Die Konzerte 2010 - Musikalische Sommer
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Geige und Geiger werden<br />
eins, wenn sie beim Spiel ihr<br />
Publikum verzaubern und es<br />
in höheren Sphären<br />
schweben lassen. Nicht<br />
umsonst beschreibt man<br />
einen glückseligen Zustand<br />
auch als »Himmel voller<br />
Geigen«.<br />
Auf den Spuren der Anima -<br />
<strong>Die</strong> Seele der Geige<br />
Doch was verleiht diesem edlen Instrument<br />
eigentlich seinen unverwechselbaren Klang?<br />
Es ist die Stimme: »Ein kleines Stäbchen<br />
innerhalb des Instruments, die Italiener sagen auch<br />
Anima, also Seele«, verrät Martin Michalke. »Das zeigt<br />
auch gleich, welche große Bedeutung dieses ganz<br />
unscheinbare kleine Holzstückchen hat«, erklärt der<br />
Geigenbaumeister weiter. Fünf Zentimeter lang ist sie,<br />
die Seele, und hat einen Durchmesser von sechs<br />
Millimetern. <strong>Die</strong>ser Stimmstock, wie man im Fachjargon<br />
sagt, befindet sich im Inneren der Geige und<br />
steht in Stegnähe senkrecht zwischen Boden und<br />
Decke – ohne jedoch verleimt zu sein. Das minimale<br />
Verändern dieser Position erfordert viel Erfahrung und<br />
kann große Effekte auslösen.<br />
Ist ein Geiger mit dem Klang seines Instrumentes<br />
nicht mehr so recht zufrieden, versucht Martin<br />
Michalke gemeinsam mit dem Künstler im Musikzimmer<br />
zunächst einmal das Problem zu erfassen. In<br />
einfachen Fällen reicht das Wechseln der Saiten aus.<br />
30<br />
Martin Michalke repariert nicht nur Geigen,<br />
sondern baut auch selber Instrumente.<br />
Oftmals gehen Klangveränderungen jedoch daraus<br />
hervor, dass eben die Seele dieser Geige »kränkelt«.<br />
Schon kleine ruckartige Bewegungen können ausreichen,<br />
um die Position der Stimme und damit den<br />
Klang zu verändern. In diesem Fall ist eine Klang -<br />
regulierung erforderlich. Kann das Problem auch<br />
dadurch nicht behoben werden, muss der Geigen -<br />
baumeister die gesamte Decke abnehmen. »Grundsätzlich<br />
kann man das Instrument jedoch nicht<br />
ändern«, betont Martin Michalke, »weil der Klang<br />
schon durch verschiedene Faktoren im Wesentlichen<br />
definiert wird.« Entscheidend sind vor allem die Holzauswahl,<br />
die Form, die Art der Wölbung, die Ausarbeitung<br />
und die Grundierung. Bevor also Veränderungen<br />
an der Geige vorgenommen werden, sollte man das<br />
Gesamtkonzept verinnerlicht haben. »Es gibt Menschen,<br />
die glauben, sie müssten ihr Instrument aus -<br />
einandernehmen und dünner machen, aber das ist<br />
Frevel, das macht man nicht«, kritisiert Michalke.<br />
Schließlich habe sich jeder Geigenbauer bei jedem<br />
sinnvoll gebauten Instrument schon etwas gedacht.<br />
»Man geht ja auch nicht her und malt Gemälde über«,<br />
führt er vergleichend an und fügt hinzu: »Aber den<br />
Rahmen, den kann man natürlich auswechseln.«<br />
Immer wieder nimmt Martin Michalke liebevoll eine<br />
seiner Geigen in die Hände – diese zarten und<br />
unglaublich leichten Geschöpfe. Man spürt, wie viel<br />
Respekt er vor ihnen hat. Seit mehr als 20 Jahren<br />
baut er nun schon Instrumente mit viel Leidenschaft<br />
und Herzblut. Inwieweit sie letztendlich auch klangvoll<br />
zum Einsatz gebracht werden, das hängt allerdings<br />
von vielen Faktoren ab – nicht zuletzt, weil das Klangempfinden<br />
immer auch subjektiv ist. »Instrumente<br />
und Klang - das ist ein ganz flexibles Gebilde«, weiß<br />
Rund 200 Arbeitsstunden<br />
braucht der<br />
Geigenbaumeister<br />
für eine Geige, die<br />
aus insgesamt 70<br />
Bauteilen besteht.