform Kronenausbildung µnach ∗a) breit, scharfkantig, waagerecht . . . . . . . . . . . . . . . 0, 49 . . . 0, 51b) breit, gut abger<strong>und</strong>ete Kanten, waagerecht. . . . 0, 50 . . . 0, 55c) breit,vollständig abger<strong>und</strong>etz.B. mit ganz umgelegter Stauklappe. . . . . . . . . 0, 65 . . . 0, 73d) scharfkantig, Überfallstrahl belüftet . . . . . . . . . . . ≈ 0, 64e) r<strong>und</strong>kronig, mit lotrechter Oberwasser<strong>und</strong>geneigter Unterwasserseite. . . . . . . . . . . . . . . 0, 73 . . . 0, 75f) dachförmig, gut ausger<strong>und</strong>et . . . . . . . . . . . . . . . . . . bis 0,79Man beachte die Analogie zu Formel J.1, denn wegen h gr = 2 3 h ü entspricht 2 3 h ü ziemlich genau der√Austrittsöffnung an der Wehrkrone. Der Toricelli-Ausdruck“ 2g hü ist natürlich <strong>für</strong> mittlere”Verhältnisse zu groß <strong>und</strong> wird über µ entsprechend vermindert.∗ Press, H.: Stauanlagen <strong>und</strong> Wasserkraftwerke,Teil II: Wehre, 2. Aufl. Berlin 1959, Wilh. Ernst & Sohn- 121 -


frei <strong>für</strong> Notizen


Kapitel KStrömungskräfte auf Körper- 123 -


KAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperMit den Kräften, die von einem Fluid auf einen festen Körper ausgeübt werden, haben wir uns bereitsmehrfach beschäftigt. Im Rahmen der Hydrostatik wurden <strong>im</strong> Kapitel C dieses Skriptums die Kräfteuntersucht, die auf einen Körper in einem realen Fluid wirken. Der in Abschnitt F.4 eingeführte Impulssatzermöglicht es mit Hilfe eines sinnvoll gewählten Kontrollraums, bei dem die Strömung amEin- <strong>und</strong> Austritt bekannt sein muß, die Kräfte (aber keine Druckverteilungen) auf um- <strong>und</strong> durchströmteKörper zu best<strong>im</strong>men. In Kapitel G wurde der Strömungswiderstand in realen Strömungeneingeführt.In diesem Kapitel sollen nun die wichtigsten Phänomene, die bei der Umströmung bautechnischerProfile durch ein inkompressibles Newtonsches Fluid auftreten, näher beschrieben werden. Fluid bedeutetin diesem Zusammenhang, daß das strömende Medium flüssig oder gasförmig sein kann (vergl.auch Kap. G). Es ergeben sich dadurch keine prinzipiellen Unterschiede <strong>im</strong> Hinblick auf die wirkendenKräfte, wobei aber zu beachten ist, daß bei flüssigen Medien Kavitation auftreten kann. UnterKavitation versteht man das Auftreten von Dampfblasen in einer strömenden Flüssigkeit, wenn derörtliche Druck in der Strömung kleiner wird als der (temperaturabhängige) Dampfdruck. Beispielsweisebeträgt der Dampfdruck von Wasser bei 20 o C p Dampf = 0, 023 bar absolut. Die bei der Kavitationauftretenden Dampfbläschen brechen meist <strong>im</strong> weiteren Strömungsverlauf (bei Druckzunahme) unterstarker Geräuschentwicklung schlagartig zusammen <strong>und</strong> erodieren dabei den um- oder durchströmtenKörper bis hin zur völligen Zerstörung.In der <strong>Strömungsmechanik</strong> gelten strömende Medien, deren Dichteänderungen klein sind, ∆p/ρ ≃0, 5Ma 2 < 0, 05 als inkompressibel, d.h. bei Luftströmungen mit einer Machzahl Ma = v/a < 0, 3(a → Schallgeschwindigkeit) bzw. einer Strömungsgeschwindigkeit v, die ca. 100 m/s nicht überschreitet,wird die Kompressibilität vernachlässigt.Dieses Kriterium gilt jedoch nur <strong>für</strong> stationäreStrömungen. Die Berechnung derDruckwellenausbreitung in Flüssigkeiten<strong>und</strong> Gasen ist z. B. ohne Berücksichtigungder Kompressibilität auch bei mäßigenFließgeschwindigkeiten nicht möglich.Die <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong> auftretenden Strömungsgeschwindigkeitensind auch in Gebietenmit extremen kl<strong>im</strong>atischen Verhältnissen(Taifune, Tornados) mit 70 bis 80 m/s wesentlichgeringer, sodaß die Strömung in derErdatmosphäre ebenso wie die Strömungenflüssiger Medien <strong>für</strong> Anwendungen innerhalbdes Bauingenieurwesens als inkompressibelangesehen werden kann.Windzonenkarte <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>esrepublikDeutschland nach DIN 1055-4 (2005)Windzone WZ 1 WZ 2 WZ 3 WZ 4v ref [m/s] 22,5 25,0 27,5 30,0q ref [kN/m 2 ] 0,32 0,39 0,47 0,56Windgeschwindigkeit <strong>und</strong> Staudruck in 10 m Höhe in ebenem, offenen Gelände, über 10 min gemittelt, mit einerÜberschreitenswahrscheinlichkeit von 0,02 pro Jahr- 124 -


K.1. Strömungskraft, Auftrieb <strong>und</strong> WiderstandK.1 Strömungskraft, Auftrieb <strong>und</strong> WiderstandMan betrachte einen Körper in einer Parallelströmung mit der Geschwindigkeit v ∞ <strong>und</strong> dem Druckp ∞ . In der Umgebung des Körpers wird die Geschwindigkeit nach Größe <strong>und</strong> Richtung gegenüber v ∞verändert <strong>und</strong> damit auch der Druck gegenüber p ∞ . Die resultierende Kraft ⃗ F auf den umströmtenKörper ergibt sich nun als Wirkung aller an der Körperoberfläche angreifenden Normal- <strong>und</strong> Schubspannungen.Die Wirkung der Schwerkraft auf die Druckverteilung (hydrostatischer Druckanteil) <strong>und</strong>die dadurch verursachte hydrostatische Auftriebskraft auf den Körper bleiben außer Betracht. Sie kannbei Bedarf additiv der dynamischer Strömungskraft ⃗ F überlagert werden.dF A = (τ sinα − p cosα) dAdF W = (τ cosα + p sinα) dA(K.1)Die Wirkungslinie von ⃗ F wird durch die Körperkontur <strong>und</strong> die Anströmrichtung von v ∞ festgelegt<strong>und</strong> verläuft <strong>im</strong> allgem. nicht durch den Körperschwerpunkt.Mit Bezug auf ein körperfestes Koordinatensystem kann sich neben der Auftriebskraft F A , die <strong>im</strong><strong>Bauwesen</strong> oft auch als Quertriebskraft bezeichnet wird, <strong>und</strong> der Widerstandskraft F W auch ein NickmomentM ergeben.Körper, die symmetrisch zur Anströmrichtung sind, erfahren keine Auftriebskraft. Es sind jedochoszillierende Kraftwirkungen senkrecht zur Strömungsrichtung möglich, die durch unsymmetrischeAblösewirbel entstehen (Abschnitt K.3.2).Die resultierende Strömungskraft ⃗ F <strong>und</strong> damit auch F A <strong>und</strong> F W bestehen aus Anteilen, die sich durchIntegration der Schubspannungskräfte einerseits <strong>und</strong> der Druckkräfte andererseits über die Körperoberflächeergeben.- 125 -


KAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperAuftrieb∫F A = F A (τ) + F A (p) =∫τ sin α dA −p cos α dA(K.2)AAWiderstand∫F W = F W (τ) + F W (p) =A∫τ cos α dA +Ap sin α dA(K.3)Reibungswiderstand F WRKörperwiderstandDruck- oder Formwiderstand F WDDie be<strong>im</strong> Widerstand vorgenommene Aufteilung in einen Druck- <strong>und</strong> einen Reibungsanteil ist be<strong>im</strong>Auftrieb bzw. bei der Querkraft nicht üblich.Bei gedrungenen <strong>und</strong> scharfkantigen Körpern ist derFormwiderstand sehr viel größer als der Reibungswiderstand,während das Verhältnis bei schlanken,sog. stromlinienförmigen Körpern geradezu umgekehrtist. Verständlich wird diese Erscheinung durch diean gedrungenen Körpern auftretenden <strong>und</strong> durch dieGrenzschichttheorie erklärbaren Ablösungen, die starkeDruckunterschiede zwischen Vorder- <strong>und</strong> Rückseitedes Körpers verursachen. Im Unterschied dazugehorcht die Druckverteilung an stromlinienförmigenKörpern den Gesetzen der Potentialtheorie.Solange keine Ablösungen auftreten, ist der Druckwiderstand sehr klein <strong>und</strong> die Widerstandskraftergibt sich aus den zähigkeitsbedingten Schubspannungen an der Oberfläche des Körpers (reiner Reibungswiderstand).Im Fahrzeug- <strong>und</strong> Flugzeugbau wird• der Reibungswiderstand dadurch min<strong>im</strong>iert, daß man nach Möglichkeit <strong>für</strong> eine laminare Grenzschichtsorgt,• der Druckwiderstand dadurch verringert, daß man die Ablösestelle möglichst weit nach hintenverschiebt.Obwohl die Vorgänge, die zur Existenz des Strömungswiderstandes führen, durch die Grenzschichttheoriephysikalisch geklärt sind, ist die theoretische Best<strong>im</strong>mung des Widerstandes eines Körpersvon beliebiger Form nicht möglich. Für praktische Rechnungenist es deshalb üblich, den Widerstand mit d<strong>im</strong>ensionslosenProportionalitätsfaktoren, den Widerstandsbeiwertenc, wie nebenstehend zu definieren. Dabei bezeichnetq den Staudruck.q = ρ 2 v ∞ 2F WR = c WR q A RF Wp = c Wp q A p[ kgm s 2 = N m 2 ](K.4)(K.5)- 126 -


K.1. Strömungskraft, Auftrieb <strong>und</strong> WiderstandA R ist dabei die Oberfläche des Körpers, an der die Schubspannung τden Reibungswiderstand hervorruft. Bei schlanken Körpern verwendetman statt der Oberfläche auch deren Projektion.A p ist die Stirnfläche senkrecht zur Strömungsrichtung.Für den Gesamtwiderstand der Körperumströmung erhält man:∫F W = c W q A bzw. F W =Ac W q dA(K.6)Die erste Form darf nur benutzt werden, wenn c W <strong>und</strong> q über die gesamte Fläche A konstant sind.Dabei wird die Fläche A bei gedrungenen Körpern in der Regel so gewählt wie A p , sodaßF W = c W q A p = c ′ R q A p + c p q A p= c R q A RA pA p+ c p q A pmit c ′ R = c Rbezogen auf A pA RA p❅ bezogen auf A RÄhnlich dem Gesamtwiderstand gilt <strong>für</strong> den Auftrieb∫F A = c A q A bzw. F A =Ac A q dA(K.7)Für Tragflügelprofile gilt allgemein: F A > F W<strong>und</strong> das NickmomentM = c M q A tbzw. M = ∫ tc M q A dt(K.8)Die Beiwerte c A , c W , c M findet man in Tabellenwerken oft als Funktion des Anstellwinkels α aufgetragen.- 127 -


KAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperDa sich die Fläche A mit dem Anstellwinkeländert, ist es zweckmäßig, eine konstante Flächeals Bezugsfläche zu wählen. Als solche wird<strong>im</strong> allgemeinen die größte Projektionsfläche derbetreffenden Struktur (Tragflügel, Hallendachusw.) verwendet.Die Beiwerte c A , c W <strong>und</strong> c M sind <strong>im</strong> allgemeinenFall abhängig von- Trägheitskräften- Zähigkeitskräften- Schwerekräften- der Kompressibilität Beiwerte c A, c w, c M als Funktion des Anstellwinkels<strong>und</strong> damit von der Reynolds-Zahl, der Froude-Zahl <strong>und</strong> von der Mach-Zahl, deren Einfluß <strong>im</strong>Bereich des <strong>Bauwesen</strong>s (inkompressible Strömung) vernachlässigt werden kann (die Mach-Zahl istdas Verhältnis von Strömungsgeschwindigkeit zur Schallgeschwindigkeit).Sehr wichtig ist auch der Einfluß der Geometrie des Körpers sowie dessen Oberflächenrauheit.Es gilt also:c W = c W (Geometrie, Rauheit, Re , Fr , Ma )c A = c A (Geometrie, Rauheit, Re , Fr , Ma )c M = c M (Geometrie, Rauheit, Re , Fr , Ma )Nachfolgend soll an einigen Sonderfällen gezeigt werden, unter welchen Voraussetzungen der Einflußvon Re , Fr , oder Ma vernachlässigbar ist.1.) c W = c W (Geometrie, Rauheit, Ma )Strömung ohne Schwerkrafteinfluß. Sehr hohe Geschwindigkeiten (Ma > 0, 3) <strong>und</strong> dadurchKompressibilitätseffekte. Reynolds-Zahlen so hoch, daß Zähigkeitskräfte vernachlässigbargegenüber turbulenter Scheinzähigkeit.Beispiel: Flugzeuge über ca. 350 km/h.2.) c W = c W (Geometrie, Rauheit)Bei scharfkantigen Körpern schon bei mäßigen Geschwindigkeiten (Ma < 0, 3) geringerZähigkeitseinfluß.Beispiel: Umströmung scharfkantiger Bauprofile durch Wind.- 128 -


K.2. Körper in idealer Strömung3.) c W = c W (Geometrie, Rauheit, Re )Umströmung scharfkantiger Körper bei kleiner Geschwindigkeit– bzw. stromlinienförmiger Körperauch bei größerer (aber Ma < 0, 3).Beispiel: U-Boot in getauchtem Zustand.4.) c W = c W (Geometrie, Rauheit, Re , Fr )Wie 3.) jedoch Körper nicht vollständig umströmt. Ein Teil der Energie geht über in Wellenenergie,wodurch eine Abhängigkeit von der Froude-Zahl entsteht. Mit zunehmenderGeschwindigkeit wird der Einfluß von Re geringer.Beispiele: Brückenpfeiler, Schiff.K.2 Körper in idealer StrömungIn diesem Abschnitt wird die ideale <strong>und</strong> drehungsfreie Strömung um einige der <strong>für</strong> das <strong>Bauwesen</strong> wichtigenProfile behandelt ∗ . Unter diesen Voraussetzungen können die Gesetze der Potentialströmung zurAnwendung kommen. Wegen der fehlenden Zähigkeitswirkung greifen bei dieser Strömung nur Normalspannungen(Druck) an der Körperkontur an; die Strömung ist also reibungsfrei. Bei der realenUmströmung eines Körpers läßt sich i.d.R. der Bereich außerhalb der Grenzschicht gut mit den Verfahrender Potentialtheorie beschreiben. Auch wird der so ermittelte Druck der Grenzschicht aufgeprägt<strong>und</strong> entspricht somit in Bereichen ohne Ablösung dem tatsächlichen Druck auf den Körper. Hierausergibt sich die praktische Bedeutung der in diesem Kapitel erarbeiteten Berechnungsansätze, die alleauf der Lösung der Laplace-Gleichung unter Berücksichtigung der jeweiligen Randbedingungenberuhen.∗ Hier nur Kreiszylinder, wegen anderer Profile siehe Teil II des Skripts.- 129 -


KAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperK.2.1Umströmung eines KreiszylindersNachfolgend soll nun die Geschwindigkeits- <strong>und</strong> Druckverteilungeines umströmten Kreiszylinders best<strong>im</strong>mt werden. Dain diesem Abschnitt Körper in idealer Strömung betrachtetwerden, tritt hier keine Zähigkeit auf, gibt es keine Haftbedingung<strong>und</strong> auch keine Grenzschicht.Potential- <strong>und</strong> Stromfunktion werden beschrieben durch:Potentialfunktion Φ(r, β) = a (r + R 2 /r) cos βStromfunktion Ψ(r, β) = a (r − R 2 /r) sin βRadial- <strong>und</strong> Tangentialgeschwindigkeiten ergeben sich ausv r = 1 ∂Ψr ∂βv β = − ∂Ψ∂r= ∂Φ∂r= a [ 1 − (R/r) 2 ] cos β= 1 ∂Φr ∂β = −a [ 1 + (R/r) 2 ] sin βFür r → ∞ werden v r = a cos β <strong>und</strong> v β = − a sin β <strong>und</strong> damit ist a = v ∞ .Mit α = π − β, v α = −v β gilt auf der Körperkontur, d.h. <strong>für</strong> r = Rv R = 0v α = 2 v ∞ sin α(K.9)An den Stellen α = 0 <strong>und</strong> α = π wird v α = 0; dort stellen sich also Staupunkte (S) ein. Die größteUmströmungsgeschwindigkeit ergibt sich <strong>für</strong> α = π/2:v α = 2 v ∞(K.10)Die Druckverteilung auf der Körperkontur erhält man mit der Bernoulli-Gleichung:p ∞ + q ∞ = p + q mit dem Staudruck: q = ρ 2 v2 [ kgms 2 = N m 2 ]Bezogen auf den Staudruck der Anströmung erhält man schließlich die potentialtheoretisch ermittelted<strong>im</strong>ensionslose Druckverteilung c pc p = p − p ∞q ∞= 1 − qq ∞= 1 − v2v 2 ∞= 1 − 4 sin 2 α (K.11)- 130 -


K.2. Körper in idealer StrömungIn den beiden Staupunkten S istp − p ∞ = q ∞<strong>und</strong> der min<strong>im</strong>ale Druck trittbei α = π/2 auf.→ p − p ∞ = −3 q ∞oder c p = −3Nebenstehende Abbildung gibt dieDruckverteilung wieder.Druckverteilung auf der Oberfläche eines Kreiszylinders bei inkompressibler Strömung ∗1) potentialtheoretisch (reibungslos);2) mit laminarem Reibungseinfluß (unterkritisch), Re = v ∞D/ν = 1, 86 · 10 5 bzw. Re = 1, 63 · 10 53) mit turbulentem Reibungseinfluß (überkritisch) Re = 6, 70 · 10 5 bzw. Re = 4, 35 · 10 5Zum Best<strong>im</strong>men des Gesamtwiderstandes F W muß der Druck p über die Oberfläche des Zylindersintegriert werden; der Reibungswiderstand F WR entfällt, da τ = 0.F W = F Wp =∫Up B cos α dU= B∫2π0∫= BRp R cos α dα2π0[q ∞ (1 − 4 sin 2 α) + p ∞]cos α dαd’Alembertsches Paradoxon:Bei inkompressibler <strong>und</strong> reibungsloser Strömung tritt keine Widerstandskraftauf. Das ist jedoch physikalisch falsch, denn erstensF W = 0(K.12)ist wegen der Wirkung der Schubspannungen an derOberfläche τ ≠ 0 <strong>und</strong> damit F WR ≠ 0 <strong>und</strong> zweitens tritt der <strong>im</strong> oberen Bild dargestellte Wiederanstiegdes Druckes auf der Rückseite des Zylinders bis hin zum Staudruck bei α = 180 o nicht auf, dasich Ablösungen bilden. Der tatsächliche Druckverlauf wird in der Abbildung durch die Kurven (2)<strong>und</strong> (3) dargestellt. Körper in realer Strömung werden in Abschnitt K.3 behandelt. Im <strong>Bauwesen</strong>treten umströmte Zylinder in vielfältiger Anwendung auf, z.B. als Masten, Schornsteine, Kühltürme,Vorderseiten von Brückenpfeilern oder Stützen von Offshore-Bauwerken usw.∗ G. Rosemeier: Winddruckprobleme bei Bauwerken; Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1976- 131 -


KAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperK.3 Körper in realer StrömungDie Unterschiede zwischen den nach der Theorie idealer Strömungen vorhergesagten Strömungsformen<strong>und</strong> denen <strong>im</strong> realen physikalischen Vorgang ablaufenden werden jedem Beobachter eines Exper<strong>im</strong>entsoffenbar. Sie zeigen sich sowohl <strong>im</strong> Stromlinienverlauf in der Umgebung des Körpers als auch in derDruckverteilung auf die Körperkontur <strong>und</strong> in der integralen Strömungskraft auf den Körper. Nicht sooffensichtlich <strong>und</strong> erst durch die Grenzschichttheorie (Prandtl, 1904) erklärt sind die Ursachen <strong>für</strong>diese Unterschiede. Einer rein rechnerischen Behandlung sind sie nur in einigen wenigen Spezialfällenzugänglich, sodaß sich dieser Abschnitt vorwiegend auf exper<strong>im</strong>entelle Forschungsergebnisse stützt,die <strong>im</strong> Verb<strong>und</strong> mit theoretischen Überlegungen erzielt wurden.K.3.1Umströmter KreiszylinderDer Kreiszylinder ist ein häufig vorkommendes umströmtes Bauelement sowohl <strong>für</strong> Konstruktionen, diedem Wind ausgesetzt sind (Schornsteine, Türme, Masten) als auch <strong>für</strong> solche, die von Wasser umströmtwerden (meerestechnische Konstruktionen, Brückenpfeiler). Er ist gleichzeitig eine Querschnittsform,dessen Umströmung je nach Durchmesser, Rauheit <strong>und</strong> Anströmgeschwindigkeit sehr unterschiedlicheStrömungsformen zeigen kann. Zum Verständnis sollte man sich an einigen einfachen Aussagen derGrenzschichttheorie orientieren:Beginnend am Staupunkt vor dem Körper baut sich eine Grenzschicht auf, deren Dickeentlang der Körperkontur wächst.Im Bereich einer Geschwindigkeitserhöhung <strong>und</strong> damit einer Druckabnahme liegen dieStromlinien an der Körperkontur an, eine Ablösung findet nicht statt.Im Bereich einer Geschwindigkeitsabnahme findet eine Ablösung statt, wenn die korrespondierendeDruckzunahme ausreichend groß ist.Eine scharfe Kante am umströmten Körper legt die Ablösepunkte fest (Abreißkante), dagegenist bei abger<strong>und</strong>eten Körpern die Lage der Ablösepunkte von der Anströmgeschwindigkeit(präzise: der Reynolds-Zahl) abhängig.Bei turbulenten Grenzschichten liegt der Ablösepunkt weiter hinten als bei laminarenGrenzschichten gleicher Anströmungsgeschwindigkeit.Diese Zusammenhänge spiegeln sich auch in folgender Betrachtung des unendlich langen, quer zurAchse angeströmten Zylinders wider (ebenes Problem). Betrachtet wird also eine zweid<strong>im</strong>ensionaleStrömung mit der Reynolds-Zahl Re = vD/ν mit D als Zylinderdurchmesser. Neben der qualitativenBetrachtung der Umströmung ist der Körperwiderstand F W = c W q A mit der Projektion derStirnfläche des Zylinders A = LD <strong>und</strong> dem Staudruck q = ρ v 2 ∞/2, von besonderem Interesse.- 132 -


K.3. Körper in realer StrömungRe < 1Bei Luft <strong>und</strong> Wasser entspricht dies extrem kleinen Geschwindigkeiten;man spricht auch von schleichender Strömung. Die Trägheitsglieder in denNavier-Stokesschen Gleichungen ∗ können vernachlässigt werden.z.B.: D = 10 cm, ν = 10 −6 m 2 /s → v < 10 −3 cm/s.Für eine Kugel in schleichender Strömung gibt es nach Stokes (1851) eineanalytische Lösung:F W = 3 π D ρ ν v ∞bzw. F W = c W q A mit c W = 24/Re.Für den Zylinder ist entsprechendc W =8πRe (2 − ln Re)1 < Re < 5 Eine Erweiterung des Ansatzes von Stokes ist durch Oseen (1910) vorgenommenworden, der in seiner Ableitung die Trägheitskräfte teilweiseberücksichtigt <strong>und</strong> damit folgenden Beiwert <strong>für</strong> die Kugel erhält:c W = 24Re (1 + 316 Re)c W =8πRe · (2 − ln Re)<strong>für</strong> Zylinder5 < Re < 10 Mit zunehmender, aber aus technischer Sicht <strong>im</strong>mer noch sehr kleiner Geschwindigkeit,löst sich an der Rückseite des Zylinders die laminare Grenzschichtab <strong>und</strong> es entsteht ein Ablösungsgebiet.10 < Re < 60 Die Ablösepunkte wandern nach vorne, wodurch sich das Ablösungsgebietvergrößert.60 < Re < 140 Die Ablösepunkte rücken noch weiter nach vorne <strong>und</strong> in der Ablösezone bildetsich ein Paar symmetrischer Wirbel. Dieser Zustand ist aber nicht stabil<strong>und</strong> schlägt in asymmetrische Wirbelbildung um (siehe nächstes Bild).∗ → Anhang Formelsammlung, Erläuterung <strong>im</strong> Teil II des Skripts- 133 -


KAPITEL K - Strömungskräfte auf Körper140 < Re < 3 · 10 5 Dieser wichtige Bereich entspricht bei D = 0, 1 m <strong>und</strong> ν = 10 −6m 2 /s einem Bereich der Anströmgeschwindigkeit von 0,0014m/s < v < 3 m/s. Die Ablösepunkte sind asymmetrisch <strong>und</strong>dabei alternierend. Hinter dem gerade vorn liegenden Ablösepunktbildet sich ein Wirbel aus, der sich mit geringerer Geschwindigkeitvom Körper fortbewegt als die weiter außen liegendeStrömung. Es entsteht eine Reihe alternierender Wirbel,die Kármánsche Wirbelstraße.Das Verhältnis vom Wirbelabstand D senkrecht zur Strömungsrichtung <strong>und</strong> Wirbelteilung L hängtauch bei großen Re -Zahlen von der Anströmgeschwindigkeit <strong>und</strong> der Körperform ab. Berechnungen<strong>und</strong> ausführliche Meßreihen, die v. Kármán (1881 - 1963) durchführte, ergaben, daß das Strömungsbildeiner Wirbelstraße nur dann stabil bleibt, wenn das Verhältnis D/L den Wert 0,208 ann<strong>im</strong>mt.Dieser Wert gilt <strong>für</strong> den Anfang der Wirbelstraße. Im weiteren Strömungsverlauf wird L größer.Die praktische Bedeutung der Kármánschen Wirbel ist darin begründet, daß durch das alternierendeAblösen der Wirbel eine alternierende, instationäre Kraft besonders senkrecht zur Strömungsrichtung– aber auch in Strömungsrichtung – hervorgerufen wird ∗ . Für technische Belange ist die Kenntnis derFrequenz f K dieser schwingungsanregenden Kraft von großer Wichtigkeit. Sie wird in d<strong>im</strong>ensionsloserForm als Strouhal-Zahl Sr angegeben:Sr = f K Dv ∞(K.13)Dabei ist die Strouhal-Zahl Sr eine Funktion der Reynolds- Zahl. Im Bereich 10 3 < Re < 10 5 istSr nahezu konstant, Sr = 0, 21.∗ Näheres siehe Abschnitt K.3.2- 134 -


K.3. Körper in realer StrömungRe > 3 ∗ 10 5Bei etwa Re = 5000 ist die Grenzschicht noch laminar, während dieAblösezone bereits turbulent ist. Mit zunehmender Anströmgeschwindigkeitbzw. Reynolds-Zahl wird erst der rückwärtige Teil <strong>und</strong> dannder überwiegende Teil der Grenzschicht turbulent. Dadurch verschiebensich die Ablösepunkte nach hinten, sodaß dieGesamtströmungskraft auf den Zylinder in einem gewissen Geschwindigkeitsbereich mit zunehmenderGeschwindigkeit abn<strong>im</strong>mt. Ist dieser sogen. überkritische Strömungszustand erreicht, n<strong>im</strong>mt die Kraftjedoch mit zunehmender Geschwindigkeit wieder zu.Der Übergang von unterkritischer zu überkritischer Strömung findet bei größerer Rauheit des Zylindersbzw. bei starker Turbulenz bereits bei kleineren Reynolds-Zahlen statt.Wie bereits erwähnt, ist der Widerstandsbeiwert c W sowohl von der Reynolds-Zahl als auch von derRauheit des umströmten Körpers abhängig. Ein Vergleich mit dem Reibungsbeiwert <strong>für</strong> durchströmteRohre (siehe Kapitel 7) scheint deshalb zweckmäßig:durchströmte Rohreλ = λ(Re)laminare Strömungλ = λ(Re, k/D)Übergangsbereichλ = λ(k/D)vollturbulente Strömung(vollkommen rauher Bereich)umströmte Körperc W = c W (Re)unterkritische Strömungc W = c W (Re, k/D)überkritische Strömungc W = c W (k/D)transkritische StrömungWiderstandsbeiwert einesumströmten, hydraulischglatten Kreiszylindersin Abhängigkeit von derReynolds-Zahl- 135 -


KAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperDruckverteilung an einem umströmtenKreiszylinder <strong>und</strong> an einerumströmten KugelVergleich: theoretische Druckverteilung (Potential-Strömung)gemessene Druckverteilung (unterkritisch)gemessene Druckverteilung (überkritisch)Die exper<strong>im</strong>entell ermittelten Widerstandsbeiwerte <strong>für</strong> die Umströmung eines hydraulisch glattenZylinders sowie entsprechende Druckverteilungen auf der Körperoberfläche sind in den oberen Bildernwiedergegeben.Auf der Vorderseite des Zylinders unterscheiden sich die Druckverteilungen nicht nennenswert; ab etwaφ = 30 o da<strong>für</strong> umso stärker. Die Potentialströmung zeigt den typischen Wiederaufbau des Drucks aufder Zylinderrückseite zwischen φ = 90 o <strong>und</strong> φ = 180 o (2. Staupunkt), der bei der unterkritischenUmströmung gar nicht (vorn liegende Ablösepunkte) <strong>und</strong> bei der überkritischen Umströmung nurzum Teil auftritt (weiter hinten liegende Ablösepunkte).K.3.2AblösewirbelAblösewirbel entstehen durch die Wirkung der Zähigkeit in Diskontinuitätsflächen der Geschwindigkeit,wie sie durch Ablösung an umströmten Körpern auftreten:Die in den Bildern angedeuteten kleinen Wirbel sind instabil <strong>und</strong> bilden große stabile Wirbel, z.B. dieKármánschen Wirbel, die <strong>im</strong> vorherigen Abschnitt K.3.1 am Beispiel des umströmten Kreiszylinderserläutert wurden. Das alternierende Ablösen der Wirbel ruft eine periodische Kraftwirkung besonderssenkrecht zur Strömungsrichtung, aber auch in Strömungsrichtung hervor. Erfahrungsgemäß beträgtdas Verhältnis der max<strong>im</strong>alen Schwingungsamplituden (schwingungsfähige Struktur vorausgesetzt)quer zur Strömungsrichtung zu denen in Strömungsrichtung etwa 5:1, sodaß letztere <strong>im</strong> allgemeinenvernachlässigt werden können. Die Frequenz der durch die Wirbelablösung hervorgerufenen instationärenKraft wird in d<strong>im</strong>ensionsloser Form durch die in Abschn. K.3.1 eingeführte Strouhal-Zahlangegeben.- 136 -


K.3. Körper in realer Strömunga) ∗ Kármánsche Wirbelstraßehinter einem Kreiszylinderb) ∗ Bewegungskurve desProfilmittelpunktes p ′c)∗ Strouhal-Zahl Sr in Abhängigkeit von derReynolds-Zahl <strong>für</strong> einen KreiszylinderDie regelmäßige Kármánsche Wirbelstraße entsprechend der Abbildung a) tritt nur <strong>im</strong> Bereich vonReynolds-Zahlen zwischen etwa 140 <strong>und</strong> 3 · 10 5 auf. Nur in diesem Bereich ist die alternierendeQuerkraft so periodisch, daß sie schwingungsanregend wirken kann. Ist dann der Zylinder schwingungsfähiggelagert <strong>und</strong> st<strong>im</strong>mt die Frequenz der Ablösungen mit der Eigenschwingungsfrequenz desZylinders überein, treten Schwingungen auf, die z.B. das ”Singen“ von Telegraphenleitungen bewirken.Im Bereich 140 < Re < 500 ergibt sich nach den Messungen eine eindeutige Abhängigkeit derStrouhal-Zahl von der Reynolds-Zahl, entsprechend Abbildung c).Für Re > 1000 kann mit Sr = 0, 21 gerechnet werden. Ebenso ist die Amplitude der alternierendenKraft von der Reynolds-Zahl abhängig (siehe folgende Abbildung).F K = c A,Kρv 22 D sin(2πf Kt)Querauftriebsbeiwert c A,K des quer angeströmten Kreiszylinders als Funktion der Reynolds-Zahl∗ Abb. a), b) <strong>und</strong> c) nach H.W. Försching: Gr<strong>und</strong>lagen der Aeroelastik; Springer 1974- 137 -


K.4 Kraftbeiwerte <strong>und</strong> Strouhal-Zahlen <strong>für</strong>Bauprofile <strong>und</strong> BauwerkeKAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperBauprofile <strong>und</strong> Bauwerke sind in der Regel scharfkantig, sodaß klar definierte Abreißkanten vorhandensind. Dadurch sind die Strömungskräfte nur geringfügig von der Reynolds-Zahl abhängig, <strong>und</strong>die Beiwerte <strong>für</strong> Widerstand, Auftrieb, Quertrieb (Kraftbeiwerte) werden <strong>im</strong> technisch interessantenBereich als Konstante betrachtet. Nachfolgend sind <strong>für</strong> die angeströmte Platte sowie <strong>für</strong> eine Reihetypischer Profile die Kraftbeiwerte <strong>und</strong> einige Strouhal-Zahlen zusammengestellt:senkrecht angeströmte Platte; Breite b, Höhe h ∗b/h 1 2 4 10 18 ∞ Kreisplattec w 1, 10 1, 15 1, 19 1, 29 1, 4 2, 01 1, 11Abb. 11.1: Abhängigkeit der Kraftbeiwerte c w , c A <strong>und</strong>c M von der Anströmrichtung <strong>für</strong> eine Platte mit b/h ≈ 4F A = c A q b hF W = c W q b hM = c M q b 2 hFür die senkrecht angeströmte Platte α = 0 o ergeben die Schubspannungen keine Komponentein Strömungsrichtung, sodaß der Strömungswiderstand sich ausschließlich aus dem Formwiderstand(Druckwiderstand) bildet. Umgekehrt ist der Strömungswiderstand nur gleich dem verhältnismäßiggeringen Reibungswiderstand, wenn die Platte in Strömungsrichtung weist (α = 90 o ); bei dieser Betrachtungwird die Plattendicke vernachlässigt.∗ z.B. ISBN 3-87700-033-9: Handbuch der Werften; 15. Band 1980oder ISBN 0-86017-1019: Dynamics of Marine Structures; CIRIA Report UR 8 (2nd. Ed.), October 1978→ in beiden Veröffentlichungen sind zahlreiche Literaturangaben enthalten- 138 -


K.4 Bauprofile <strong>und</strong> Bauwerke – Beiwerteα 0 o 45 o 90 o 135 o 180 oα0 o 45 o 90 o 135 o 180 oc n 1,90 1,80 2,00 -1,80 -2,00c t 0,95 0,80 1,70 -0,10 0,10c n 1,60 1,50 0 -1,50 -1,60c t 0 1,50 1,90 1,50 0c n 1,75 0,85 0,10 -0,75 -1,70c t 0,10 0,85 1,75 0,75 -0,10c n 2,00 1,80 0 -1,80 -2,00c t 0 0,10 0,10 0,10 0c n 1,60 1,50 -0,95 -0,50 1,50c t 0 -0,10 0,70 1,05 0c n 2,10 1,40 0 -1,40 -2,10c t 0 0,70 0,75 0,70 0c n 2,00 1,20 -1,60 -1,10 -1,70c t 0 0,90 2,15 2,40 -2,10c n 2,00 1,55 0 -1,55 -2,00c t 0 1,55 2,00 1,55 0c n 2,05 1,85 0 -1,60 -1,80c t 0 0,60 0,60 0,40 0Ro < 35 · 10α 0 o 15 o 30 o 45 o 60 o 75 o 90 oc n 1,40 1,20 0 -1,20 -1,40c t 0 1,60 2,20 1,60 0c n 1,7 1,7 1,4 1,1 1,1 1,1 0c t 0 0,2 0,3 0,4 0,4 0,2 0,1c n 2,05 1,95 -0,50 -1,95 -2,00c t 0 0,60 0,90 0,60 0c W 1,2 1,0 0,8 0,4 0,2 0 0−c A 0 0,2 0,4 0,4 0,3 0,1 0Abb. 11.2: Kraftbeiwerte von Fachwerkeinzelstäben <strong>für</strong> verschiedene Anströmrichtungen ∗ProfilSr = f k dv ∞ProfilSr = f k dv ∞ProfilWindrichtg.Windrichtg.Windrichtg.Sr = f k dv ∞0,14 0,17 0,150,12 0,180,14 0,18 0,120,18 0,180,15 0,15 0,140,16∗ nach D. Sachs: Wind Forces in Engineering; Pergamon Press; Oxford, New York, Braunschweig; 1972- 139 -❀ nächste S.


KAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperProfilSr = f k dv ∞ProfilSr = f k dv ∞ProfilWindrichtg.Windrichtg.Windrichtg.Sr = f k dv ∞0,18 0,15 0,150,160,15 0,15 0,150,140,180,17 0,14 0,200,15 0,15Abb. 11.3: Strouhal-Zahlen als Funktion des Querschnitts ∗Abb. 11.4: Widerstandsbeiwerte turmartiger,quaderförmiger Gebäude ‡<strong>und</strong> nach DIN 1055-4 (alt)Abb. 11.5: Vergleich der Auftriebsbeiwerte eines windschnittigenmit denen eines bautechnischen Profils ‡∗ G. Rosemeier: Winddruckprobleme bei Bauwerken; Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1976‡ ebenda- 140 -


K.4 Bauprofile <strong>und</strong> Bauwerke – BeiwerteIm Hinblick auf die sogenannten Schlagschwingungen (Galloping) ∗ von Profilen unter stationärer Anströmungist es wichtig, <strong>für</strong> einige typische Querschnitte die Kraftbeiwerte als Funktion der Anströmrichtungaufzutragen:Abb. 11.6: Auftriebsbeiwerte einiger technisch wichtiger Profile †∗ siehe Skript <strong>Strömungsmechanik</strong> II† nach Försching. H.W.: Gr<strong>und</strong>lagen der Aeroelastik; Springer, 1974- 141 -


KAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperQuerschnitt <strong>und</strong>RauheitStehende Zylinder mitSchlankheitsgrad H/D25 7 1Widerstandsbeiwertc W <strong>im</strong> überkritischenReynolds-Bereichglatt 0,55 0,50 0,45Abb. 11.7: Widerstandsbeiwerte vonunendlich langen Kreiszylindern mittechnischer Rauheit ∗mäßig rauh 0,90 0,80 0,70sehr rauh 1,20 1,00 0,80glatt, scharfkantig 1,40 1,20 1,00K.5 Druckverteilungen auf BauwerkeIn Ergänzung zu Abschnitt K.4 sollen jetzt die auf ganze Bauwerke wirkenden Kräfte <strong>und</strong> Druckverteilungennäher untersucht werden. Dies geschieht hier in enger Anlehnung an G. Rosemeier: Winddruckproblemebei Bauwerken; Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1976. In diesem Buch istauch eine Vielzahl von weiteren Literaturhinweisen enthalten.Für das Bemessen von Bauwerken ist eine möglichst genaue Kenntnis der bei der Windbelastungauftretenden Kräfte von großer Bedeutung.Bei tragflügelähnlichen Querschnitten treten z.B. <strong>im</strong> Bereich kleinerAnstellwinkel Sogbeiwerte bis | c |= 3 auf, die sich auf die Befestigungsstrukturen(z.B. Fassadenanker) dieser Elemente auswirken.Andererseits sind gerade diese Querschnittsformen sehr stabil <strong>im</strong> Hinblickauf das Entstehen strömungserzeugter Schwingungen.Tragflügelähnliche Querschnitteder BaupraxisInsbesondere bei weit auskragenden Dachkonstruktionen sind die hohenSogbeiwerte zu berücksichtigen, wie spektakuläre Unfälle mitStadiondächern gezeigt haben.∗ nach Zuranski, J.A.: Windbelastung von Bauwerken <strong>und</strong> Konstruktionen; R. Müller, Köln-Braunsfeld- 142 -


K.5. Druckverteilungen auf BauwerkeNachfolgend wird an einigen speziellen Beispielen statischer Windkraftprobleme gezeigt, an welchenStellen die Gebäude besonders gefährdet <strong>und</strong> von welcher Größenordnung die dabei auftretendenKraftbeiwerte sind.Abhebeprobleme bei mehrschichtigen Wänden ∗Sturmschäden an Dächern zeigen, daß gerade dieseGebäudeteile durch Windlasten stark beanspruchtwerden. Im <strong>Bauwesen</strong> wird zwischen• völlig geschlossenen,• teilweise offenen• <strong>und</strong> offenen BauwerkenAbb. 11.8: Windlastbeiwerte von Stadiondächern nachVersuchen. Im Versuch ermittelte Druckbeiwerte † :a) Wind von vorne (innen)b) Wind von hinten (außen)unterschieden. Aus Messungen ist bekannt, daßvöllig geschlossene Bauweisen nicht zu erreichensind <strong>und</strong> deshalb ein gewisser Druckausgleichzwischen Überdruck- <strong>und</strong> Unterdruckzonen stetsstattfindet. In der aktuellen Fassung der DIN 1055wird dieser Effekt jedoch nicht berücksichtigt.∗ nach Haage, K. / Kramer, L.: Neue Erkenntnisse über Windbelastung auf Flachdächern; Das Baugewerbe 3, 1975, 26† Fischer, M.: Überdachung der Haupttribüne des Stuttgarter Neckarstadions; Der Stahlbau 42, 1974- 143 -


KAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperK.5.1Wichtigste deutsche Windlastvorschriften (Auszug)DIN 1055, Teil 4 ∗ gibt von der Höhe über Geländeabhängige maßgebliche Windgeschwindigkeiten gemäßnebenstehender Tabelle vor <strong>und</strong> Beiwerte c p , diedurch Bauwerksart <strong>und</strong> Anströmrichtung festgelegtwerden. Aus diesen errechnet sich eine durchschnittlicheFlächenbelastung:w = c p q(K.14)Die Schaubilder der nächsten Seiten mit den unterschiedlichenc p -Beiwerten der angeströmten (Luv-)<strong>und</strong> der windabgewandten (Lee-)Seite sind der Normentnommen.mit w Winddruck auf dieBauwerksoberflächeq = 1 2 ρ v2 ∞ (Staudruck)c pWinddruckbeiwert(Sog negativ)Höhe z über v ∞ (z) qGelände m m/s kN/m 2von 0 bis 8 28,3 0,5über 8 bis 20 35,8 0,8über 20 bis 100 42,0 1,1über 100 45,6 1,3Für rechtwinklig zum Wind stehende Wände ergibt sich demnach allgemeinc p = +0, 8 (Druck) auf der Luv- bzw.c p = −0, 5 (Sog) auf der Leeseite <strong>und</strong>c p ≥ −0, 7 auf den annähernd in Windrichtung stehenden SeitenFür Rand- <strong>und</strong> Eckbereiche werden die Beiwerte erheblich erhöht. Stark abhängig von der Dachneigungsind die Druckbeiwerte <strong>für</strong> die Dachflächen, siehe Abb. 11.9.Abb. 11.9: Druckbeiwerte c p <strong>für</strong> Sattel- Pult- <strong>und</strong> Flachdächer †∗ veraltete Fassung von August 1986† aus DIN 1055 (alt) zu nachfolgenden Dachsystemen- 144 -


K.5. Druckverteilungen auf BauwerkeAbb. 11.10: Aerodynamische Druckbeiwerte von Dachsystemen nach DIN 1055 (alt)— Beispiel einer Normvorschrift —- 145 -


KAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperAbb. 11.11: Druckbeiwerte <strong>für</strong> offene Gebäude nach DIN 1055 (alt)Die Winddruckverteilungen in den Abbildungen 11.9 bis 11.11 sind stark schematisiert. Eine detailiertereVerteilung zeigt Bild 11.12 rechts; das Diagramm links ist in die Norm eingegangen.Weiterhin finden sich in der DIN 1055 (alt) auch Kraftbeiwerte c F <strong>für</strong> sehr viele einzelne <strong>und</strong>zusammengesetzte Profile (vergleiche K.4) sowie Druckbeiwerte <strong>für</strong> verschiedenste Bauformen vonfreistehenden Dächern.- 146 -


K.5. Druckverteilungen auf BauwerkeAbb. 11.12: Außendruckbeiwerte<strong>für</strong> vollwandige, dichte Bauwerkevon rechteckigem Gr<strong>und</strong>riß mitebenen Dachflächen ∗Generell wird in der Norm <strong>für</strong> Flächen von Baukörpern auf eine genaue Unterteilung der Windlast verzichtet <strong>und</strong>eine gleichmäßig verteilte Last angenommen – mit schematisierten Erhöhungen in Rand- <strong>und</strong> Eckbereichen. VoralIem bei der Bemessung von Befestigungen von Strukturen, die der Windlast ausgesetzt sind, ist diese Vorschriftaber u.U. nicht ausreichend, d.h. es sind erhöhte Werte <strong>für</strong> die Bemessung anzunehmen.K.5.2Ergänzende BetrachtungenUm einen besseren Einblick in diesen Problemkreis zu bekommen, sind in der Vergangenheit vieleModellversuche durchgeführt worden † . Von maßgebendem Einfluß bei Sattel- Pult- <strong>und</strong> Flachdächernsind der Dachneigungswinkel α <strong>und</strong> die Ausbildung des Daches.Abb. 11.13: Strömungsbild eines geschlossenen Hausquerschnitts ‡∗ nach: Wind Effects on buildings and Structures; London 1963, Ottawa 1967, Tokyo 1971, London 1975<strong>und</strong> weitere Seminarreihen† siehe z.B. Lusch, G. <strong>und</strong> Truckenbrodt, E.: Windkräfte an Bauwerken; Berichte aus der Bauforschung 41,W. Ernst <strong>und</strong> Sohn, Berlin 1964‡ ebenda- 147 -


KAPITEL K - Strömungskräfte auf KörperDer Dachteil <strong>im</strong> Anströmungsbereich entspricht zunächst der senkrecht zur Strömung angestelltenPlatte, deren Überdruck-Beiwert vonc p = 0, 8bei sehr langen Platten bis auf etwa c p =1,2 ansteigen kann. Am Dachansatz erfolgt die erste Grenzschichtablösung,die sich meist in einem kräftigen Wirbel mit entsprechenden Unterdruckbeiwertenbemerkbar macht (Abb. 11.12 <strong>und</strong> 11.13). Bei steiler Dachneigung ist die Ablösezone klein, sodaß derder Anströmung ausgesetzte (luvseitige) Dachteil wieder in eine Überdruckzone gerät.Am Dachfirst erfolgt in jedem Fall die endgültige Grenzschichtablösung mit einer klar ausgeprägtenAblösezone (Leebereich) <strong>und</strong> einem <strong>im</strong> zeitlichen Mittel konstanten Unterdruck.Die Darstellung des mittleren Drucks als Gr<strong>und</strong>lageeiner Bemessungsvorschrift ist vor allem beiFlachdächern <strong>und</strong> auch bei schwach geneigtenDächern problematisch, da durch örtliche Wirbelerscheinungenwesentlich vergrößerte Sogbeiwerte auftreten.Dieser Effekt wird normenmäßig (DIN 1055(alt) durch vergrößerte Sogbeiwerte vor allem an denDachkanten berücksichtigt.Gerade bei Flachdächern erstrecken sich die Nachlaufwirbelüber einen verhältnismäßig großen Dachbereich.Durch Messungen ist belegt, daß die dabeientstehenden Sogbeiwerte durch eine Randattika erheblichabgemindert werden können (Abb. 11.13 <strong>und</strong>11.14).Die Druckverteilung durch Wind auf Bauwerke darfnicht nur am Einzelbauwerk betrachtet werden, sondernmuß <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Umgebung untersuchtwerden. Gebäude, die z.B. die Bauwerke derUmgebung wesentlich überragen, können die Windverhältnissein ihrer Umgebung stark beeinflussen, wieAbb. 11.15 zeigt.Abb. 11.14: Flachdach ohne <strong>und</strong> mit Randattika∗∗ nach Haage, K. <strong>und</strong> Kramer, L.:Neue Erkenntnisse über Windbelastung auf Flachdächern; Das Baugewerbe 3, 1975, 26- 148 -


K.5. Druckverteilungen auf BauwerkeAbb. 11.15: Luftströmung um eine Gruppe niedriger Gebäude <strong>und</strong> ein Scheibenhochhaus ∗Zwischen Luv- <strong>und</strong> Leeseite eines Gebäudes sind die Druckdifferenzen sehr hoch. Aus diesem Gr<strong>und</strong>entstehen Luftströmungen von den Überdruckbereichen zu den Unterdruckzonen z.B. durch enge Passagenzwischen Gebäuden, durch Durchgänge <strong>und</strong> Durchfahrten. Die Druckverteilungen können beispeziellen Gruppierungen nur durch Modellexper<strong>im</strong>ente <strong>im</strong> Windkanal ermittelt werden.∗ Wise, A., Sexton, D.E. <strong>und</strong> Lillywhite, S.S.T.:Studies of Airflow Ro<strong>und</strong> Buildings; The Architects Journal, Vol.141, 1965- 149 -


frei <strong>für</strong> Notizen


Anhang IFormeln zur <strong>Strömungsmechanik</strong>Anmerkung: Im Fachgebiet <strong>Strömungsmechanik</strong> wird zu Klausuren eine weitere Formelsammlungausgeteilt. Deren Umfang ist identisch mit dem dieses Anhangs.- I.1 -


ANHANG I - FormelsammlungZahlenwerteGröße Zeichen Wert Näherung <strong>für</strong> KlausurenAtmosphärischer Normaldruck p 0 103.000 Pa 100 kPa = 10 mWsErdbeschleunigung g 9,81 m/s 2 10 m/s 2Stoffwerte (20 o C, Normaldruck)(1 g/cm 3 = 1 kg/l = 1 t/m 3 )Wasser ν W = 1, 0 · 10 −6 m 2 /s ρ W = 1000,0 kg/m 3Luft ν L = 14, 9 · 10 −6 m 2 /s ρ L = 1,2 kg/m 3 ν = ηErdöl (Baku) νÖ = 2, 6 · 10 −6 m 2 /s ρÖ = 824,0 kg/m 3 ρ ; τ = η ∂v∂nHydrostatikLage desDruckmittelpunktesp = ρ ghF x = p S A xF z = ρ gVF = p S A (eben)x D =y D =I ξηy S · A + x SI ξy S · A + y SSchw<strong>im</strong>mstabilitäth M = I xV − erelativ ruhende Fluide inbewegten Gefäßenp B = p A + ρf r = ω 2 · r∫ BA⃗f ⃗ dsErhaltungssätzeMassenerhaltung∂v x∂x + ∂v y∂y + ∂v z∂zEnergieerhaltungρ 1 v 1 A 1 = ρ 2 v 2 A 2 bzw.v 1 A 1 = v 2 A 2 (ρ = const.)= 0ImpulserhaltungS = βρ v 2 A + püA = βρ Qv + püA⃗S ein + S ⃗ aus + Fäuβere ⃗ + G ⃗ = 0spezifische Energiez 1 + p 1ρg + αv2 12g + Pgṁ = z 2 + p 2ρg + αv2 22g + h vE = h + v22gZahlenangaben sind Näherungswerte zu Übungszwecken ohne Anspruch auf Vollständigkeit- I.2 -


Formeln zur <strong>Strömungsmechanik</strong>Örtlich konzentrierte Verlusteh v= ζ v22gBei ζ : v = Geschwindigkeit unmittelbar hinter der StörstelleBei ζ ′ : v = Geschwindigkeit unmittelbar vor der Störstelle1. Ein- <strong>und</strong> Auslaufverlusteζ = 0, 5 ζ = 0, 25 ζ = 0, 1 ζ ′ = 1, 02. Umlenkverluster m/d\ β 15 o 30 o 60 o 90 o2 0,03 0,06 0,12 0,145 0,03 0,05 0,08 0,1110 0,03 0,05 0,07 0,11\ β 15 o 30 o 60 o 90 oglatt 0,042 0,13 0,47 1,13rauh 0,062 0,16 0,68 1,27Streckenabhängige VerlusteDarcy-Weisbachh v = λl v 2D h 2g ; D h = 4A U ; τ 0 = ρg Al U h v3. Verzweigungsverluste3.1 scharfkantige Rohre (konst. Durchmesser)β 90 o 90 o 45 o 45 oQ a/Q ζ a ′ ζ d ′ ζ a ′ ζ d′0,2 0,88 -0,08 0,68 -0,060,4 0,89 -0,05 0,50 -0,040,6 0,95 0,07 0,38 0,070,8 1,10 0,21 0,35 0,20β 90 o 90 o 45 o 45 oQ a/Q ζ a ζ d ζ a ζ d0,2 -0,40 0,17 -0,38 0,170,4 0,08 0,30 0,00 0,190,6 0,47 0,41 0,22 0,090,8 0,72 0,51 0,37 -0,173.2 symmetrische Hosenrohre mit Q a /Q = 0, 5r m/d ζ0,5 4,40,75 2,41,0 1,61,5 1,02,0 0,8Manning Stricklerβ ζ10 o 0,430 o 1,245 o 2,860 o 4,090 o 5,6Stahlrohrek [mm]Leitungen aus gezogenem Stahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,01 bis 0,05Geschweißte Rohre von handelsüblicher Güte:neu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,05 bis 0,10nach längerem Gebrauch gereinigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,15 bis 0,20mäßig verrostet, leichte Verkrustung . . . . . . . . . . . . . . . . 0,40schwere Verkrustung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3Genietete Leitungen mit Längs <strong>und</strong> Quernähten:a) Bleckdicke unter 5 mm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,65b) Blechdicke 5 bis 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,95c) Blechdicke über 12 mm <strong>und</strong> 6-12 mm, wennNietnähte mit Laschen verdeckt . . . . . . . . . . . . . . . 3d) Blechdicke über 12 mm mit verlaschten Nähten . . 5,5e) in ungünstigem Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bis 5oGußeisenrohreNeue Leitungen mit Flansch- oder Muffenverbindung . . . 0,15 bis 0,3Gußeiserne Rohre:inwendig bitumiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,12neu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,25 bis 1angerostet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 bis 1,5verkrustet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,5 bis 3Beton <strong>und</strong> DruckstollenRohrleitungen <strong>und</strong> Stollen in Stahlbetonmit sorgfältig handgeglättetem Verputz . . . . . . . . . . . . . 0,01neue Leitungen aus Schleuderbeton mit glattem Verputz 0,16Betonrohre, Glattstrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,3 bis 0,8Druckstollen mit Zementverputz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,5 bis 1,6Betonrohre, roh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 bis 3Beton, schalungsrauh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l0Sonstige RohreAsbest-Zement-Rohre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,1Holzrohre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,2 bis 1v = k St r 2/3hI 1/2E ; r h = A UGerinne: k St [m 1/3 /s] k [mm]Glatte Holzgerinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 0,60Glatter unversehrter Zementputz,glatter Beton mit hohem Zementgehalt . 80 0,80Hausteinquader, gut gefugte Klinker . . . . . . . 70 . . . 80 1,8 . . . 1,5Alter Beton, Bruchsteinmauerwerk . . . . . . . . . 50 20Erdkanäle, regelmäßig, rein, ohne Geschiebemittlerer Kies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 75Natürliche Flußbetten, mit Geröll<strong>und</strong> Unregelmäßigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 30 bis 400Gebirgsflüsse mit grobem Geröll, beiruhendem Geschiebe mit unverkleideter,roher Felswand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 . . . 28 bis 1500wie vor, bei in Bewegung befindlichemGeschiebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 . . . 22 bis 3000Stollen <strong>und</strong> Betonrohrleitungen:Geschliffener Zementputz größter Glätte . . . 100 0,01Betonstollen von weniger sorgfältigerAusführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 . . . 80 10 . . . 0,16Alte, aus Einzelrohren bestehendeBetonrohrleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3 . . . 1Tabellen nach Schröder, H. <strong>und</strong> Press, R.: Hydromechanik <strong>im</strong> WasserbauW. Ernst & Sohn, Berlin, München 1966- I.3 -


ANHANG I - FormelsammlungReibungsbeiwert λ nach Colebrook-Whiteλ0.07✻0.06k/D0,03300.050.040.030,01600,00830,00400,00200.020,00100,00040,00020,00010.011} 2 {{ 4 6 8}1} 2 {{ 4 6 8}1} 2 {{ 4 6 8}1} 2 {{ 4 6 8 10}∗10 3 ∗10 4 ∗10 5 ∗10 6laminar (Re < 2330): λ = 64Returbulent (Re > 2330):1√λ⇐ −2 · 10 log( 2, 51Re √ λ +)k3, 71 D(iterativ!)Re = vD ν✲Wechselsprungh 2h 1= 1 2(√1 + 8Fr 2 1 − 1Grenzzustand√q 2h gr = 3 g= 2 3 E grv gr = √ gh gr)Spiegelliniengleichungdhds = I h 3 (s) − h 3 nSoh 3 (s) − h 3 grÜberfall: Q = 2 3 µ b h ü√2g hüForm Kronenausbildung µbreit, scharfkantig, waagerecht . . . . . . . . . . . . 0, 49 ÷ 0, 51breit, gut abger<strong>und</strong>ete Kanten, waagerecht 0, 50 ÷ 0, 55breit,vollständig abger<strong>und</strong>etz.B. mit ganz umgelegter Stauklappe . . . . 0, 65 ÷ 0, 73scharfkantig, Überfallstrahl belüftet . . . . . . . ≈ 0, 64r<strong>und</strong>kronig, mit lotrechter Oberwasser<strong>und</strong>geneigter Unterwasserseite . . . . . . . . . . . 0, 73 ÷ 0, 75dachförmig, gut ausger<strong>und</strong>et . . . . . . . . . . . . . . bis 0,79Überfallbeiwerte nach Press, H.: Stauanlagen <strong>und</strong> Wasserkraftwerke,Teil II: Wehre2. Aufl. Berlin 1959, Wilh. Ernst & Sohn- I.4 -


Formeln zur <strong>Strömungsmechanik</strong>Potentialtheoriev x = ∂Φ∂xv y = ∂Φ∂yv x = ∂Ψ∂yv y = − ∂Ψ∂xLaplace-DGl∆Φ = ∂2 Φ∂x 2 + ∂2 Φ∂y 2 + ∂2 Φ∂z 2Zirkulation∮ ∫Γ = ⃗v ds ⃗ = rot⃗v dABARotationrot(⃗v(x, y, z)) =⎡⎢⎣∂v z∂y − ∂v y∂z∂v x∂z − ∂v z∂x∂v y∂x − ∂v x∂y⎤⎥⎦StrömungskräfteStaudruck: q = ρ 2 v2 ∞ c-Werte werden bei Bedarf gestelltAuftrieb: F A =∫Aq c a dA Widerstand: F W =∫Aq c W dANickmoment:∫Moment∫um Achse z = 0:M N = q c M b dA M = q c W z dAAAKinetik der räumlichen StrömungNavier-Stokes-Gleichung⃗f − 1 gradp + ν∆v =⃗ ρdvdt = (⃗v grad) ⃗v + ∂v ⃗∂tD<strong>im</strong>ensionslose KennzahlenGr<strong>und</strong>wasserFiltergesetz nach DarcyvFr = √ g hFilter k F [m/s]⃗v F = −k F gradh Ton ≈ 1 · 10 −10v A = v Schluff ≈ 1 · 10 −8Re = v dνFSand ≈ 1 · 10 −4nKies ≈ 1 · 10 −2 Eu = ∆pρ v 2- I.5 -


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