GeistReich 3/2012 - Evangelische Kirchengemeinde
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GEISTREICH<br />
Freiheit: Tun, was man will?<br />
„Keine Schule, keine Regeln, keine Autoritäten<br />
und jeder kann machen was er<br />
will“. So oder so ähnlich äußerten sich<br />
Jugendliche kürzlich in einem Internetforum<br />
auf die Frage, was „Freiheit“ für sie<br />
bedeutet. Das ist irgendwie verständlich<br />
und hört sich nach einem enormen Druck<br />
an, dem Kinder und Jugendliche heute<br />
durch Elternhaus, Schule und Vereine ausgesetzt<br />
sind. Da sehnt man sich offenbar<br />
nach mehr Auszeiten, nach mehr eigenen<br />
Gestaltungsmöglichkeiten und Entscheidungsfreiräumen,<br />
nach mehr „persönlicher<br />
Freiheit“ eben. Und die Erfahrungen aus<br />
der Arbeit mit Kinder-, Konfirmanden- und<br />
Jugendgruppen bestätigt diesen Druck,<br />
der sich bei genauerem Hinsehen oftmals<br />
allerdings (auch oder überwiegend) als<br />
Freizeitstress offenbart: Zwei- bis dreimal<br />
wöchentlich Fußball- oder Tanztraining<br />
und sonntags ein Spiel oder einen Auftritt,<br />
Mucki-Bude, Bandprobe, Jugendgruppe,<br />
aber auch Nachmittagsunterricht, Nachhilfe,<br />
Arztbesuche, Beratungsgespräche. Da<br />
kommt man als Kind oder Jugendlicher<br />
unter Umständen schon mal leicht ins<br />
Schwitzen, und auch Eltern sind gehetzt,<br />
wenn sie fast täglich Taxi für die Kids<br />
spielen müssen.<br />
Ein Aspekt, der diesem Gefühl von Eingeengtsein,<br />
von Gesteuertsein in gewisser<br />
Weise entgegenwirkt, ist die alle Grenzen<br />
sprengende Freiheit der globalen Kommunikation.<br />
Das Handy ist nach einer aktuellen<br />
Umfrage für 60-70 % der Jugendlichen<br />
wichtiger, als einen Freund oder<br />
eine Freundin zu haben. Ständige Präsenz,<br />
Dauerkontakte in allen Lebenslagen, 1000<br />
Short Messages im Monat sind unter Jugendlichen<br />
keine Seltenheit. Facebook als<br />
gegenwärtig gängigstes Vernetzungsmedium<br />
suggeriert persönliche Wichtigkeit und<br />
viele (hundert) Freundschaften. Das Internet<br />
mit allen seinen Möglichkeiten (und<br />
Gefahren) ist der Zugang zur weltweiten<br />
Thema<br />
Kommunikationsgemeinschaft und ein wesentliches<br />
Medium der Globalisierung. Mit<br />
diesen (inzwischen nicht mehr ganz so)<br />
„neuen“ Medien gelingt scheinbar der Ausstieg<br />
aus der Enge des Alltags mit all<br />
seinen Verpflichtungen, all seinen Regeln<br />
und Autoritäten.<br />
Allerdings verschwimmen dabei die Grenzen<br />
allzu leicht. Zum einen die Grenzen zur<br />
fiktiven Parallelwelt im WordWideWeb, in<br />
dessen Abgründe nicht wenige Jugendliche<br />
auf Nimmer- Wiedersehen abtauchen und<br />
dabei zu kommunikationsunfähigen, sozial<br />
isolierten Stubenhockern und Eigenweltlern<br />
werden. Zum anderen die Grenzen zur Realwelt,<br />
in der die Erziehungsinstanzen wie<br />
Eltern, Schule, Gruppenleiter ihren „Tribut“<br />
Ev. Kgm. Holten-Sterkrade Juni - August <strong>2012</strong><br />
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