Andrej Bitovs Uroki Armenii - Sarah
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polarisiert weniger, als dass sie die Besonderheiten der russischen sowie der kauka-<br />
sischen Welt einfängt und die inneren Widersprüche beider Seiten zum Ausdruck<br />
bringt.<br />
In den erwähnten Werken herrscht ein ausgebildeter Typus von Abenteuerzeit,<br />
der gänzlich des Zykluscharakters von Natur und Alltagsleben entbehrt. 31 Es han-<br />
delt sich dabei um die Reise in ein fremdes Gebiet, wo gewisse Aufgaben erfüllt<br />
werden müssen. Damit wird eine Handlung sozusagen in einen Raum importiert,<br />
und der Held erlebt den fremden Raum nicht nur, sondern agiert vielmehr darin.<br />
Dabei ist der literarische Bezug zur räumlichen Realität (Georaum) anhand von<br />
Orientierungspunkten und Raumkoordinaten relativ deutlich erkennbar.<br />
Diese fiktionalen Erzählungen bringen landschaftliche sowie geopolitische Beson-<br />
derheiten zum Ausdruck. Die Autoren hatten den Kaukasus alle selber bereist. Die<br />
Erzählungen bezeugen daher nicht zuletzt zu einem bedeutenden Anteil den dama-<br />
ligen russischen Zeitgeist.<br />
Die Erwähnung dieser Werke ist von Bedeutung, da sie sowohl Zeitgenossen als<br />
auch nachfolgenden Generationen ein typisches Bild respektive eine typische Idee des<br />
Kaukasus der Epoche der russischen Romantik vermittelten. Die russische Mythisie-<br />
rung des Kaukasus erlebte im Zeitalter kolonialer Eroberungen ihren Höhepunkt. Die<br />
Eroberung des Kaukasus präsentierte sich dabei nicht nur anhand kartographisch<br />
verzeichneter Territorien, sondern insbesondere mittels bildlicher und literarischer<br />
Darstellungen.<br />
1.5 Statischer Topos versus Topos in Bewegung<br />
Wie bereits erwähnt wurde, bildet eine Landkarte die Gesamtansicht eines Gebiets<br />
ab, während innerhalb eines Textes ein Gebiet sozusagen fokussiert und detailliert in<br />
Ausschnitten behandelt wird. Somit sind einzelne Beschreibungssujets, sofern geo-<br />
graphisch verortbar, gleichermassen wie Gemälde als Momentaufnahmen, als Zoom-<br />
fokussierte Kartenausschnitte zu betrachten.<br />
Die gehäufte Darstellung derselben oder ähnlicher Sujets führte sowohl in der Ma-<br />
lerei als auch in der Literatur des 19. Jahrhunderts zu einer Stereotypenbildung und<br />
gegenseitigen Wechselwirkung, die nebst der mannigfach porträtierten Bergland-<br />
31 Vgl. Bachtin, S. 14.<br />
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