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42<br />
Reportage<br />
Was steckt hinter TNT, Dynamit und Co?<br />
Mythos Sprengstoff<br />
Wer hat nicht schon einmal Begriffe wie<br />
Dynamit, C4, Nitroglycerin, TNT oder<br />
Semtex gehört? Doch was steckt eigentlich<br />
dahinter? Wer heutzutage das Wort<br />
„Sprengstoff“ hört, denkt meist an eine<br />
rote Stange mit Zündschnur dran, wie es<br />
Ende des 19. Jahrhunderts durchaus noch<br />
üblich war. In den mehr als 150 Jahren, in<br />
denen sich Wissenschaftler intensiv mit<br />
Sprengstoff befasst haben, hat sich eine<br />
ganze Menge getan, und wir möchten euch<br />
mal einen kleinen Einblick geben, was einen<br />
Sprengstoff überhaupt ausmacht, und was<br />
<strong>für</strong> Arten es da heutzutage gibt.<br />
Explosion (chemisch): Reaktion, bei der<br />
Druck und Temperatur schlagartig steigen.<br />
In Folge große Volumenausdehnung<br />
der gasförmigen Produkte.<br />
Es war einmal ...<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts hatte man<br />
einen Stoff namens Nitroglycerin entdeckt<br />
– eine ölige Flüssigkeit, die sehr<br />
sensibel auf Hitze und Stöße reagierte<br />
oder auch oft ohne erkennbaren Grund<br />
explodierte. Alfred Nobel kam 1866 durch<br />
Zufall auf die Idee, das Nitroglycerin in<br />
Kieselgur aufzusaugen und das ganze<br />
als „Dynamit“ patentieren zu lassen. Das<br />
machte den Stoff bedeutend sicherer<br />
– der erste gewerblich nutzbare Sprengstoff<br />
war geboren.<br />
Vor allem durch den militärischen Nutzen,<br />
den man im Sprengstoff erkannte,<br />
wurde die Forschung daran in den letzten<br />
150 Jahren enorm voran getrieben. Einen<br />
wichtigen Meilenstein hierbei stellt sicherlich<br />
das TNT dar. Dessen Kristalle sind zum<br />
einen weitaus weniger empfindlich, zum<br />
anderen liefert ihre Detonation mehr<br />
Energie als Dynamit, weshalb es Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts in nahezu allen<br />
Sprengkörpern eingesetzt wurde – militärisch<br />
und zivil.<br />
Die Stoffe, die man heutzutage im gewerblichen<br />
Bereich (und damit auch beim <strong>THW</strong>)<br />
verwendet, basieren fast ausschließlich<br />
auf Ammoniumnitrat oder Nitroalkoholen:<br />
<strong>Sie</strong> bieten bei richtiger Zündung eine<br />
große Sprengkraft, sind allerdings extrem<br />
unempfindlich gegen Hitze, Reibung oder<br />
Schlag. Das geht so weit, dass man diese<br />
Stoffe auch anzünden kann – sie brennen<br />
dann ähnlich wie eine Wunderkerze ab.<br />
Vermischt mit gewissen Stoffen sind manche<br />
davon in Aussehen und Handhabung<br />
wie Knetgummi. Militärische Sprengstoffe<br />
wie TNT oder C4 (dieser „Plastiksprengstoff“<br />
ist ein Gemisch aus verschiedenen<br />
Sprengstoffen mit Weichmachern) dürfen<br />
vom <strong>THW</strong> nur im KatS-Fall eingesetzt<br />
werden, also wenn offiziell Katastrophenalarm<br />
ausgelöst wurde.<br />
Aber wie erfolgt jetzt die Zündung?<br />
Die unempfindliche Sprengstoffladung<br />
muss, damit sie explodieren kann, von<br />
einem so genannten „Initialsprengstoff“<br />
gezündet werden. Das sind kleinste Mengen<br />
(meistens etwa 1 Gramm) hochempfindlichen<br />
Sprengstoffs, der in Zündkapseln<br />
untergebracht ist und elektrisch gezündet<br />
wird. Natürlich ist beim Umgang mit diesen<br />
Sprengkapseln Vorsicht geboten, denn<br />
trotz der geringen Sprengstoffmenge können<br />
sie einen Menschen ohne weiteres eine<br />
Hand oder das Leben kosten.<br />
Deflagration: Schneller Verbrennungsvorgang,<br />
Druckanstieg nur durch die entstehenden<br />
Gase. Die Geschwindigkeit der<br />
Reaktionsfront ist kleiner als die Schallgeschwindigkeit<br />
im verbrennenden Medium.<br />
Eine Explosion entsteht nur mit hinreichender<br />
Verdämmung.<br />
Woher kommt die Energie?<br />
Sprengstoffe sind aufgrund ihrer chemischen<br />
Struktur in der Lage, innerhalb von<br />
Sekundenbruchteilen komplett zu reagieren.<br />
Um die Reaktionsgeschwindigkeit zu<br />
messen, bedient man sich der so genannten<br />
„Detonationsgeschwindigkeit“. <strong>Sie</strong> gibt<br />
an, mit welcher Geschwindigkeit sich die<br />
Front der chemischen Reaktion im Stoff<br />
ausbreitet. Bei TNT sind das beispiels-<br />
Das starke <strong>THW</strong>-<strong>Jugend</strong>-Magazin<br />
EXPLOSIVES<br />
1.1A<br />
1<br />
weise 7.000 Meter pro Sekunde. Ist die<br />
Reaktionsgeschwindigkeit kleiner als die<br />
Schallgeschwindigkeit im entsprechenden<br />
Material, spricht man übrigens nicht mehr<br />
von einer Detonation. Das ist zum Beispiel<br />
in Silvesterkrachern der Fall. Die „explodieren“<br />
deshalb, weil das Schwarzpulver sehr<br />
dicht in die Pappröhre gepresst wurde<br />
und die Röhre an beiden Seiten verschlossen<br />
ist. Die Gase der Verbrennung können<br />
sich deswegen nur schlagartig mit einem<br />
Knall entladen.<br />
Dadurch, dass der Sprengstoff innerhalb<br />
eines Sekundenbruchteils komplett reagiert,<br />
entstehen augenblicklich riesige<br />
Mengen an chemischen Reaktionsprodukten<br />
– größtenteils Gase. Das bedeutet auf<br />
engstem Raum plötzlich mehrere tausend<br />
Liter Gase, was zu einer unbeschreiblich<br />
hohen Druck- und Temperaturentwicklung<br />
führt. Der resultierenden Schockwelle<br />
hält kein Material stand, beispielsweise<br />
wird Beton zerbröselt und durch den<br />
Druck weggeschleudert.<br />
Darin liegt aber auch der Knackpunkt in<br />
der Sprengstoffanwendung: Legt man die<br />
Ladung lediglich auf das zu bearbeitende<br />
Material, kann sich der größte Teil des<br />
Drucks in der Umgebung verteilen und<br />
die Wirkung verpufft. Bohrt man aber ein<br />
Loch ins Material, um den Sprengstoff einzubringen,<br />
wirkt fast der gesamte Druck<br />
auf das Material und die Wirkung ist entsprechend<br />
höher. Je nach Material und<br />
dem verwendeten Explosivstoff gibt es<br />
eine ganze Reihe an Faktoren, die die richtige<br />
Anwendung beeinflussen.<br />
Soll eine Sprengung erfolgreich verlaufen,<br />
ist das kein leichtes Unterfangen – eine<br />
gute Planung und nicht zuletzt Ausbildung<br />
und Erfahrung sind hier unbedingt<br />
von Nöten. In jeder Fachgruppe Sprengen<br />
gibt es deswegen Sprengberechtigte, die<br />
sich ihr Wissen und Können in zahlreichen<br />
Lehrgängen und immer wiederkehrender<br />
praktischer Tätigkeit aneigneten.<br />
Marcel Holler