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Viktor E. Frankl und die Zentralität der Sinnfrage - Martin Bucer ...

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<strong>Viktor</strong> E. <strong>Frankl</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> Zentralität <strong>der</strong> <strong>Sinnfrage</strong>3.1.1 Die <strong>Sinnfrage</strong> istwesentlich für den Menschen<strong>Frankl</strong> beschreibt mit Präzision dasSinn-Vakuum <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Überflussgesellschaft,das sich in einemLangeweilegefühl manifestiert. Dabeigreift er auf empirische Ergebnissezurück. Das Problem akzentuiert sichunter jungen Erwachsenen, Arbeitslosen<strong>und</strong> Pensionierten. 119 Alkohol- <strong>und</strong>Drogenmissbrauch sieht er als Versuchan, „ein solches Glücksgefühl unterUmgehung je<strong>der</strong> Sinnerfüllung herbeizuführen,<strong>und</strong> zwar auf dem Umwegüber <strong>die</strong> Chemie“. 120 Das Tempo <strong>und</strong>den Lärm des mo<strong>der</strong>nen Lebens deuteter als „vergeblichen Selbstheilungsversuch<strong>der</strong> existenziellen Frustration;denn je weniger <strong>der</strong> Mensch um einLebensziel weiß – nur desto mehrbeschleunigt er auf seinem Lebenswegdas Tempo.“ 121 Mit einer ebenso großenTreffsicherheit entlarvt er das Strebendes Menschen nach Vergnügen, dassich in <strong>der</strong> „Willen zur Macht“ 122 <strong>und</strong>im „Willen zur Lust“ 123 manifestiert.Die Sexindustrie de-personalisiert <strong>die</strong>Sexualität, was in einem Verlust <strong>der</strong>Lust resultiert. 124 Zudem sieht er in<strong>der</strong> westlichen Gesellschaft <strong>die</strong> Überschätzungvon Arbeit <strong>und</strong> Genuss –„weil sie am Sinn ihres Lebens zweifeln,<strong>und</strong> das wie<strong>der</strong>, weil sie leidensunfähigsind <strong>und</strong> im gleichen Maße den Wertvon so etwas wie Arbeitsfähigkeit o<strong>der</strong>Genussfähigkeit überschätzen <strong>und</strong>vergötzen.“ 125Für Menschen, welche <strong>die</strong> Frustrationdurch sinn-entleerte Sexualität o<strong>der</strong>durch <strong>die</strong> Überbetonung <strong>der</strong> Arbeiterfahren haben – <strong>der</strong> Titel „KollektiveNeurosen im Management“ 126 sprichtBände –, wird <strong>die</strong> Frage nach dem Sinnzentral. So gibt es manche, <strong>die</strong> sichunter finanziellen Abstrichen <strong>und</strong> aufKosten von Status beruflich neu orientieren.Warum sind so viele Menschen,<strong>die</strong> ihre Ziele erreicht haben, frustriert?Weshalb gibt es gesellschaftlichenMisserfolg, <strong>der</strong> mit Erfüllung verb<strong>und</strong>enist? Diese – empirisch nachweisbare– paradoxe Situation stellt wesentlicheKomponenten des Wertesystems unsererwestlichen Welt in Frage.3.1.2 Psychoanalyse <strong>und</strong> Individualpsychologiesind reduktionistisch<strong>Frankl</strong> hat sich eingehend von Freud<strong>und</strong> Adler, <strong>die</strong> er persönlich kannte, auseinan<strong>der</strong>gesetzt. Ohne ihre Ver<strong>die</strong>nstezu unterschlagen, ortete er bei beidenRichtungen einen Reduktionismus.Die Psychoanalyse habe sich darumbemüht, „verdrängte Erlebnisinhaltedem Unbewussten abzuringen“ 127 . DieIndividualpsychologie habe versucht„<strong>die</strong> Ich-Sphäre durch einen Zuwachs anVerantwortlichkeit zu erweitern“ 128 . DieWirklichkeit werde unter <strong>der</strong> Kategorie<strong>der</strong> Kausalität bzw. <strong>der</strong> Finalität angeschaut.129 <strong>Frankl</strong> nahm beide zusammen:„Mensch-Sein bedeutet Bewusstsein<strong>und</strong> Verantwortlich-sein.“ 130 In <strong>der</strong>„Vermassung <strong>der</strong> Industriegesellschaft“sah er ein Paradox, weil sie <strong>die</strong> Vereinsamungför<strong>der</strong>e <strong>und</strong> das Aussprachebedürfnissteigere. 131 Er sah zudem <strong>die</strong>Neigung <strong>der</strong> Industriegesellschaft zueiner mechanistischen Selbstinterpretation<strong>und</strong> verglich <strong>die</strong>s mit <strong>der</strong> Darstel-Th e o l o g i s c h e Ak z e n t e 15

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