Beispielseiten - JOVIS VERLAG Architektur Fotografie Berlin
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efanden. Noeldner führt aus, dass „die Nacktheit<br />
und das Verhülltsein Wolff als Symbole für Tag und<br />
Nacht, für Leben und Tod erschienen und insofern<br />
die beiden Skulpturen in der Verbindung mit der<br />
funktionellen Portalsituation als ein Lebensgleichnis<br />
angesehen werden können.“ 48 Darüber hinaus<br />
erinnern sie durch die Art und Weise, wie diese<br />
Figuren in taille directe aus dem roh behauenen<br />
Muschelkalkstein herausgemeißelt und teilweise<br />
noch in ihm verwurzelt sind, an archaische „Urnaturen“.<br />
In dieser monumentalen Unbeweglichkeit<br />
scheint die gebändigte Kraft konzentriert. Ein<br />
weiteres Sinnbild für die Idealisierung sowie den<br />
Machtanspruch der Elektrizitätswirtschaft kam in<br />
den Schaltwarten der Großkraftwerke zum Ausdruck.<br />
Die Errichtung von Kraftwerken mit gewaltigen<br />
Dimensionen ab Mitte der 1920er Jahre führte<br />
zum Bau von riesigen Schaltwarten. Sie bildeten<br />
das Herzstück eines Kraftwerkes. Anders als in den<br />
übrigen Funktionseinheiten waren hier keine Ma-<br />
schinen aufgestellt. Die Schalteinrichtungen wurden<br />
in die Raumwände eingelassen. Eine Pultreihe<br />
mit den Steuervorrichtungen, meist aus Marmor,<br />
war fast ausschließlich in der Mitte des Saales oval<br />
oder halbkreisförmig platziert. Das technische<br />
Equipment war symmetrisch angeordnet, so dass<br />
der ganze Raum gleichsam durch einen stereometrischen<br />
Rhythmus gegliedert wurde. Aufgrund<br />
der inneren Zuordnung der Schaltzentrale zur Maschinenhalle<br />
sowie aus Sicherheitsgründen waren<br />
hier nur selten Fenster angebracht. Lediglich ein<br />
Dach aus eingetrübtem Glas, oftmals als stufenartige<br />
Bahnen über die gesamte Länge und Breite<br />
der Warte sich erstreckend, stellte die Lichtzufuhr<br />
sicher. Durch die derartige Anlage und Gestaltung<br />
der Schaltzentrale entstand eine ganz spezifische<br />
Raumwirkung, die Assoziationen an sakrale Räume<br />
zuließ. Die Schaltwarten glichen abstrakten, geometrisch<br />
angeordneten Organigrammen, die damit<br />
Abbild der neuen Struktur der Weltordnung wur-<br />
89<br />
Abb. 75<br />
Ansicht der Schaltwarte<br />
des Kraftwerkes<br />
Klingenberg,<br />
1926/27