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Die Konzerte 2010 - Musikalische Sommer

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Elmar Budde<br />

Den Titel von Tolstojs Erzählung haben die<br />

folgenden Überlegungen sich variierend<br />

angeeignet. Zwei Aspekte sind in dieser<br />

Frage angesprochen. Einmal wird vorausgesetzt, dass<br />

der Mensch Musik braucht. Zum anderen wird<br />

impliziert, dass es eine quantitative Antwort gibt,<br />

verbunden mit der Möglichkeit eines »Zuviel!«.<br />

BRAUCHEN WIR KUNST<br />

ÜBERHAUPT?<br />

<strong>Die</strong> Frage richtet sich an uns, die wir uns auf ver -<br />

schiedene Art der Musik widmen; es ist aber auch<br />

eine Frage an die Gesellschaft und damit an die<br />

Kultur im Allgemeinen. Gerade heute, wo uns die<br />

Musik als eine Art Klangkulisse ständig umgibt, ist ein<br />

kritisches Bewusstsein gefordert, um uns ihrer<br />

erwehren zu können, um ihr nicht zu erliegen.<br />

<strong>Die</strong> Notwendigkeit dazu leitet unmittelbar zum ersten<br />

Teil der Fragestellung: Brauchen wir Musik und damit<br />

Kunst überhaupt? Dazu darf man zumindest so viel<br />

sagen, dass der Anspruch der Kunst immer darin<br />

bestanden hat, Ausdrucksformen zu schaffen, mit<br />

deren Hilfe bestimmte Vorgänge, Ereignisse und<br />

Emotionen, die mit der meinenden Sprache nicht zu<br />

erreichen und zu begreifen sind, sinnlich zu vermitteln,<br />

um damit dem Menschen auf sinnliche Weise zu<br />

helfen.<br />

Gegenüber der bildenden Kunst sind die musikalischen<br />

Ausdrucksformen dabei sehr viel unmittelbarer.<br />

Musik vollzieht sich in der Zeit. Kann man in der<br />

bildenden Kunst den Blick abwenden, verlangt die<br />

Musik vom Hörer, sich in ihre Zeit zu begeben. Damit<br />

ist sie besonders beredt. Sie spricht mit uns, sie<br />

fordert uns zum Dialog auf.<br />

<strong>Die</strong>ser Sprachcharakter scheint der Musik von alters<br />

her eingeschrieben zu sein. Der Begriff »Musik« geht<br />

zurück auf jene antiken Gottheiten, die als Musen der<br />

Welt Sinn und Ausdruck gaben. Der antike Mythos<br />

berichtet, dass die Götter, nachdem Zeus die Welt in<br />

ihrer Herrlichkeit geschaffen hatte, sich beklagten,<br />

dass die Welt stumm sei. So zeugte Zeus mit<br />

Mnemosyne, der Göttin der Erinnerung und des<br />

Gedenkens, die neun Musen, die der Welt schließlich<br />

Sprache und Stimme verliehen. Das Wort »Musik«<br />

erinnert uns daran, dass der Zusammenklang der<br />

Töne göttlichen Ursprungs ist.<br />

Von der Antike über das Mittelalter bis ins Barock-<br />

Zeitalter sah man die Musik daher als einen Teil des<br />

Weltganzen, das auf den gleichen Gesetzmäßigkeiten<br />

beruhte wie die Klangwelt. Der zweite Teil der zu<br />

Beginn variierten Tolstoj’schen Frage begegnet uns so<br />

recht eigentlich erst in der zweiten Hälfte des<br />

18. Jahrhunderts, als sich in Mitteleuropa die Musik<br />

herausbildet, die wir heute »Klassische Musik«<br />

nennen.<br />

DIE NEUE KLASSIK<br />

Im Unterschied zu ihren Vorläufern beansprucht diese<br />

Musik, eine allgemein verbindliche Sprache im Sinne<br />

der meinenden Sprache zu sein; eine Sprache, die<br />

fähig ist, Gefühle, Empfindungen und schließlich auch<br />

Gedanken zu formulieren, so dass sie erlebbar und<br />

verständlich wird. Ihre Reduktion auf einfache Struk -<br />

turen und Formeln ist auf ihren Anspruch, Sprache zu<br />

sein, zurückzuführen. Und wie diese kann sie seitdem<br />

fragen, erinnern und vorausweisen. Allein, nun ist<br />

Partizipation an der Sprache der Musik gefragt. Nur<br />

wer an einer Sprache partizipiert, kann sie verstehen.<br />

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