Marc Aurel: Selbstbetrachtungen (Viertes & Neuntes Buch)
Marc Aurel: Selbstbetrachtungen (Viertes & Neuntes Buch)
Marc Aurel: Selbstbetrachtungen (Viertes & Neuntes Buch)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Käso Fabius, Konsul. Volesus, Leonnatus, Ein Feldherr und Freund Alexanders des Großen.<br />
und in kurzer Zeit wird das auch mit einem Scipio und Cato, nachher mit Augustus und dann<br />
mit Hadrian und Antoninus der Fall sein. Alles vergeht und wird bald zum Märchen und sinkt<br />
rasch in völlige Vergessenheit. Und dies gilt von denen, die einst so wunderbar geglänzt<br />
haben. Denn die übrigen, wenn sie kaum den Geist ausgehaucht haben, »schwinden<br />
unrühmlich dahin, weder gehört noch gesehen.« Erwähnung einer Stelle aus Homers Odyssee<br />
(1,242), wo Telemach klagt, von seinem Vater keine Nachricht zu haben. Was wäre aber auch<br />
eigentlich ein ewiger Nachruhm? Ein völliges Nichts. Was ist es also, worauf wir unsere<br />
ganze Sorge lenken müssen? Nur das eine: eine gerechte Sinnesart, gemeinnütziges Handeln,<br />
beständige Wahrheit im Reden und eine Gemütsstimmung, alles, was uns zustößt, mit<br />
Ergebung hinzunehmen, wie eine Notwendigkeit, eine bekannte Sache, die mit uns einerlei<br />
Quelle und Ursprung hat.<br />
34.<br />
Überlaß dich ohne Widerstand dem Geschick und laß dich von diesem in die Verhältnisse<br />
verflechten, in die es ihm beliebt.<br />
35.<br />
Alles geht in einem Tage dahin, sowohl der Rühmende als der Gerühmte.<br />
36.<br />
Betrachte unaufhörlich, wie alles Werdende kraft einer Umwandlung entsteht, und gewöhne<br />
dich so an den Gedanken, daß die Allnatur nichts so sehr liebt, wie das Vorhandene<br />
umzuwandeln, um daraus Neues von ähnlicher Art zu schaffen; denn alles Vorhandene ist<br />
gewissermaßen der Same dessen, was aus ihm werden soll. Du aber stellst dir nur das als<br />
Samen vor, was in die Erde oder in den Mutterschoß fällt. Das ist ganz oberflächlich gedacht.<br />
37.<br />
Bald wirst du tot sein und bist noch nicht weder fest noch ohne Unruhe noch frei von der<br />
Einbildung, daß du durch die Außendinge unglücklich werden kannst, nicht wohlwollend<br />
gegen jedermann, nicht gewohnt, die Weisheit allein in rechten Taten zu suchen.<br />
38.<br />
Prüfe die Gemüter der Menschen, sieh, was die Weisen vermeiden und wonach sie trachten.<br />
39.<br />
Dein Übel hat seinen Grund nicht in der herrschenden Denkungsart eines andern, auch nicht<br />
in der Veränderung und Umstimmung deiner körperlichen Hülle. Wo also? In dem Teile<br />
deines Selbst, wo das Vermögen, über Übel gewisse Meinungen zu hegen, seinen Sitz hat.<br />
Möge da keine falsche Vorstellung sein, und alles steht gut. Ja, würde selbst das mit ihm so<br />
eng verbundene Körperchen geschnitten, gebrannt, vereitern, verfaulen, soll doch der Teil<br />
deines Wesens, der über das alles seine Meinungen hegt, ruhig bleiben, das heißt, er fälle das<br />
Urteil, daß das, was dem bösen und dem tugendhaften Manne gleicherweise zustoßen kann,<br />
weder ein Übel noch ein Gut sei. Denn was sowohl dem naturwidrig als dem naturgemäß<br />
lebenden Menschen ohne Unterschied begegnet, das ist selbst weder naturgemäß noch<br />
naturwidrig.<br />
7