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„Materialien zu Kebab Connection“ [PDF-Datei ... - GRIPS Theater

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Zweiheimisch lebenvon Dr. Christian Horn»kebab connection«Von der personalen Identität <strong>zu</strong> den Mehrfach-IdentitätenEs macht keinen Sinn mehr, von einer Identi-­tät <strong>zu</strong> sprechen, sondern vielmehr von Iden-­titäten oder sogar von Bastelexistenzen, Patchwork-­‐Identitäten oder multiplen Iden-­titäten. Womit keinesfalls die Notwendigkeit, sich in emotionaler, geografischer, sozialer, kultureller oder politischer Hinsicht <strong>zu</strong> ver-­orten, in Frage gestellt wird. Es geht viel-­mehr darum, Identifikationsprozesse nicht als naturwüchsiges Phänomene <strong>zu</strong> verste-­hen, sondern als Teil von gesellschaftlichen Entwicklungen mit einem breiten Spektrum von Identitätsvarianten und Kombinations-­möglichkeiten. Eine Identität bietet Sicher-­heit und Geborgenheit (»Heimat«), bildet aber auch die Grundlage, um Individuen oder Gruppen als nicht <strong>zu</strong>gehörig wahr<strong>zu</strong>nehmen und aus einem Kollektiv aus<strong>zu</strong>schließen. Wer über personale oder kollektive Identität spricht, sollte vor der Janusköpfigkeit dieses Konzepts nicht die Augen verschließen. Denn auch <strong>zu</strong>künftig wird die Bildung von kollek-­tiven Identitäten Gegenstand des politischen Konflikts um Deutungsmacht und Legitima-­tion politischer Ordnungen sein. (...) »Hybride Identitäten gelten als inter-­‐, trans-­‐ und multikulturell; ihre Träger sind zwei-­heimisch, bi-­‐ oder trinational; sie sitzen ent-­weder zwischen den Stühlen, oder auf einem Dritten Stuhl; sie sind Menschen mit Migrati-­onshintergrund oder aber ›Andere Deut-­sche‹.« Bemerkenswert ist, wie kreativ viele junge Menschen mit dem Phänomen »zwei-­heimisch leben« umgehen, für das es logi-­scherweise keine historisch fest verankerten Identitätsmuster geben kann. Dieser ebenso innovative wie erfolgreiche Umgang mit ver-­schiedenen Identitäten ist im Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit noch nicht an-­gekommen, so der Mainzer Erziehungswis-­‐senschaftler Tarek Badawia. Ebenso wenig die Eigenschaften und Fähigkeiten, die in diesen – natürlich nicht immer reibungslos verlaufenden – Identifikationsprozessen entstehen. Da<strong>zu</strong> gehören Kenntnis und Ak-­zeptanz von verschiedenen Identitäten und Kulturwelten, eine multiperspektivische Sichtweise auf die Welt, Mehrsprachigkeit, das »Switchen« zwischen verschiedenen Sprachen und Denkweisen, ein intuitives Verständnis für Konflikte sowie eine generel-­le Offenheit für identitätsrelevante Experi-­mente. Wer zweiheimisch aufwächst und lebt, der erwirbt Fertigkeiten in Sachen Kommunikation, Vermittlung und Konfliktlö-­sung, die in Zeiten voranschreitender Ver-­net<strong>zu</strong>ng und Internationalisierung immer wichtiger werden. (...) In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass nationale Identifikationen ein ideologisches Reservoir darstellen, das in Krisenzeiten abrufbar ist und für machtpolitische Ziele instrumentalisiert werden kann. Vor diesem Hintergrund ist es nicht unerheblich, dass sich in vielen Ländern Europas rechtspopuli-­stische Gruppierungen und Parteien etabliert haben, die mit ihrer regionalistischen oder nationalistischen Programmatik die traditio-­nellen, einen »gemäßigten« Patriotismus vertretenden Parteien unter Druck setzen. Die Angst vor dem sozialen Abstieg bietet zahlreiche Anknüpfungsmöglichkeiten für rechtspopulistische Mobilisierer«. Insofern spricht einiges dafür, ausgehend von den Erfahrungen mit unterschiedlichen Identitä-­ten im Alltag über transnationale und transkulturelle Identitätskonzepte nach<strong>zu</strong>-­denken und diese verstärkt in die gesell-­schaftlichen Debatten über Bildung, Partizi-­pation und die Weiterentwicklung der De-­mokratie ein<strong>zu</strong>bringen. aus: Christian Horn, Weder Deutsch noch ausländisch, in: nah & fern Ausgabe -­‐ Nr. 44, 2010 24

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