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Beispielseiten - JOVIS VERLAG Architektur Fotografie Berlin

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zunächst eher selten umgesetzt. Erste Schritte zu<br />

einer gestalterischen Auseinandersetzung unternahmen<br />

ab 1906 einige deutsche Ingenieurfirmen,<br />

darunter Wayss & Freytag aus Frankfurt/Main, Dyckerhoff<br />

und Widmann aus Karlsruhe, aber auch<br />

Architekten wie die GbR. Rank und W. Bertsch<br />

aus München sowie Theodor Fischer. Eine theoretische<br />

Sensibilisierung für die Belange der künstlerischen<br />

Gestaltung der Eisenbetonbauten leistete<br />

als einer der Ersten 1909 der Ingenieur Emil von<br />

Mecenseffy im Handbuch für Eisenbetonbau. Er präsentierte<br />

als Vorreiter eine Art Überblick über die<br />

Möglichkeiten künstlerischer Formen des Eisenbetons<br />

in der Profan- und Zweckarchitektur. Erklärtes<br />

Ziel seiner Ausführungen war darüber hinaus, „das<br />

innere Wesen“ der modernen Bauweise erfahrbar<br />

zu machen, um über die mathematisch-physikalische<br />

Berechnung hinaus die ästhetischen Werte<br />

umzusetzen. Er entwickelte für den Eisenbetonbau<br />

in Deutschland eine Art Formkatalog für die Gestaltung<br />

dieses Materials.<br />

Zur Unterstützung seiner Ausführungen illustrierte<br />

er sein Buch mit einer Vielzahl zeitgenössischer<br />

deutscher und ausländischer Industriebauten. Er<br />

unterstrich im Hinblick auf die Oberflächenbehandlung<br />

des Eisenbetons, dass die materielle Authentizität<br />

der Eisenbetonoberfläche sich selbst<br />

genügen sollte, ohne zusätzliche Dekorationselemente<br />

oder Versatzstücke zu bemühen.<br />

Die im Buch von Mecenseffys aufgeführte Themen-<br />

und Beispielpalette verdeutlichte bereits zu<br />

diesem Zeitpunkt das Spannungsfeld, das sich im<br />

Rahmen der zukünftigen Entwicklung von Eisenbetonbauten,<br />

insbesondere im Industriebau, abzeichnen<br />

würde. So wurde einerseits die Tendenz<br />

deutlich, sich hauptsächlich an überlieferte Formen<br />

zu halten, indem mit dem Eisenbeton Motive von<br />

Renaissance- oder auch Barockarchitekturen nachgebildet<br />

wurden. Andererseits vertrat eine immer<br />

größer werdende Gruppe von Architekten und<br />

Ingenieuren die Haltung, die konstruktiv-statischen<br />

Ergebnisse ästhetisch sichtbar zu machen, indem<br />

vor allem das Strukturelle, Konstruktive und Gerüsthafte<br />

im Mittelpunkt stehen sollte. Gerade diese<br />

gegenläufigen Tendenzen kennzeichneten nun<br />

auch die materialästhetische Auseinandersetzung<br />

mit dem Eisen- und Stahlbeton im Kraftwerksbau.<br />

In der Anfangsphase der Verwendung von Eisenbeton<br />

im Kraftzentralenbau wurde das Material<br />

zunächst ausschließlich zu rein konstruktiven Zwe-<br />

cken verwendet, wie beispielsweise für die Turbinenfundamente<br />

und andere Fundamentgründungen. Ein<br />

architektonisch-künstlerischer Einsatz des Eisenbetons<br />

begann erst in der Zeit um 1909. Im Vergleich<br />

zu anderen Industriebauten ist die Beschäftigung<br />

mit ästhetischen Aspekten im Kraftwerksbau zunächst<br />

eher konservativ ausgerichtet. Deshalb wurde<br />

nicht ausdrücklich nach neuen Lösungen für<br />

Bauformen gesucht, sondern meist auf Elemente<br />

der klassischen Formensprache zurückgegriffen. Als<br />

beispielgebend für die materialgerechte Verwendung<br />

von Eisenbeton im Industriebau gilt um 1910<br />

der neue Gasbehälter in Dresden-Reick, errichtet<br />

unter der Leitung des damaligen Stadtbaurates<br />

Hans Erlwein in Zusammenarbeit mit der Firma<br />

Dyckerhoff und Widmann. Auch bei anderen, zeitgleich<br />

in Eisenbeton ausgeführten Industriebauten<br />

wurde gerade der materialgerechte, authentische<br />

Umgang als besonders wegweisend hervorgehoben.<br />

So sei an dieser Stelle noch die Bremer<br />

Rolandsmühle der Architekten Hildebrandt und<br />

Günthel erwähnt, bei der gerade die in Eisenbeton<br />

ausgeführten, nach außen hin sichtbar gemachten<br />

167<br />

Abb. 143<br />

Detail der<br />

Verbindungsbrücke<br />

zwischen Turbinenhausvorbau<br />

und<br />

30.000-Volt-Schalthaus,<br />

1927<br />

Abb. 144<br />

Brecherturm des<br />

Kraftwerkes Schulau<br />

bei Hamburg, 1928/29

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