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Marc Aurel: Selbstbetrachtungen (Viertes & Neuntes Buch)

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sie diese Zeit zubringen! Mache also nicht soviel Wesens davon! Schau auf das Unermeßliche<br />

der Zeit hinter dir und auf eine andere Unendlichkeit vor dir! Was ist denn da noch für ein<br />

Unterschied zwischen einem, der drei Tage, und einem anderen, der drei Menschenalter Wie<br />

Homer von Nestor erzählt. gelebt hat?<br />

51.<br />

Geh immer den kürzesten Weg. Der kürzeste Weg ist der naturgemäße, das heißt in allen<br />

Reden und Handlungen der gesunden Vernunft folgen. Ein solcher Entschluß befreit dich von<br />

tausend Kümmernissen und Kämpfen, von jeder Verstellung und Eitelkeit.<br />

Fünftes <strong>Buch</strong>.<br />

33.<br />

Wie bald, und du bist Asche und ein Knochengerippe und nur noch ein Name, oder selbst<br />

nicht ein Name mehr ist übrig! Der Name aber ist bloßer Schall und Widerhall. Und die<br />

geschätztesten Güter des Lebens sind eitel, modernd, unbedeutend, Hunden gleich, die sich<br />

herumbeißen, und Kindern, die sich zanken, bald lachen und dann wieder weinen. Treue aber<br />

und Scham, Gerechtigkeit und Wahrheitsliebe<br />

– – zum Olymp der geräumigen Erde entflohen.Aus Hesiod.<br />

Was gibt es also, das dich hier unten zurückhält? Alles Sinnliche ist ja so wandelbar und<br />

unbeständig, die Sinne selbst sind aber voll trüber Eindrücke und leicht zu täuschen, und das<br />

Seelchen ist selbst nur ein Aufdampfen des Blutes. Und nun unter solchen Menschen berühmt<br />

sein – wie nichtig! Warum siehst du also nicht gelassen deinem Erlöschen oder deiner<br />

Versetzung entgegen? Bis aber dieser Zeitpunkt sich einstellt, was bleibt übrig? Was anders,<br />

als die Götter zu ehren und zu preisen, den Menschen aber wohl zu tun Also Gottesfurcht und<br />

Menschenliebe ist das vornehmste Gebot. und sie zu dulden oder auch zu meiden und zu<br />

bedenken, daß alles, was außerhalb der engen Grenzen deines Fleisches und Geistes liegt,<br />

weder dir gehört noch von dir abhängt.<br />

<strong>Neuntes</strong> <strong>Buch</strong>.<br />

1.<br />

Wer unrecht handelt, ist gottlos. Denn die Allnatur hat die vernünftigen Wesen füreinander<br />

geschaffen, um einander nach Bedürfnis zu nützen, keineswegs aber zu schaden; wer also<br />

ihren Willen übertritt, der frevelt offenbar gegen die ewige Gottheit. Auch wer lügt, frevelt<br />

gegen dieselbe Gottheit. Denn die Allnatur ist das Reich des Seienden. Das Seiende aber steht<br />

mit allem Vorhandenen in engster Verbindung. Ferner wird jene auch die Wahrheit selbst<br />

genannt und ist tatsächlich der Urquell alles Wahren. Wer also vorsätzlich lügt, handelt<br />

gottlos, insofern er auf betrügerische Weise unrecht handelt; wer es aber unvorsätzlich tut,<br />

gleichfalls, insofern er mit der Allnatur nicht im Einklang steht und durch seinen Streit mit<br />

der Weltnatur ihre Ordnung stört. Doch auch wider sich selbst streitet ein solcher, indem er<br />

sich zum Wahrheitswidrigen hinreißen läßt. Denn er hatte bei seiner Bildung von der Natur<br />

Abneigung dagegen erhalten, durch deren Vernachlässigung er nunmehr außerstande ist, das<br />

Falsche von dem Wahren zu unterscheiden. Ferner handelt gottlos, wer den sinnlichen<br />

Genüssen als Gütern nachjagt, vor den Leiden aber, als vor Übeln, flieht. Denn notwendig<br />

kommt ein solcher oft in die Lage, sich über die allwaltende Natur zu beschweren, als teile sie<br />

10

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