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Beispielseiten - JOVIS VERLAG Architektur Fotografie Berlin

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Abb. 74<br />

Skulpturen des<br />

Kraftwerkes Halle-<br />

Trotha, um 1920<br />

88<br />

und Viktor Engelhardt den Ansatz, dass die Technik<br />

nicht mehr nur an sich, als materielles, „äußerliches<br />

und haptisches Problem und Phänomen, allein bedingt<br />

durch seine industrielle und wirtschaftliche<br />

Bedeutung, zu begreifen ist, sondern auch als metaphysisch<br />

und gleichsam immanentes, die Lebenswelt<br />

quasi biologisch determinierendes Moment.“ 42<br />

Die Philosophie der Technik, wie Friedrich Dessauer<br />

1927 unterstrich, ist „aus der eigenen Anlage heraus<br />

eine heroisch-optimistische Philosophie, ein neuer<br />

Idealismus so wie eine Naturphilosophie […]“. 43<br />

Schon Anfang der 1920er Jahre war dieser „Trend“<br />

deutlich geworden. Der österreichische Philosoph<br />

Coudenhove-Kalergi definierte 1922 die Technik<br />

und deren Errungenschaften als im Wesentlichen<br />

ethisches Phänomen, das einen der Religion analogen<br />

Kulturwert besitzt: „In unserer europäischen<br />

Geschichtsepoche ist der Erfinder ein größerer<br />

Wohltäter der Menschheit als der Heilige.“ 44 Vor<br />

diesem Hintergrund stellt sich natürlich auch die<br />

Frage, inwieweit diese Ansätze Verbreitung in der<br />

Gesellschaft fanden und ob sie Einfluss auf den<br />

Kraftwerksbau hatten. Gerade die Schriften von<br />

Dessauer waren in der Weimarer Republik weit<br />

verbreitet. Davon zeugen nicht zuletzt auch die<br />

Neuauflagen seines Buches Philosophie der Technik<br />

bis 1933. Zur philosophischen Auseinandersetzung<br />

mit der Technik existiert für die 1920er und<br />

1930er Jahre eine ganz umfangreiche Bibliografie.<br />

Schränkt man diese aber auf die Elektrizität oder<br />

auch den Kraftwerksbau ein, so sind entsprechende<br />

Publikationen nicht vorhanden. Bemerkenswert ist<br />

an dieser Stelle allerdings, dass beispielsweise die<br />

Werkbundzeitschrift Die Form 1929 einen Artikel<br />

Dessauers zur Philosophie der Technik mit <strong>Fotografie</strong>n<br />

des Kraftwerkes Klingenberg illustrierte. 45<br />

Mehrheitlich kann jedoch beobachtet werden,<br />

dass der oftmals idealisierende Ansatz der Technikphilosophie<br />

vor allem in Wochenblättern und<br />

Werkszeitschriften popularistisch Verbreitung fand.<br />

Im Wesentlichen stand die grenzenlose Faszination<br />

und Verherrlichung der gigantischen, bis dato nie da<br />

gewesenen Dimensionen und Möglichkeiten der<br />

Elektrizität und ihrer Maschinen im Mittelpunkt. An<br />

dieser Stelle darf nicht vergessen werden, dass die<br />

Elektrizitätswirtschaft natürlich auch aus werbestrategischen<br />

Gründen eine derartige Heroisierung<br />

unterstützte. Turbinen wurden als „Giganten der<br />

Technik“ 46 bezeichnet. Die Kühltürme des Kraftwerkes<br />

Zschornewitz hielten sogar den Vergleich<br />

mit „Babylonischen Türmen“ 47 aus. Ausdruck fand<br />

diese Rezeption der Elektrizität auch in den Gebäuden<br />

der Stromproduktion. Insbesondere zeigte<br />

sich das in der Ausstattung mit Bauskulpturen und<br />

in der Einrichtung der Schaltwarten. Bauskulpturen<br />

in Kraftwerken sind zu dieser Zeit eher selten anzutreffen,<br />

entsprechend rar sind demnach auch die<br />

heute noch auffindbaren Objekte. Im Unterschied<br />

zu den Allegorien der Elektrizität der Vorkriegszeit,<br />

die die neu aufkommende Industrie in Analogie<br />

setzte mit der griechischen Mythenwelt, stehen diese<br />

Figuren jetzt als Metapher für Macht, Stärke und<br />

gebändigte Kraft. Beispielhaft sind hier die Skulpturen<br />

des Kraftwerkes Halle-Trotha zu nennen<br />

(Abb.74), die 1925/26 von dem <strong>Berlin</strong>er Bildhauer<br />

Gustav Heinrich Wolff angefertigt wurden. Diese<br />

flankierten den Durchgang zum Maschinensaal. Es<br />

handelte sich um weibliche Gestalten, die keine<br />

Attribute oder Symbole trugen, sondern sich in<br />

zwei verschiedenen Phasen des Gewandablegens

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