Andrej Bitovs Uroki Armenii - Sarah
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Moderne und der späteren Sowjetzeit der 60er Jahre (Bitov).<br />
2 Russische Kaukasus-Reisetexte seit Puškin<br />
2.1 Romantik - Moderne - Postmoderne (Spätsozialismus)<br />
Wenn sich in Lermontovs Poem Demon ein unmenschliches Wesen, ein Geist, flie-<br />
gend über die Täler des nördlichen Kaukasus erhebt, dringt ein fingiertes Figurenwe-<br />
sen in einen „fiktionalisierten Raum“ 41 ein. Der Handlungsraum Kaukasus und seine<br />
Schauplätze deuten auf eine reale ausserliterarische Wirklichkeit hin, während der<br />
Figurenraum ausserhalb der Textwelt nicht auffindbar ist. Wie verhält es sich nun<br />
mit Reisetexten, in denen entweder mittels Bericht oder Beschreibung Erfahrungen<br />
durch einen Ich-Erzähler berichtet werden? Kann hier die Rede sein von authen-<br />
tischen Texten? Gerade in Bezug auf Reisetexte könnte man dazu neigen, dieser<br />
Literatur eine Identität mit der Wirklichkeit zu unterstellen. Das wäre die „Illusi-<br />
on der Mimesis“: Es scheint, als ob ein existenter Ort, eine Route lediglich noch<br />
literarisch dargelegt würde. Doch eigentlich wird der jeweilige Ort erst durch den<br />
Text hergestellt. Somit sind die bereisten Räume zwar auf ihre ausserliterarische Re-<br />
ferentialität hin überprüfbar, doch sind die dargestellten Orte als Konstrukte eines<br />
Autors zu verstehen, der Raumkomponenten und Handlungsereignisse nach eigenem<br />
Ermessen, ähnlich wie der Autobiograph, anordnet, betont oder weglässt. 42<br />
Die Fragen sind im Zusammenhang mit der russischen Reiseliteratur des 19. und<br />
20. Jahrhunderts zu stellen. Als Ausgangspunkt der Tradition russischer Reisebe-<br />
schreibungen über den Kaukasus und der Analysen in dieser Arbeit gilt erneut ein<br />
romantischer Reisetext Puškins Putešestvie v Arzrum vo vremja pochoda 1829 goda<br />
(1835). Er wird in dieser Arbeit einerseits als eine Art Grundlage für die Reisetex-<br />
te der Moderne, nämlich Belyjs Veter s Kavkaza (1928) und Armenija (1929) sowie<br />
Mandel’štams Putešestvie v Armeniju (1933), betrachtet. Andererseits erstreckt sich<br />
sein Einflussbereich bis in <strong>Bitovs</strong> Texte <strong>Uroki</strong> <strong>Armenii</strong> und Gruzinskij al’bom.<br />
Diese Auswahl von sechs Reisetexten dreier Epochen soll auf Parallelen und in-<br />
41 Darunter sind existente Gegenden, die in einem fiktionalen Text zum Handlungsraum modelliert<br />
werden, zu verstehen. Vgl. Piatti, S. 23.<br />
42 Vgl. Mahler, Andreas: Stadttexte – Textstädte. Formen und Funktionen diskursiver Stadtkonstitution.<br />
In: ders. (Hg.): Stadt-Bilder. Allegorie. Mimesis. Imagination. Heidelberg 1999, S. 12. Zit.<br />
nach: Piatti, S. 27.<br />
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