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und Leseprobe (PDF) - Vandenhoeck & Ruprecht

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Michael von Aster / Jens Holger Lorenz, Rechenstörungen bei KindernWie kommen Zahlen in den Kopf? 19raus. Tanaka <strong>und</strong> Mitarbeiter (2011) konnten an Kindern mit Dyslexie zeigen,dass sich Kinder mit <strong>und</strong> ohne Intelligenzdiskrepanz nicht unterscheiden hinsichtlichder verringerten Aktivierung in den parieto-okzipito-temporalenHirnregionen. Beide Gruppen zeigten auch vergleichbare Schwächen in derphonologischen Verarbeitung verglichen mit normal lesenden Kindern. Fürden mathematischen Bereich liegen ähnliche Bef<strong>und</strong>e vor, die zeigen, dass sichKinder mit Rechenstörungen in ihren spezifischen Leistungsprofilen nicht anhanddes Merkmals einer vorhandenen oder nicht vorhandenen Intelligenzdiskrepanzvoneinander unterscheiden lassen (Ehlert, Schroeders u. Fritz, imDruck).Als Fazit lässt sich sagen, dass Intelligenz gewiss mehr ist als das Beherrschengeistiger Werkzeuge wie Rechnen, Lesen <strong>und</strong> Schreiben. Aber das, was wir alsIntelligenz messen, ist weder entwicklungsstabil noch unabhängig von der Entwicklungdieser Kulturtechniken. Insofern ist gerade für die pädagogischenWissenschaften Vorsicht geboten bezüglich zu starrer Intelligenzkonstrukte. Siefestigen rigide Begabungskonzepte <strong>und</strong> formen Zuschreibungen, die einem dynamischenEntwicklungsverständnis zuwiderlaufen <strong>und</strong> ihrerseits im Sinne einererwartungsinduzierten self-fulfilling prophecy ein starres <strong>und</strong> auf Hereditätbasierendes Intelligenzkonstrukt zu bestätigen scheinen.Was ist Rechnen?Wenn in den folgenden Abschnitten davon die Rede sein wird, wie sich die spezifischengeistigen Fähigkeiten, mit Zahlen umzugehen <strong>und</strong> zu rechnen, entwickeln<strong>und</strong> wie sich erklären lässt, dass sich diese Fähigkeiten bei manchen Kindern garnicht oder nur schwach ausbilden,muss zunächst einmal klar werden,was das Zieldieser Entwicklung eigentlich kennzeichnet. Bezüglich der individuellen innerenEbene ist zu fragen, wie die geistigen Funktionen <strong>und</strong> ihre neuronalen Korrelatebei erwachsenen Menschen beschaffen sind. In der äußeren Welt lässt sich diesesZiel der Entwicklung durch kulturelle Konventionen beschreiben, die ihren Ausdruckzum Beispiel in schulischen Curricula finden. Diese definieren, was einMensch nach Abschluss der Schule wissen <strong>und</strong> können sollte.Hier beginnt es bereits kompliziert zu werden, denn ganz offensichtlich bestehenUnterschiede zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen.So gibtes einige Naturvölker, deren Sprache nur für die Zahlen eins bis fünf konkreteBezeichnungen vorsieht. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf deren Fähigkeit,größere Mengen exakt zu bestimmen <strong>und</strong> arithmetische Operationen auszuführen.Das heißt, dass aufgr<strong>und</strong> dieser kulturellen Gegebenheit ganz bestimmte,uns vertraute geistige Operationen gar nicht ausgeführt werden können (Pica,Lemer, Izard u. Dehaene 2004). Aber auch in den westlichen, so genannten zivilisiertenKulturen gibt es erhebliche Unterschiede in der Art, wie Zahlen benannt© 2013, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, GöttingenISBN Print: 9783525462584 — ISBN E-Book: 9783647462585

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