Historische Alleen in Schleswig-Holstein - Landesamt für ...
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Untersuchung nur bei Feststellung verdächtiger<br />
Umstände zu veranlassen.“<br />
Aus rechtlicher Sicht ist somit e<strong>in</strong>e visuelle<br />
Baumkontrolle (fachlich qualifizierte Inaugensche<strong>in</strong>nahme)<br />
ausreichend. Ergibt diese jedoch<br />
Verdachtsmomente <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e mangelnde Verkehrssicherheit,<br />
muss e<strong>in</strong>e Baumuntersuchung<br />
zum Beispiel mit e<strong>in</strong>fachen Werkzeugen, speziellen<br />
Geräten oder Verfahren erfolgen.<br />
Kommt es <strong>in</strong>folge mangelnder Stand- und/oder<br />
Bruchsicherheit e<strong>in</strong>es Baumes zu e<strong>in</strong>em Schadensfall,<br />
so ist <strong>für</strong> etwaige Schadensersatzansprüche<br />
stets entscheidend, ob der Schaden<br />
vorhersehbar war und <strong>in</strong>folge e<strong>in</strong>er Fahrlässigkeit<br />
des Verantwortlichen entstanden ist oder<br />
ob er trotz regelmäßiger Kontrollen und notwendiger<br />
baumpflegerischer Maßnahmen nicht<br />
verh<strong>in</strong>dert werden konnte (3) . Oftmals wird behauptet,<br />
dass Sturmschäden hiervon ausgenommen<br />
s<strong>in</strong>d, da es sich um höhere Gewalt<br />
handelt und man da<strong>für</strong> nicht haftbar gemacht<br />
werden kann. Grundsätzlich beruhen Sturmschäden<br />
nicht auf höherer Gewalt, sondern nur<br />
dann, wenn der Schaden nicht vorhersehbar<br />
war.<br />
Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass <strong>für</strong> viele<br />
Bäume e<strong>in</strong>e Kontrolle pro Jahr ausreicht, dagegen<br />
müssen <strong>in</strong> begründeten Fällen stärker<br />
geschädigte Bäume häufiger kontrolliert werden<br />
und Bäume ohne Schäden weniger oft (4) .<br />
Zustandsabhängige Kontroll<strong>in</strong>tervalle wurden <strong>in</strong><br />
den 1990er Jahren erstmals <strong>in</strong> Hamburg e<strong>in</strong>geführt<br />
(Hamburger Baumkontrolle) und nachfolgend<br />
zur „Kommunalen Baumkontrolle zur Verkehrssicherheit“<br />
weiterentwickelt. Die 2004 bei<br />
der FLL erschienene Baumkontrollrichtl<strong>in</strong>ie enthält<br />
ebenfalls <strong>in</strong> wesentlichen Zügen gleich lautende<br />
zustandsabhängige Kontroll<strong>in</strong>tervalle und<br />
Empfehlungen <strong>für</strong> die Baumkontrolle. Die Kontroll<strong>in</strong>tervalle<br />
s<strong>in</strong>d abhängig vom Alter und Zustand<br />
des Baumes sowie der berechtigten Sicherheitserwartung<br />
des Verkehrs. Dabei muss<br />
im E<strong>in</strong>zelfall e<strong>in</strong>e Gesamtabwägung nach Art<br />
und Umfang des Verkehrs erfolgen. In der Regel<br />
ist an öffentlichen Straßen und öffentlich<br />
zugänglichen Parks und Gärten die Sicherheitserwartung<br />
höher e<strong>in</strong>zustufen als an wenig genutzten<br />
privaten Wegen oder Gärten <strong>in</strong> Privatbesitz.<br />
Dieser Richtl<strong>in</strong>ie kommt besondere Bedeutung<br />
zu, da hiermit erstmals von vielen Organisationen<br />
beziehungsweise Fachverbänden e<strong>in</strong>e<br />
Empfehlung <strong>für</strong> die Baumkontrolle erarbeitet<br />
wurde. Zu dem Arbeitskreis gehören unter anderem<br />
Sachverständige, Kommunalversicherer<br />
sowie Richter. Bereits kurz nach ihrem Ersche<strong>in</strong>en<br />
hatte die Richtl<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>e hohe Akzeptanz<br />
und ist heute zunehmend die Grundlage <strong>für</strong> die<br />
Baumkontrolle <strong>in</strong> Kommunen (5) .<br />
4.3 Vitalität und Verkehrssicherheit<br />
Je nach Standort und Funktion der Bäume stehen<br />
bei der Baumansprache verschiedene Kriterien<br />
im Vordergrund. Bei Forstbäumen wird zum<br />
Beispiel <strong>für</strong> den Waldzustandsbericht primär die<br />
Vitalität beurteilt, während an öffentlichen Wegen<br />
vor allem auf die Verkehrssicherheit geachtet<br />
werden muss. Unter Vitalität versteht man<br />
im Allgeme<strong>in</strong>en den Gesundheitszustand<br />
(Wüchsigkeit), während die Verkehrssicherheit<br />
das Gefahrenpotenzial umfasst, das von Bäumen<br />
ausgehen kann. Durch die Waldschadensdiskussion<br />
ist jedoch unser Denken so geprägt,<br />
dass Bäume mit Schäden <strong>in</strong> der Krone allgeme<strong>in</strong><br />
als krank und umgekehrt, voll belaubte<br />
Exemplare als gesund und damit auch h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der Verkehrssicherheit als unbedenklich angesprochen<br />
werden. Erfahrungen aus der<br />
Baumkontrollpraxis haben jedoch ergeben, dass<br />
Bäume mit Vitalitätsmängeln durchaus verkehrssicher,<br />
vitale Bäume dagegen nicht verkehrssicher<br />
se<strong>in</strong> können.<br />
Fäulen bei Bäumen bef<strong>in</strong>den sich zumeist im Inneren<br />
des Holzkörpers, so dass die älteren Jahrr<strong>in</strong>ge<br />
geschädigt s<strong>in</strong>d. Dadurch kann die Verkehrssicherheit<br />
des Baumes bee<strong>in</strong>trächtigt se<strong>in</strong>.<br />
Die jüngeren Jahrr<strong>in</strong>ge im äußeren Stammbereich<br />
bleiben <strong>in</strong> vielen Fällen zunächst noch<br />
<strong>in</strong>takt. Die Versorgung der Krone erfolgt überwiegend<br />
<strong>in</strong> diesen äußeren Jahrr<strong>in</strong>gen des Holzkörpers.<br />
Für die Versorgung der Krone wird daher<br />
im Allgeme<strong>in</strong>en deutlich weniger Holz<br />
benötigt als <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e ausreichende Verkehrssicherheit.<br />
Somit können Bäume, die nicht mehr<br />
verkehrssicher s<strong>in</strong>d, dennoch vital se<strong>in</strong>. Im Gegensatz<br />
dazu gibt es auch Bäume mit starken<br />
Vitalitätsmängeln durch abiotische oder biotische<br />
Schäden (zum Beispiel Frost, Erdgas, Gefäßkrankheiten),<br />
die trotzdem noch e<strong>in</strong>e gewisse<br />
Zeit verkehrssicher s<strong>in</strong>d.<br />
Vom Kronenzustand kann daher nicht auf die<br />
Verkehrssicherheit e<strong>in</strong>es Baumes geschlossen<br />
werden. So kann zum Beispiel die Auswertung<br />
von Color-Infrarot-(CIR)-Luftbildern Auskunft<br />
über den Gesundheitszustand und bei wiederholter<br />
Durchführung auch über die Vitalitätsentwicklung<br />
von Bäumen geben, nicht jedoch über<br />
deren Verkehrssicherheit. Diese wird durch e<strong>in</strong>e<br />
Baumkontrolle (fachlich qualifizierte Inaugensche<strong>in</strong>nahme)<br />
vom Boden aus oder bei Vorliegen<br />
von Defektsymptomen oder anderen Verdachtsmomenten<br />
<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e mangelnde Verkehrssicherheit<br />
durch e<strong>in</strong>e Baumuntersuchung festgestellt.<br />
Hierbei sollte ergänzend auch e<strong>in</strong>e Vitalitätsbeurteilung<br />
durchgeführt werden, um zum<br />
Beispiel Informationen darüber zu erhalten, ob<br />
der Baum noch <strong>in</strong> der Lage ist, auf Schnittmaßnahmen<br />
<strong>in</strong> der Krone zu reagieren. Hierbei spielen<br />
besonders der zu erwartende Neuaustrieb<br />
sowie die Wundreaktionen auf die Verletzung<br />
durch den Schnitt e<strong>in</strong>e Rolle.<br />
Baumbiologische Möglichkeiten zur Erhaltung historischer <strong>Alleen</strong> 169