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Fachzeitschrift des Verbandes Deutscher Schullandheime e. V.

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esondere geschichtliche Verantwortung<br />

Deutschlands wach zu halten.“<br />

Demokratie und Toleranz können<br />

nicht nur von der Politik gestaltet und<br />

ausgefüllt werden, sondern beruhen<br />

auf individuellem Engagement. Hier<br />

müssen Konzepte zu Demokratieerziehung<br />

ansetzen. Aufgabe ist es,<br />

das Verständnis junger Menschen<br />

für die Zusammenhänge von Demokratie,<br />

Toleranz und Integration zu<br />

fördern. Eine tragende Säule hierbei<br />

ist die schulische Bildung.<br />

(…) Dabei sind sowohl die Auseinandersetzung<br />

mit unserer Geschichte<br />

als auch das Wissen um die Funktionsweise<br />

und den Wert einer Demokratie<br />

wichtige Bestandteile einer<br />

umfassenden Bildung. Politischhistorische<br />

Bildung ist daher eine<br />

Daueraufgabe: Ein modernes Land<br />

braucht weltoffene, aktive Bürger,<br />

die sich für ihr Gemeinwesen engagieren.<br />

Der ehemalige Bun<strong>des</strong>präsident<br />

Johannes Rau hat dies in präziser<br />

Weise auf den Punkt gebracht:<br />

„Eine freiheitliche Demokratie ohne<br />

politische Bildung zerfällt, und dann<br />

werden aus Bürgern Untertanen<br />

oder gar Rechtlose.“<br />

Wissen das auch die Jugendlichen,<br />

die in den kommenden Wochen<br />

das allgemeinbildende Schulsystem<br />

verlassen werden, um einen Ausbildungsplatz<br />

oder ihr Studium anzutreten?<br />

Wissen sie die Vorzüge unseres<br />

gesellschaftlichen Zusammenlebens<br />

in Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, in<br />

Demokratie und unter Wahrung der<br />

Menschenrechte zu schätzen?<br />

Es scheint ein ernst zu nehmen<strong>des</strong><br />

Dilemma moderner Demokratien zu<br />

sein: Je erfolgreicher sie sind, umso<br />

selbstverständlicher werden die<br />

Werte und Grundrechte genommen,<br />

auf denen sie fußen. Oder anders<br />

ausgedrückt: Ist die Demokratie<br />

erst einmal erreicht, werden ihre<br />

immensen Vorteile immer geringer<br />

geschätzt, rücken Missstände und<br />

Fehlleistungen der handelnden Per-<br />

sönlichkeiten in den Vordergrund –<br />

Politikverdrossenheit schleicht sich<br />

ein und greift um sich.<br />

(…) Wie aber ist politische Bildung<br />

umsetzbar? Lassen Sie mich zwei<br />

konkrete und erfolgreiche Beispiele<br />

aus Mecklenburg-Vorpommern<br />

sowie ein deutschlandweites Projekt<br />

anführen.<br />

1. Demokratie auf Achse<br />

Sehr erfolgreich wird in unserem<br />

Bun<strong>des</strong>land das Projekt „Demokratie<br />

auf Achse“ umgesetzt, welches<br />

das Ministerium für Bildung, Wissenschaft<br />

und Kultur gemeinsam<br />

mit der Lan<strong>des</strong>beauftragten für die<br />

Unterlagen der Staatssicherheit und<br />

der Lan<strong>des</strong>zentrale für politische<br />

Bildung auf den Weg gebracht hat.<br />

Der Bildungsbus ist als zusätzliches<br />

Angebot für die Schulen gedacht,<br />

um Schülern Politik und Geschichte<br />

näher zu bringen.<br />

(…) Das Konzept sieht vor, vormittags<br />

auf den Schulhöfen, nachmittags<br />

auf dem Marktplatz und abends bei<br />

unterschiedlichen Veranstaltungen<br />

zu sein. Dass dies sehr gut angenommen<br />

wird, zeigen die gelaufenen<br />

20.000 Kilometer, die der Bildungsbus<br />

im vergangenen Jahr durch unser<br />

Bun<strong>des</strong>land zurückgelegt hat. Dabei<br />

wurden gut 40 Schulen und über 50<br />

Städte und Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern<br />

angesteuert.<br />

2. Gedenkstättenfahrten<br />

Ich bin sehr froh, dass es mir im Jahre<br />

2008 in Mecklenburg-Vorpommern<br />

gelungen ist, gemeinsam mit dem<br />

Landtag eine Regelung auf den Weg<br />

zu bringen, die die Fahrten von Schulklassen<br />

zu KZ-Gedenkstätten sowie<br />

zu Gedenkstätten und –orten für Opfer<br />

der jüngeren deutschen Geschichte<br />

finanziell und inhaltlich unterstützt.<br />

120.000 Euro stehen in Mecklenburg-<br />

Vorpommern für die Bezuschussung<br />

solcher Klassenfahrten jährlich zur<br />

Verfügung, eine Handreichung für<br />

die Lehrerinnen und Lehrer liegt vor,<br />

begleitende Fortbildungsveranstal-<br />

tungen für die Kolleginnen und Kollegen<br />

werden angeboten. (…)<br />

3. Projekttag zum 9. November<br />

(…) Während der Präsidentschaft<br />

Mecklenburg-Vorpommerns in der<br />

Kultusministerkonferenz im letzten<br />

Jahr haben wir den Jahrestag <strong>des</strong> 9.<br />

November 1989 zum Anlass genommen,<br />

um diesen Tag als jährlich<br />

wiederkehrenden Geschichtsprojekttag<br />

in den Sekundarstufen I und<br />

II zur Stärkung der Demokratieerziehung<br />

und zur Auseinandersetzung<br />

mit der deutschen Geschichte im<br />

20. Jahrhundert durch die Kultusministerkonferenz<br />

auszurufen und<br />

durchzuführen. Hiermit erfolgt eine<br />

bewusste Schwerpunktsetzung zu<br />

Gunsten einer nachhaltigen Befassung<br />

mit der Geschichte und den<br />

Wirkungen von Demokratie und<br />

Diktatur in Deutschland. Eine fachübergreifende<br />

Befassung mit dem<br />

Thema ist möglich, die Schülerinnen<br />

und Schüler können Gedenkstätten<br />

und Lernorte zur Geschichte der<br />

Sowjetischen Besatzungszone/der<br />

DDR, <strong>des</strong> Nationalsozialismus oder<br />

der deutschen Teilung aufsuchen,<br />

Diskussionsveranstaltungen und<br />

Lesungen organisieren oder historische<br />

Spurensuche in Archiven und<br />

Materialsammlungen vornehmen.<br />

Die thematische Ausrichtung <strong>des</strong><br />

Projekttages am 9. November kann<br />

zu den einzelnen, mit diesem Datum<br />

verbundenen Ereignissen erfolgen<br />

(Revolution von 1918/19, Putschversuch<br />

1923, Reichspogromnacht<br />

1938, Friedliche Revolution und Mauerfall<br />

1989). Gleichzeitig bietet der 9.<br />

November aber auch in einzigartiger<br />

Weise die Chance, die Kontinuitäten<br />

und Brüche der deutschen Geschichte<br />

im 20. Jahrhundert und darüber<br />

hinaus (am Beispiel der Revolution<br />

von 1848/49) epochenübergreifend<br />

mit Schülerinnen und Schülern zu<br />

diskutieren. So bietet dieser Tag den<br />

Anlass, sich in den Schulen unter<br />

immer neuen Akzenten mit der deutschen<br />

Geschichte <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts<br />

zu beschäftigen.<br />

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