PRESSESCHAUDer Bundesrat ist klar gegen ein VerbotDer Bundesrat nimmt das Volk ernst, das mit Dreiviertel-Mehrheit hinter der Sterbehilfe steht. Im Zusammenhang miteiner SVP-Motion äussert er sich zu den Rahmenbedingungen und lehnt ein Verbot der Sterbehilfe-Organisationenklar ab. Der EXIT-Pressespiegel zitiert die wichtigsten unsere Organisation betreffenden Artikel der letzten Wochen.[…] Der Bundesrat will kein befristetesVerbot für Sterbehilfeorganisationen.Er empfiehlt deshalbeine entsprechende Motionvon Nationalrätin Sylvia Flückiger(SVP, Aargau) zur Ablehnung undverweist in der Antwort darauf,dass ein solcher Schritt mit dem inder Bundesverfassung verankertenVer hältnismässigkeitsprinzip nichtzu vereinbaren wäre. Allerdingsist auch die Landesregierung derMeinung, dass es im Zusammen-hang mit den Dienstleistungen vonSterbehilfeorganisationen einen gewissenKlärungsbedarf gibt. Sie hatdeshalb das Eidgenössische JustizundPolizeidepartement (EJPD) imvergangenen Juli beauftragt, zusammenmit dem Departement desInnern (EDI) bis Anfang 2009 einenBericht zu verfassen.Darin soll unter anderem dargelegtwerden, ob es für die begleiteteSterbehilfe gewisse neue Leitplankenbraucht und etwa Minimalstandardsfür die Sorgfalts- undBeratungspflicht festgelegt werdensollten.In zwei früheren Berichten ausden Jahren 2006 und 2007 war derBundesrat noch zum Schluss gekommen,dass kein neuer Gesetzgebungsbedarfbesteht und allfälligeMissbräuche bei der Sterbehilfemittels des geltenden Rechtsbekämpft werden könnten. Die imvergangenen Juni eingereichte Motionhatte nun zum Ziel, Sterbehilfeorganisationenso lange zu verbieten,bis eine neue Gesetzgebungin Kraft ist.NZZ VOM 12. SEPTEMBER 2008,Artikel APAbfuhr für EVPIm Kanton Zürich erweist sich ein weiterer Anti-Sterbehilfe-Vorstoss der christlichen Parteien EVP und EDU als völligchancenlos.Personen, die nicht in der Schweizwohnen, sollen hier auch keineFreitodbegleitung in Anspruchnehmen dürfen. Das ist der Inhalteiner parlamentarischen Initiative,welche die Fraktionen von EVP undEDU dem Kantonsrat beliebt machenwollten. Ohne Erfolg. Die parlamentarischeInitiative, welche inBern für eine Gesetzesänderung indiese Richtung hätte sorgen sollen,erreichte nur die rekordtiefe Zahlvon 17 unterstützenden Stimmen.Die Sterbehilfeorganisation Dignitasarbeite absolut unverantwortlich,hatte Gerhard Fischer (EVP,Bäretswil) zur Begründung der Initiativegesagt. Dignitas schlage beiden Begleitungen ein derart hohesTempo an, dass von einem freienEntscheid der Sterbewilligen keineRede mehr sein könne. Das führezu einem Sterbetourismus, der mitder Menschenwürde nicht mehr inEinklang zu bringen sei. Mit einerZürcher Standesinitiative müsse darumfür eine Änderung des Strafgesetzbuchesgesorgt werden.Er stiess damit aber in praktischallen Fraktionen auf Ablehnung.Der Wohnort eines Patienten könnekein Massstab für ethisches Handelnsein, sagte Lilith Hübscher(GP, Winterthur). Patrick Hächler(CVP, Gossau) lehnte die Idee mitder Begründung ab, die zuständigeBundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf habe bereits erklärt, indieser Sache aktiv zu werden. EineZürcher Ini tiative sei darum unnötig.Barbara Bussmann (SP, Volketswil)bezeichnete es als Unding, gesetzlicheRegelungen nur für Ausländerzu erlassen. […] Auch UrsLauffer (FDP, Zürich) hatte für denVorstoss wenig übrig. Im Abstandvon jeweils wenigen Monaten reichtendie immer gleichen Politikerpraktisch identische Vorstösse ein.Damit müsse Schluss sein.NZZ VOM 4. NOVEMBER 2008,Artikel bto22 EXIT 4/2008
PRESSESCHAUWenn Wissenschaftler Politik machenEin Team der Zürcher Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften unter Soziologin Susanne Fischer hat Datendes Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich besehen, welche 2001 bis 2004 bei Freitodhilfe in der Stadt Züricherhoben worden waren. Daraus schlossen die Forschenden, es würden immer mehr Nicht-Sterbenskranke begleitet,es gäbe immer mehr Lebenssatte und die Politik müsse die Sterbehilfeorganisationen besser kontrollieren. Letzteresforderte insbesondere die Projektleiterin vor laufenden TV-Kameras. Dumm nur, dass die behaupteten Tendenzen sogar nicht stimmen …[…] Die Sterbehilfeorganisation<strong>Exit</strong> widerspricht einer neuen Studiezur Sterbehilfe. Die Ergebnisseseien für die Schweiz nicht repräsentativ.Insbesondere gebe es keineZunahme der Freitodbegleitungenfür «lebensmüde», also nichttodkranke Menschen.Die Sterbehilfeorganisation EXITzerzaust die Nationalfondsstudiezur Sterbebegleitung in der Schweiz:Diese beruhe auf unvollstän digenDaten und komme zu falschenSchlüssen.Die Forscher […] hätten nur Fälleaus der Agglomeration Zürich untersucht,teilte <strong>Exit</strong> Deutsche Schweizauf ihrer Website mit. Betrachteman die ganze Schweiz, steige dieZahl der von <strong>Exit</strong> in den Tod begleitetenPatienten ohne tödliche Erkrankungnicht an. Die Ergebnisseseien deshalb für die Schweiz nichtrepräsentativ.Tatsächlich habe <strong>Exit</strong> von 2001bis 2004 insgesamt 498 Menschenin den Tod begleitet. Ein Vergleichmit dem Jahr 1996 und neuen Zahlenvon 2007 zeige, dass es bei <strong>Exit</strong>keine Zunahme der Freitodbegleitungenfür nicht tödlich Erkranktegebe. Die Zahl bewege sich immerzwischen 25 und 35 Prozent.Bei diesen nicht tödlich Krankenhandle es sich im Übrigen nichtum «irgendwie vage Lebensmüde»,schreibt <strong>Exit</strong>. Vielmehr seien diesmehrfach körperlich kranke Menschen,die das Leben als sinnleerempfänden und für die es «subjektivunwürdig» wäre, wegen Pflegebedürftigkeitihre Selbständigkeitzu verlieren.Auch das Geschlechterverhältnisist laut <strong>Exit</strong> in der Studie falschdargestellt. Im langjährigen Durchschnittseien bei <strong>Exit</strong> 55 Prozent derPatienten Frauen. Zudem hätten dieForscher nicht auf alle Daten Zugriffgehabt: Die Unterlagen im Institutfür Rechtsmedizin beinhaltetennicht die vollständige ärztlicheDiagnose.NZZONLINE VOM 4. NOVEMBER2008,Artikel awy/sda[…] Bernhard Sutter vom <strong>Exit</strong>-Vorstandgibt Auskunft.Was ist falsch an der Studie?Wir kritisieren nicht die Studie,sondern das Communiqué dazu.Die Studie haben wir noch nichtgesehen. Wir zweifeln [vorerst]nicht an ihrer Wissenschaftlichkeit.Aber das Communiqué enthältAussagen, die nicht stimmen. Diedort genannten Zahlen beziehensich ausschliesslich auf Zürich.Sie sind nicht repräsentativ für dieSchweiz.Welches sind denn die richtigenZahlen?Unsere Zahlen stehen in den Jahresberichtenund auf unserer Website;sie geben ein vollständiges Bild. DerHauptteil der Sterbebegleitungen,70 Prozent, betrifft Leute mit tödlichenKrankheiten im fortgeschrittenenStadium. Der kleinere Teil, 30Prozent, sind Leute mit mehrerenKrankheiten, die sich kumulieren,so genannte polymorbide. Hinzukommen Einzelfälle von Leuten mitunerträglichen Schmerzen.Gibt es eine Zunahme bei der zweitenGruppe – die Rede ist von «Lebensmüden»?Nein, die Verteilung ist konstant.Es gibt Schwankungen von Jahrzu Jahr, aber über mehrere Jahrebetrachtet, gibt es keine Zunahmebei den alten Leuten ohne tödlicheKrankheit, wie jetzt behauptet wird.Und wie gesagt, auch diese Leuteleiden an mehreren Krankheiten.Und was ist mit dem UnterschiedFrauen/Männer?Der ist gering. Es ist nicht so, dassviel mehr Frauen Sterbehilfe in Anspruchnehmen als Männer. DieVerteilung ist etwa halbe-halbe.Von unseren Sterbebegleitungenbetreffen im langjährigen Schnitt55 Prozent Frauen und 45 ProzentMänner.Nimmt die Zahl der Leute zu, dieSterbehilfe in Anspruch nehmen?Ja, in den letzten zehn Jahren hates eine Zunahme gegeben. Bei <strong>Exit</strong>haben wir jetzt 150 bis 175 Fälle imJahr, vor 1996 waren es noch umdie 120.Worauf ist das zurückzuführen?Da kann man nur spekulieren. Aufdie längere Lebenserwartung? DenBekanntheitsgrad von <strong>Exit</strong>? Unseregestiegenen Mitgliederzahlen? Veränderungenvon Gesellschaft undMedizin? Es gibt keine gesichertenErkenntnisse dazu.Wo steht jetzt eigentlich die Diskussionüber die Sterbehilfe?EXIT 4/2008 23