GeistReich 3/2012 - Evangelische Kirchengemeinde
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Thema<br />
4<br />
GEISTREICH<br />
Freiheit<br />
zur<br />
Verantwortung<br />
Joachim Gauck ist neuer Bundespräsident.<br />
Der evangelisch-lutherische Theologe<br />
aus der ehemaligen DDR musste<br />
für seine Amtszeit nicht erst nach einem<br />
Thema, das ihn umtreibt und für das er<br />
in Deutschland werben will, suchen. Seine<br />
Biographie (geboren 1940 in Rostock,<br />
Pfarrer und Kirchenfunktionär, während<br />
des politischen Umbruchs Mitglied des<br />
Neuen Forums und Abgeordneter der<br />
Volkskammer, Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde<br />
und schließlich oberster<br />
Repräsentant Deutschlands) hat ihn fast<br />
zwangsläufig darauf gebracht: Freiheit<br />
zur Verantwortung!<br />
Es ist bezeichnend, dass er den Begriff<br />
„Freiheit“ nicht für sich alleine stehen<br />
lässt, sondern ihn mit einem weiteren<br />
verbindet. Er versteht Freiheit also nicht<br />
absolut im Sinne von „Freiheit von etwas“, sondern setzt sie in Beziehung zur Verantwortung.<br />
Damit will er die Freiheit nicht relativieren oder gar begrenzen, sondern gibt<br />
ihr eine Richtung und ein ethisches Profil.<br />
Keine Frage: Freiheit ist immer wieder ein herausragendes Thema. Während wir in<br />
unserer konsumorientierten Gesellschaft mit einem Freiheitsbegriff konfrontiert werden,<br />
der die Autonomie und Selbstverwirklichung zum Ziel hat (Freiheit zum Konsum, Freiheit<br />
zum Genuss, Freiheit zur Lebensgestaltung), wird in anderen Teilen der Welt immer<br />
noch konkret und leibhaftig um Freiheit gekämpft: Laut Unicef leben weltweit immer<br />
noch 200.000 Kinder in Sklaverei, im Sudan lebt der Sklavenhandel seit dem zweiten<br />
Bürgerkrieg wieder auf und nach einem Bericht des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung<br />
von 2010 gibt es selbst in Europa noch über 140.000 Menschen,<br />
denen persönliche Freiheit per se aberkannt wird.<br />
Freiheit ist aber auch ein theologischer Begriff. Philosophen und Theologen haben<br />
zum Beispiel lange darüber gestritten, ob der Mensch als Geschöpf Gottes überhaupt<br />
einen freien Willen habe, und Martin Luther hat eine seiner berühmtesten Denkschriften<br />
diesem Thema gewidmet („Von der Freiheit eines Christenmenschen“, 1520).<br />
Auf den folgenden Seiten wollen wir uns darum in aller Bescheidenheit mit der „Freiheit“<br />
auseinandersetzen und danach fragen, wie wir Freiheit verstehen. Selbstverständlich<br />
ist sie - wie so vieles im Leben - nicht.<br />
ar<br />
Juni - August <strong>2012</strong> Ev. Kgm. Holten-Sterkrade